DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-10-2016 23:00
SXEU31 DWAV 031800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 03.10.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunehmend herbstlich und kühl. An den Küsten, insbesondere der Ostsee, sowie auf
den Bergen stürmische Böen oder Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines Höhentiefs mit
Drehzentrum in etwa über Tschechien, das sich im Laufe der Nacht ostsüdostwärts
ins ungarisch- rumänische Grenzgebiet verlagert. Über Westeuropa hat sich
derweil ein markanter Höhenrücken weit nach Nordnordost, bis zum nördlichen
Eismeer, aufgewölbt. Im Laufe der Nacht bildet sich ein separates Höhenhoch vor
der südwestnorwegischen Fjordküste, das sich - gestützt durch kräftige WLA auf
der Vorderseite eines nordostatlantischen Höhentrogkomplexes - noch weiter
verstärkt.
Im Bodenfeld hat sich das Tiefdruckgebiet über der Osthälfte Deutschlands bzw.
Südwestpolen inzwischen aufgefüllt. Ein weiteres Tiefdruckgebiet über der
Ukraine kann sich dagegen noch etwas verstärken und nach Südostpolen ausweiten.

Das mit dem Rücken korrespondierende Bodenhoch über Skandinavien verstärkt sich
weiter auf einen für diese Jahreszeit bemerkenswerten Kerndruck von über 1045
hPa. Davon ausgehend weitet sich ein Keil bis nach Südwestdeutschland aus. Somit
verschärfen sich die Druckgegensätze vor allem über dem Nordosten und Osten des
Landes weiter. An den Küsten von Nord- und Ostsee gibt es steife Böen (Bft. 7)
aus Nordost, an der Ostseeküste, insbesondere vom Darß bis nach Usedom auch
stürmische Böen (Bft. 8). Auch in den Kamm- und Gipfellagen der östlichen
Mittelgebirge legt der Wind allmählich zu und erreicht spätestens ausgangs der
Nacht ebenfalls warnrelevante Böen (Bft. 8).
Mit der Südostverlagerung des Höhentiefs wird die labilste Luftmasse über dem
Vorhersagegebiet ebenfalls rasch nach Südosten abgedrängt, so dass die Schauer,
anfangs auch noch vereinzelten kurzen Gewitter, mehr und mehr abklingen und sich
im Laufe der zweiten Nachthälfte auf die Regionen südlich der Donau beschränken.
An den Alpen kann es durch Staueffekte auch mal länger regnen, bei Temperaturen
von nur wenig 0 Grad in 850 hPa fällt im Chiemgau und Berchtesgadener Land
teilweise bis unter 1500 m herab auch etwas Schnee. Warnrelevante Mengen werden
aber wohl nicht erreicht, ICON-Nest und COSMO-EU simulieren nur in exponierten
Staulagen stellenweise mehr als 10 mm (COSMO-EU bis 20 mm).
An der Nordflanke des Höhentiefs wird zunehmend WLA wirksam, die für Hebung und
entsprechend für Aufgleitniederschläge sorgt, die von Nordosten her auf die
Osthälfte Deutschlands übergreifen, sich allmählich südwärts verlagern und in
der Früh auch den Nordosten Bayerns erfassen. Die höchsten zwölfstündigen Mengen
werden dabei mit teilweise über 10 mm (COSMO-EU weniger) im Stau des Erzgebirges
und Zittauer Gebirges simuliert.
Im Westen und Südwesten lockern die Wolken dagegen im Einflussbereich des
Hochkeiles mehr und mehr auf, dann kann sich örtlich Nebel bilden.

Dienstag ... kommt das Höhentief im Tagesverlauf bis nach Zentralrumänien voran.
Das Höhenhoch über Südwestnorwegen verstärkt sich weiter und zeigt kaum
Verlagerungstendenz. Die nordöstliche Höhenströmung über Deutschland fächert mit
Abzug des Höhentiefs etwas auf und auch die WLA- induzierten
Aufgleitniederschläge an dessen Nordflanke über dem Südosten des Landes hören im
Tagesverlauf auf, zuletzt an den Alpen, wo nach Osten zu bis zum Abend im Stau
noch über 10 mm simuliert werden bei einer Schneefallgrenze, die sich um 1500 m
bewegen dürfte.
Das Bodenhoch über Skandinavien erreicht den Höhepunkt seiner Entwicklung und
zeigt kaum Verlagerungstendenz. Dadurch bleibt der Druckgradient vor allem im
Osten und Süden des Landes recht scharf ausgeprägt. An den Küsten, insbesondere
der Ostsee, gibt es weiterhin steife, vom Darß bis nach Usedom auch stürmische
Böen aus Ost bis Nordost, in Vorpommern reicht es eventuell auch im Binnenland
für Böen Bft. 7. Auch in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge muss
zunehmend mit stürmischen Böen oder Sturmböen gerechnet werden. Im Bayerischen
Wald, im Bereich des schärfsten Gradienten, sind auf exponierten Gipfeln selbst
schwere Sturmböen nicht ausgeschlossen. In einigen Ost-West ausgerichteten
Tälern der ostbayerischen Mittelgebirge kann es ebenfalls steife Böen geben
("Böhmischer Wind").
In der Osthälfte des Landes, vor allem im Südosten bleibt es noch meist stark
bewölkt, in Südostbayern auch bedeckt. Im Westen und Nordwesten scheint dagegen
vielerorts die Sonne. Die Grundströmung dreht allgemein auf östliche und
nordöstliche Richtungen, mit der auch trockene Luftmassen kontinentalen
Ursprungs advehiert werden. Das gilt vor allem für die Mitte des Landes, wo die
spezifische Feuchte stark zurückgeht und die Taupunkte zum Nachmittag zum Teil
bis in den negativen Bereich absinken sollen. Im Nordosten ist mit der
Nordostkomponente bodennah noch etwas feuchtere Ostseeluft unterwegs. Die
Temperaturen in 850 hPa gehen bis zum Abend auf Werte zwischen -1 Grad im
Nordosten und +4 Grad im äußersten Westen zurück. Entsprechend steigen die
Temperaturen auf Höchstwerte zwischen 13 und 18 Grad. Im Südosten werden bei
starker Bewölkung dagegen kaum die 10 Grad überschritten und in den verregneten
Alpentälern wohl noch nicht einmal erreicht.

In der Nacht zum Mittwoch wird das Höhentief durch einen Abtropfprozess von
Norden her wieder regeneriert, sein Drehzentrum verlagert sich bis Mittwochfrüh
nach ICON nach Südostpolen. Das Höhenhoch ändert sich in Lage und Intensität
dagegen kaum, wodurch es vor allem über der Osthälfte Deutschlands zu einer
Verschärfung des Gradienten sowohl in 500 als auch in 300 hPa kommt.
Nennenswerte Hebungsantriebe sind dabei aber (noch) keine auszumachen.
Allerdings führt mitteltroposphärische KLA zu einer leichten Labilisierung der
Luftmasse insbesondere über dem noch recht warmen Ostseewasser vor der
vorpommerschen Küste, so dass es im äußersten Nordosten einzelne Schauer geben
könnte.
Auch niedertroposphärisch verschärft sich die Advektion kalter Luft aus dem
nordwestrussischen Raum insbesondere in die Osthälfte. Die Temperatur in 850 hPa
sinkt dort auf Werte zwischen 0 und -3 Grad, während sie im Westen weiterhin um
+2 Grad, im äußersten Südwesten um +4 Grad liegt. Im Stau der Alpen werden in
der ersten Nachthälfte noch Niederschläge simuliert, die dort dann in
windgeschützten Tälern teilweise bis nahe 1000 m als Schnee fallen können.
Ansonsten bleibt es bis auf vereinzelte Schauer im Nordosten trocken.
Von Warnrelevanz bleibt der Wind, der allerdings vorübergehend geringfügig
abnimmt; an den Küsten gibt es weiterhin steife, an der vorpommerschen Küste
vereinzelt auch stürmische Böen aus Ost bis Nordost, in den Kamm- und
Gipfellagen der Mittelgebirge stürmische Böen oder Sturmböen (Bft. 8 bis 9). In
den Niederungen sind tagesgangbedingt kaum warnrelevante Böen zu erwarten.
Bedingt durch den lebhaften Wind und aufgrund der niedrigen Taupunkte der
advehierten Luftmasse bleibt die Nebelwahrscheinlichkeit eher gering.
Gebietsweise kann es aber bei länger gering bewölktem Himmel in windgeschützten
Senken und Tälern Bodenfrost oder gar leichten Luftfrost geben.

Mittwoch ... bleibt das Höhentief quasistationär über dem Nordwesten der
Ukraine. Dabei verlagert sich ein Randtrog im Tagesverlauf an dessen Nord- und
Westflanke über Polen, Tschechien und dem Südosten Deutschlands hinweg südwärts.
Vorderseitig des Randtroges ist PVA wirksam, die aber teilweise von KLA
kompensiert wird, so dass sich die dynamischen Hebungsantriebe über dem Osten
des Landes in Grenzen halten. Allerdings wird mit dem Randtrog vorübergehend ein
Schwall Höhenkaltluft mit Temperaturen um -25 Grad in 500 hPa in den äußersten
Osten/Südosten advehiert, COSMO-EU und GFS simulieren sogar etwas ML-Cape. In
etwa von Vorpommern bis nach Sachsen, am Nachmittag und Abend dann auch im Osten
Bayerns können sich einzelne kurze Schauer entwickeln, die
Gewitterwahrscheinlichkeit bleibt aber sehr gering, am ehesten sind vereinzelte
im deutsch-polnischen Grenzgebiet denkbar. Dem Charakter der Luftmasse
entsprechend (PPW-Werte zwischen 10 und 15 mm) zeichnen sich die Schauer durch
eine nicht allzu große Intensität aus. Entsprechend werden in 12 Stunden auch
kaum mehr als wenige mm simuliert, lediglich im Stau des Erzgebirges kann auch
um 5 mm fallen. Bei Temperaturen um -3 Grad in 850 hPa fällt dort in den
Kammlagen etwas Schnee.
Im Westen des Landes bleibt weiterhin das quasistationäre Höhenhoch vor der
südwestnorwegischen Küste zusammen mit dem nach Südwestdeutschland gerichteten
Bodenhochkeil wetterbestimmend. Dort scheint vielerorts die Sonne, während es in
der Osthälfte wolkig bis stark bewölkt, an Erz- und Zittauer Gebirge teilweise
auch ganztägig bedeckt bleibt.
Das Bodenhoch über Skandinavien ändert sich nur wenig in Lage und Intensität,
ebenso das Tiefdruckgebiet über dem Westen der Ukraine, das allmählich ins
benachbarte Südostpolen zieht. Somit ändert sich auch nur wenig an der
Windsituation, lediglich im Nordosten verschärft sie sich mit der Annäherung des
Bodentiefs etwas. An den Küsten gibt es nach wie vor steife, an der
vorpommerschen Ostseeküste auch stürmische Böen, nachmittags und abends nach
Osten zu eventuell Sturmböen aus Nordost bis Ost, dann sind im Binnenland von
Ostvorpommern bis nach Ostsachsen auch steife Böen möglich. Auf den Bergen muss
weiterhin mit stürmischen Böen oder Sturmböen gerechnet werden.
Die kühle Festlandsluft gewinnt zunehmend nach Westen an Raum. Lediglich im
äußersten Nordwesten und Südwesten werden in 850 hPa die 0 Grad noch knapp
überschritten. Dort können mit Sonne nochmals Höchstwerte um oder knapp über 15
Grad erreicht werden, ansonsten liegen sie zwischen 9 und 14 Grad, bei bedecktem
Himmel teilweise nur um 7 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert das Höhentief sein Drehzentrum nach
Südostpolen, der Randtrog erreicht die Alpen und weitet sich nach Westen aus.
Das Höhenhoch vor Südwestnorwegen verlagert seinen Schwerpunkt etwas nach
Norden.
Rückseitig des Randtroges setzt an der Nordflanke des Höhentiefs erneut WLA ein,
die mit leichten Aufgleitniederschlägen auch den Osten des Vorhersagegebietes
erfasst. Der Hochkeil über Westdeutschland schwächt sich ab, das Bodentief kommt
allmählich etwas nach Westen, bis zur Slowakei voran. Damit setzt verbreitet
Druckfall ein. Die Niederschläge weiten sich von Osten her noch bis in die
mittleren Landesteile (Südostniedersachsen, Thüringen, eventuell noch Osthessen)
aus. Die höchsten Mengen werden im Stau des Erzgebirges mit etwa 10 bis 15 mm,
stellenweise mehr simuliert, ICON-Nest zeigt auch im Harz recht hohe Mengen bis
um die 20 mm in 12 Stunden. GFS hat dort etwas geringere Mengen auf der Karte.
Die WLA setzt sich auch niedertroposphärisch durch, so dass die Temperaturen in
850 hPa wieder auf etwas über 0 Grad steigen und die Schneephase kaum Thema sein
sollte.
Der Wind verstärkt sich wieder ein wenig, an den Küsten von Nord- und Ostsee
gibt es recht verbreitet steife bis stürmische Böen aus Ost bis Nordost, an der
Ostsee teilweise auch Sturmböen. Im Bergland muss ebenfalls mit stürmischen Böen
auf exponierten Gipfeln mit Sturmböen gerechnet werden.
Von Osten her weitet sich die dichte Bewölkung weiter nach Westen aus, lediglich
im Süd- und Nordwesten sowie im äußersten Westen ist es teils noch gering
bewölkt. Dort ist in windgeschützten Lagen noch Bodenfrost möglich. Die
Nebelwahrscheinlichkeit ist allgemein gering.

Donnerstag ... verlagert sich das Höhentief ein wenig nach Westen zu den
Westkarpaten. Das Höhenhoch über der Norwegischen See kommt noch etwas nach
Norden voran. Nach wie vor sorgt WLA an der Nord- und Westflanke des Höhentiefs
für Aufgleitniederschläge, die sich nur noch geringfügig weiter nach Westen
ausweiten können. Erneut werden meist weniger als 10 mm in 12 Stunden simuliert,
lediglich in den Nordoststaulagen einiger Mittelgebirge (Erzgebirge, Thüringer
Wald, nach COSMO-EU auch Südostbayern) bis etwa 15 mm. Erneut zeigt ICON-Nest
auch im Harzstau recht hohe Mengen bis an die 30 mm, so dass sich über 24
Stunden aufsummiert Mengen bis 50 mm ergeben. Allerdings stellt dieses Modell
eine Einzellösung dar. Ansonsten ergeben sich kaum Hinweise auf Dauerregen, ganz
schwache Signale (24-stündig) dafür gibt es höchstens im Stau des Erzgebirges.
Ein über Nordwestdeutschland westsüdwestwärts ziehender kurzwelliger Randtrog
sorgt dort ebenfalls für leichte Hebung, allerdings dürfte die dadurch
induzierte Labilisierung, wenn überhaupt, lediglich über der Nordsee für
einzelne kurze Schauer reichen. COSMO-EU lässt es dort sogar trocken.
Der Wind schwächt sich zumindest im Binnenland und auf den Bergen etwas ab. Das
Bodenhoch über Skandinavien schwächt sich etwas ab, das Tiefdruckgebiet über der
Slowakei füllt sich ein wenig auf. An den Küsten gibt es aber nach wie vor
starke bis stürmische Böen aus Ost bis Nordost, an der vorpommerschen Küste
eventuell auch Sturmböen, im angrenzenden Binnenland steife Böen. Ansonsten ist
wohl nur noch auf exponierten Gipfeln mit stürmischen Böen oder Sturmböen zu
rechnen.
Die Sonne zeigt sich am ehesten noch im Westen, wobei auch dort allmählich
dichtere Wolken aufziehen. Vor allem in der Lausitz und in Ostbayern bleibt es
dagegen meist bedeckt. Die Advektion kühler Festlandsluft dauert an, somit
erreichen die Temperaturen nur Höchstwerte zwischen 8 und 14 Grad, im Südosten
teilweise auch darunter.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle fahren im Kurzfristbereich wettertechnisch im Großen und Ganzen eine
einheitliche Linie. Unterschiede ergeben sich lediglich bzgl. der simulierten
Niederschläge und sind - von Einzelfällen abgesehen (z.B. COSMO-EU im Harz)
meistens nicht warnrelevant.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff