DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-06-2022 08:01
SXEU31 DWAV 080800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 08.06.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HN z Übergang zu BM

Heute und am Donnerstag vor allem wegen Starkregen markante Gewitter. An den
Alpen bis morgen Abend markanter Dauerregen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... liegen wir im Zustrom erwärmter Meereskaltluft aus südwestlicher bis
westlicher Richtung am Rand von Tiefdruckgebieten über Südskandinavien und
Nordwesteuropa. Dabei zieht ein kurzwelliger Höhentrog nach Nordosten ab, der
nächste bohrt sich ausgehend von den Britischen Inseln über Nordfrankreich in
Richtung Westalpen vor. Die Höhenströmung dreht davor auf fast südliche
Richtungen; das Drehzentrum des Troges soll über Nordenglang zu liegen
kommen. Dort korrespondiert es mit einem Bodentief, dessen teilokkludierte
Kaltfront von Westen auf Deutschland übergreift. Daran gekoppelt ist ein
Regengebiet, das getriggert vorwiegend aus kräftiger positiver
Vorticityadvektion den Westen am späten Vormittag erfasst, um sich von dort
ostwärts bis in die Mitte auszubreiten. Im Westen können bis zum Abend
gebietsweise 5 bis 10 mm zusammenkommen. Die Progression des Tiefausläufers
wurde in den letzten Läufen immer langsamer simuliert.
Rückseitig wird ein Schwall schwach labil geschichteter, aber einigermaßen
feuchter (PPW 25 bis 30 mm) Meeresluft subpolaren Ursprungs (T850 um 7°C) in den
Westen advehiert, in der der Regen in Schauer und einzelne Gewitter übergeht,
die das markante Level durch Starkregen aber nicht überschreiten sollten. In die
Regionen zwischen Ostsee und Niederbayern kommt das frontale Geschehen noch
nicht an, was dort längere Aufheiterungen ermöglicht. Ganz trocken bleibt es
dort aber wohl auch nicht. Präfrontal kann sich eine Bodenrinne ausbilden, in
der sich die Schichtung durch die diabatische Erwärmung und durch die
Trogannäherung labilisiert wird und sich tagsüber einzelne Schauer und Gewitter
bilden können. Auch dort ist Starkregen nicht ausgeschlossen, da PPW über 25 mm
steigt, gewürdigt mit Signalen in ICON D2 EPS.
Der Wind lebt etwas auf und dreht von südlichen auf südwestliche Richtungen. Vor
allem im Bergland sind einzelne Bft 7 im Bereich des Möglichen. Nach Osten hin
sind mit Passage der Kaltfront möglicherweise stärkere Böen Bft 7 verbunden, vor
allem in SE Bayern. Inwieweit diese warnrelevant werden, darf abgewartet werden.

Im Osten, wo die Sonne am längsten scheint, reicht es gebietsweise für einen
Sommertag (26/27°C). Ansonsten werden Maxima von 17 bis 23°C anvisiert mit den
niedrigsten Werten im westlichen Bergland, wo selbst die 17°C in Einzelfällen
nicht geschafft werden.

In der Nacht zum Donnerstag kommen wir mehr und mehr in den Bereich des
Höhentroges, dessen Achse den Westen und Süden erreicht und über die Alpen nach
SE in die Länge gezogen wird. Unverkennbar ein Zeichen für beginnendes
Abtropfen, wogegen das Drehzentrum zur Nordsee zieht und vom Bodentief eine
Rinne über der Nordsee und Dänemark übrigbleibt. Die Kaltfront schwenkt nach
Osten und die rückseitig einfließende maritime Subpolarluft (T850 4 bis 7°C)
breitet sich fast im ganzen Land aus, nur ganz im Osten halten sich Reste der
Warmluft.
Der frontale Regen erreicht unter Abschwächung den Osten, dahinter kommt es zu
Schauern und einzelnen Gewittern, die sich z. T. bis in die zweite Nachthälfte
retten. Nach Westen hin sorgt einfließende trockenere Luft und KLA trotz
Überlagertem Trog für eine gewisse Wetterberuhigung. Im Südosten kann es z. T.
längere Zeit und intensiv regnen, da dort die Kaltfront durch ein Tief südlich
der Alpen ins Schleifen gerät mit Nordwestwind unten und südlichem Wind darüber
(Stichwort: Scherung). Hier besteht die Möglichkeit von Stark- oder Dauerregen.
Die meisten Modelle simulieren dort mit regionalen Unterschieden (Schwerpunkt
aber am Alpenrand) um die 30 mm in 12 Stunden. ICON D2 EPS hat starke Signale
für 6 stündigen markanten Starkregen und geringe für unwetterartigen Starkregen
in Berchtesgaden zu bieten.


Donnerstag... tropft der Trog im Tagesverlauf zur Adria ab und der scharfe
Resttrog kommt nur langsam ostwärts voran und liegt abends mehr oder weniger
genau über der Mitte. Dahinter schiebt sich ein Höhenrücken unter Kräftigung
nach Großbritannien. Kaltluftadvektion und der Höhenkeil sorgen dafür, dass sich
der Azorenhochkeil im Bodendruckfeld nach Mitteleuropa vorschiebt, wobei von
Westen Nordatlantikluft (T850 +5 bis +8°C, T500 < -20°C) nach Deutschland
strömt.

Im Tagesverlauf wird wieder ML CAPE generiert, im äußersten Westen und nach
Südwesten hin unter einer sich bei 600/650 hPa bildenden Absinkinversion, und
bei PPWs die von West nach Ost zwischen 15 und ca. 25 mm liegen. Das reicht für
Schauer und einzelne Gewitter. Die Luft ist nach Osten zu zwar feuchter, aber
auch kaum labil, sodass dort und im Südwesten die Gewitterneigung gering bleibt.
Sollte sich Gewitter bilden, kann auch Starkregen und kleinkörniger Hagel dabei
sein.
Anders im Südosten, etwa von den Alpen bis zum Bayerischen Wald, eventuell bis
zum Erzgebirge: Hier gibt es zunächst die Scherungssituation mit Südwind in der
Höhe und Nordwestwind unten, so dass es zumindest anfangs stärker regnet. Am
Vormittag sind in Staulagen an den Alpen 5 bis 15 mm möglich. Insgesamt können
dort in 24 Stunden ca. 30 bis 50 mm Regen fallen, punktuell vielleicht mehr und
worin auch ein gewisser konvektiver Anteil einbezogen ist. Markante Warnungen
vor Dauerregen mit wechselnder Intensität sind also durchaus angebracht.
Im Tagesverlauf nehmen die Niederschläge dort teilweise konvektiven Charakter
an, die Sonne zeigt sich dort kaum.

Ansonsten gibt es zumindest kurze Auflockerungen; bei alles in allem aber viel
Quellbewölkung liegt die Temperatur am Nachmittag zwischen 18 und 22°C. An der
Nordsee und im Südosten bei Dauerregen bei 15 und 18°C am Alpenrand vielleicht
sogar darunter.
Der West- bis Nordwestwind ist im Keilbereich teils recht bockig mit
verbreiteten 6er Böen. Exponiert oder bei Schauern kann eine steife Böe nicht
ausgeschlossen werden.

In der Nacht zum Freitag kommt der Keil nach Osten voran und die Hochdruckzone
kräftigt sich über Deutschland. Der Resttrog wird nach Osten gedrängt und füllt
sich dabei auf. Entsprechend beruhigt sich das Wetter nicht zuletzt aber auch
durch den Tagesgang wieder. Stellenweise kann sich bei längerem Aufklaren Nebel
bilden. Nur ganz im Südosten, vor allem am Ostalpenrand hält der Regen zunächst
an, da die Strömung in der Höhe fast auf Nord dreht und der Regen durch Stau
gestützt wird. In exponierten Lagen sind dort eventuell nochmal an die 10 mm
möglich. Auf den Westen greift die WLA vor einer Warmfront über. Dort zieht
wieder Bewölkung auf, regnen sollte es aber kaum.


Freitag... verlagert sich der Höhenrücken unter weiterer Kräftigung mit seiner
Achse nach Deutschland, derweil die Hochdruckzone am Boden genau mit ihrer Achse
über Deutschland verläuft. An der Nordflanke des Hochs herrscht leichte
Warmluftadvektion, die mit der Warmfront eines Tiefs südlich von Island
korrespondiert. Sie bringt im Westen und Norden teils mehrschichtige Bewölkung,
aber höchstens geringen Regen.
Auch im Südosten hält sich zunächst weiter teils starke Bewölkung, der Regen
klingt aber auch am Ostalpenrand ab und die Wolkendecke bekommt mehr und mehr
Lücken.
Dazwischen scheint teils längere Zeit die Sonne. Zusammen mit der Advektion
etwas milderer Luftmassen (T850: 8 bis 10°C) hilft das der Temperatur auf die
Sprünge, die ansetzt um bei 19 bis 25°C am Nachmittag zu landen. An der See und
in den Ostalpen liegen die Werte nur um 18 Grad.
Der Wind weht schwach bis mäßig, an der Nordsee auch frisch aus West bis
Südwest.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der Höhenrücken über uns nach Südosten, die
Warmfront zieht über den Norden ab, die nachfolgende Kaltfront legt sich
schleifend über Norddeutschland, weist dabei aber nur geringe Wetterwirksamkeit
auf mit teils dichterer Bewölkung und nur wenig Regen. Über der Südhälfte ist
die zonale Hochdruckzone wetterbestimmend mit geringer Bewölkung und dem ein
oder anderen Nebelfeld.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren in den Basisfeldern recht ähnlich. Die Gewitter heute und
morgen sollten vor allem durch Starkregen markant werden können, für Unwetter
dürfte die Luftmasse, bzw. die Zutaten insgesamt nicht ausreichen. Da die
Niederschlagsmengen am Alpenrand in den letzten Läufen etwas zurückgeschraubt
wurden, reichen für die Dauerregenwarnungen vom Allgäu bis Berchtesgaden
markante Warnungen, die heute Abend starten und bis Donnerstagabend laufen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner