DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-07-2022 07:01
SXEU31 DWAV 020800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 02.07.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: BM mit leicht zyklonalem "Einschlag".
Überwiegend ruhiges Hochdruckwetter. Ab Sonntag zunächst im Nordwesten, später
auch im Süden Schauer und Gewitter, im Süden vor allem ab der Nacht zum Montag
auch kräftige Gewitter und/oder Starkregen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... befindet sich Deutschland an der Südostflanke eines umfangreichen
Langwellentroges über West- bzw. Nordwesteuropa, dessen Drehzentrum über dem
Seegebiet zwischen Schottland und Island seine Kreise zieht, der sich aber
tendenziell allmählich Richtung Kontinentaleuropa vorarbeitet Bis zum späten
Samstagabend hat dessen Hauptachse die Britischen Inseln bereits überquert und
greift im Laufe der ersten Nachthälfte zum Sonntag auf die Nordsee über.
Im Vorfeld schwenkt ein flacher, sich durch WLA aber etwas verstärkender
Höhenkeil heute im Tagesverlauf über das Vorhersagegebiet hinweg ostwärts.
Dieser wiederum stützt im Bodenfeld ein Hochdruckgebiet, dessen Schwerpunkt sich
bis zum Abend aus dem südostdeutschen Raum über Tschechien allmählich nach Polen
verlagert. Somit dreht die Strömung niedertroposphärisch mehr und mehr auf Süd
bis Südwest und es setzt auch dort Warmluftadvektion ein, die gestern hinter
einer Kaltfront ins Vorhersagegebiet eingeströmte kühlere Meeresluft wird somit
vor allem im Süden und in der Mitte rasch wieder durch Warmluft aus
Südwesteuropa ersetzt. Die Temperatur in 850 hPa steigt bis 18 UTC auf Werte
zwischen 7 Grad ganz im Norden und nahe 17 Grad im Alpenvorland.
Allerdings kann sich diese Luftmasse mangels Gradient nicht bis ganz "nach
unten" vorarbeiten, entsprechend zeigen die Prognosetemps eine markante
Inversion, die sich im Süden abends bei etwa 900 hPa, in der Mitte und im Norden
zwischen 850 und 750 hPa befindet. Unterhalb der Inversion haben sich im
süddeutschen Raum in der vergangenen Nacht ausgedehnte Nebelfelder gebildet, die
dem Ganzen schon einen leicht herbstlichen "Touch" verleihen.
Diese lösen sich aber in den Vormittagsstunden mehr oder weniger rasch auf. Dann
steht einem wettertechnisch ruhigen Tag nichts mehr im Wege. Vor allem im
Nordwesten machen sich WLA und Trogannäherung im Tagesverlauf bereits mit dem
Durchzug hoher, teils auch mittelhoher Wolkenfelder bemerkbar, ansonsten bilden
sich innerhalb der labilen Grundschicht vor allem rund um die Mittelgebirge
flache Quellwolken. Es bleibt aber allgemein trocken und vor allem im Südwesten
sowie im Süden (abseits der Alpen und Mittelgebirge) scheint auch überwiegend
die Sonne. Allgemein steigt die Temperatur wieder auf sommerliche Höchstwerte
zwischen 23 und 28 Grad, am Oberrhein werden mit viel Sonne knapp 29 Grad
erreicht. Etwas kühler bleibt es im Norden mit 20 bis 24 Grad.

In der Nacht zum Sonntag verlagert der Höhentrog sein Drehzentrum ins Seegebiet
südöstlich von Island. Von Nordwesten her greift ein weiterer kurzwelliger
Randtrog auf die Britischen Inseln über. Die ehemalige Trogachse verliert
deutlich an Kontur, zieht als nur noch kurzwelliger Troganteil rasch über die
Nordsee hinweg nordostwärts und streift dabei auch den Nordwesten des
Vorhersagegebietes.
Im Bodenfeld wird das Hochdruckgebiet über Polen nur wenig nach Osten
abgedrängt. Eine mit dem Kurzwellentrog korrespondierende teilokkludierte
Kaltfront wird von selbigen überlaufen und verliert an Wetterwirksamkeit. In den
Frühstunden greift sie auf die Deutsche Bucht über, im Vorfeld bzw. mit Passage
kann es etwas regnen bzw. einzelne unergiebige Schauer geben. Die dichteren
Wolkenfelder breiten sich dabei etwas landeinwärts aus.
Ein weiterer kurzwelliger Troganteil überquert von Ostfrankreich her im Laufe
der Nacht auch den Süden Deutschlands. Auch dieser macht sich hauptsächlich in
Form mehrschichtiger, aber durchbrochener Bewölkung bemerkbar, die abends und im
Laufe der Nacht vor allem südlich der Donau aufzieht. Dabei wird etwas feuchtere
und potenziell instabile Luft aus den Alpen heraus ins Vorland advehiert. Ob der
nur schwache dynamische trogvorderseitige Hebungsantrieb zur Auslöse reicht, ist
aber sehr unsicher. Die Labilitätsfläche ist abgehoben, somit unterstützt die
Orographie nur bedingt. Immerhin werde seitens ICON-D2 bis 500 J/kg MU-Cape
simuliert bei PPW-Werten um 25 mm. I-D2 hat im aktuellen Lauf auch tatsächlich
eine (!) Gewitterzelle auf der Agenda, die vom Ammergebirge noch ein wenig
nordostwärts ins Vorland zieht, sich dann aber auflöst. Die anderen Modelle
simulieren dagegen (aktuell) noch keine Konvektion.
Im Rest des Landes verläuft die Nacht ruhig und störungsfrei, gebietsweise
bilden sich flache Nebelfelder. Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 17 Grad an
den Küsten bzw. in einigen Ballungszentren im Südwesten und 8 Grad in den Senken
und Tälern der Mittelgebirge.

Sonntag... gewinnt der kurzwellige Randtrog über dem Süden der Britischen Inseln
an Kontur und zieht an der Südflanke des sein Drehzentrum ins Seegebiet östlich
von Island verlagernden Langwellentroges bei gleichzeitigem Amplitudengewinn
rasch über die Nordsee hinweg ostwärts. Auf dessen Vorderseite wird durch
kräftige PVA dynamische Hebung induziert, die zwar durch Kaltluftadvektion
teilkompensiert wird, sich aber auch im Vorhersagegebiet im Tagesverlauf
zunächst vor allem im Nordwesten, später dann auch im Süden durchaus bemerkbar
macht.
Die Kaltfront kommt zwar nur langsam nach Südosten voran und hat bis zum Abend
erst den Westen und Nordwesten Deutschlands überquert. Sie wird durch den Trog
etwas aktiviert und vor allem nachmittags und abends kann es vor allem mit
Passage bzw. unmittelbar im Vorfeld einzelne Schauer, aber auch kurze Gewitter
geben. Zwar zeichnet sich das Umfeld durchaus durch markante hochreichende
Scherung aus, allerdings hält es sich mit der Labilität sehr in Grenzen, maximal
werden wenige 100 J/kg ML-Cape generiert, so dass als Begleiterscheinung der
teils in einzelne Staffeln organisierten Schauer bzw. Gewitter lediglich steife,
maximal stürmische Böen und vielleicht auch mal kleinkörniger Hagel auftreten.
Im Vorfeld der Front setzt sich der schwache Druckfall fort und es bildet sich
sogar ein flaches Bodentief in der Mitte des Landes, das bis zum Abend in die
Osthälfte zieht. Von dort aus reicht etwas abgesetzt von der Front eine flache
Rinne bis nach Südwest- bzw. Süddeutschland.
In den Süden, am Südrand der Rinne, vor allem in die Regionen entlang und
südlich der Donau bzw. in Südbaden/Südschwarzwald kann sich dagegen die
Advektion potenziell instabiler Luftmassen im Tagesverlauf etwas verstärken.
Diese bleibt aber zunächst gedeckelt, so dass auch die zunehmende dynamische
Hebung noch nicht zur Auslöse reicht. Dabei kann bis zum Abend gebietsweise mehr
als 1000, lokal sogar mehr als 1500 J/kg MU-Cape generiert werden bei
PPW-Werten, die in BaWü auf nahe 30 mm steigen. Gegen Abend lässt dann SuperHD
ein kleines MCS von Nordostfrankreich her auf Südbaden bzw. den Südschwarzwald
übergreifen. Ein durchaus vorstellbares Szenario, was aber von ICON-D2 und
anderen Modellen (noch) nicht geteilt wird. Als Begleiterscheinungen kämen
angesichts der Luftmasse vor allem Starkregen, Hagel und Sturmböen in Frage,
bzgl. Starkregens wäre Unwetterpotenzial denkbar.
Während es im Nordwesten mit der Front bereits eher bewölkt bleibt, scheint
ansonsten vielerorts bei zunächst nur flachen Quellwolken die Sonne. An der 850
hPa-Temperatur ändert sich nur wenig, postfrontal sickert in den Nordwesten von
Nordwesten her allerdings bereits mittags/nachmittags eine etwas kühlere
Luftmasse. Dort liegen die Höchstwerte meist zwischen 19 und 24 Grad, sonst
werden 25 bis 30 Grad, im Südwesten bzw. Süden sowie im Osten gebietsweise auch
bis nahe 32 Grad erreicht.

In der Nacht zum Montag verlagert sich der Kurzwellentrog rasch ostnordostwärts
und verliert dabei zunehmend an Kontur, hängt aber im Süden etwas nach Westen
zurück, so dass der süddeutsche Raum noch längere Zeit auf dessen Vorderseite
bleibt. Vor allem dort kann noch längere Zeit dynamische Hebung wirksam bleiben,
die aber nach wie vor durch KLA teilkompensiert wird.
Die teilokkludierte Kaltfront kommt nun vorübergehend etwas rascher nach
Südosten voran, gerät dann aber später über dem Südosten des Landes ins
Schleifen. Im Vorfeld überlappt die Hebung zunehmend mit der potenziell
instabilen Luftmasse über Süddeutschland, so dass es dort verstärkt zur Auslöse
kommt, die aber überwiegend abgekoppelt von der Grundschicht stattfindet. Die
Folge sind einzelne Schauer und Gewitter, die sich von Südbaden über das
Alpenvorland allmählich nach Osten vorarbeiten. Die Konvektion erlaubenden
Modelle agieren allerdings diesbezüglich nach wie vor recht verhalten und haben
nur vereinzelte Gewitter auf der Agenda. Anders die Globalmodelle, die recht
verbreitet schauerartige Niederschläge, durchsetzt mit einzelnen Gewittern, auf
der Agenda haben, UKMO und IFS sogar kleinräumig mit warnrelevanten Mengen
(mehrstündiger Starkregen).
Auch im Norden und Nordosten gibt es vor allem mit Trogpassage einzelne Schauer
und auch kurze Gewitter, deren Begleiterscheinungen sich aber überwiegend auf
einzelne steife, anfangs auch stürmische Böen und maximal kleinkörnigen Hagel
beschränken. In Summe kommen aber kaum nennenswerte Niederschläge zusammen.
Ansonsten steigt der Luftdruck postfrontal wieder an und es folgt eine flache
Hochdruckbrücke, die morgens vom Westen/Südwesten des Landes über die Mitte bis
nach Vorpommern reicht. Dabei bleibt es aufgelockert, teils auch gering bewölkt
und weitestgehend trocken. Der Front folgt ein Schwall kühlere Meeresluft, so
dass die Tiefstwerte postfrontal meist zwischen 14 und 8 Grad liegen. Im Süden
und Südosten bis zur Lausitz bleibt es präfrontal mit Tiefstwerten zwischen 18
und 13 Grad dagegen recht mild.

Montag... hat sich der Langwellentrog über dem Nordmeer im Seegebiet östlich von
Island eingenistet und greift auch auf Mitteleuropa über. Dynamische Hebung kann
am ehesten auf dessen Vorderseite ganz im Süden und Südosten Deutschlands noch
wirksam werden, ansonsten dominiert bei schwacher KLA sogar eher Absinken.
Entsprechend kann sich der Bodenhochkeil über der Mitte Deutschlands sogar noch
etwas verstärken und weitet sich nach Osten aus. Nördlich davon verschärft sich
mit Übergreifen eines Bodentroges auf die Nordsee der Gradient ein wenig und der
Wind frischt über Norddeutschland aus West auf. Im Nordseeumfeld kann es steife
Böen (Bft 7) geben.
Die Luftmasse ist im Trogbereich über Norddeutschland niedertroposphärisch labil
geschichtet, wobei die Labilitätsfläche ganz im Nordwesten und Norden bis etwa
600 hPa reicht. Dort gibt es einzelne Schauer, die eventuell noch bis in die
Norddeutsche Tiefebene reichen. Für kurze Gewitter reicht es, wenn überhaupt, am
ehesten im Nordseeumfeld und in Schleswig-Holstein, wo auch etwas ML-Cape
simuliert wird.
Im Süden ist, wie oben erwähnt, noch dynamische Hebung wirksam, zudem bleibt die
Luftmasse präfrontal zur sich zwar allmählich auflösenden, aber nicht mehr
weiter südwärts vorankommenden Kaltfront, die etwa vom Schwarzwald bis zum
Vogtland reicht, potenziell instabil geschichtet. Etwas Einstrahlung
vorausgesetzt, können gebietsweise mehr als 500 J/kg ML-Cape generiert werden
bei auf teilweise über 30 mm steigende PPW-Werte. Schauer und teils kräftige
Gewitter sind die Folge, wohl eher in Form wenig organisierter multizellulärer
Systeme, markante Scherung wird jedenfalls keine simuliert. Als
Begleiterscheinungen treten Starkregen, kleinkörniger Hagel und stürmische Böen
auf, bzgl. Starkregen kann natürlich auch Unwetter nicht ausgeschlossen werden.
Wie sich das Ganze im Detail abspielt, ist aber noch unklar. Eventuell gibt es
gebietsweise auch über mehrere Stunden schauerartigen Regen und somit
mehrstündigen Starkregen. Gegen Abend sollten sich Schauer, Gewitter und die
schauerartigen Regenfälle aber mit dem Einsickern stabilerer Luftmassen von
Nordwesten her Richtung Alpen zurückziehen.
Während es im Nordwesten/Norden und im Süden eher bewölkt bleibt, scheint in
einem breiten Streifen dazwischen bei lockerer Quellbewölkung (Absinkinversion
knapp unter 700 hPa) dagegen häufig die Sonne. Die Temperatur in 850 hPa liegt
zwischen 5 Grad im Nordseeumfeld und 13 Grad im Süden. Das lässt Höchstwerte
zwischen 19 und 24 Grad im Nordwesten bzw. Norden und zwischen 23 und 28 Grad im
Rest des Landes erwarten.

In der Nacht zum Dienstag kann sich die Hochdruckbrücke über dem
Vorhersagegebiet weiter verstärken und verlagert ihre Achse etwas nach Süden. In
den Norden gelangt dabei mit mäßigen, anfangs auch noch frischen westlichen
Winden unterhalb einer Absinkinversion in etwa 700 hPa gebietsweise recht
wolkenreiche Meeresluft, aus der es aber kaum mehr regnet, dort, wo es stärker
auflockert, kann sich auch Nebel bilden. An den Alpen und im angrenzenden
Alpenvorland fällt anfangs noch schauerartiger Regen, vereinzelt kann es auch
Gewitter geben.
Ansonsten bleibt es aufgelockert bis gering bewölkt, teilweise auch wolkenlos,
wobei sich stellenweise flache Nebelfelder ausbilden. Die Tiefstwerte liegen
meist zwischen 14 und 8 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Modellunterschiede ausmachen. Die Differenzen bzgl. der konvektiven
Niederschläge im Süden wurden im Text angesprochen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff