DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-08-2022 08:01
SXEU31 DWAV 120800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 12.08.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HNFa (nach der Höhe müsste man "zyklonal" machen, aber im Bodenfeld ist nix
zu finden und der Kaltlufttropfen hat kaum Auswirkungen)

Meist sonnig und hochsommerlich warm bis heiß. Zunächst im Osten vereinzelt
Gewitter. Ab der Nacht zum Montag von Südwesten Gewitter und Umstellung der
Wetterlage.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Am heutigen Freitag... dominiert weiterhin eine Zone hohen Geopotentials, die
sich von Marokko ausgehend über Westeuropa und die Nordsee bogenförmig bis ins
Baltikum und nach Nordwestrussland erstreckt. Die eigentliche Frontalzone
verläuft weit nördlich über dem mittleren Skandinavien, so dass in weiten Teilen
Europas subtropische bzw. tropische Luftmassen wetterbestimmend sind. Flankiert
wird das hohe Geopotential von einem Höhentief westlich der Iberischen
Halbinsel, das im weiteren Verlauf noch interessant werden wird. Aktuell geht
der Blick auf einen umfangreichen Kaltlufttropfen, der heute früh über
Österreich liegt. Bodennah bestimmt eine zonal sich weit erstreckende
Hochdruckzone das Wettergeschehen, deren Divergenzachse in etwa bei 55°N liegt
und damit nördlich unseres Landes. Sie weist nach Süden hin nur einen recht
schwachen Gradienten auf, in dem Deutschland liegt und wo folglich schwacher bis
mäßiger Wind aus östlicher bis nordöstlicher Richtung weht. Solche Wetterlagen
haben ja meist etwas böigeren Wind im Südwesten des Landes zur Folge (Bise),
diese bleibt auch heute nicht aus, allerdings macht sie sich nur als etwas
böigerer Wind im Süden generell und vor allem in den Höhenlagen
Südwestdeutschlands bemerkbar, so dass es keiner Warnung bedarf. In der bei uns
seit Tagen liegenden trockenen und sehr warmen Luftmasse (etwa 12 bis 14°C in
850 hPa am Mittag) stellt sich wieder sonniges und sehr warmes bis heißes Wetter
ein: Vor allem im Westen und Norden des Landes wird es heiß mit Höchstwerten
zwischen 30 und 33°C. Die von MOSMIX angebotenen bis zu 35°C in
Nordrhein-Westfalen erscheinen angesichts der Luftmasse sehr hoch. Der
Kaltlufttropfen sorgt aber dafür, dass das Wetter von Südosten her langsam
Schönheitsfehler bekommt, auch wenn es recht interessant ist, was die Modelle
daraus machen: ICON und IFS tiefe bis mittelhohe Quellbewölkung (bei ICON recht
viel), UK10 fast gar nichts, GFS dagegen bis zu 8/8 tiefe Bewölkung.
Wahrscheinlich ist, dass sich schon etwas Quellbewölkung bilden wird, allerdings
ist mit dem Kaltlufttropfen kaum eine Zunahme der Feuchte zu verzeichnen,
lediglich die Schichtung wird durch die Kaltluft in der Höhe labilisiert. Darauf
reagieren die vorliegenden Modelle (global und konvektionserlaubend) mit etwas
Konvektion im Südosten, wobei diese nicht überbordend simuliert wird. SuperHD
zeigt zum Beispiel nur die üblichen "Stecknadelkopfschauer", die es eigentlich
immer zeigt. Schaut man sich die Temps für den Südosten an, sollte es schon für
den einen oder anderen Schauer oder ein Gewitter reichen, wohl aber vornehmlich
über dem Bergland und damit über dem östlichen Alpengebiet und dem Bayerwald.
Bei den niedrigen ppw's (nur gut 20 mm) ist trotz langsamer Zuggeschwindigkeiten
die Starkregengefahr nicht überbordend, weil die Zellen wahrscheinlich nicht
sehr alt werden. Ein lokaler Starkregen soll aber nicht ausgeschlossen werden.
Ebenso kann auch mal der Wind etwas stärker auffrischen, denn in der sehr
trockenen Luftmasse besteht durchaus die Gefahr trockener Downbursts, so dass
man zumindest die Stärke 8 mal einkalkulieren sollte. Unter etwas mehr Bewölkung
erreichen die Temperaturhöchstwerte ganz im Südosten kaum noch 25°C, ansonsten
liegen sie in der Südosthälfte sowie in Küstennähe meist bei 25 bis 30°C.

In der Nacht zum Samstag schlägt der Kaltlufttropfen, der bis dato auf Kurs gen
Westen unterwegs war einen Haken und dreht nach Süden ab, so dass er morgens
schon über der Adria ankommt. Dadurch stabilisiert sich die Schichtung schon
wieder und zusammen mit dem Tagesgang sollte die Schaueraktivität im Südostern
rasch abebben und die Bewölkung sich auch weitgehend auflösen. Somit steht eine
ruhige Nacht bevor und weiterhin recht trockener Luftmasse gibt es wieder eine
einigermaßen kühle Nacht mit Tiefstwerten zwischen 17 und 8°C, wobei die höheren
Werte generell im Norden auftreten. An den Küsten der mittlerweile 20 bis 21°C
warmen Nord- und Ostsee kühlt es kaum unter 20°C ab.

Am Samstag... zieht der Kaltlufttropfen in der Adria weiter südostwärts und
verliert endgültig seinen Einfluss auf unser Land. Es dominiert dann wieder die
Achse des hohen Geopotentials, die sich gebogen von Frankreich über Dänemark ins
Baltikum erstreckt. Der Schwerpunkt des Bodenhochs verlagert sich nach Finnland,
während der oben erwähnte Trog die Iberische Halbinsel erreicht und den Druck
über Südwesteuropa fallen lässt, so dass über Frankreich ein flaches Tief
entsteht. Weiterhin bleibt es aber bei einem schwachen Gradienten, wobei der
schwache bis mäßige Wind zunehmend geradewegs aus Ost kommt, was auch die Bise
abschwächen lässt. Mit dem Ostwind kommt in allen Höhenniveaus etwas feuchtere
Luft zu uns, die aus den Gebieten Osteuropas stammt, in denen tagelang das
Höhentief / der Kaltlufttropfen für Konvektion sorgte. Somit steigt im östlichen
Deutschland die spezifische Feuchte in der Grenzschicht auf etwa 9 bis 13 g/kg
(gegenüber 5 bis 7 g/kg im Südwesten) und die ppw's steigen teils auf Werte um
35 mm. Das sorgt für etwas CAPE im Osten Deutschlands mit dem Schwerpunkt in der
Lausitz, wo am Nachmittag teils über 500 J/kg simuliert werden. So richtig in
Fahrt kommen wird die Konvektion aber wohl wieder nicht, sowohl in der Höhe kann
man sich allenfalls sehr schwache Randtröge vorstellen als auch bodennah
allenfalls schwache oder kleinräumige Konvergenzen. Somit dürfte vor allem über
dem Bergland etwas Konvektion ausgelöst werden. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit
dann schon etwas höher als am Vortag und auch die Chancen, dass es angesichts
der sehr feuchten Luft mal für Starkregen reicht, steigen etwas, auch stürmische
Böen können dabei sein. Nach Westen nimmt die Feuchte rasch ab, ebenso wie die
Gewitterwahrscheinlichkeit und die Sonnenanteile nehmen rasch zu. So erwartet
die ganze Westhälfte wieder strahlender Sonnenschein. Am Temperaturniveau ändert
sich nicht viel: In 850 hPa werden landesweit am Abend etwa 14 bis 16° erwartet.
Vor allem mit viel Sonne können die Temperaturen ganz im Westen an der
35°C-Marke kratzen. Meist sind es eher 29 bis 33°C, ganz im Südosten und Osten
auch weniger.

In der Nacht zum Sonntag weitet sich die feuchtere Luftmasse zunehmend auch bis
in den Westen Deutschlands aus. Die Konvektion sollte zwar im Nachtverlauf
nachlassen, aber nicht so schnell wie in der Nacht zuvor. Mit nordöstlicher
Höhenströmung werden die Konvektionsreste nach Südwesten gesteuert und können in
der Nacht auch das östliche Bayern erreichen. Im restlichen Land bleibt es unter
hohem Geopotential ruhig und trotz ansteigender Feuchte meist auch noch
wolkenfrei oder nur gering bewölkt. Allerdings bleibt es milder als in den
Nächten zuvor. MOSMIX sieht im Norden und in der Mitte Tiefstwerte von meist 20
bis 14°C, im Süden sind es 18 bis 8°C, mit den Tiefstwerten auf der Schwäbischen
Alb.

Am Sonntag... dreht der Kaltlufttropfen über dem Balkan seine Kreise, während
sich von Westen das Höhentief nähert, das zunehmend Anschluss an einen Trog aus
der (weiterhin weit im Norden liegenden) Frontalzone gewinnt. Damit wird das
hohe Geopotential in die Zange genommen, es verbleibt ein Höhenhoch über
Nordwestrussland. Dort liegt auch weiter das Bodenhoch, während vor allem über
Nordfrankreich der Druck weiter fällt. Bei uns weht der Wind weiter aus Osten
und die feuchtere Luft (allerdings nicht mehr ganz so feucht wie am Vortag im
Osten) bleibt uns erhalten, zudem steigt das Temperaturniveau noch einmal etwas
an. Bei verbreitet viel Sonnenschein steigt die Temperatur auf schwülheiße 29
bis 35°C, nur ganz im Südosten bleibt es geringfügig weniger warm. Gebietsweise
wird auch etwas CAPE generiert, es fehlt aber generell an auslösenden
Mechanismen, da wir zwischen den Höhentiefs eher im Bereich des kompensierenden
Absinkens liegen. Am ehesten können rund um das östliche Bergland mal einzelne
Gewitter (mit ähnlichen Eigenschaften wie am Vortag) ausgelöst werden, zumal
über Tschechien und Polen eine richtig feuchte Luft liegt, in der es etwas mehr
brodeln dürfte.

Interessant wird es ab der Nacht zum Montag, denn dann stellt sich die
Wetterlage um: In dem westeuropäischen Trog zieht ein Höhentief nach
Nordfrankreich. Deutschland gelangt von Westen her auf die Vorderseite dieses
Troges, so dass die Höhenströmung von Westen her auf Süd bis Südwest dreht.
Zunehmend kommt auch Hebung im Westen des Landes auf. Nach wie vor liegt über
Nordfrankreich und Südengland ein Bodentief. Von diesem ausgehend soll eine
Konvergenz (oder eventuell auch schon die Kaltfront) auf den Nordwesten
übergreifen. Dort dreht dann der Wind von den zuvor östlichen Richtungen auf
Südwest. In der feuchteren Luft, die jetzt auch von Westen heranrückt, sollen
gewittrige Regenfälle im Laufe der Nacht auf die Westhälfte Deutschlands
übergreifen, bzw. die Reste der Gewitter, die am Sonntag schon über Frankreich
entstanden sind. Aktuell werden von den Modellen keine allzu heftigen
Entwicklungen simuliert, auch keine flächendeckenden Regenfälle. Somit dürften
es eben schauerartige und teils gewittrige Regenfälle sein, die lokales bzw.
kleinräumiges Starkregenpotential im Ockerbereich (sowohl in kurzen Zeiträumen
als auch mehrstündig) aufweisen. Auch ein paar stürmische Böen können mal dran
sein. Alles in allem also noch recht wenig spektakulär. Immerhin gibt es
überhaupt schon mal eine Umstellung der Wetterlage und die Hoffnung auf etwas
Regen stirbt zuletzt. Nun noch zu den Temperaturen: Das oben beschriebene
Szenario spricht nicht gerade für eine kühle Nacht, im Westen und Norden werden
Tiefstwerte zwischen 21 und 16°C erwartet. Im Osten, wo die Nacht noch einmal
klar oder gering bewölkt verläuft, wird es etwas kühler. Vor allem im Südosten
kann es durchaus noch einmal auf 16 bis 12°C abkühlen.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die vorliegenden Modelle zeigen auf synoptischer Skala keine nennenswerten
Unterschiede. Das Gewitterpotential für heute Nachmittag und morgen im
Südosten/Osten ist einigermaßen unstrittig. Auch bei den in der Nacht zum Montag
aufziehenden Gewittern sind derzeit alle Modelle auf einer recht zurückhaltenden
Schiene.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann