DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-08-2022 07:30
SXEU31 DWAV 110800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 11.08.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL. NEa (Nordost antizyklonal)

Im Grunde Fortdauer der trocken-warmen bis -heißen Witterung, ab Freitag im
Osten und Südosten aber kleinere Störattacken (Höhentief bzw. Kaltlufttropfen).


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... liegen wir weiterhin deutlich auf der warmen Seite der weit im
Norden verlaufenden Frontalzone. Dabei befinden wir uns unterhalb eines "schräg"
aufgestellten Höhenrückens, der von NW-Afrika via westliches Mitteleuropa bis
zum Baltikum reicht. Der Rücken stützt eine zonal exponierte, leicht
schlauchartig anmutende Bodenhochdruckzone namens OSCAR, die sich über tausende
von Kilometern vom mittleren Nordatlantik via Südskandinavien bis weit nach
Russland erstreckt. Auf ihrer Südflanke gelangen mit östlicher bis nordöstlicher
Strömung trocken-warme respektive -heiße Luftmassen nach Deutschland. Schaut man
sich die Taupunkte von heute Morgen an, dann liegen diese verbreitet im
einstelligen Bereich. Lediglich im Norden und Nordwesten und dort - logisch -
schwerpunktmäßig in Küstennähe werden zweistellige Werte gemessen. Der Vorteil
der niedrigen Taupunkte (und der damit einhergehenden Trockenheit) liegt
eindeutig in der nächtlichen Abkühlungsrate, die in den meisten Regionen noch so
weit ausgeprägt ist, dass sich das nächtliche Öffnen des Schlafzimmerfensters
wirklich lohnt.

Ansonsten fällt noch auf, dass die 850-hPa-Temperatur tagsüber immer um 2 bis 4
Grad ansteigt, um nachts wieder zurückzugehen. Grund ist keinesfalls Warm- oder
Kaltluftadvektion, sondern vielmehr die Tatsache, dass die bei etwa 800 hPa
positionierte Inversion tagesgangbedingt etwas angehoben und dadurch die
Grundschicht gestreckt wird. Nachts passiert dann das Gegenteil, aber das nur am
Rande. Das Wetter des heutigen Tages ist rasch erzählt. Einmal mehr scheint für
13 bis 15 Stunden die Sonne von einem wolkenlosen oder nur gering bewölkten
Himmel. Gering bewölkt deswegen, weil sich zu einigen dünnen Schleierwolken im
Osten und Südosten ein paar hochbasige Cum hum gesellen können. Sie zeigen die
Annäherung eines Höhentiefs aus dem Raum Ukraine/Rumänien an, von dem am
morgigen Freitag noch etwas mehr die Rede sein wird. Die Luft erwärmt sich auf
28 bis 33°C, lokal vielleicht 34°C mit den höchsten Werten im Westen. In Teilen
Bayerns wird es nicht ganz so heiß und auch direkt an der See, wo sich eine
Seewindzirkulation einstellt, stellen sich etwas gedämpftere Temperaturen ein.
Noch ein Wort zum östlichen Wind, der am Rande der Hochdruckzone vor allem im
Südwesten mit Unterstützung des Tagesgangs mitunter böig auflebt. Exponiert ist
dabei sogar mal eine steife Böe 7 Bft möglich, für eine Warnung reicht das aber
nicht.

In der Nacht zum Freitag erreicht das Höhentief, das mangels korrespondierenden
Bodentiefs die Funktion eines Kaltlufttropfens innehat, den Osten Österreichs.
Damit ist es nicht mehr weit vom Vorhersageraum entfernt, allerdings hält sich
seine Wirksamkeit des Nachts in Grenzen. Oder anders ausgedrückt, die Nacht wird
landesweit gering bewölkt oder klar mit Tiefstwerten zwischen 19 (z.B. direkt an
der See) und 9°C (punktuell im Süden und Südosten). Vor allem im Hochschwarzwald
(exponiert) könnte der östliche Wind low-level-bedingt wieder etwas zulegen mit
Spitzen der Stärke 7 bis 8 Bft.

Freitag... verbringen wir weiterhin am Rande der o.e. ausladenden Hochdruckzone,
die ihre Position kaum verändert. Entsprechend wird weiterhin kontinental
geprägte Luft herangeführt, die in weiten Landesteilen einen trockenen und
sonnenscheinreichen 12. Augustus garantiert. Einzige Änderung gegenüber heute:
Das Höhentief bzw. der Kaltlufttropfen (KLT) kommen dem Südosten "bedrohlich"
nahe, was sich dort in einer mitteltroposphärischen Abkühlung und damit
einhergehend in einer Labilisierung der Luftmasse bis maximal 600 hPa
widerspiegelt. Dass die Niederschlagsprognosen der verschiedenen Modelle
trotzdem insgesamt sehr dürftig ausfallen, ist der Tatsache geschuldet, dass die
Luft weiterhin ziemlich trocken ist. Es nützt halt nichts oder zumindest nicht
viel, Labilität an den Start zu bringen, wenn nicht gleichzeitig auch ein
Feuchteeintrag erfolgt. Nun gut, vornehmlich vom Erzgebirge über die
ostbayerischen Mittelgebirge bis an den (östlichen) Alpenrand reicht es wohl für
einzelne Schauer und auch ein Gewitter lässt sich nicht kategorisch
ausschließen, auch wenn die CAPE-Werte mit nur wenigen hundert Joule pro
Kilogramm alles andere als ermutigend sind. An Starkregen mag man kaum glauben,
eher schon an stärkeren Wind aufgrund der trockenen Grundschicht.
Temperaturmäßig tut sich nur wenig gegenüber heute, einzig im Südosten ist
aufgrund höherer Wolkenanteile ein leichter Rückgang erkennbar. Der östliche
Wind erreicht am ehesten im südwestdeutschen Bergland mal die Stärke 7 Bft, wenn
auch nur vereinzelt und exponiert.

In der Nacht zum Samstag schlägt der KLT einen Haken in Richtung nördliche
Adria. Zwar reicht sein Wirkungsradius noch immer bis in den Südosten des
Vorhersageraums, was in der dunklen Tageszeit aber wenig bis nix nützt.
Anfänglich noch vorhandene konvektive Bewölkung macht ebenso bald die Grätsche
wie potenzielle Schauer, so dass die Nacht wie andernorts auch weitgehend klar
über die Bühne geht. Ob der vorherige Feuchteeintrag ausreicht, um hier und da
ein Nebelfeld zu generieren, ist fraglich. Die Tiefstwerte liegen auf ähnlichem
Niveau wie in der Vornacht und in den Hochlagen von Schwarzwald und Alb erreicht
der östliche Wind Spitzen von 7-8 Bft (exponiert).

Samstag... zieht der KLT langsam über die Adria hinweg in Richtung Südosten.
Damit entfernt er sich zwar immer mehr von uns, trotzdem wird man das Gefühl
nicht los, dass er nicht ganz loslassen kann. Zumindest sehen das die Modelle
so, die im Osten und Südosten leichte Niederschläge bis hin zu einzelnen
Gewittern simulieren. Dabei ist vielleicht weniger der KLT von Bedeutung als
vielmehr die Tatsache, dass von Osten her ein Schwall weiterhin sehr warmer bis
heißer, nun aber ungleich feuchterer Luft zu uns gelangt. Das PPW steigt z.T.
auf über 35 mm und auch die Grundschichtfeuchte legt mit rund 10 g/kg ordentlich
zu. Ob das am Ende ausreicht, um im Osten und Südosten neben einzelnen Schauern
auch das eine oder andere Gewitter steigen zu lassen, muss abgewartet werden.
Als auslösendes Moment kommen neben dem Bergland evtl. ein um das Höhentief
herumkreiselnder peripherer Randtrog in Frage (angedeutet bei ICON). Zugegeben,
noch viel Konjunktiv und Spekulatius, aber man hat ja sonst nichts bei dieser
eintönigen Wetterlage.

Und so gilt es auch für den Samstag, die Chronistenpflicht zu bedienen, sprich
zu erwähnen, dass in den meisten Regionen erneut die Sonne scheint und die
Trockenheit andauert. Ob dabei, wie von MOS-Mix apostrophiert, im Westen und
Nordwesten lokal die 35°C-Marke geknackt wird, ist angesichts maximal 17°C auf
850 hPa eine spannende Frage. Fakt ist, dass es im Südosten kaum mal für 30°C
reicht und auch bei Seewind bleibt es natürlich frischer, schließlich haben wir
ja (noch) keine tropischen Gewässer vor der Haustüre.

In der Nacht zum Sonntag fällt die Konvektion rasch wieder zusammen und es
stellen sich landesweit gering bewölkte oder klare Verhältnisse ein.

Modellvergleich und -einschätzung
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Der Generalkurs ist unstrittig. Die Simulationen der möglichen Schauer und
Gewitter am Freitag/Samstag im Osten und Südosten fallen individuell mal etwas
mehr, mal etwas weniger progressiv aus. Zu groß sollte die Hoffnung auf Regen
aber nicht ausfallen, wir reden von räumlich sehr eng begrenzten Phänomenen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann