DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-07-2022 17:01
SXEU31 DWAV 061800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 06.07.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Donnerstag im Norden und Osten einzelne Gewitter mit stürmischen Böen. An der
See windig und an den Alpen in der Nacht zum Freitag Starkregen nicht ganz
ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir unter einer nordwestlichen Strömung zwischen einem
Höhenrücken westlich Irlands und einem Langwellentrog über Skandinavien und
Osteuropa. Ein darin eingelagerter Kurzwellentrog hat zur Bildung eines Tiefs
geführt, das von den Shetland Inseln über Südnorwegen nach Südschweden zieht.
Das okkludierende Frontensystem erfasst von Nordwesten her Deutschland und kommt
bis zur Mitte voran.

An der Warmfront fällt zunächst skaliger Regen, der mit der nachfolgenden
Kaltfront konvektiver wird. Auch einzelne kurze Gewitter sind im Norden mit
Frontpassage bzw. postfrontal mit Übergreifen des Höhentroges möglich. Während
über der Mitte meist nicht viel Niederschlag zusammenkommt, sind im Norden
gebietsweise 10 bis 20 mm Regen in 12 Stunden möglich.

Der Wind frischt im Norden zunächst aus Südwest bis West auf, warnrelevant wird
er aber lediglich an der Küste und dort besonders an der Nordsee sowie im
nördlichen Schleswig-Holstein mit steifen, exponiert an der Nordsee stürmischen
Böen. Nach Passage der Kaltfront dreht der Wind auf West bis Nordwest und neben
den skaligen Böen sind auch bei Gewittern vereinzelt Bft 8 nicht ausgeschlossen.


Im Süden merkt man von alledem nicht viel. Dort verläuft die Nacht ruhig,
trocken und gering bewölkt oder klar. Die Tiefstwerte liegen im Süden zwischen
12 und 7 Grad, in der Nordhälfte zwischen 16 und 11 Grad mit den höchsten Werten
von der Nordsee bis zum Rheinland.

Donnerstag ... erreicht das Tief die mittlere Ostsee; die davon ausgehende
teilokkludierte Kaltfront zum Abend den Südosten. Der zunächst eher skalige
Regen geht mit dem folgenden, und vor allem über dem Osten deutlich nach Süden
vorstoßenden Trog in Schauer und einzelne Gewitter über.
Im Westen fällt die Labilisierung schwächer aus und die Gewittergefahr ist wegen
des nahen Hochkeils nur gering. Über der Osthälfte gibt es etwas Regennachschub,
da dort verbreitet mehr als 5 mm in 12 Stunden fallen, gebietsweise sind 10 bis
20 mm Regen möglich und in einigen Staulagen punktuell noch mehr.
Das Erreichen von Starkregenschwellen während der Schauer und Gewitter ist
aufgrund der zügigen Verlagerung der Zellen (in 850 hPa 20 bis 30 kt)
unwahrscheinlich. Das sorgt aber auch dafür, dass Böen Bft 7 bis 8 in
kräftigeren Schauern und Gewittern auftreten können.
An den Küsten bleibt der starke, in Böen stürmische Nordwestwind durch den
erhöhten Druckgradienten erhalten. Aber auch in Teilen des norddeutschen
Binnenlandes, bis in die Mitte sind einzelne steife Böen aus West bis Nordwest
möglich.
Mit der nordwestlichen Strömung gelangt mäßig warme zu uns; in den Nordwesten
eher kühle Luft, in der Höchstwerte um 17 Grad an der Nordsee und bis 24 Grad am
Oberrhein auf dem Plan stehen. Die Sonne macht sich meist rar, nur ganz im
Norden sowie im Südwesten lässt sich etwas häufiger blicken.

In der Nacht zum Freitag zieht der Trog ostwärts ab, gefolgt von einem Hochkeil
über die Nordsee. Das Bodentief entfernt sich über das Baltikum nach Osten,
derweil sich ein Keil des westlich von Irland liegenden Hochs über Deutschland
regeneriert. Somit lassen die Niederschläge bereits in der ersten Nachthälfte
auch im Osten deutlich nach und ziehen sich mehr oder weniger in die Staulagen
am Erzgebirge (5 bis 10 mm/12h) und an die Alpen (10 bis 20, Berchtesgaden
vereinzelt 30 mm/12h) zurück. Wirklich signifikante Hinweise auf warnwürdige
Mengen gibt es nicht.

Der Druckgradient fächert aufgrund des rasch nachrückenden Keils nur zögernd
auf, sodass der Wind aus Nordwest an den Küsten nur wenig schwächer wird. An der
Ostsee werden die Bft 7 aus Nordwest erstmal häufiger, an der Nordsee zeigt sich
eine gewisse Abschwächung, zu Bft 7 und einzelnen Bft 8 reicht es aber zunächst
noch.

Es kühlt auf 12 bis 7 Grad ab, an der See auf Werte um 14 Grad.

Freitag ... schwenkt der Höhenkeil zu den Alpen. Über die Nordsee folgt aber der
Nächste, der sich vor einer Austrogung über dem Nordmeer bildet. Großräumig
liegen wir weiter unter einer nordwestlichen Strömung zwischen dem Rücken, nebst
Bodenhoch über dem nahen Nordostatlantik und tiefem Druck bzw. Geopotential über
Nord- und Osteuropa. Dabei gelangt in die meisten Teile Deutschlands mäßig
warme, in den Südwesten warme Luft, die in 850 hPa Werte von 6 bis 10°C
aufweist.
Ein weiteres schwaches Frontensystem eines Tiefs über dem Nordmeer zieht über
den Norden und Osten hinweg. Es führt in antizyklonalem Umfeld eine Schliere
feuchter Luft mit Bewölkung, aber nur wenig Regen mit sich. In großen
Landesteilen bleibt es unter dem Bodenhochdruckkeil aber komplett trocken und
Richtung Südwesten auch sonnig.

Der West- bis Nordwestwind frischt im Norden und Osten zeitweise böig auf mit
einzelnen steifen Böen im Binnenland und häufigeren 7er sowie einzelnen 8er Böen
an der Küste.

Die Höchstwerte liegen meist zwischen 19 und 25°C, an der See mit auflandigem
Wind etwas darunter, im Südwesten lokal etwas darüber.

In der Nacht zum Samstag ist es im Süden und Südwesten im Bereich des
atlantischen Hochkeils wolkig bis klar und trocken bei 11 bis 7 Grad. In der
Nordhälfte sorgen dichte Wolkenfelder für höhere Werte zwischen 10 und 15 Grad.
Mit Annäherung eines Troges, der über die Nordsee nach Südskandinavien schwenkt
und einer vorgelagerten Kaltfront sind im Laufe der Nacht im Norden wieder
einzelne Schauer zu erwarten. Der etwas nach West rückdrehende Wind bringt an
der See exponiert einzelne steife Böen.

Samstag ... sorgen der über Westeuropa sich nähernde Höhenrücken und der über
sich von Skandinavien nach Südosten ausweitende Trog für eine Verstärkung der
nordwestlichen bis nördlichen Strömung über Mitteleuropa.
Die Kaltfront wird dabei südostwärts gesteuert und kommt abends über dem Süden
an. Während präfrontal die Strömung auf westliche Richtungen rückdreht und warme
Luft mit T850 > 10°C in den Südwesten und Süden gelangt, kommt der Norden in den
Genuss des nächsten Schwalls frischer Meeresluft mit T850 um oder etwas unter
5°C.
Die Schichtung ist derweil über dem Norden und zunehmend über der Mitte leicht
instabil, mit einzelnen Schauern. Selbst vereinzelte Gewitter sind aber
unwahrscheinlich, da die Labilitätsfläche nicht hoch genug reicht, bis an die
-10°C. Im Süden und Westen passiert nicht viel, wegen der Nähe zum Hoch.
Dafür legt der Druckgradient wieder zu, angetrieben vom dem Bodenhoch, was sich
den Britischen Inseln nähert und einer Zyklogenese über Südskandinavien.
Resultat sind starke bis steife Böen (vereinzelt) über Norddeutschland und
vermehrt steifen bis stürmischen Böen an den Küsten und in Schleswig-Holstein.
Die Spanne der Temperaturen reicht von etwas unter 20°C bei auflandigem Wind an
den Küsten und bis 28°C lokal am Oberrhein.


Modellvergleich und -einschätzung
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Der Ablauf ist im synoptischen Scale weitgehend unstrittig. Details werden mit
einigen Abweichungen simuliert, sind aber auch nicht entscheidend für Prognosen
oder Warnungen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner