DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-07-2022 07:01
SXEU31 DWAV 230800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 23.07.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SW a
GEWITTER/STARKREGEN (teils UNWETTER):
Heute im Süden und Osten lokal Starkregen (teils gewittrig) um 20 l/qm in kurzer
Zeit möglich. Ebenso im Süden und im östlichen Bergland Schauer und einzelne
Gewitter, im Tagesverlauf vermehrt mit Starkregen, Hagel und Sturmböen. Unwetter
durch heftigen Starkregen bis 30 l/qm in kurzer Zeit und größeren Hagel nur mit
geringer Wahrscheinlichkeit. Bis zum Abend an die Alpen und in den Bayerwald
zurückziehend. In der Nacht zum Sonntag im Südosten noch letzte Gewitter und
noch örtlich Starkregen um 20 l/qm in kurzer Zeit, im Nachtverlauf nachlassend.
Am Sonntag wahrscheinlich keine markanten Wettergefahren. Am Montag neben
zunehmender Wärmebelastung im Nordwesten und Westen sowie aus den Alpen heraus
Gewitter mit hoher Wahrscheinlichkeit für Unwetter durch heftigen Starkregen,
(schwere) Sturmböen und im Süden außerdem durch größeren Hagel, in der Nacht zum
Dienstag auf den Osten und Südosten übergreifend.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Samstag... liegt Deutschland unter einem Trog, der bis heute Abend Westpolen
erreicht. Während im Norden und Westen, bedingt durch Kaltluftadvektion, bereits
Stabilisierung eingesetzt hat, hält sich an der Trogvorderseite und somit über
dem Osten und Süden zunächst noch feuchtlabile Luft. CAPE erreicht dort 500 bis
über 1000 J/kg, der Gehalt an niederschlagbarem Wasser 30 bis 35 mm. Zudem ist
auch etwas Scherung vorhanden, so dass die Konvektion zur tagesgangsbedingt
inaktivsten Zeit nicht so recht abzuklingen vermag. Allerdings verhindert die
rasche Verlagerung der Konvektionszellen, dass größere Niederschlagssummen
zusammenkommen. Mit anderen Worten - Unwetter sind eher unwahrscheinlich.
Mit der Verlagerung des Troges nach Osten setzt dann auch in den nordöstlichen
und östlichen Landesteilen Stabilisierung ein. Ausgenommen sind noch die
Gebiete, die südlich einer Linie Saarland - Oberpfälzer Wald liegen. Dort hält
sich noch feuchtlabile Luft, die durch nachlaufende kurzwellige Troganteile
aktiviert wird. Dort wirkt dann auch der Tagesgang unterstützend. Folglich
können sich in diesen Gebieten im Tagesverlauf verstärkt Gewitter entwickeln,
wobei mit geringer Wahrscheinlichkeit Unwetter vor allem durch heftigen
Starkregen bis 30 mm innerhalb weniger als einer Stunde auftreten können. Für
größeren Hagel ist die Scherung zu gering und für Sturmböen fehlt die trockene
Grundschicht.
Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 24 und 29 Grad wird es heute nicht ganz so
warm wie an den Vortagen. Im Norden bewegen sich die Temperaturen zwischen 18
Grad an der See und 20 bis 23 Grad weiter landeinwärts.

In der Nacht zum Sonntag gelangt Deutschland unter einen breiten Rücken. Durch
diesen wird ein Bodenhoch gestützt, wodurch sich geringe Luftdruckgegensätze
einstellen. Mit der einsetzenden nordwestlichen Strömung wird dann auch im Süden
die Schichtung stabiler, ohne jedoch, dass die feuchte Luft dort ausgeräumt
wird. Dennoch sollte die Schauer- und Gewittertätigkeit rasch und spätestens im
Laufe der zweiten Nachthälfte auch am östlichen Alpenrand zum Erliegen kommen,
ohne dass sich noch markante Wetterereignisse abzeichnen. Aufgrund der
bisherigen Trockenheit ist die Nebelneigung nur gering.

Sonntag... verlagert sich der Höhenrücken unter weiterer leichter Aufwölbung
nach Deutschland. Das korrespondierende Bodenhoch ist am Abend über dem
östlichen Mitteleuropa zu finden. Ein nachfolgender Trog nähert sich den
Britischen Inseln, mit der vorderseitigen südwestlichen Strömung gelangt
Subtropikluft aus dem westlichen Mittelmeerraum nach Frankreich. In dieser
Luftmasse entwickelt sich eine flache Tiefdruckrinne. Zwischen dieser Rinne und
dem sich ostwärts verlagernden Bodenhoch wird mit einer südlichen bis
südöstlichen bodennahen Windkomponente wieder trockene und heiße Luft advehiert.
Bei nahezu ungehinderter Einstrahlung sind Temperaturmaxima zwischen 29 und 33
Grad zu erwarten. Eine Ausnahme stellt lediglich der Nordwesten Deutschlands
dar. Aufgrund der Nähe zur Frontalzone werden diese Gebiete von Wolkenfeldern
gestreift, aber für ein paar Tropfen reicht es nur in Nordseenähe. Ansonsten
bleibt es deutschlandweit trocken. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 26 bis
31, im Norden 19 Grad (an der Nordsee) und 21 bis 25 Grad weiter landeinwärts.

In der Nacht zum Montag setzt sich mit dem Übergreifen des Troges auf die
Britischen Inseln über Deutschland eine südwestliche Strömung durch. Hierdurch
verstärkt sich die Zufuhr wärmerer Luft, d.h. die zuvor über Frankreich liegende
Luftmasse subtropischen Ursprungs gelangt dann auch nach Deutschland. Noch ist
die Schichtung stabil und die Luftmasse zu trocken, auch ist der Trog noch zu
weit entfernt, so dass vorerst keine Gefahr konvektiver Umlagerungen besteht.


Montag... greift der Trog auf Frankreich über. Die vorgelagerte flache
Tiefdruckrinne wird durch Kaltluftadvektion überlaufen und erreicht bis zum
Abend den Osten Deutschlands. Deren Passage macht sich in Form einer Winddrehung
auf West und einem Auffrischen des Windes, durchaus auch mit Böen bis Bft 7,
bemerkbar. Konvektive Umlagerungen sind in deren Bereich aufgrund der
Trockenheit der Luftmasse, erkennbar an einer Auslösetemperatur weit jenseits
von 35 Grad, nur wenig wahrscheinlich. Hier bieten sich Ähnlichkeiten zu einer
Entwicklung an, die vor ein paar Tagen erfolgt ist.
Wesentlich interessanter ist, was mit der Annäherung des Troges passiert.
Vorderseitig wird feuchtlabile Luft angesaugt, die ein CAPE (MU, KK) bis über
1000 J/kg und einen Flüssigwassergehalt von 25 bis über 40 mm aufzuweisen hat.
Zudem nimmt die Scherung (sowohl hochreichend als auch niedertroposphärisch)
signifikant zu, was organisiertere Strukturen hochreichender Konvektion
verspricht. Hier zeichnen sich zwei Schwerpunkte der Konvektion ab. Das ist zum
einen der Nordwesten und Westen und von dort auf die nördliche Mitte
übergreifend, wo Fokus auf heftigen Starkregen, bei staffelartigen Strukturen
auch auf (schwere) Sturmböen und Hagel zu legen ist, wodurch Unwettergefahr
besteht.
Als weiterer Schwerpunkt lässt sich der Süden herausarbeiten. Dort setzt die
Konvektion inneralpin bereits am dem Nachmittag, aus dem Alpen heraus jedoch
erst später, wahrscheinlich erst ab dem Abend, ein. Zuvor wird die Konvektion
durch Austrocknung, die durch leicht föhnigen Einfluss bedingt ist, gedämpft.
Neben heftigen Starkregen besteht dort vor allem zum östlichen Alpenrand hin
Unwettergefahr durch (schwere) Sturmböen. Weiter nach Westen hin, d.h. vom
Schwarzwald bis etwa zu den Bayerischen Alpen, kann auch größerer Hagel nicht
ausgeschlossen werden. Eine Unwetter-Vorabinformation wäre für diese Gebiete
überlegendwert.
In den Gebieten dazwischen, d.h. in einem breiten Streifen südlich der
westlichen Mittelgebirge bis etwa zum Schwarzwald und von diesem Bereich
ausgehend bis in die Mitte Deutschlands hinein, sind nur geringe Niederschläge
zu erwarten oder es bleibt gänzlich niederschlagsfrei.
Zuvor sind im Osten, Süden und in der Mitte bei nahezu ungehinderter
Einstrahlung Höchsttemperaturen zwischen 32 und 36 Grad zu erwarten. Im
Nordwesten und Westen werden 27 bis 32, an der Nordsee Maxima um 22 Grad
erreicht.

In der Nacht zum Dienstag erreicht der Trog mit seiner Achse den Westen
Deutschlands. Hierdurch wird die feuchtlablile Luft in den Osten und Süden
Deutschlands gedrückt. In weiten Teilen Deutschlands erfolgt Wetterberuhigung.
Ausgangs der Nacht setzt dann auch im Nordosten Deutschlands Stabilisierung ein.

Die anderen Gebiete, d.h. vom Schwarzwald bis zur Lausitz und die Regionen
südlich davon, verbleiben unter der wetteraktiven Trogvorderseite. In der
aufsteilenden südwestlichen Strömung laufen kurzwellige Anteile nach Nordosten
ab, die Hebung generieren. Mit dem Ergebnis, dass sich aus den Alpen heraus und
im Südosten vermehrt Gewitter entwickeln, die auch auf die östlichen
Mittelgebirge übergreifen können. Während im Norden und Nordosten in der ersten
Nachthälfte noch konvektive Umlagerungen zu erwarten sind, die mit teils
mehrstündigem Starkregen einhergehen können (Unwetter mit zusehends geringer
werdender Wahrscheinlichkeit, anfangs aber nicht ausgeschlossen), sollte durch
die von Westen her einsetzende Stabilisierung in der zweiten Nachthälfte dort
allmählich eine Wetterberuhigung zustande kommen. Im Süden und Südosten hält
sich die feuchtlabilste Luft noch am längsten. Dort sind mehrstündige und
anfangs noch gewittrige Starkregenfälle bis hin zum Unwetter auch in der zweiten
Nachthälfte noch vorstellbar, wobei in diesen Gebieten deutlich höhere
Niederschlagssummen zusammenkommen können als im Norden und Nordosten.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Auch im Vergleich zu weiter zurückliegenden Modellläufen
ergeben sich keine Auffälligkeiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann