DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-06-2022 07:01
SXEU31 DWAV 090800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 09.06.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Tr M, Übergang zu B M
GEWITTER/STARKREGEN:
Heute im Tagesverlauf mit Ausnahme des Küstenbereichs Schauer und einzelne kurze
Gewitter mit Starkregen um 15 l/qm in kurzer Zeit, mit geringer
Wahrscheinlichkeit auch kleinkörniger Hagel und stürmische Böen. In der
kommenden Nacht rasch abklingende Gewitter.

DAUERREGEN:
Im Alpenraum bis heute Abend teils länger anhaltender Regen mit wechselnder
Intensität. Zum bereits gefallenen Niederschlag weitere 20 bis 30 mm, in
Staulagen im Berchtesgadener Land und Allgäu um 40 l/qm nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... liegt Deutschland unter einem Trog, der sich eher nach Süden
ausweitet als dass er nach Osten vorankommt. Dabei zeichnet sich ein in mehreren
Etappen ablaufender Austropfprozess über die Alpen hinweg nach Südeuropa ab.
Hierdurch wird über Südeuropa eine schwache Zyklogenese induziert. Gleichzeitig
weitet sich, gestützt durch Kaltluftadvektion, von der Biskaya her ein
Bodenhochkeil bis nach Mitteleuropa aus. Die Folge ist bodennah eine nördliche
bis nordwestliche Strömung, wogegen - zunächst noch trogvorderseitig - in
mittleren und höheren Troposphärenschichten durch eine südliche Strömung
Aufgleiten erfolgt. Das Ergebnis sind Dauerniederschläge unmittelbar an den
Alpen, die durch Stau verstärkt werden und eine wechselnde Intensität aufweisen.
Zu den bereits gefallenen Mengen kommen bis heute Abend weitere 20 bis 30, in
den Staulagen des Allgäus und der Berchtesgadener Alpen um 40 mm hinzu. Bedingt
durch die Troglage liegt die Schneefallgrenze bei etwa 2000 m und steigt im
Tagesverlauf nur wenig an. Oberhalb davon sind einige Zentimeter Schnee
vorstellbar.
Im weitaus größten Teil Deutschlands wird das Wettergeschehen durch den o.g.
Trog geprägt. Die Luftmasse ist mit einem CAPE von einigen hundert, im Westen
und Nordwesten bis etwa 500 J/kg einigermaßen labil und mit einem Gehalt an
niederschlagbarem Wasser zwischen 20 und 25 mm für eine Troglage auch relativ
feucht, so dass die Schauertätigkeit bereits eingesetzt hat und sich im
Tagesverlauf auch kurze Gewitter entwickeln können. Dabei ist (vor allem bei
wiederholten Ereignissen) Starkregen vorstellbar; kleinerer Hagel und stürmisch
Böen sind jedoch nur wenig wahrscheinlich. Etwas ausgenommen hiervon sind der
Küstenbereich (die noch relativ kalte See dämpft die Konvektion) und der
Nordosten, größere Auflockerungen zeichnen sich auch südlich der westlichen
Mittelgebirge ab. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 16 bis 21, im
nordöstlichen Binnenland bis 24 Grad.

Am Abend dürfte die Konvektion rasch in sich zusammenfallen, in der Nacht zum
Freitag erreicht der Resttrog, ohne noch nennenswerte Dynamik zu entfalten, den
Nordosten und den äußersten Osten Deutschlands. Hierdurch lassen auch die
Aufgleitniederschläge am Alpenrand nach; als Letztes dürfte dies an den
Berchtesgadener Alpen der Fall sein. Im Bereich des sich nach Deutschland
ausweitenden Bodenhochkeils stellen sich geringe Luftdruckgegensätze ein. Dort,
wo es zuvor viel geregnet hatte, können sich flache Nebelfelder bilden.
Abgesehen vom Nordosten und Osten sowie einigen tieferen Lagen Westdeutschlands
sind einstellige Temperaturminima zu erwarten.

Freitag... weitet sich der Bodenhochkeil über Deutschland hinweg zunächst nach
Polen und später bis zum Finnischen Meerbusen aus. Dieser Prozess wird durch
einen Höhenkeil gestützt, der sich bis nach Mitteleuropa vorarbeitet. Das aus
dem vorherigen Cut-Off hervorgegangene Höhentief zieht nach Südosteuropa ab und
ist für unser Wettergeschehen nicht mehr von Bedeutung. Da ein nachfolgender
Trog sich, ausgehend von einem Tief südlich von Island, bereits über dem nahen
Ostatlantik in Position bringt, steht der Keil auf schwachen Füßen. Zudem fehlt
die nach Norden ausgreifende Warmluftadvektion.
An der Nordflanke des Bodenhochkeils kann ein schwaches Frontensystem ablaufen,
das den Nordwesten und den Norden Deutschlands streift. Dessen Wetterwirksamkeit
beschränkt sich auf mehrschichtige und im Nordwesten teils kompakte
Wolkenfelder, ohne dass jedoch nennenswerter Niederschlag fällt. Dasselbe trifft
auch für den Alpenrand zu, wobei dort die Bewölkung aus Stau resultiert (die
Achse des Bodenhochkeils erstreckt sich ja knapp südlich der Mittelgebirge über
Deutschland hinweg nach Osten). Somit lässt auch die Wetterbesserung am
Alpenrand auf sich warten; geringe Niederschläge von einigen Millimetern
zeichnen sich vor allem am östlichen Alpenrand noch ab. Dabei sollte dann auch
die Schneefallgrenze wieder deutlich ansteigen.
In einem breiten Streifen von Baden-Württemberg und von der Pfalz bis zur Oder
und Neiße entfaltet der Keil seine Wirkung, was längere sonnige Abschnitte zur
Folge hat. Generell ist ein Temperaturanstieg auf 18 bis 24, mit Hilfe der Sonne
bis 26 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der Höhenkeil mit seinem nördlichen Teil nach
Osten, wobei dessen südlicher Teil sich dann vom Südwesten in den östlichen
Mittelgebirgsraum erstreckt. Während der Nordwesten zusehends in die Nähe der
Frontalzone gelangt, was sich in Form von mehrschichtiger Bewölkung bemerkbar
macht, hält sich über dem weitaus größten Teil Deutschlands der Bodenhochkeil.
Dieser verbindet sich mit einem Hoch über Karelien, so das sich, ausgehend vom
Seegebiet nördlich der Azoren über Mitteleuropa hinweg bis zum Weißen Meer eine
lang gesteckte Hochbrücke ergibt. Aufgrund der nach wie vor gradientschwachen
Lage können sich erneut flache Nebelfelder bilden.

Samstag... läuft ein in der Frontalzone eingelagerter Kurzwellentrog nach
Ost-Nordost ab und streift dabei den Nordwesten und den Norden Deutschlands.
Durch diesen Trog wird die Frontalzone ein wenig nach Süden gedrückt. Das
okkludierende vorgelagerte Frontensystem erfasst mit mehrschichtiger, aber
durchbrochener Bewölkung die nordwestlichen und nördlichen Landesteile, ohne
dass nennenswerter Niederschlag fällt. Im weitaus größten Teil Deutschlands
bleibt der Einfluss der o.g. Hochbrücke bestehen. Großräumiges Absinken
unterbindet die Entwicklung von wetterrelevanter Konvektionsbewölkung. Genauso
ist auch in Küstennähe durch die noch kalte See die Wolkenbildung gedämpft.
Insgesamt schreitet die Erwärmung weiter voran. Während im Nordwesten und Norden
sowie am Alpenrand 19 bis 24 Grad zu erwarten sind, werden im weitaus größten
Teil Deutschlands sommerliche 25 bis 29 Grad erreicht.

In der Nacht zum Sonntag setzt sich die Frontalzone weiter nach Nordosten, aber
nur wenig nach Süden aus. Hierdurch rückt die kaum wetterwirksame Kaltfront
schleifend bis in den Mittelgebirgsraum vor, ohne dass sich Niederschläge
abzeichnen. Im Bodendruckfeld bleibt die o.g. Brücke noch bestehen, wenngleich
deren östlicher Teil in Abschwächung begriffen ist. Die Achse der Brücke
erstreckt sich nach wie vor etwa über den Mittelgebirgsraum hinweg ostwärts.
Abgesehen vom Norden sind die Luftdruckgegensätze gering, aber selbst an der
Küste reicht es nicht für warnrelevante Böen. Bei entsprechender bodennaher
Feuchte können sich noch einmal flache Nebelfelder bilden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann