DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-08-2022 07:30
SXEU31 DWAV 030800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 03.08.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Markante Hitzewelle, am Freitag in der Nordwesthälfte deutlich kälter. Beim
Luftmassenwechsel im Übergangsbereich beginnend ab Donnertagnachmittag teils
kräftige Gewitter mit Unwetterpotential.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... dreht auf der Vorderseite eines Langwellentroges bei den Britischen
Inseln die Höhenströmung auf südwestliche Richtungen. In der Folge verstärkt
sich die Warmluftzufuhr in großen Landesteilen. So liegt die Temperatur in 850
hPa abgesehen vom äußersten Nordwesten vielfach über 15 Grad. Im Südwesten kommt
zum Nachmittag sogar die 20 Grad Isotherme rein. Damit steigen die Höchstwerte
bei gleichzeitig zunehmender Wärmebelastung vielerorts über die 30 Grad Marke.
Mit bis zu 36 Grad wird es am heißesten im Südwesten während im äußersten
Nordwesten nur 25 bis 30 Grad erreicht werden, an der Nordsee bei auflandigem
Wind auch noch etwas darunter.

Schaut man sich die aktuelle Feuchteverteilung an, so liegen die bodennah
trockensten Luftmassen derzeit über der Mitte Deutschlands, mit teils
einstelligen Taupunkten. Im Süden sind die Taupunkte derzeit noch etwas höher,
im Tagesverlauf sollte aber auch dort die Abtrocknung voranschreiten (siehe
Tendenz der spez. Feuchte).

Anders schaut es im Nordwesten aus. Dort liegt man im Randbereich der breiten,
aber recht flachen Höhenrückens, der große Teile von Europa beeinflusst. In
dieser Region liegen deutlich feuchtere Luftmassen mit Werten der spezifischen
Feuchte um 12 g/kg. Allerdings ist die Luftmasse dort gleichzeitig ziemlich
stabil mit einer Absinkinversion in den Prognosesoundings bei etwa 850 hPa. So
gibt es am Nachmittag zwar zeitweise dichtere Wolkenfelder (vor allem an der
Grenze zu Dänemark), aber allenfalls ein paar schwache Schauer.

In der Nacht auf Donnerstag bleibt das Wettergeschehen unter dem Einfluss des
flachen Höhenrückens ruhig. Ganz im Nordwesten ziehen zeitweise dichtere
Wolkenfeder vorüber und vereinzelt gibt es kurze Schauer. Im großen Rest des
Landes bleibt es bei oft geringer Bewölkung trocken. Aufgrund der ziemlich
trockenen Luftmasse kann die Temperatur in den Niederungen zum Teil auf Werte
zwischen 15 und 11 Grad zurückgehen. In Ballungszentren und auch auf den Bergen
liegen die Werte hingegen oft im tropischen Bereich zwischen 23 und 19 Grad.

Donnerstag... kann sich der westeuropäische Höhentrog noch ein wenig
amplifizieren und seine Achse kommt allmählich ostwärts voran. Damit dreht die
Höhenströmung noch etwas stärker auf Südwest und die 20 Grad in 850 hPa
überdecken ausgenommen vom Nordwesten große Landesteile. Die höchsten Werte
liegen im Südwesten bei 24 Grad. Dementsprechend wird vielerorts der bisher
heißeste Augusttag erwartet. Nur in Richtung Nordsee liegen die Höchstwerte
unter der 30 Grad Marke. Sonst werden 31 bis 39 Grad erreicht und damit auch
häufig eine starke Wärmebelastung.

Wettertechnisch verläuft der Tag häufig noch ruhig. Mit Blick in Richtung
Nordwesten tut sich aber etwas in der Atmosphäre. Vom Niederrhein bis nach
Holstein liegen feuchte Luftmasse um 12 g/kg (ppw: bis 40 mm). Im Vergleich zum
Vortag werden mit der südwestlichen Strömung auch deutlich labilere Luftmassen
nach Deutschland transportiert, die im Nordwesten dann auch gut mit der Feuchte
überlappen können. In den Prognosesoundings kann man eine trockenadiabatische
Temperaturabnahme bis etwa 700 hPa hinauf finden. Damit kann sich CAPE von 500
bis 1000 J/kg aufbauen.
Im Vorfeld der Kaltfront, die sich noch über der Nordsee befindet bildet sich im
Laufe des Tages eine Bodentiefdruckrinne mit eingelagerter Konvergenz aus. Im
Zentrum der Konvergenz ist die Luftmasse am Boden noch recht trocken, während
kurz dahinter, zwischen Kaltfront und Konvergenz deutlich feuchtere Luftmassen
zu finden sind.

Es stellt sich wie immer in solchen Situationen die Frage nach der Auslöse. Im
ICON-D2 EPS lassen sich nur ganz vereinzelt Zellen finden. Anders bei externen
Modellen, wie dem SuperHD. Dort können sich entlang der gesamten Konvergenz im
Nachmittagsverlauf einzelne Gewitter entwickeln. Bei zunehmender Scherung auf
Werte über 15 m/s, haben diese auch die Chance sich besser zu organisieren.
Neben vereinzelt größerem Hagel ist vor allem der Wind ein Thema. Bei der recht
trockenen Grundschicht (inverted-V) besteht ein erhöhtes Potential für
Verdunstungsabkühlung. Die DCAPE Werte liegen zum Teil über 500 J/kg. Insofern
besteht die Möglichkeit für schwere Sturmböen. Auch der Starkregen kann bei den
recht hohen ppw-Werten und parallel zur Konvergenz verlaufenden
Scherungsvektoren durchaus mal kräftiger ausfallen. Bei wiederholt über die
gleichen Regionen ziehenden Zellen sind Mengen über der Unwetterschwelle
möglich.


In der Nacht auf Freitag verlagert sich die Achse des Höhentroges weiter in
Richtung Deutschland und schiebt damit auch die Kaltfront in den Nordwesten
Deutschlands. Dahinter findet eine deutliche Stabilisierung und Abtrocknung
statt (siehe Lapse Rate Tendenz und Tendenz spez. Feuchte). Die vorgelagerte
Bodenrinne kommt ebenfalls südostwärts voran, was sich auch schön an einer
deutlichen Feuchtanreicherung im Tendenzfeld sehen lässt. Bis zum Morgen kommt
diese etwas bis zu einer Linie Rheinland-Pfalz,
Mecklenburg-Vorpommern/Nordbrandenburg voran. Zwischen Rinne und Kaltfront sind
sehr feuchte Luftmassen mit ppw-Werten bis 40 mm aktiv. Über die ganze Nacht
hinweg werden in ihrem Umfeld schauerartig verstärkte Niederschläge und Gewitter
simuliert, die durchaus auch mal kräftiger ausfallen können. So gibt es auch
weiterhin Signale für teils unwetterartige Niederschlagsmengen.

Die Nacht fällt abgesehen vom postfrontalen Bereich wieder sehr mild aus mit 24
bis 20 Grad in den Ballungsräumen.

Freitag... kommt die Höhentrogachse nach Deutschland voran. Diese ist so richtig
aktiv aber nur über der Nordhälfte des Landes, während sie nach Süden deutlich
abflacht. Das ist auch der Grund, warum die Front im Tagesverlauf in ihrem
Vorankommen deutlich ausgebremst wird und sich nur langsam über die Mitte des
Landes kämpft. Rückseitig der Kaltfront schiebt ein Bodenhochkeil ausgehend von
einem Hoch über dem nahen Ostatlantik in den Norden Deutschlands. Postfrontal
sind sehr stabile und auch sehr trockene Luftmassen zu finden, die den
Nordwesten und Norden fluten. Die postfrontale Luftmasse ist zudem deutlich
kälter. Die Maxima liegen nordwestlich einer Linie Eifel-Rügen nur noch zwischen
20 und 25 Grad. Im Übergangsbereich werden 25 bis 30 Grad, auf der präfrontalen
Seite nochmal 30 bis 35 Grad erwartet.

Die Bodenrinne verlagert sich im Tagesverlauf in den Südosten Deutschlands. Die
höchsten Feuchtwerte liegen wieder zwischen der Konvergenz und der Kaltfront.
Aus der Nacht heraus dürften auch in den Morgen- und Vormittagsstunden in diesem
Zwischenbereich Schauer und Gewitter aktiv sein. Diese laufen aber mangels eines
klaren synoptischskaligen Antriebs in das vormittägliche Minimum hinein. Ein
Aufleben der Konvektion ist dann wieder aber dem frühen Nachmittag zu erwarten.
Bis dahin ist die Front aber wieder ein Stück nach Südosten vorangekommen. Daher
ist davon auszugehen, dass es einen Streifen gibt, der trocken ausfallen wird.
Am wahrscheinlichsten ist dies für Teile von Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen
bis nach Sachsen, den Süden Sachsen-Anhalts und Teile Brandenburgs.

Mit der sich wieder aktivierenden Konvektion besteht erneut Unwettergefahr, da
die hochreichende Scherung weiterhin sehr gut ist (Werte zwischen 15 und 20
m/s). Vor allem vom südlichen Rheinland-Pfalz, über das nördliche BaWü bis nach
Nordbayern besteht Superzellenpotential mit größerem Hagel, Sturmböen und
Starkregen, der lokal die 25 mm knacken dürfte (erneut parallele
Scherungsvektoren und ppw's bis 40 mm).

Auch im Südosten Deutschlands dürften sich einzelne Gewitter entwickeln. Dort
fehlt es aber an Scherung, sodass diese insgesamt nicht so kräftig ausfallen
dürften. Zudem können einzelne Gewitter aus den Alpen heraus übergreifen.

In der Nacht auf Samstag verlagert sich die Kaltfront kaum noch nach Süden. Das
liegt auch daran, dass der Trog von Westen durch einen neuen Kurzwellentrog
gefüttert wird und sich damit die Haupttrogachse wieder westlich von Deutschland
entwickelt. Damit fehlt die Schubkomponente.

Die stärkste Aktivität in den Nachtstunden wird modellübergreifend vornehmlich
zwischen Main und Donau erwartet. Einzelne Gewitter können aber auch noch im
Alpenvorland auftreten.

In der Nordhälfte verstärkt sich der Bodenhochkeil. Bei oft nur geringer
Bewölkung werden die Tiefstwerte aufgrund der eingeflossenen trockenen Kaltluft
bei windschwachen Verhältnissen zum Teil im einstelligen Bereich erwartet.
Vereinzelt fallen die Werte bis auf 5 Grad, am Boden bis 2 Grad. Ganz anders im
Süden. Dort werden tiefste Werte zwischen 20 und 15 Grad erwartet.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle sehen die kurzfristige Entwicklung recht einheitlich. Unsicherheiten
ergeben sich die Konvektion betreffend. Erläuterungen dazu finden sich im
Haupttext.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer