DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-06-2022 17:30
SXEU31 DWAV 151800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 15.06.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Hochdruckbrücke über Mitteleuropa; Omegablocking mit Hitzeglocke über
Westeuropa. Auch bei uns zunehmend heiß. Anfangs im Süden und Südosten Gewitter.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... dominiert im Bodendruckfeld eine Hochdruckzone, die sich von
Großbritannien über Mitteleuropa bis nach Osteuropa erstreckt. In der Höhe
befinden wir uns im Einflussbereich einer leicht mäandrierenden Westdrift. Dabei
ist ein Trog nach Osteuropa abgezogen. Deutschland befindet sich im
Einflussbereich eins flachen Höhenkeils unter weiträumigen absinken.
Entscheidend für die Entwicklung in den nächsten Tagen ist jedoch eine
Hitzeglocke, die sich über Nordostafrika in den vergangenen Tagen aufgebaut hat.
Diese heiße Luft wird auf der Vorderseite eines Cut-Off-Tiefs westlich der
Iberischen Halbinsel mit 850-hPa-Temperturen von über 25 °C allmählich über
Spanien in einem sich zunehmend entwickelnden Omega-Blocking nordwärts
advehiert.

Aktuell kommt nur der Süden Deutschlands im Randbereich der Hitzeglocke in den
Einflussbereich der heißen nordafrikanischen Luftmasse mit 850-hPa-Temperatur
von 17 °C. Bodennah ist diese Luftmasse etwas angefeuchtet. Dabei haben sich
dort bis zu 1000 J/kg CAPE aufgebaut. Bei hohen CIN-Werten von ~ 40 J/kg ist
dieser jedoch stark gedeckelt. Hinzu kommt noch, dass die bodennahe feuchte
Luftschicht zum Teil nur sehr dünn ist und inhomogen verteilt. Der Taupunkt am
Alpenland reicht derzeit von 16 °C bis 4 °C in einigen Leelagen. In der Nacht
zum Donnerstag zieht von Westen her ein schwacher Kurzwellentrog über den Süden
Deutschlands, der den Deckel insoweit schwächen könnte, das Gewitter möglich,
aber weiterhin unwahrscheinlich sind. ICON-D2 rechnet nur in den Morgenstunden
mit einer schwachen Zelle im Allgäu. Andere konvektionsauflösende Modelle haben
gar keine Gewitter.
Weiter im Norden ist noch eine deutlich kühlere und sehr trockene
Meeresluftmasse wirksam. Diese hat sich unter Absinken in den vergangenen Tagen
etwas erwärmt. (850-hPa-Temperatur 10-6 °C). Eingangs der Nacht bleibt das
Absinken dominant. Im weiteren Verlauf erfasst, aber dann ein weiterer, in die
Höhenströmung eingelagerter Kurzwellentrog den Nordwesten. Die Hebung reicht
nicht, um in der trockenen Luftmasse signifikant CAPE aufzubauen, sodass dieser
nur mit hoher und mittelhoher Bewölkung bis zu den Morgenstunden auf die
Nordhälfte übergreift. In der trockenen Luftmasse kann es nachts nochmals bis
auf Werte um 10 °C abkühlen.

Donnerstag ... überqueret der angesprochene Kurzwellentrog rasch den Nordosten
Deutschlands und zieht ostwärts ab. Auf seiner Rückseite werden im Nordosten
einige wenig motivierte Schauer simuliert. Etwas anders sieht dies in der
Südosthälfte aus. Dort werden südlich der Donau in der feuchteren heißen
Luftmasse 1-1,5 kJ/kg CAPE berechnet. Die abgehobene Mischungsschicht (EML)
zwischen 800 und 700 hPa verbindet sich im Laufe des Vormittags mit der gut
durchmischten Grenzschicht und sorgt für eine inverse V-Struktur in den Temps.
Auslösung sollte bereits am späten Vormittag mit Aufziehen des im Süden weniger
ausgeprägten Kurzwellentroges stattfinden. Laut den meisten Modellen geht diese
vom Alpenrand aus. Diese Gewitter breiten sich im Laufe des Mittags rasch
ostwärts aus. Bei hochreichender Scherung (0-6 km) von 15 bis 20 m/s, können
sich auch kräftigere Zellen, eventuell auch einzelne Superzellen entwickeln.
Diese gehen dann mit Hagel einher. Aufgrund der inversen V-Struktur in den Temps
(D-CAPE ~ 500 J/kg) sind auch einige Downbursts mit lokal schweren Sturmböen
oder orkanartigen Böen möglich. Limitierend auf die Konvektion wirkt eine sehr
trockene Schicht oberhalb von 500 hPa, die das Entrainment fördert, und deutlich
trockenere Luft, die am Nachmittag von Nordwesten mit einer kräftigen
nordwestlichen Strömung Trogrückseitig advehierte wird. Sie sorgt für einen
raschen CAPE-abbau. Einige Gewitter können von dieser überlaufen werden und
regelrecht "wegtrocknen", sodass sich die Gewitter recht schnell nach Ober- und
Niederbayern zurückziehen. Des Weiteren setzt in mittleren Schichten
Stabilisierung durch Absinken wegen einem nachrückenden Höhenkeil ein.
Nördlich der Donau ist CAPE deutlich geringer. Einzelne Gewitter können sich
dennoch zwischen Donau und einer Linie Niederfranken - Oberlausitz nach einigen
Modellen ebenfalls vom Schwarzwald nordostwärts bilden.
In der Nordwesthälfte rückt jedoch rasch ein weiterer Höhenkeil nach, der durch
ein Bodenhoch gestützt wird. Abgesehen von einzelnen Cumlus-Wolkenstraßen und am
Abend aufziehenden Cirrus bleibt es dort recht sonnig. In der etwas kühleren
Luftmasse wird es nicht mehr ganz so warm wie am Vortag.

In der Nacht zum Freitag baut sich der Omegablock über Westeuropa weiter aus.
Deutschland liegt am Nordwestrand dieses Blocks, wobei das Geopotenzial und der
Luftdruck bei uns weiter steigt. Restliche Gewitter sind aus dem Südosten
abgezogen. Vor allem im Nordwesten breitet sich von Frankreich kommend dichtere
hohe und mittelhohe Bewölkung als Folge der einsetzenden WLA aus.

Freitag ... verstärkt sich das Blocking über Westeuropa weiter. Dabei kommt der
Höhenkeil, angefüllt mit der nordafrikanischen Heißluft weiter nordostwärts
voran, wodurch die 850-hPa-Temperatur bis zum Abend über fast ganz Frankreich
bis über 20 °C ansteigt. Im Bodendrückfeld liegt ein Hochdruckgebiet über
Deutschland. Vor allem im Norden setzt dabei massive WLA ein. Dadurch überquert
ein Feld aus hoher und mittelhoher Bewölkung besonders den Norden Deutschlands.
Aus dieser Bewölkung kann im Norden, besonders in Schleswig-Holstein etwas Regen
fallen. Ansonsten lockert die Bewölkung von Südwesten her im Tagesverlauf wieder
auf. Die Höchstwerte erreichen 22 °C im Nordosten und bis 33 °C am Oberrhein.

In der Nacht zum Samstag ziehen Wolken und leichter Regen im Nordosten ab.
Ansonsten verläuft die Nacht unter Hochdruckeinfluss klar.

Samstag ... zieht ein Trog von Island kommend Richtung Nordmeer und nimmt an der
Ostflanke eines blockierenden Atlantikhochs Kontakt zum Kaltlufttropfen
nordwestlich von Portugal auf. Dabei kippt die Achse des Omegatroges und
verschiebt sich Richtung Deutschland, wodurch wir in den Einflussbereich der
heißen nordafrikanischen Luft kommen. Ausgenommen bleibt davon nur der äußerste
Norden, der von den Wolken und geringem Regen einer dort schleifenden Kaltfront
betroffen ist. Im thermischen Gradienten ist diese (3°C - 15 °C auf 850 hPa)
zwar extrem, durch den überlagernden Höhenkeil allerdings trotzdem kaum
wetterwirksam. Weiter südlich wird zwar bodennah eine Schliere feuchter Luft
advehiert, in der sich bis zu 1000 J/kg CAPE aufbauen, diese ist aber unter dem
Keil zu stark gedeckelt, als das Konvektion ausgelöst werden könnte. Gegen Abend
kratzt die 20°C-Isotherme auf 850-hPa am Westen Deutschlands, sodass am
Oberrhein Höchstwerte von 38 °C zu erwarten sind, während es in
Schleswig-Holstein bei 20 °C deutlich kälter bleibt.
In der Nacht zum Sonntag kippt die Trogachse weiter. Somit ergibt sich eine
südwestliche Höhenströmung. Die 20-°C-Isotherme auf 850-hPa liegt dann über
weiten Teilen Mittel- und Süddeutschlands. Der Nordwesten hingegen wird weiter
von der schleifenden Kaltfront erfasst. Die Kaltluft fließt sehr flach unter der
Warmluft ein, was dort stratiformen Regen durch Aufgleiten zur Folge hat. Die
genaue Position der Front ist allerdings noch sehr unsicher.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modellsimulationen sind bis Samstag im Wesentlichen gleich. Fraglich bleibt,
wo die Front in der Nacht zum Sonntag liegt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold