DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-07-2022 07:30
SXEU31 DWAV 140800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 14.07.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW a

Im Südosten heute einzelne starke Gewitter. An den Küsten über die gesamte
Kurzfrist windig.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... liegen wir unter einer zunächst recht glatten westlichen
Höhenströmung zwischen einem umfangreichen Trog über Skandinavien und Osteuropa
sowie einem Höhenrücken über Südwesteuropa. Am Boden erstreckt sich ausgehend
vom Hochschwerpunkt westlich Irlands ein Keil nach Norddeutschland, wobei dort
recht frische Meeresluft mit T850 um 5°C einfließt, während in den Süden sehr
warme bis heiße Luft subtropischen Ursprungs mit 7850 um 20°C advehiert wird,
die schon aktuell am Donnerstagmorgen mit Temperaturen über 20°C aufwartet, bei
Minima teils um diesem Wert.
Dabei greift ein flacher, aber recht breiter Höhentrog auf den Vorhersageraum
über mit dem etwas Höhenkaltluft in den äußersten Norden gelangt (T500 um
-20°C), wodurch die subpolare Luftmasse labilisiert und auch etwas CAPE
aufgebaut wird. Im Tagesverlauf entwickeln sich dort einzelne Schauer und
vereinzelt kann auch ein Gewitter mit dabei, freilich eher des Typs Kaltluft.
Dazu frischt der West-Nordwestwind tagsüber noch etwas auf und in einem Streifen
von der schleswig-holsteinischen Nordseeküste bis nach Vorpommern sind Böen 7
Bft, an der Ostsee exponiert vielleicht sogar 8 Bft möglich.
Die oben beschriebenen Luftmassen werden von einer weitgehend inaktiven
Kaltfront über der Landesmitte getrennt, die dort schleift und nur sehr zögernd
weiter nach Süden vorankommt. Einen gewissen Push kriegt sie im Tagesverlauf
durch den Trog und die damit verbundene Frontalwelle, die sich über Frankreich
nähert. Die präfrontale Warmluft wird von unten labilisiert, da weitere WLA die
T850 auf oben genannte Werte steigen lässt. Darüber hinaus zeigt sich im
unmittelbaren Frontvorfeld eine gewisse Feuchteakkumulation.
Es wird etwas CAPE generiert, zwar gedeckelt, dennoch sollten sich mit
Unterstützung der Orografie im zentralen und östlichen Mittelgebirgsraum sowie
nach Südosten hin einzelne Gewitter bilden, die aufgrund der Scherung auch etwas
langlebiger sein können und durch Böen 8 bis 9 (trockene Grundschicht und
starkes invertet V) oder kleinkörnigem Hagel als markant durchgehen. Starkregen
ist zwar nicht ganz ausgeschlossen und ohnehin bilden die Gewitter nur den
Tropfen auf den heißen Stein. Fast überall bleibt es niederschlagsfrei. Mit
Passage der Kaltfront über den Süden und Winddrehung auf Nordwest sind dort
kurzzeitig starke bis steife Böen, auch unabhängig von etwaiger Konvektion
möglich.

Präfrontal im Süden scheint meist die Sonne häufig, während im Frontbereich die
Wolkenanteile zunehmen. Dem schließt sich nach Norden ein weiterer
sonnenscheinreicher Streifen, der von NRW bis nach Brandenburg reicht. Hier
greift kompensatorisches Absinken zwischen der frontalen Hebung und der trog-
bzw. höhenkaltluftbedingten Hebung im Norden, wo sich ein klassisch
wechselhafter Wolkencharakter einstellt.
Bemerkenswerter ist aber das große Süd-Nord-Gefälle der Temperatur. Während im
südlichen Oberrheingraben 34 bis 35°C angesteuert werden, reicht es ganz im
Norden nicht mal für 20°C.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der breite Trog nach Osten ab und die
Luftmasse stabilisiert von Westen her. Vor allem anfangs sind in Küstennähe aber
noch Schauer möglich. Die Kaltfront überquert dann auch den Süden und kommt bis
zu den Alpen voran, wo die Temperatur in 850 hPa um ca. 10 K zurückgeht. Dabei
kommt es vor allem über Südbayern zu Schauern und anfangs zu vereinzelten
Gewittern.
Der Druckgradient im Norden wird durch eine Bodentrogpassage über
Südskandinavien aufrechterhalten, bzw. etwas verschärft und der
West-Nordwestwind an der Ostsee, bedingt auch an der Nordsee legt wieder etwas
zu mit Böen 7-8 Bft. Die Nachttemperaturen werden wieder angenehmer, mit 17 bis
8°C von Süd nach Nord.


Freitag... stellt sich vorübergehend eine relativ glatte westnordwestliche
Höhenströmung ein. Darunter verstärkt sich der Hochkeil bei uns leicht, während
sich der Hochschwerpunkt bei der Irischen See liegt. Die Kaltfront liegt im
Alpenraum und löst dort konvektive Umlagerungen aus, einzelne Schauer sind am
deutschen Alpenrand nicht ausgeschlossen. Dahinter gelangt eine trockene und
stabil geschichtete Luftmasse zu uns, die im Norden mäßig -, im Süden warm bis
sehr warm ist.
Dazu scheint in der Südhälfte meist die Sonne von einem meist nur locker
bewölkten Himmel. Mit 24 bis 30°C wird es nicht mehr so heiß wie an den
Vortagen.

In der Nordhälfte verläuft der Tag wolkiger und mit 18 bis 25°C auch kühler.
Schauer sind mangels Feuchte und Labilität eher selten und schwach, und am
ehesten in Küstennähe anzutreffen. Der leicht auf westliche Richtungen
rückdrehende Wind lässt im Tagesverlauf vorübergehend etwas nach, wobei aber an
der Ostsee sowie im küstennahen Binnenland (Vorpommern) bis in den Nachmittag
hinein einzelne 7er-Böen auftreten können.

In der Nacht zum Samstag erreicht ein weiterer, deutlich markanterer Randtrog
von der Nordsee und Südskandinavien her Norddeutschland. Zusammen mit einem
Bodentrog nimmt die Schauerneigung deutlich zu und der wieder auf West bis
Nordwest drehende Wind frischt auf. An den Küsten wird es sehr windig mit Böen 7
bis 8 Bft. Im Nordosten, vor allem Richtung Ostsee sind sogar nennenswerte
Regenmengen möglich; über 6 bis 12 h akkumuliert sind 5 bis 10 l/qm, vereinzelt
mehr nicht ausgeschlossen.
Weit beschaulicher verläuft die Nacht im Süden und der Mitte, wo unter dem
Hochkeil nicht viel passiert. Windstille gepaart mit Wolkenarmut sorgen in der
eingeflossenen subpolaren Luftmasse für eine anständige Abkühlungsrate, die z.T.
erst im einstelligen Temperaturbereich um 8°C endet.


Samstag... verlagert sich der Randtrog rasch weiter ins Baltikum. Dahinter dreht
die Höhenströmung mehr nach Nordwest vor einem in die Nordsee schwenkenden
Höhenrücken. Im Bodenfeld kann sich der nach Süddeutschland gerichtete Hochkeil
noch etwas verstärken, während das zugehörige Hochdruckgebiet seinen Schwerpunkt
zur südwestlichen Nordsee verlagert. Der Bodentrog zieht zwar ebenfalls ostwärts
ab, er hinterlässt aber über dem Norden und Osten des Landes einen recht
scharfer Druckgradienten mit lebhaftem Nordwestwind in der Nordosthälfte sowie
steifen, vor allem an den Küsten, aber eventuell bis ins küstennahe
nordostdeutsche Binnenland reichenden stürmischen Böen.

Die höhenkälteste Luft wird mit Abzug des Troges nach Osten abgedrängt, dennoch
kann es im Nordosten zu einzelnen Schauern, anfangs zu vereinzelten Gewittern
reichen. Weiter westlich etabliert sich eine Absinkinversion auf etwa 750 hPa,
vor allem über der Norddeutsche Tiefebene kann sich somit erneut gebietsweise
länger SC-Bewölkung halten.

Im Westen/Südwesten sowie im Süden scheint dagegen im Einflussbereich des
Hochkeils bei oft nur wenigen flachen Quellwolken häufig die Sonne. Die
Temperatur steigt im Norden (T850 4°C) auf Werte um 20°C, im Süden werden
dagegen (T850 um 11°C) 24 bis 27°C erwartet, am Oberrhein eventuell ein bisschen
mehr.

In der Nacht zum Sonntag verschiebt sich die Bodenhochdruckzone mit Schwerpunkt
nach Deutschland herein. Umlaufen von Warmluftadvektion im Norden zieht dort
Bewölkung auf, die aber kaum Regen bringt. Sonst ist es unter Absinken gering
bewölkt oder klar. Nach Nordosten hält sich noch ein gewisser Druckgradient, der
vor allem rund um die Ostsee einzelne Böen 7 Bft zur Folge hat. In trockener
Luft gehen die Temperaturen kräftig zurück auf 14 bis 7°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Der Ablauf im synoptischen Scale wird übereinstimmend simuliert. Was die
Konvektion angeht, gibt es naturgemäß größere Unterschiede. Markant können die
Gewitter heute im Südosten vor allem durch den Wind und Sturm werden. ICON D2
simuliert ausgehend von Schwaben am Nachmittag eine Zelle, die mit schweren
Sturmböen nach Osten ziehen soll. In den Ensembles findet man entsprechende
Wahrscheinlichkeiten bis Orkanböen. Allerdings hat ICON D2 diese Lösung exklusiv
und sie sollte nicht überbewertet werden, komplett negiert aber auch nicht. Für
eventuelle Windböen, die mit dem postfrontalen Druckanstieg heute über dem Süden
auftreten können, bietet sich Nowcasting an, flächig und vorab sollte
diesbezüglich nichts nötig werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner