DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-10-2016 21:00
SXEU31 DWAV 021800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 02.10.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Anfangs im Bergland noch einzelne Böen Bft. 8 aus West, ab Montagmittag an den
Küsten, Dienstag auch im Bergland Böen Bft. 8 bis 10 aus Ost bis Nordost.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines Höhentiefs über
dem Nordwesten des Landes. Im Laufe der Nacht zeichnet es sich durch nur wenig
Verlagerungstendenz aus und erreicht in der Früh mit seinem Drehzentrum in etwa
das östliche Niedersachsen. Mit dieser leichten Verlagerungstendenz nach
Ostsüdost lassen auch die vorderseitigen Hebungsprozesse im Südosten des
Vorhersagegebietes nach und die Niederschläge klingen dort mehr und mehr ab,
zuletzt an den Alpen.
Mit dem Höhentief können sich allerdings höhenkalte (-23 bis -27 Grad in 500
hPa) und somit labil geschichtete Luftmassen vom Nordwesten auch auf die
mittleren Landesteile ausweiten.
Das korrespondierende Bodentief zieht bis Montagmorgen ebenfalls über
Norddeutschland hinweg ostwärts und füllt sich zögernd auf. Vor allem an dessen
Süd- aber auch an der Westflanke werden konvektive Niederschläge simuliert,
ebenso wie an den Küsten. Dabei wirkt das warme Oberflächenwasser
konvektionsverstärkend, entsprechend simulieren die vorliegenden Modelle dort
mit mehreren 100 J/kg auch die höchste ML-Cape. Am ehesten dürften somit die
Schauer an den Küsten auch von einzelnen kurzen Gewittern begleitet werden.
Dort, wo es wiederholt schauert, sind durchaus Mengen von nahe 20 mm in mehreren
Stunden möglich, für Warnungen vor Starkregen dürften die Mengen aber nicht
ausreichen. Allgemein werden 1 bis 10 mm in 12 Stunden simuliert, gebietsweise
auch mehr, die höchsten Mengen - von Modell zu Modell mit unterschiedlichen
Schwerpunkten - über Nord- und Ostsee sowie in den mittleren Landesteilen
(COSMO-EU).
Rückseitig des Bodentiefs schiebt sich ein Hochkeil nach Südwestdeutschland.
Dort bleibt es weitgehend trocken und die Wolken können auch mal stärker
auflockern. Auch zwischen den Schauern sind vorübergehende größere Wolkenlücken
möglich, dann kann sich örtlich Nebel bilden. MOS zeigt zumindest in der
Norddeutschen Tiefebene höhere Wahrscheinlichkeiten dafür.
Der Druckgradient an der Südflanke des Tiefs fächert nur zögernd auf, so dass es
vor allem in den Kamm- und Gipfellagen einiger Mittelgebirge und der Alpen
stürmische Böen (Bft. 8) aus West geben kann, vereinzelt auch Sturmböen (Bft.
9).

Montag ... verlagert sich das Höhentief über Deutschland hinweg südostwärts nach
Nordostbayern bzw. Westtschechien. Weiter westlich wölbt sich ein kräftiger
Höhenrücken über die Britischen Inseln und die Nordsee hinweg nordnordostwärts
bis zum Eismeer auf.
An der Nord- und Ostflanke des Höhentiefs setzt mitteltroposphärisch WLA ein,
während die Temperaturen in 850 hPa meist zwischen 2 und 5 Grad verharren. Die
durch den Aufgleitprozess generierten Niederschläge erfassen eventuell auch noch
den Norden des Landes, sind aber nicht warnrelevant. Die höchsten Mengen mit
teilweise über 10 mm in 12 Stunden über der Deutschen Bucht und der Ostsee
simuliert dabei das COSMO-EU.
Das Bodentief zieht ostwärts ab und füllt sich vollends auf. Das Hochdruckgebiet
über Skandinavien verstärkt sich - günstig vorderseitig des Höhenrückens gelegen
- deutlich, so dass es auch im Vorhersagegebiet zu kräftigem Druckanstieg kommt.
Vor allem im Norden und im Süden bzw. Südwesten nimmt das Druckfeld auch eine
zunehmend antizyklonale Kontur an, so dass die Schauertätigkeit im Nordwesten
und auch im Westen im Tagesverlauf mehr und mehr abnimmt, im Südwesten bleibt es
wohl meist ganztägig trocken. Ansonsten gibt es vor allem im Bereich des
Höhentiefs in labiler Luftmasse weitere Schauer, bei simulierter ML-Cape von
mehreren 100 J/kg sind auch kurze Gewitter möglich. Allgemein werden die
höchsten zwölfstündigen Mengen im Nordosten, Osten und vor allem in den
mittleren Landesteilen (Sachsen-Anhalt, Thüringen, Osthessen, Nordostbayern)
simuliert mit Mengen bis an die 10 mm, punktuell auch darüber. COSMO_EU lässt
die Niederschläge in der ersten Tageshälfte auch noch sehr weit nach Westen, bis
an den Rhein ausweiten.
Auch bei wiederholter Schauertätigkeit dürften aber wohl kaum für Starkregen
warnrelevante Mengen auftreten, die PPW-Werte liegen meist nur wenig über 15 mm.

In den Focus der Warntätigkeit rückt aber zunehmend der Wind. In den Kamm- und
Gipfellagen der süd- und ostdeutschen Mittelgebirge kann es zunächst noch
stürmische Böen aus West geben, vorübergehend frischt der Wind auch im
Alpenvorland auf, wobei es dort wohl nicht mehr für warnwürdige Böen reicht. Mit
Abzug des Tiefs schwächt sich der Wind dort aber nachmittags und abends
allmählich ab.
Dagegen verschärft sich der Druckgradient mit der Verstärkung des
Skandinavienhochs im Norden deutlich. An den Küsten von Nord- und später auch
Ostsee frischt der Wind aus Nordost bis Ost im Tagesverlauf auf, etwa ab mittags
gibt es zunehmend steife Böen (Bft. 7), vor allem entlang der vorpommerschen
Ostseeküste abends auch stürmische Böen (Bft. 8).
Die Sonne wird man wohl am ehesten im Südwesten und später auch im
Westen/Nordwesten zu Gesicht bekommen. In der einströmenden erwärmten polaren
Meeresluft mit Temperaturen zwischen 2 und 5 Grad in 850 hPa erreichen die
Höchsttemperaturen Werte zwischen 13 und 18 Grad; dort, wo es immer wieder
regnet, bleibt es etwas kühler, im südlichen Oberrheingraben kann es mit Sonne
etwas milder werden.

In der Nacht zum Dienstag zieht das Höhentief weiter südostwärts nach Ungarn,
der Höhenrücken verstärkt sich weiter, wobei sich vor der norwegischen
Südwestküste eine separate Höhenantizyklone ausbildet. Somit dreht die recht
kräftige Höhenströmung im ganzen Land auf Nordost.
Nach wie vor kommt es an der Nordflanke des Tiefs aufgrund von WLA zu
Aufgleitprozessen, die auch die Osthälfte Deutschlands, insbesondere die Lausitz
sowie Sachsen und Thüringen, eventuell auch noch das östliche Bayern erfassen
können. Warnrelevante Mengen werden dabei aber keine simuliert, maximal haben
die Modelle 5 bis knapp über 10 mm auf der Karte.
Die höhenkälteste Luftmasse verlagert sich im Laufe der Nacht über Bayern hinweg
südwärts, vor allem in der ersten Nachthälfte kann es dabei noch einzelne
Gewitter geben, auch im Küstenbereich ist das nicht komplett ausgeschlossen. Im
Stau des ostbayerischen Alpenrandes können die Niederschläge mit zunehmender
Nordkomponente der niedertroposphärischen Strömung später auch länger anhalten.
Während ICON-Nest aber nicht mehr als knapp über 5 mm in 12 Stunden simuliert,
hat COSMO_EU 10 bis 15 mm, punktuell im Chiemgau auch bis nahe 30 mm in 12
Stunden auf der Karte, was aber übertrieben scheint und weder vom ECMWF noch vom
GFS auch nur annähernd simuliert wird. Dennoch könnte vor allem in
windgeschützten Alpentälern die Schneephase mehr und mehr ins Spiel kommen. Der
Stau drückt die dort noch knapp oberhalb von 850 hPa simulierte Nullgradgrenze
womöglich etwas runter, so dass es in höher gelegenen Alpentälern durchaus bis
auf nahe 1000 m herab schneien könnte.
Im Bodenfeld kann sich das Hoch über Skandinavien noch weiter verstärken, wobei
sich ein Keil über die Nordsee hinweg südwärts bis nach Westdeutschland
ausweitet. Dadurch weitet sich der scharfe Druckgradient über der Osthälfte nach
Süden aus, auch in der Südhälfte dreht der Wind mehr und mehr auf Nord bis
Nordost. An den Küsten gibt es weiterhin steife Böen, entlang der Ostseeküste
auch stürmische Böen. Auch im Harz und im Erzgebirge können später erste
stürmische Böen in den Gipfellagen auftreten.
In der Westhälfte bleibt es überwiegend aufgelockert, teils auch gering bewölkt
und im äußersten Westen auch schwachwindig. Dort kann sich stellenweise Nebel
bilden, MOS zeigt die größten Wahrscheinlichkeiten dafür westlich des Rheins.

Dienstag ... kommt das Höhentief bis nach Rumänien voran. Das Höhenhoch über
Südwestnorwegen verstärkt sich weiter und zeigt kaum Verlagerungstendenz. Die
nordöstliche Höhenströmung über Deutschland fächert mit Abzug des Höhentiefs
etwas auf und auch die WLA- induzierten Aufgleitniederschläge an dessen
Nordflanke über dem Südosten des Landes hören im Tagesverlauf auf, zuletzt an
den Alpen, wo nach Osten zu bis zum Abend noch gebietsweise mehr als 10 mm
simuliert werden bei einer Schneefallgrenze, die sich weiterhin knapp unter 1500
m bewegen dürfte.
Das Bodenhoch über Skandinavien verstärkt sich weiter auf einen für diese
Jahreszeit außergewöhnlich hohen Kerndruck von über 1045 hPa. Dadurch verschärft
sich der Druckgradient in weiten Teilen des Landes sogar noch ein wenig. An den
Küsten gibt es weiterhin steife bis stürmische Böen aus Ost bis Nordost, in
Vorpommern reicht es eventuell auch im Binnenland für Böen Bft. 7. Auch in den
Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen muss zunehmend mit
stürmischen Böen oder Sturmböen gerechnet werden. Im Bayerischen Wald, im
Bereich des schärfsten Gradienten, sind auf exponierten Gipfeln auch schwere
Sturmböen nicht ausgeschlossen.
In der Osthälfte des Landes, vor allem im Südosten bleibt es noch meist stark
bewölkt, in Südostbayern auch bedeckt. Im Westen und Nordwesten scheint dagegen
vielerorts die Sonne. Die Luftmasse wird im weiteren Tagesverlauf mehr und mehr
aus dem nordwestrussischen Raum advehiert, wobei die Temperatur in 850 hPa am
Abend zumindest im äußersten Osten auf Werte um oder gar knapp unter 0 Grad
sinkt, im Westen auf etwa 3 bis 4 Grad. Die Höchsttemperaturen gehen somit
weiter zurück und erreichen nur noch Werte zwischen 9 und 15 Grad, mit Sonne im
Westen nochmals bis zu 17 Grad, in den Alpentälern überschreiten sie vor allem
nach Osten zu sogar kaum mehr die 5 Grad-Marke.

In der Nacht zum Mittwoch wird das Höhentief durch einen Abtropfprozess von
Norden her wieder regeneriert, sein Drehzentrum verlagert sich bis Mittwochfrüh
nach ICON nach Südostpolen. Das Höhenhoch ändert sich in Lage und Intensität
dagegen kaum, wodurch es vor allem über der Osthälfte Deutschlands zu einer
Verschärfung des Gradienten sowohl in 500 als auch in 300 hPa kommt. Auch das
Bodenhoch ändert sich kaum und erreicht den Höhepunkt seiner Entwicklung.
Nennenswerte Hebungsantriebe sind dabei aber (noch) keine auszumachen.
Allerdings führt mitteltroposphärische KLA zu einer leichten Labilisierung der
Luftmasse insbesondere über dem noch recht warmen Ostseewasser, so dass es dort
einzelne Schauer geben könnte.
Auch niedertroposphärisch verschärft sich die Advektion kalter Luft aus dem
nordwestrussischen Raum insbesondere in der Osthälfte. Die Temperatur in 850 hPa
sinkt dort auf Werte zwischen 0 und -4 Grad (GFS gar -5 Grad am Erzgebirge),
während sie im Westen weiterhin knapp über 0 Grad, im äußersten Südwesten um +5
Grad liegt. Vor allem im Stau der Alpen werden in der ersten Nachthälfte noch
Niederschläge simuliert, die dort dann in windgeschützten Tälern teilweise bis
knapp unter 1000 m als Schnee fallen können. Ansonsten bleibt es bis auf
vereinzelte Schauer im Nordosten weitgehend trocken.
Von Warnrelevanz bleibt der Wind; an den Küsten gibt es weiterhin steife, an der
vorpommerschen Küste vereinzelt auch stürmische Böen aus Ost bis Nordost, in den
Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge stürmische Böen oder Sturmböen (Bft. 8
bis 9), exponiert auch schwere Sturmböen Bft. 10). Durch Low Level Jet-Effekte
sind vor allem im Bayerischen Wald auf exponierten Gipfeln vorübergehend auch
orkanartige Böen (Bft. 11) nicht ausgeschlossen. In den Niederungen sind
tagesgangbedingt kaum warnrelevante Böen zu erwarten, lediglich im
ostbayerischen Mittelgebirgsraum kann es Böen Bft. 7 geben ("Böhmischer Wind")
ebenso eventuell an Bodensee und Hochrhein ("Bise").
Bedingt durch den lebhaften Wind und aufgrund der niedrigen Taupunkte der
advehierten Luftmasse bleibt die Nebelwahrscheinlichkeit eher gering.
Gebietsweise kann es aber bei länger gering bewölktem Himmel in windgeschützten
Senken und Tälern Bodenfrost oder gar leichten Luftfrost geben.

Mittwoch ... bleibt das Höhentief zumindest nach ICON quasistationär über dem
polnisch-ukrainischen Grenzgebiet und verstärkt sich somit noch etwas, während
sich das Höhenhoch an der südwestnorwegischen Fjordküste in Lage und Intensität
nicht ändert.
Im Bodenfeld verlagert sich ein Tiefdruckgebiet von Süden her über die Ukraine
hinweg allmählich nordwärts Richtung Weißrussland, Das Hoch über Skandinavien
bleibt nahezu unverändert, wobei ein Keil über die Nordsee hinweg bis nach
Südwestdeutschland gerichtet bleibt. Östlich des Keils dreht die Strömung
niedertroposphärisch etwas mehr auf Nordost bis Nord, womit etwas höhenkältere
Luft in die Osthälfte gelangt. Zumindest nach den Simulationen der aktuellen
COSMO-EU und ICON-Nest- Läufe reicht die Labilität aber höchstens vereinzelt für
kurze Schauer, am ehesten noch über der warmen Ostsee vor der vorpommerschen
Küste und am Erzgebirge, wo die Orographie unterstützend wirkt. Dort können die
Schauer bei Temperaturen um -2 Grad in 850 hPa in den Kammlagen mit Schnee
vermischt sein. GFS simuliert etwas häufigere Schauer, allerdings ebenfalls ohne
nennenswerte Regenmengen.
Ein etwas anderes Szenario hatte der 00 UTC-Lauf des ECMWF auf der Karte, wonach
an der Westflanke des Höhentiefs WLA und Aufgleiten bis in die Osthälfte
Deutschlands simuliert wurden. Die gezeigten Niederschlagsmengen betrugen aber
lediglich 1 bis nahe 10 mm in 12 Stunden und waren nicht warnwürdig.
Von Warnrelevanz ist und bleibt dagegen der Wind. Sowohl in der Osthälfte als
auch im Südwesten ist der Druckgradient recht scharf ausgeprägt, während er im
Keilbereich über weiten Teilen Nordwestdeutschlands und der Mitte etwas
auffächert. Warnrelevante Böen aus Nordost werden vor allem an der Ostsee (Bft.
7 bis 8), in Vorpommern und Brandenburg (Bft. 7) und im Bergland Ostdeutschlands
(Bft. 8 bis 9) simuliert. Im Südwesten, am Südrand des Hochkeils, kommt der Wind
aus Ost und kann in den Kammlagen der Mittelgebirge ebenfalls Bft. 8 bis 9
erreichen, exponiert auch Bft. 10. In den Niederungen sind steife Böen (Bft. 7)
möglich.
Die kalte Luftmasse gewinnt kaum mehr nach Westen an Raum, da der Keil
blockierend wirkt, von Vorpommern bis nach Bayern werden aber nach wie vor
negative Temperaturen in 850 hPa simuliert. Im Westen und Nordwesten verharren
die Werte dagegen zwischen 0 und +5 Grad. Dort scheint auch weiterhin recht
häufig die Sonne, während in der Osthälfte die Wolken überwiegen. Die
Höchstwerte gehen allgemein noch etwas zurück und bewegen sich im Osten nur noch
zwischen 8 und 12 Grad, am Erzgebirgsnordrand knapp über 5 Grad. Im Westen
werden noch etwa 11 bis 15 Grad erreicht, mit viel Sonne auch knapp darüber.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden aktuellen Modellläufe zeigen allesamt im Kurzfristbereich ein
ähnliches Szenario. Prognose- und vor allem warnrelevante Unterschiede sind kaum
auszumachen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff