DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-07-2022 07:30
SXEU31 DWAV 270800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 27.07.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL Wz
Heute und am Donnerstag in Alpennähe starke Gewitter. Am Freitag von der Mitte
bis in den Südosten Gewitter mit Starkregen, örtlich Unwetter.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines Höhentroges.
Seine Achse liegt in den Morgenstunden noch im Westen des Landes, wird aber
rasch ostwärts geführt und im Laufe des Nachmittags in Richtung Polen und
Tschechien abziehen. Nachfolgend setzt deutliche Stabilisierung ein, wie die
Tendenz der Lapse Rates zeigt.

Der Trogachse vorgelagert finden sich noch die Reste eine Kaltfront, die anhand
von Schauern über der östlichen Mitte zu sehen sind. Diese Kaltfront wird den
Süden nur noch abgeschwächt erreichen. Das liegt vor allem auch daran, dass sie
aus dem Antrieb durch die ostwärts ablaufende Höhentrogachse herausläuft.

Südlich der Kaltfront liegen noch Reste der feuchtwarmen Luftmasse der Vortage
mit häufig zweistelligen Taupunkten, direkt am Alpenrand um 15 Grad. Rückseitig
fließen deutlich trockenere Luftmassen ein, was nicht nur an den deutlich
geringeren Theta2m-Werten zu sehen ist, sondern auch an den einstelligen
Taupunkten.

Postfrontal schiebt vom Bodenhoch über den Britischen Inseln ein Keil nach
Deutschland, der in Kombination mit dem sich von Westen nähernden flachen
Bodenhochkeil für synoptischskaliges Absinken sorgt. Die aktuellen Schauer
betreffen heute Vormittag zunächst noch den Süden von Sachsen und bringen dort
recht verbreitet 5 bis 10 l/qm, wobei auch die Waldbrandgebiete in der
Sächsischen Schweiz zumindest im Randbereich liegen. Vom Vogtland bis zum
Westerzgebirge können auch mal um 20 l/qm zusammenkommen. Bis zum Mittag ziehen
diese schließlich ab. Im Anschluss verläuft der Tag vielerorts trocken bei
wechselnder Bewölkung.

Je weiter man nach Nordosten kommt, desto häufiger dominieren durch die Trognähe
noch die Wolken. Die vereinzelten schwachen Schauer am Vormittag sollten am
Nachmittag aber zumeist auch der Vergangenheit angehören. Am freundlichsten wird
mit der Nähe zum Rücken in Richtung Südwesten.

Im Südosten liegen wie angesprochen noch die Reste der feuchtwarmen Luftmasse
der Vortage, die nicht mehr ganz von der sich auflösenden Kaltfront ausgeräumt
werden. Bei erhöhten Werten an spezifischer Feuchte und etwas Labilität können
sich am Nachmittag im Bayerischen Wald und in den Bayerischen Alpen Schauer und
vereinzelt auch mal ein Gewitter bilden. Bei ppw-Werten ist durchaus mal
Starkregen über 15 l/qm in kurzer Zeit möglich. Davon angesehen sind diese nur
harmlos.

Zu erwähnen sei noch der Wind, der vor allem im Norden böig auflebt, sodass im
Küstenumfeld einzelne Windböen zu erwarten sind. Auf Rügen ist vielleicht auch
mal eine stürmische Böe möglich. Bei der Temperatur gib es das in diesem Sommer
wohlbekannte Temperaturgefälle von unter 20 Grad in Teilen von
Schleswig-Holstein und bis 27 Grad am Oberrhein.

In der Nacht auf Donnerstag verstärkt sich der Einfluss des flachen Rückens, der
von Westen auf Deutschland übergreift. Die Schauer/Gewitter im Südosten lassen
rasch nach und die Wolkendecke lockert vielerorts stärker auf. Im weiteren
Verlauf greifen allerdings von Frankreich kommend bereits wieder hohe und
mittelhohe Wolkenfelder auf. Diese sind zum einen gekoppelt an leichte WLA, aber
auch im Vorticityfeld lässt sich ein Couplet finden, dass den flachen Rücken
überläuft. Betroffen davon sind der Westen und die Mitte des Landes. Regen fällt
damit aber nicht.

In den Regionen über der Mitte und dem Norden, wo es länger klar bleibt, kann
bei den niedrigen Taupunkten die Luft in der eingeflossenen Kaltluft stark
abkühlen. So werden über Ostniedersachsen und dem Erzgebirge Tiefstwerte um 5
Grad (am Boden bis 1 Grad) simuliert. Das ist für Ende Juli doch schon
empfindlich kalt. Auch sonst gibt es häufig Werte um oder unter 10 Grad.
Im Süden bleibt es in der etwas feuchteren Luft milder mit 16 bis 11 Grad.


Donnerstag... überquert der flache Rücken Deutschland und am Nachmittag gelangt
der Vorhersageraum auf die Vorderseite eines sich über Frankreich
amplifizierenden Troges. Vor allem in Richtung Osten dominiert das Absinken.
Etwas WLA sorgt aber wie bereits in der Nacht dafür, das gebietsweise dichtere
hohe oder mittelhohe Wolken unterwegs sind. In Richtung Nordwesten findet man
gestützt durch den Hochkeil in unteren Schichten zudem eine markante
Absinkinversion bei etwa 800 hPa mit Sättigung bis etwa 850 hPa. Entsprechend
kann es in Teilen Niedersachsens und Schleswig-Holstein bei nur geringen
Luftdruckgegensätzen, ausgreifend bis nach Vorpommern, längere Zeit tiefe
Wolkenfelder geben, die Sonnenschein unterdrücken und vielleicht ab und an ein
paar Sprühregentropfen fallen lassen. Die Maxima liegen in diesen Regionen meist
nur um 20 Grad.

In der Mitte und im Süden kann trotz der angesprochenen Wolkenfelder auch immer
wieder die Sonne scheinen und die Temperatur erreicht Werte zwischen 25 und 30
Grad. Auch daran kann man die WLA schön erkennen.

Mit der leicht südwestlichen Strömung kann die feuchtlabile Luftmasse etwas
weiter aus den Alpen ins Vorland gedrückt werden. Im Tagesverlauf findet eine
deutliche Labilisierung statt (höhere Lapse Rates), sodass in Kombination mit
den erhöhten Feuchtwerten im Alpenvorland CAPE Werte zwischen 200 und 700 J/kg
erreicht. Die Scherung ist nicht sonderlich hoch, vereinzelt finden sich aber
Werte um 15 m/s im Bereich 0 bis 6 km. Das sollte reichen, dass sich ein paar
Zellen besser organisieren können und auch mal Hagel bis 2 cm auftreten kann.
Davon abgesehen liegt der Fokus aber auf Starkregen. Bei ppw-Werten um 30 mm
kann lokal Unwetter nicht komplett ausgeschlossen werden.

Damit ist aber auch schon das Maximale an Warntätigkeit herausgeholt.

In der Nacht auf Freitag greift der Trog stärker auf Deutschland über. Vor allem
in der zweiten Nachthälfte macht sich dann auch die davon ausgehende Hebung
bemerkbar. Mit der stärker auf südliche Richtung drehenden Strömung kommen die
Anfeuchtung in etwas bis zur Mainlinie voran. Zusammen mit der erhöhten
Labilität kann sich entkoppelt von der Grenzschicht etwas MU-CAPE aufbauen. Die
Niederschläge haben damit Schauercharakter und auch einzelne Gewitter können
eingelagert sein.

Der Schwerpunkt der konvektiven Niederschläge wird von den verschiedenen
Modellen und Ensembles vom Rhein-Main Gebiet über Nordbayern und den
angrenzenden Bundesländern vorhergesagt. Die ppw-Werte sind ziemlich hoch (meist
über 30 mm), sodass trotz der Nachtstunden durchaus auch Starkregen im markanten
Bereich realistisch erscheint. Ein zweiter Schwerpunkt liegt noch am Alpenrand,
wo die Gewitter vom Tag in gewittrige Starkniederschläge übergehen, die
ebenfalls im markanten Bereich liegen, örtliche Unwetter nicht ausgeschlossen.

Freitag... ist beeinflusst vom Trog mit eigenständigem Höhentiefzentrum, das
sich im Tagesverlauf zögernd nach Nordwestdeutschland bewegt. An seiner
Südflanke können sich die feuchtlabilen Luftmassen über der Mitte noch etwas
nach Norden ausdehnen. Der Haupteinflussbereich verläuft von Südniedersachsen
über die Mitte Deutschlands (östlich des Rheins) bis nach Bayern. Im Südwesten
Deutschlands sowie östlich der Elbe sind die Werte der spezifischen Feuchte
hingegen deutlich geringer. Über der Mitte und dem Südosten liegen die
CAPE-Werte am Nachmittag zwischen 500 und 1200 J/kg. Bei nur geringer
hochreichender Scherung liegt der Fokus vor allem auf dem Starkregen. Mit
Verlagerung des Höhentiefzentrums nehmen die Höhenwinde und damit auch die
Zuggeschwindigkeiten ab, während die ppw-Werte klar über 30 mm liegen.

In guter Übereinstimmung der verschiedenen Modelle liegt damit der Schwerpunkt
der konvektiven Niederschläge von der Südspitze Niedersachsens über
Nord/Osthessen, Thüringen und dem südlichen Sachsen-Anhalt über das Vogtland bis
nach Bayern. Markanter Starkregen scheint eine sichere Sache, aber auch Unwetter
sind in dieser Konstellation durchaus realistisch.

Am freundlichsten mit Sonnenschein wird es im Nordosten Deutschlands und auch im
Südwesten kann sich häufiger die Sonne zeigen. Im Bereich der Höhentiefzentrums
liegen die Werte zwischen 20 und 24 Grad, während sonst häufig ein Sommertag
erreicht wird, mit Maxima bis 28 Grad.

In der Nacht auf Samstag verlagert sich das Höhentief in den Nordosten
Deutschlands. Damit liegt der Schwerpunkt der konvektiven Niederschläge nachts
vornehmlich im Südosten Deutschlands und erstrecke sich nordwärts über Sachsen
nach Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Die Feuchtezunge erstreckt sich dann etwas
schwächer auch noch bis nach Niedersachsen. Insgesamt nimmt die Starkregengefahr
deutlich ab, aber zumindest mit markantem Starkregen muss punktuell noch
gerechnet werden.

Von Westen her stabilisiert es gleichzeitig und vor allem im Südwesten klart es
zum Teil auf.

Modellvergleich und -einschätzung
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Im kurzfristigen Vorhersagebereich sind die verschiedenen Modelle in guter
Übereinstimmung.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer