DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

29-07-2022 07:30
SXEU31 DWAV 290800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 29.07.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
WW Übergang zum BM

Heute über der Mitte und dem Süden, am Samstag vor allem nach Osten zu und über
der Mitte Gewitter mit Starkregen. Ab der Nacht teilweise auch ungewittriger
Starkregen. Lokal Unwetter, keine überregionale Unwetterlage.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegen wir auf der Vorderseite eines Troges über Westeuropa, der sich
nach Osten verlagert und dessen Achse abends auf Westdeutschland übergreift. Ein
erster Randtrog löst vormittags über der Mitte und dem Nordwesten einzelne
Schauer, über der Mitte anfangs vereinzelt Gewitter aus, die sich mit Vordringen
in die trockenere Luft nach Nordosten hin abschwächen. Mit der Hauptachse des
Troges kann im Tagesverlauf markantere Hebung von Südwesten her wirksam
werden.
Dem gegenüber steht ein Bodenhoch über Nordeuropa, das sich zwar etwas nach
Norden zurückzieht, an seiner Südflanke
aber weiter trockene Festlandsluft in den Nordosten und Norden Deutschlands
lenkt. Von Niedersachsen bis nach Brandenburg bleibt es teils sonnig, teils
wolkig und trocken.

Ansonsten kommt feuchte und potentiell instabile Luftmasse im Bereich eines
flachen Bodentiefs bis in die "nördliche Mitte" voran. Hebung und Einstrahlung
"aktivieren" die Luftmasse. Über dem Westen und der Mitte werden bis 500 J/kg
Cape aufgebaut, im Süden und Südosten bis über 1000. Die PPW-Werte steigen
innerhalb der von der Mitte bis nach Südostbayern reichenden Tiefdruckrinne
gebietsweise auf deutlich über 30 mm.
Ab den Mittagsstunden bilden sich teils kräftige Gewitter, die neben dem
üblichen Starkregen, auch kleinkörnigen Hagel und stürmische Böen oder Sturmböen
bringen können. Zum späteren Nachmittag und Abend verclustern die Gewitter
wahrscheinlich, vor allem an den Alpen, wo sich mit Abzug des Bodentiefs und
Winddrehung auf Nordwest zum Abend hin eine Art "konvektiver Stau" einstellen
kann. Auch unwetterartiger Starkregen ist möglich, Signale dafür hat ICON-D2 vor
allem in der Tiefdruckrinne im Programm, wobei deren genaue Lage noch etwas
unsicher ist.

Auch wie weit die Schauer und Gewitter nach Norden vorankommen, ist noch unklar.
Eventuell könnte es auch noch vom
südlichen Niedersachsen bis ins südliche Sachsen-Anhalt und nach Westsachsen
zumindest punktuell für Regen reichen. Im Südwesten, rückseitig der
Tiefdruckrinne, sickert im Verlauf des Nachmittags stabilere und trockenere Luft
ein, in der es dann kaum noch für Schauer oder Gewitter reicht.
Die Temperatur steigt in 850 hPa auf 9 bis 14°C, was sich in 2m Temperaturen,
freilich je nach Sonne, von 23 bis 29°C äußert, ganz im Norden bleibt es etwas
frischer, an den Küsten bei etwa 20°C.

In der Nacht zum Samstag kommt der Trog nur zögernd nordostwärts voran, am
Morgen befindet sich das eingelagerte Höhentief wohl im Bereich der Mitte
Deutschlands. Das Bodentief zieht mit seinem Schwerpunkt nach Böhmen, davon
ausgehend reicht aber eine Rinne über Sachsen Richtung Nordsee. An der
Westflanke des abziehenden Tiefs gibt es - nicht zuletzt auch aufgrund einer Art
Gegenstromlage (Südwest in der Höhe, Nordwest am Boden) vor allem im Osten und
Südosten, teilweise auch noch bis in die Mitte reichend schauerartige, vor allem
anfangs mit Gewittern durchsetzte Regenfälle. Deren Schwerpunkt soll sich in die
Regionen Sachsen und Sachsen-Anhalt verlagern. Markanter, auch mehrstündiger
Starkregen ist nicht unwahrscheinlich. Unwetterartiger Starkregen, teilweise
auch ohne Gewitter, ist ebenfalls nicht ausgeschlossen, wie wiederum ICON D2 EPS
nahelegt. Es gibt allerdings auch Modellunsicherheiten, was die Verteilung der
Niederschläge angeht.

Trocken bleibt es sehr wahrscheinlich von etwa von Nordbrandenburg bis nach NRW.
Auch vom Südwesten her trocknet es nach Osten ausgreifend ab. Die Tiefstwerte
liegen meist zwischen 17 und 10°C, wobei es in den Tälern der westlichen
Mittelgebirge am kühlsten wird.


Samstag... kommt der Trog bis zum Abend nach Westpolen und Tschechien voran, das
Höhentief liegt dann über Böhmen, gefolgt von einem flachen Keil, der sich
aufgrund von WLA vorderseitig eines umfangreichen Zentraltiefs bei Island über
der Nordsee aufwölbt und bis zum Abend auf Nordwestdeutschland übergreift. Die
Bodentiefdruckrinne ist weiter über dem Osten zu erkennen, wird aber schwächer.

Vor allem im Osten, etwa von Sachsen-Anhalt, Südbrandenburg über Ostbayern bis
zum östlichen Alpenrand kommt es noch zu schauerartigen, teils von Gewittern
begleiteten Regenfällen, deren Mengen markant, lokal unwetterartig ausfallen
können. Eine Vorabinfo bietet sich, wie schon zuvor, wegen der unsicheren
Modelllage und wegen des fehlenden Impacts, der dürfte ja eher positiv sein,
nicht an. Auch im Bereich der Rinne nach Nordwesten hin und über dem Südwesten
sind bei leicht instabiler Schichtung einzelne Schauer und Gewitter mit lokalem
Starkregen nicht ausgeschlossen.

Nach Abzug des Bodentiefs und der nach Ostdeutschland zurückhängenden Rinne
weitet sich die trockenere und stabiler geschichtete Luftmasse zusehends auch
auf die mittleren Landesteile aus. Dort sowie im Nordosten bleibt es trocken und
vor allem im Westen, Südwesten, aber auch ganz im Nordosten scheint häufiger die
Sonne. In Südbayern frischt südlich der Rinne der West- bis Nordwestwind
vorübergehend auf, im Alpenvorland kann es eventuell steife Böen geben.

Vor allem von der Lausitz bis zum Erzgebirge und am östlichen Alpenrand, bleibt
es stark bewölkt. Auch im Nordwesten werden aufgrund der WLA und mit Annäherung
einer Warmfront die Wolken dichter, es bleibt dort aber trocken. Die Höchstwerte
liegen zwischen 19 und 23°C bei starker Bewölkung im Südosten sowie an den
Küsten und zwischen 24 und 29°C bei mehr Sonne.

In der Nacht zum Sonntag zieht das Bodentief ab. Vor allem im Süden und in der
Mitte steigt der Druck und ein Keil des Azorenhochs schiebt sich über Frankreich
nach Südwestdeutschland. Im Südosten und Osten kann es anfangs Schauer geben und
mit der nordwestlichen Anströmung bleibt es vor allem am Erzgebirgsnordrand auch
stark bewölkt.

Vor allem im Südwesten ist es oft gering bewölkt, während auf den Nordwesten die
Warmfront eines Tiefs östlich von Island übergreift. Im Vorfeld weiten sich
dichte Wolken bis in die Norddeutsche Tiefebene aus und nach Lesart des ICON,
das diese Warmfront am progressivsten auf der Agenda hat, kann es im Nordwesten
etwas regnen. Bei stabiler Schichtung sollten keine Gewitter dabei sein. Die
Tiefstwerte liegen zwischen 17 und 10°C.


Sonntag... schwenkt der flache Höhenrücken über Deutschland nach Osten,
anschließend stellt sich bei recht hohem Geopotential eine zunächst glatte
Westströmung ein, in der später über die Nordsee aber ein flacher Trog folgen
soll. Bodennah liegt der flache Azorenhochkeil über dem Süden Deutschlands, nach
Norden hin nimmt der Druck nur wenig ab, so dass der schwache Wind aus
westlichen Richtungen kommt.

Der Norden Deutschlands liegt am südlichen Rand der Frontalzone, wobei die
Warmfront des Nordmeertiefs über den Norden hinweg gesteuert werden soll, dort
aber nur wenig Regen bringt. Allerdings erwartet den Nordwesten ein
wolkenreicher Tag. Im Vorfeld der herannahenden Kaltfront kann im äußersten
Nordwesten am Nachmittag auch etwas kräftigerer Regen aufkommen, der aber nicht
von allen Modellen gezeigt wird.

In den übrigen Regionen zieht teilweise hohe und mittelhohe Bewölkung durch, vor
allem im Süden und Osten scheint aber längere Zeit die Sonne und bei recht
stabiler Schichtung sollte keine nennenswerte, oder "wetterrelevante" Konvektion
mehr zustande kommen.
Die zu uns einfließende Luftmasse wird noch etwas wärmer als am Vortag, so
werden im Norden im Warmsektor um 11°C in 850 hPa erwartet, im Süden erreichen
wir am Abend 16°C.
Abgesehen vom äußersten Norden, den Küstenregionen und dem stark bewölkten
äußersten Nordwesten wird es sommerlich warm und im Südwesten kann trotz etwas
Bewölkung wieder die 30°C-Marke erreicht oder leicht überschritten werden.

In der Nacht zum Montag greift nach der Warmfront auch die Kaltfront auf
Nordwestdeutschland über. Sie sorgt zusammen mit dem flachen Trog im Nordwesten
für eine leichte Labilisierung, sodass in den Regen dort auch einzelne Gewitter
eingelagert sein können. Ansonsten breitet sich der meist leichte Regen nach
Osten und Südosten aus, ob allerdings soweit wie im ICON ist sehr fraglich. Im
Süden bleibt es wohl aufgelockert und meist trocken.
Die Luft kühlt auf Werte zwischen 17°C im Westen und etwas über 10°C im
südöstlichen Bergland ab.


Modellvergleich und -einschätzung
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Der grundsätzliche Fahrplan steht, die Basisfelder der Modelle sehen recht
ähnlich aus. Im Detail ergeben sich aber bezüglich der Niederschläge und
Gewitter recht große Unterschiede. Meist genügen wohl markante Warnungen, lokal
sind Unwetter sicher mit dabei, deren Verteilung aber immer anders simuliert
wird. Deshalb, wegen der nur lokalen Unwetter und weil der Regen meist
willkommen ist, wird auf eine Vorabinformation verzichtet.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner