DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-06-2022 08:30
SXEU31 DWAV 220800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 22.06.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang von HB zu Sz.

Heute in Süddeutschland teils markante Gewitter mit Unwettergefahr durch
Starkregen.
Am Donnerstag im Südwesten und Westen starke Gewitter und punktuell erneut
Unwettergefahr.
In der Nacht zum Freitag in der Südwesthälfte örtlich markante Gewitter, dabei
erhöhtes Unwetter-Risiko besonders in Baden-Württemberg.
Am Freitag vom Westen und Südwesten bis nach Schleswig-H. und Westsachsen starke
Gewitter. Dabei schwere Gewitter weiterhin möglich.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... Deutschland liegt heute unter geringen Druck- und
Potentialgegensätzen letztlich in der Nähe eines Viererdruckfeldes in der Höhe.
Zum einen überdeckt ein Höhenkeil, der von Nordafrika ausgeht, den Süden
Deutschlands. Dieser regeneriert sich im Tagesverlauf im Südwesten durch WLA.
Zum anderen erstreckt sich ein weiterer Höhenkeil des Hochs über dem
Nordatlantik nach Großbritannien, der sich zur Deutschen Bucht und nach Dänemark
ausweitet. Zwischen den beiden Keilen bewegt sich ein schwacher Trog in 500 hPa
von Norddeutschland nach Westpolen. Damit lassen die leichten Hebungsimpulse
alsbald nach und zudem dämpft KLA in untersten Schichten die Wetteraktivität. So
bleibt es heute im Norden und Osten meist trocken und häufig scheint die Sonne,
im Küstenbereich und in Schlesw.-H. ziehen allerdings niedrige Schichtwolken
durch.
Anders im Süden: Hier sorgt die WLA und die Zufuhr feuchter Luft für teils
dichte mittelhohe und hohe Bewölkung, die abgeschwächt auch die Mitte und sogar
das südliche Norddeutschland erreicht. Gebietsweise regnet es und teils sind
bereits vormittags Gewitter eingelagert, da die Cape-ML-Werte zwischen 600 und
1000 J/Kg liegen, wobei die Luft mit PPWs zwischen 32 und 42 mm sehr feucht ist.
Vor allem mit orographischer Unterstützung oder durch kleine kurzwellige
Störungen können auch neue Gewitter ausgelöst werden, wobei heute nicht die
Sturmböen im Focus stehen wegen des allgemein schwachen Höhenwindes (Mittelwind
in 850 hPa nur 5 bis 10 kt) sondern der Starkregen durch geringe
Zuggeschwindigkeit der Zellen. Auch größerer Hagel ist bei diesen Cape-Werten
möglich. Die Unwettergefahr ist nur örtlich eng begrenzt gegeben durch
Regenmengen über 25 l/qm in kurzer Zeit.

In der Nacht zu Donnerstag wird der atlantische Keil an der deutschen
Nordseeküste abgetrennt durch einen nach Irland ziehenden ´Grönland´-Trog. Das
entstehende Höhenhoch über Norddeutschland dockt an den Süddeutschen Keil an.
Insgesamt bleibt aber im Süden die feuchte Luft liegen, die Gewitter dürften
aber im Laufe der Nacht meist zusammenfallen, was auch die Modelle suggerieren.

Am ehesten gewittergefährdet ist noch der äußerste Südwesten (durch den Trog
über Frankreich und der Südosten (Trog über Tschechien).


Donnerstag... bleibt der Höhenrücken, der sich von Italien bis zur Ostsee
erstreckt, erhalten (mit kleinem Höhenhoch an der Oder um 18 UTC), jedoch
gelangt an dessen Westflanke die feuchtwarme Luftmasse weiter nach Norden. Die
PPWs sind mit Werten zwischen 30 und gut 40 mm bis ins südliche Emsland recht
hoch, die Scherung ist aber nicht besonders groß. Der Tiefdruckkomplex über
Frankreich und Großbritannien weitet sich nach Belgien und den Niederlanden aus.
Ein kräftiger, von der Irminger See ausgehende Höhentrog schwenkt nach
Westeuropa und dockt an des Höhentief über der Biskaya an. Über dem Nordosten
kann sich der Hochdruckeinfluss am längsten halten. CAPE liegt in der
Südwesthälfte Deutschlands zwischen 400 und 1000 J/Kg. Im Tagesverlauf werden
sich also vom südlichen NRW bis zu den Alpen erneut markante Gewitter
entwickeln. Hauptaugenmerk wird bei geringer Zuggeschwindigkeit wieder der
Starkregen sein. Zum Abend hin nimmt aber im Westen auch die Scherung wieder zu
und die Wahrscheinlichkeit für organisierte Strukturen wächst.

In der Nacht zum Freitag greift der erste Höhentrog des Westeuropa-Troges
vollends auf den Westen und Südwesten über und daran gebunden ist ein
Frontensystem, das von England ausgeht mit Warm- und Kaltfront, die auf
Deutschland übergreifen. Der Keil wird weiter nach Osten gedrängt mit einer
Achse um 06 UTC, die von Kroatien zum Baltikum reicht, wobei sich dort das
abgeschlossene Höhenhoch befindet. Mit dem Frontensystem werden die Gewitter
weiter nach Nordosten geführt und erreichen die Weser und das zentrale Bayern
(IFS und teils auch GFS sind noch nicht ganz so progressiv). Dabei werden in der
Fläche deutlich höhere Regenmengen simuliert als bisher (in größeren Gebieten
über 10 l/qm und vereinzelt um 25 l/qm innerhalb von 12 Stunden). Bei weiterhin
eher langsamer Zuggeschwindigkeit der Gewitterzellen steigt die Unwettergefahr
an, was man auch an den ICON-D2-EPS-Ergebnissen sehen kann (s. u.) Ganz im
Südwesten und Westen könnte es gegen Morgen mit Winddrehung auf Südwest wieder
stabilisieren. Von Ostbayern bis zur Ostsee und nach Schleswig-Holstein passiert
noch nichts.


Freitag... zieht der erste Kurzwellentrog weiter bis nach Ostdeutschland und
ein weiterer Trog wird abends über Belgien und Ostfrankreich erwartet.
Gleichzeitig trogt es weiter westlich zur westlichen Biskaya hin erneut aus. Mit
dem ersten Trog kommt auch die teilokkludierte Kaltfront des Tiefs bei
Schottland weiter voran und erreicht ebenfalls den Osten und Südosten. Daran
gekoppelt sind weitere Schauer und Gewitter, aber auch im Westen können durch
den zweiten Trog noch markante Gewitter ausgelöst werden. Mit der Kaltfront wird
die heißeste Luft mit mehr als 15 Grad in 850 hPa Richtung Oder abgedrängt und
im Westen geht die 850-hPa-Temperatur zögernd auf 11 Grad zurück. Bei verbreitet
PPWs um 30 mm, im Norden und im Südosten sogar um 40 mm ist örtlich mit
Starkregen zu rechnen. Organisierte Strukturen (teils Unwetter) sind vor allem
im Norden möglich bei dort erhöhter Scherung. Im Südosten muss man am ehesten
mit teils mehrstündigem Starkregen rechnen bis in den Unwetterbereich. Im
äußersten Osten und Nordosten kommen die Gewitter noch nicht an, denn hier hält
der trockene Ost- bis Südostwind dagegen. Dort scheint auch noch länger die
Sonne, während sonst ein wolkiger, teils stark bewölkter Wettercharakter
überwiegt. Im Westen und Süden ist es dazu etwas frischer mit Werten zwischen 24
und 28 Grad, während im Osten noch 29 bis 33 Grad erreicht werden. An der See
gibt es teils Werte nur um 21 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung
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Großräumig simulieren die Modelle ähnlich. Bei den Regenmengen gibt es
naturgemäß Differenzen.

Heute Nachmittag ist nach ICON-D2-EPS im Süden die Unwettergefahr erhöht
(heftiger Starkregen), vor allem im Bereich Alb/Donau-Gebiet. Nachts nimmt die
Unwettergefahr stark ab.
Am Donnerstag ist die Unwettergefahr nur lokal im Schwarzwald und im Bayerischen
Wald erhöht. Am Nachmittag nimmt die Gefahr von heftigem Starkregen vor allem im
Raum Schwarzwald/Alb und im westlichen Rheinland-Pfalz/Saarland zu.

Deutlich größer ist die Unwetterwahrscheinlichkeit in der Nacht zum Freitag vor
allem in Baden-Württemberg, aber auch in Südhessen, in Rheinland-Pfalz, dem
südlichen NRW und im Raum Allgäu.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden