DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-06-2022 08:01
SXEU31 DWAV 130800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 13.06.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang von BM zu HM (von Brücke zu Hoch Mitteleuropa)
Heute Trogpassage, in der Nordosthälfte mit Schauern, einzelnen Gewittern und
mitunter böig auffrischendem Wind. Danach Übergang zu ruhigem, weitgehend
hochdruckbestimmten Wetter mit deutlicher Erwärmung insbesondere im Süden und
Südwesten.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... befindet sich Deutschland am östlichen Rand einer zonal exponierten
Hochdruckzone, die vom Atlantik kommend über Frankreich bis zu uns reicht.
Entsprechend hat sich ein west-nordwestlicher Wind eingestellt, mit der ein
Schwall subpolarer Meeresluft herantransportiert wird (T850 am Nachmittag bei
2°C rund um die Deutsche Bucht und 10/11°C südlich der Donau). Damit ist klar,
dass das Temperaturniveau von gestern - im Süden wurde gebietsweise die
30°C-Marke geknackt bzw. knapp überschritten - heute nicht mehr gehalten werden
kann. Bei 25 oder 26°C lokal an Hoch- und Oberrhein ist Ende der Fahnenstange,
im Norden reicht es nicht mal für 20°C. Eingebrockt hat uns die Abkühlung die
Kaltfront eines Tiefs unweit des Nordkaps (NANA), die gestern noch etwas
unbeholfen und scheinbar deplatziert im Bereich des Hochkeils lag, dann auf
einmal aber nachtaktiv geworden ist. Grund der Aktivierung war und ist ein
Höhentrog (genau genommen ist es die omega-freundliche Vorderseite), der
Deutschland mittlerweile vollständig überdeckt und in den nächsten Stunden zügig
ostwärts schwenkt. Auf ihn komme ich gleich zurück, zunächst gilt es aber erst
noch der Kaltfront ein paar Takte zu widmen.

Diese hat inzwischen den äußersten Süden und Südosten des Landes erreicht, von
wo aus es kein weiter weg mehr bis in die Alpen ist. Präfrontal hat es die Nacht
über schauerartige Regenfälle und Gewitter gegeben, die nun aber bald vor dem
Aus stehen. Letzte konvektive Zuckungen am Alpenrand werden noch am Vormittag
eingestellt und die frontale Bewölkung beginnt von Nordwesten her aufzulockern.
So scheint heute in weiten Teilen Süddeutschlands bis hoch zur südlichen Mitte
(Main-Mosel-Linie, vielleicht noch etwas darüber hinaus) die Sonne von einem
meist nur locker bewölkten Himmel. Lediglich am Alpenrand sowie in der
südöstlichen Ecke Bayerns hält sich noch etwas längere Zeit stärkere Bewölkung
respektive bilden sich neue Quellungen.

Jetzt zum o.e. Potenzialtrog, der wunderbar mit einem thermischen Trog
korreliert. Beide schwenken zügig ostwärts und erreichen schon im Laufe des
Nachmittags Polen. Das Minimum auf 500 hPa liegt bei -25°C, während gleichzeitig
auf 850 hPa +3°C auf der Karte stehen. Folgerichtig ist die einströmende
Luftmasse ausreichend labil geschichtet, allerdings mangelt es etwas an Feuchte.
Die PPWs liegen unter 20 mm und so verwundert es nicht, dass das CAPE-Angebot
mit nur 100 bis 250 J/kg in der Spitze überschaubar ausfällt, was aber
eigentlich auch typisch für solche maritimen Luftmassen ist. Immerhin reicht die
schmale Labilitätsfläche z.T. bis auf rund 500 hPa hinauf, so dass mit
Unterstützung des Tagesgangs vom Norden bis in die Mitte ausgreifend und von
West nach Ost verlagernd neben Schauern auch einzelne kurze Gewitter Marke
Kaltluft an den Start gehen. Aufgrund solider Scherungsbedingungen können die
Gewitter trotz relativ schwacher Höhenwinde (sowohl auf 925 als auch auf 850 hPa
geht es kaum über 20 Kt hinaus) allein aus der Eigendynamik heraus von Böen 7-8
Bft begleitet sein. ICON-D2-EPS bietet am Nachmittag im Osten sogar niedrige
Wahrscheinlichkeiten für Böen 9 Bft an, was in Zusammenhang mit einem
durchschwenkenden Jetstreak direkt auf der Trogrückseite stehen könnte. Graupel
respektive kleiner Hagel ist natürlich auch denkbar, wohingegen die
Starkregengefahr aufgrund ziehender Zellen gering ist. Kurz noch mal zum Wind,
der rein aus dem Gradienten heraus wahrscheinlich keine Warnschwellen erreichen
würde. Bedingt durch die Konvektion, und das ausdrücklich nicht nur bei
Gewittern, sondern auch bei Schauern, dürfte Windstärke 7 Bft hingegen öfters
mal erreicht werden. Von daher wäre es mehr als opportun, in der Nordosthälfte
über eine kleine Windwarnung mit dem Zusatz "vor allem in Schauernähe und in
exponierten Lagen" nachzudenken. Ob man diese dann allerdings bis hinunter zur
Donau ziehen muss, wie es ID2-EPS vorschlägt, darf bezweifelt werden.

In der Nacht zum Dienstag beruhigt sich die Lage sehr schnell, was einerseits
dem Tagesgang, andererseits der Annäherung eines flachen Höhenrückens geschuldet
ist. Sowohl der Wind als auch das konvektive Geschehen gehen in die Knie.
Lediglich an der Ostsee, am Nordostrand des sich wieder kräftigenden Hochkeils,
bleibt der West-Nordwestwind flott unterwegs (Böen 6-7 Bft). Außerdem kann es
dort noch den einen oder anderen Schauer geben.
Im großen Rest der Republik lockern bzw. lösen sich die Wolken mehr und mehr auf
und da der Wind seine Aktivitäten vollständig einstellt, wird es z.T. ganz schön
frisch. Vielerorts kühlt die Luft in den einstelligen Temperaturbereich ab,
lokal bis auf 5°C, in einigen Mittelgebirgssenken sogar noch etwas darunter. Da
sind dann die 0°C am Boden - wenn auch nur für kurze Zeit - nicht weit entfernt.


Dienstag... setzt sich in weiten Landesteilen Hochdruckeinfluss durch. Genau
genommen verbringen wir den Tag innerhalb der nach wie vor zonal exponierten,
keilähnlichen Hochdruckzone. Zwar verbleibt der flache Rücken knapp westlich von
uns, das vom ihm ausgehende Absinken setzt sich aber fast überall durch. Dabei
wird die Inversion auf 800 hPa oder sogar noch etwas darunter gedrückt. Darüber
ist die Luftmasse ohnehin trocken, aber auch darunter setzt sich die Abtrocknung
weiter fort. Entsprechend scheint im Süden und größtenteils auch in der Mitte
die Sonne von einem wolkenlosen (Südwesten) oder nur locker bewölkten Himmel.
Dabei erwärmt sich die Luft auf 22 bis 27°C, an Hoch- und Oberrhein bis zu 28°C.


Nicht ganz so sommerlich - euphemistisch ausgedrückt - gibt sich der Verlauf im
Norden und Nordosten. Hier macht sich deutlich bemerkbar, dass man eben nicht
mittendrin, sondern am Rande der Hochdruckzone liegt. Mit einem mäßigen, an der
Ostsee anfangs auch noch frischen West-Nordwestwind wird von der Nordsee her
weiterhin kühle oder zumindest nicht übermäßig warme und recht feuchte
Meeresluft herangeführt. Zwar steigt T850 allmählich von anfänglich 1 bis 4°C
auf Werte um 5°C an, aufgrund der zahlreich vorhandenen, immerhin nicht
durchgehend geschlossenen Wolken schlägt das aber nur bedingt bis ganz unten
durch. Entsprechend dürfte von der Nordsee bis hinüber nach Vorpommern sowie ins
nördliche BB das Erreichen der 20°C-Schwelle lokalen Glückstreffern
gleichkommen. Eher wird man dort von einem schwachen Schauer getroffen.

In der Nacht zum Mittwoch etabliert sich der weiterhin flache Höhenrücken über
der Nordsee. Dabei wird er von einem besonders in 300 hPa gut erkennbaren
KW-Trog unterlaufen, der in den Frühstunden von Benelux her auf den Westen und
Südwesten des Vorhersageraums übergreift. Dort trifft er allerdings auf eine
Luftmasse, die einen stabilen und kühlen Fuß (Stichwort nächtliche Abkühlung der
Grundschicht) aufweist und außerdem viel zu trocken ist, als dass damit etwas
anzufangen wäre. Vielleicht reicht es für ein paar hohe Wolkenfelder, ansonsten
verpufft die Wirkung des Randtrogs vollständig.
Ansonsten gilt es noch zu konstatieren, dass sich aus dem "Hochdruckschlauch"
eine eigenständige, elliptisch konfigurierte Parzelle abspaltet, deren
Längsachse langsam nach Norden wandert. Entsprechend lockern die Wolken im
Norden mehr und mehr auf, letzte müde Schauer ziehen Richtung polnische
Nordwestküste ab und auch der Wind stellt seinen Betrieb weitgehend ein.


Mittwoch... schwenkt der KW-Trog rasch über die Südhälfte ostwärts, so dass er
am Mittag bereits auf tschechisch-österreichischer Seite zu finden ist. Wie
schon in der Nacht zuvor bleibt seine Wetterwirksamkeit gering, auch wenn es
zaghafte Andeutungen gibt, dass im äußersten Süden mal ein Schauer oder gar ein
Gewitter auf den Plan treten könnten. Das gilt übrigens auch für den Nachmittag,
wenn der Trog eigentlich schon durch ist. Im Zuge einer langsamen aber
kontinuierlichen Anfeuchtung der Luftmasse bei gleichzeitiger Labilisierung sind
aus der Schweiz und aus den Alpen heraus einzelne Überentwicklungen nicht
ausgeschlossen.

Ansonsten gilt es aber über einen weitgehend störungsfreien, antizyklonal
geprägten Mittwoch zu berichten. Dabei wandert der Höhenrücken ostwärts über
Deutschland hinweg, während das Bodenhoch zunehmend Schwierigkeiten bekommt,
seine geometrische Konfiguration über Norddeutschland zu behalten. Macht aber
nichts, es scheint trotzdem verbreitet die Sonne. Im Norden bilden sich aus der
labilen und noch leicht angefeuchteten Grenzschicht (Inversion bei 800 hPa)
heraus ein paar Kumulanten. Trotzdem dürfte auch hier die Sonne genügend
Entfaltungsmöglichkeiten bekommen, um sich ausreichend in Szene zu setzen. Das
macht sich natürlich auch bei den Temperaturen bemerkbar, die im Norden auf rund
20°C an der See und bis zu 26°C im südlichen Binnenland steigen. Weiter südlich
wird´s noch wärmer, zum Teil sogar heiß mit bis zu 32°C an Oberrhein, Neckar und
Saar (T850 z.T. um 18°C).

In der Nacht zum Donnerstag gelangen wir unter eine leicht flatternde, insgesamt
aber schwache westliche Höhenströmung, mit der flache Wellen nach Osten
transportiert werden. Ihre Wirkung verpufft aber nahezu vollständig, da die
weiterhin sehr trockene Luftmasse nicht zu konvektiven Umlagerungen zu bewegen
ist. Einzig über dem äußersten Süden schwebt nach wie vor das Damoklesschwert
möglicher Schauer oder Gewitter, ansonsten bleibt es - leider, leider muss man
sagen - trocken. Da der Wind niedertroposphärisch auf Nordwest dreht, geht die
850-hPa-Temperatur etwas zurück (am Morgen 5/6°C an den Küsten und 16°C im
Süden).



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Entwicklung in großer Übereinstimmung.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann