DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-07-2022 07:30
SXEU31 DWAV 090800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 09.07.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NA (Nord antizyklonal)
Heute im Osten einzelne, kurze gewittrige Schauer. Im Norden windig, an der See
teils stürmische Böen. Ab Sonntag Übergang zu ruhigem, wenn auch vielfach
wolkigem Sommerwetter, aber ohne nennenswerte Niederschläge.


Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegen wir zwischen einem Tiefkomplex über Skandinavien und einem
Rücken über Westeuropa in einer nordwestlichen Strömung. Da das Bodenhoch IOSIF
mit seinem Zentrum einige Seemeilen westlich von Irland zu finden ist und zudem
ein flacher Randtrog in der Höhe von der Elbmündung und heute Abend das
Böhmische Becken erreicht, ist das Wettergeschehen (zumindest) in der
Nordosthälfte eher zyklonal geprägt. Zudem ist in die Strömung eine schwache
Kaltfront eingelagert, die aktuell mit mehrschichtiger Bewölkung und auch
sporadischen Regenfällen auf die küstennahen Gebiete übergreift. Sie trennt eine
gealterte mäßig warme Luftmasse in der Südhälfte Deutschlands (T850 +8 bis +13
Grad) von frischer Meeresluft polaren Ursprungs über der Nordsee (T850 < +5
Grad). Bis zum Abend erreicht sie in etwa die Mittelgebirgsschwelle.

Wie schaut es nun niederschlagstechnisch aus? Während die Hebungsantriebe an der
Front stark limitiert bleiben (allenfalls durch schwache PVA), wird im
Tagesverlauf im Frontbereich und präfrontal vom südlichen Mecklenburg-Vorpommern
und westlichen Niedersachsen bis nach Oberfranken und Sachsen etwas ML CAPE
generiert. Viel mehr als wenige hundert J/kg werden es aber nicht, da im
Randbereich des Troges die Labilität begrenzt ist (Lapse Rates kaum unter -0.5 K
/ 100 m und Obergrenzen bei 550 hPa mit gerade so unter -10 Grad). Daher dürften
einzelne Gewitter zwar vorkommen, insgesamt aber eher die Ausnahme bleiben. Bei
Zuggeschwindigkeiten von 30-40 km/h sind diese dann auch der Marke "gelb" mit
einzelnen Windböen bis 60 km/h (Bft 7). Da bringt auch die durchaus moderate
Scherung und PPW's um oder knapp über 25 mm nicht viel.

Westlich davon anschließend reicht es durch die frühere Deckelung gerade noch
für schlappe Schauer an den Nordrändern der westlichen Mittelgebirge. Dort hat
es auch die Sonne besonders schwer. Im Gegensatz zum Südwesten des Landes, der
im Bereich der Keilachse - die sich bis nach Kärnten erstreckt - zu den
sonnigsten Orten heute landesweit zählen wird. Im Oberrheingraben wird dann -
wie so oft - auch die wärmste Ecke Deutschlands sein mit bis zu 28 Grad. Sonst
werden meist 21 bis 25 Grad erreicht, unmittelbar in Küstennähe auch unter 20
Grad.

Wassersportler kommen dabei trotzdem voll auf ihre Kosten, da am Rande des
Skandinavientiefs gerade in Norddeutschland ein brauchbarer Gradient aufgebaut
wird. Beschränken sich einzelne Windböen (Bft 7) zunächst noch auf exponierte
Küstenabschnitte, so greift dieser mit der tagesgangbedingten Durchmischung auch
ins angrenzende Binnenland aus. Im Maximum reicht die 30 Knoten Isotachen zum
Abend bis ins Alte Land, sowie zur Mecklenburger Seenplatte. An der
Nordfriesischen Küste, auf Fehmarn sowie Darß und der Nordspitze Rügens wird
sicherlich auch mal die Bft 8 angekratzt werden, was aber in den meisten Fällen
mit der "Häkchenlösung" erschlagen werden kann.

In der Nacht zum Sonntag schwenkt der Randtrog mitsamt Kaltfront weiter
südostwärts gemäß der Struktur des bereits "vorgebetteten" Langwellentroges, der
bis in den östlichen Mittelmeerraum reicht. Während vor allem an den Nordrändern
der Mittelgebirge noch einzelne Tropfen aus der vielerorts kompakten Wolkendecke
gequetscht werden, kommt gerade am östlichen Alpenrand mit durchgängiger
Nordwestströmung in sämtlichen Niveaus eine Stausituation zustande. Bis morgen
Früh fallen dabei 5 bis 10, in Staulagen des Berchtesgadener Landes auch bis 20
l/qm. Gleichzeitig gehen auch an den Alpen mit Kaltfrontpassage die 850 hPa
Temperaturen auf knapp unter 10 Grad zurück, weshalb die Schneefallgrenze auf
unter 2500 Meter absinkt. Ein recht schwacher Trost für die auf Rekordniveau
darbenden alpinen Gletscher, aber immerhin.

Ansonsten verläuft die Nacht ruhig, größere und längere Wolkenlücken gibt es am
ehesten im Südwesten sowie an der Ostsee. Die Temperaturen gehen auf 15 bis 10
Grad, bei längeren Auflockerungen auch bis knapp in den einstelligen Bereich
zurück.

Der Wind bleibt an der See lebhaft mit weiteren Windböen (Bft 7), auf Sylt auch
stürmischen Böen (Bft 8) aus Nordwest.

Sonntag... glättet die nordwestliche Strömung nach Abzug des Randtrogs zum
Balkan einmal durch. Die Achse des Rückens orientiert sich dabei schrittweise
wenig ostwärts und erreicht später die Nordsee, womit sich auch das Bodenhoch
vom Seegebiet westlich Irland vollends zu den Britischen Inseln verlagert.

Von Westen erfolgt also Druckanstieg, der sich aber kaum im Wettergeschehen
bemerkbar macht, da in der nordwestlichen Strömung von der Nordsee weiterhin
zähe Grenzschichtbewölkung dominant bleibt. Die Inversion liegt bei rund 800
hPa. Selbst bei einzelnen Auflockerungen, die es Mitte Juli aufgrund des
Sonnenstandes bei Grenzschichtproblematiken ja nahezu immer gibt, sorgt die
rasche Auslöse und neuerliche Ausbreitung an der Inversion (Sc cugen) vielerorts
für deutlich mehr Wolken als Sonne. Erschwerend kommt hinzu, dass die Warmfront
eines Tiefs bei Island das Hoch überläuft und sich im Tagesverlauf in den
Nordwesten schiebt. Daher sind von Ostfriesland bis nach Westfalen am morgigen
Sonntag kaum einmal nennenswerte Sonnenstrahlen zu erhaschen. Dringend
benötigter Regen fällt aber weiterhin nur sporadisch an den Nordrändern der
Mittelgebirge sowie entlang der Ems in kaum messbaren Mengen.

Südlich der Keilachse gibt es bei nur schwachen nördlichen Winden vom Saarland
bis ins Alpenvorland hingegen wieder reichlich Sonnenschein und nur harmlose
Quellungen. Der Kaltfrontdurchgang macht sich aber auch dort bemerkbar durch
Höchstwerte, die 2-3K unter denen des Vortages liegen, womit kaum noch die 25
Grad Marke erreicht wird. Landesweit liegen die Temperaturen am Nachmittag um
oder etwas unter 20 Grad. Im Ostseeumfeld sorgen föhnige Bedingungen von
Skandinavien her und die auflandige Windkomponente (neue Quellungen erst
landeinwärts) ebenfalls für meist heiteres Wetter. Eine ausreichende
Labilisierung der Luftmasse, die für Schauer und Gewitter ausreicht, findet wohl
erst auf polnischer Seite statt. Richtung Oderhaff und Ueckermünder Heide ist
aber ein vereinzelter Schauer nicht ausgeschlossen.

Was die Stauniederschläge an den Alpen betrifft, gibt es noch gehörige
Modellunterschiede. Während die deutsche Modellkette die Niederschläge bereits
in den Vormittagsstunden abklingen lässt, fallen nach IFS und UKMO durchaus noch
5, in Staulagen um 10 l/qm beziehungsweise oberhalb etwa 2300-2400 Meter auch
Zentimeter. Das entspricht dem Maximum des ICON-D2 EPS! Es ist davon auszugehen,
dass ICON die Lage etwas unterschätzt.

Bleibt abschließend noch der Wind zu besprechen, der an der Ostsee langsam etwas
nachlässt mit dem Druckanstieg aus Westen aber klassisch von Nordfriesland bis
in die Elbmündung lebhaft bleibt mit Böen der Stärke 7. Auch von Hamburg und
Bremen bis zum Harz kann es tagsüber die ein oder andere Windböe Bft 7 geben.

In der Nacht zum Montag kippt die Keilachse unter allmählicher Abflachung weiter
in positive Richtung und reicht zum Morgen von der Themse bis nach Norwegen.
Gegenspieler ist das durchaus stattliche, umfangreiche Höhentief über Ostpolen.
Als Folge verschiebt sich der Hochschwerpunkt langsam nach Benelux und der
Gradient beginnt aufzuweichen.

Allerdings sind da immer noch die Reste der Warmfront, die sich durch einen
hereinlaufenden kleinen, aber doch markanten Kurzwellentrog in 300 hPa zu einer
flachen Warmfrontwelle regenerieren können. Das führt über der Mitte des Landes
zu zeitweise leichten Regen- oder Sprühregenfällen mit 1 bis 3, lokal bis 5
l/qm. Letztlich natürlich viel zu wenig, um in irgendeiner Art und Weise
trockenheitslindernd einzugreifen. Von der Ostsee bis zur Lausitz sowie im
Südwesten gibt es vermehrt Auflockerungen, teils ist der Himmel auch klar. Die
Temperaturen gehen unter den Wolken auf 15 bis 12 Grad, sonst bis 7 Grad zurück.
Der nordwestliche Wind flaut auch in Küstennähe immer mehr ab.

Montag... ändert sich an der Geopotential- und Druckverteilung kaum etwas. Am
Rande des Hochs über Benelux verbleiben wir in einer antizyklonal gesprägten,
nordwestlichen Strömung. Diese ist in weiten Teilen nach wie vor von einer hohen
Grenzschichtfeuchte geprägt. Der o.e. Kurzwellentrog in 300 hPa schwenkt rasch
Richtung Alpen, womit sich die Warmfrontwelle über den zentralen Mittelgebirgen
auflöst und nur gelegentlich noch einzelne Tropfen oder etwas Regen bringt.

Während das sonnige Fenster im Südwesten dadurch etwas schmaler wird und sich
zunehmend auf das Breisgau fokussiert, können sich die Auflockerungen trotz
abnehmendem Gradienten vom Ostseeumfeld bis zur Altmark und Prignitz ausweiten.
Dort findet die erneute Anfeuchtung der Grenzschicht durch die Warmfrontwelle
erst gar nicht statt und die Luftschicht ist bodennah und in der mittleren
Troposphäre sehr trocken.

Durch das permanente leichte Absinken am Rande des Hochs und den Eintrag
milderer Meeresluft durch die schlappe Warmfront steigt das Temperaturniveau ein
Stück weit an und liegt vielfach im angenehmen Bereich zwischen 21 und 25, am
Oberrhein bis 27 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle sind sich in den Basisfeldern weitgehend einig. Am
auffälligsten ist die Diskrepanz der Stauniederschläge am östlichen Alpenrand,
die bereits im Text diskutiert wurde.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen