DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-05-2022 08:01
SXEU31 DWAV 240800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 24.05.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu Wz (West zyklonal)

Heute im Nordwesten windig mit Schauern und kurzen Gewittern. Sonst nur noch
sehr geringe Gewitterwahrscheinlichkeit. Morgen schwache Trogpassage mit etwas
Konvektion im Norden. An Christi Himmelfahrt im Norden wechselhaft, windig und
auch nicht übermäßig warm. Nach Süden hin ruhiger.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... verbringt Deutschland auf der Vorderseite eines Höhentrogs über
Westeuropa, der aus mehreren Anteilen besteht. Ein erster Sekundärtrog ist
aktuell dabei, über Westdeutschland und Benelux in Richtung Deutsche Bucht und
Jütland zu schwenken, wo er in den Mittagsstunden anlandet. Getriggert durch ein
wohldefiniertes PVA-Maximum hat sich unmittelbar auf der Trogvorderseite ein
mesoskaliges, weitgehend skalig geprägtes Regengebiet gebildet, das den Westen
unseres Landes bereits erfasst hat und mit einer Kaltfront einhergeht. Der Regen
wird sich im Laufe des Vormittags bis in die Mitte und den Norden vorarbeiten,
dabei aber immer mehr an Kontur und Intensität (heute früh immerhin
Stundensummen von bis zu 9 l/m²) verlieren. Gründe sind die nachlassende PVA
infolge zunehmender Glättung der anfangs noch diffluenten Höhenströmung sowie
die zunehmend überkompensierende KLA.
Ein weiterer KW-Trog befindet sich heute Morgen über der Biskaya, von wo aus er
beginnt, in Richtung Nordostspanien abzutropfen, während das nördliche Residuum
gen Benelux schwenkt, wo es aber erst in der kommenden Nacht aufschlägt und
somit für unser Tageswetter keine Bedeutung hat.

Anders verhält es sich mit dem gestrigen Gewittertief FINJA, das inzwischen die
Gewitterei weitgehend eingestellt hat und mit etwas unter 995 hPa Kerndruck über
der Nordsee nordwärts zieht. Auf seiner Südflanke lebt der west-südwestliche
Wind mit Hilfe des Tagesgangs auf, insbesondere im Nordwesten. Dort dürfte rein
aus dem Gradienten heraus eine kleine Windwarnung fällig werden (7 Bft), in
Verbindung mit der nach Abzug des mesoskaligen Regens einsetzenden Konvektion
sind sogar vereinzelte Böen 8 Bft möglich. Apropos Konvektion, zwar wird nicht
besonders üppige Höhenkaltluft in den Nordwesten gespült (um bzw. etwas unter
-20°C auf 500 hPa bei rund 4°C auf 850 hPa), es reicht aber für eine "skinny"
Labilitätsfläche bis etwa 550 hPa hinauf, aus der einzelne Gewitter rekrutiert
werden können. Bei guter Organisation einzelner Zellen (Scherung ist ausreichend
vorhanden) ist trotz limitierter Höhenwinde (nicht über 30 Kt auf 925 und 850
hPa) auch eine untere 9 Bft ist nicht ganz ausgeschlossen.

Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass hinter der langsam ostwärts
vorankommenden Kaltfront mäßig warme und etwas abgetrocknete Atlantikluft
heranströmt (T850 3 bis 6°C, Taupunkte runter auf rund 10°C), die aber ihre Zeit
braucht, bis sie im Osten und Süden so richtig ankommt. An der Front hat sich
eine diskrete Schauerlinie gebildet, an der in BaWü heute Morgen einzelne Böen 7
Bft, in höheren Lagen 8 Bft registriert wurden. Im Laufe des Vormittags ist
aufgrund weit nach Osten ausgreifenden Druckanstiegs aber mit einer baldigen
Abschwächung zu rechnen. Trotzdem wird etwa von Oberschwaben bis hinüber zum
Bayerischen Wald, vielleicht auch noch bis zum Oberpfälzer Wald trog- respektive
frontvorderseitig Hebung generiert, die vor allem am Vormittag stärkere und
konvektiv durchsetzte Regenfälle bringt (gebietsweise um oder etwas über 10 l/m²
innert 6 h). Am Nachmittag schwächt sich das Ganze dann ab. Ob es im Süden auch
für ein Gewitter reicht, ist derzeit noch unsicher. Eine gewisse Stabilisierung
der Warmluftreste ist unverkennbar, gleichwohl könnte es vereinzelt reichen,
wobei Starkregen um oder etwas über 15 l/m²/h der am meisten zu beachtende
Begleitparameter wäre. Bei überschaubaren Sonnenanteilen, die am ehesten in
einem vom Südwesten bis in den Osten und Nordosten reichenden Streifen
anzutreffen sind, wird es nicht mehr wärmer als 17 bis 23°C (die Maxima gemäß
T850 im Osten).

In der Nacht zum Mittwoch zieht Tief FINJA an Svinoy vorbei weiter gen Norden,
was seinen Einfluss auf unser Wetter zusehends schwinden lässt. Der Gradient
fächert mehr und mehr auf, so dass der auf glatt Südwest rückdrehende Wind ab
dem Abend warntechnisch kein Thema mehr ist. Auch in Sachen Niederschlag wird es
mit Hilfe des Tagesgangs immer weniger im Westen und Nordwesten. Ganz kommt die
Schaueraktivität aber nicht zum Erliegen, was am o.e. Trogresiduum liegt.
Insbesondere im Nordseeumfeld, mit geringerer Wahrscheinlichkeit auch in der
Norddeutschen Tiefebene ziehen noch ein paar Schauer, vielleicht sogar ein
kurzes Gewitter durch. Trotz Druckanstiegs kommt es auch im Südosten - grob vom
Allgäu bis zum Bayerischen Wald - noch zu zeitweiligen, sehr wahrscheinlich aber
ungewittrigen Regenfällen. Zwischen den Aktivitäten im Nordwesten und Südosten
klart es teilweise auf und es bilden sich meist flache Nebelfelder. Dabei kühlt
es bis in den einstelligen Temperaturbereich ab.

Mittwoch... schwenken die Reste des Haupt-Höhentrogs über Deutschland ostwärts
hinweg. Dahinter wird eine Zonalisierung der Höhenströmung eingeleitet, die zum
Donnerstag, zum "Vaddertach" hin in eine Westlage mündet. Am Boden steigt der
Luftdruck weiter an, was sich in einem Keil widerspiegelt, der sich als ANDREAS
ausgibt und sich ausgehend vom Azorenhoch bis in die Südhälfte erstreckt. Der
Keil hilft kräftig mit, dass in einem vom Südwesten bis in den Osten reichenden
Korridor ein solides, teils sogar erkleckliches Maß an Sonnenanteilen geboten
wird. Für einige Quellungen unterhalb einer bei 700 hPa oder etwas darüber
liegenden Inversion wird es aber schon reichen.

Apropos Quellungen, ganz ohne Schauer kommen wir freilich nicht über den Tag,
wie auch bei dem Sonnenstand und Trogpassage. Vor allem nach Norden hin, wo die
Inversion schwächer ist respektive höher liegt, bedingt aber auch in der Mitte
entwickeln sich Schauer, vereinzelt sogar kurze Gewitter, die von Böen 7-8 Bft
begleitet sein können. Abseits der Konvektion hält sich der Wind zunächst in
Grenzen, erst zum Abend hin wird er aus Südwesten kommend an und über der
Nordsee wieder anziehen (Böen 7 Bft). Grund ist die Annäherung eines
okkludierenden Frontensystems, das zu einem Doppeltief über Island und der
Irminger See gehört (HANNAH). Nach Osten vorauseilende WLA sorgt zudem für eine
allmähliche Stabilisierung, die die Schaueraktivität ab dem Nachmittag von
Westen her allmählich dämpft.

Kurz noch einen Abstecher in den Südosten, wo sich die Regenfälle unter
Abschwächung immer mehr in den Chiemgau und das BGL sowie nach Austria
(Glückwunsch zum Klassenerhalt bei der Eishockey-WM) zurückziehen. Die
Temperatur verbleibt im äußersten Norden und Nordwesten sowie im wolkenreichen
Südosten unter der 20°C-Marke, während sonst 20 bis 24°C anvisiert werden.

In der Nacht zum Donnerstag setzt sich die Zonalisierung der Höhenströmung fort,
wobei die westlichen Winde im Norden merklich flotter wehen als im Süden. Das
erklärt auch, warum das o.e. Frontensystem noch vor Mitternacht auf den
Nordwesten übergreift. Neben etwas Regen bringt es insbesondere an der Küste
sowie im nördlichen Bergland (Pole-Position einmal mehr für den Brocken mit bis
zu 9 Bft) einen auffrischenden Südwest- bis Westwind mit Böen 7, vereinzelt 8
Bft. Nach Süden und Osten hin gestaltet sich die Nacht unter der Ägide des
Bodenkeils teils wolkig, teils klar mit nur wenigen Nebelfeldern im Süden.


Donnerstag... ist bundesweit Feiertag und der gestaltet sich recht
unterschiedlich. Dem Norden steht ein wechselhafter und windiger Tag ins Haus,
der von der überlagerten, recht glatt verlaufenden Frontalzone geprägt ist. Auf
der Südflanke zweier Tiefs über Norwegen und nahe Island (12 UTC) rauscht
ziemlich flott die teilokkludierte Kaltfront des o.e. Frontensystems durch,
gefolgt von einer flachen Welle, die sich zum Nachmittag hin von der
südwestlichen Nordsee nähert. Bei wechselnder bis starker Bewölkung fällt hin
und wieder etwas Regen, die Mengen bleiben mit meist deutlich unter 5 l/m²
innert 12 h aber sehr überschaubar. Dafür frischt der westliche Wind bis etwa an
den Nordrand der Mittelgebirge merklich auf mit Böen 7 Bft, an der Küste sowie
in höheren Lagen 8 Bft, auf exponierten Kämmen und Kuppen 9 Bft. Chancen auf
sonnige Abschnitte sind am ehesten unmittelbar an der Küste gegeben.

Je weiter man in den Süden schaut, desto stärker kann sich der Azorenhochkeil -
die Rede ist immer noch von ANDREAS - in Szene setzen. Im Klartext bedeutet das
abnehmende Schauerneigung und zunehmende Sonnenscheindauer, wenn auch geteilt
mit mehr oder weniger dichten Quellungen unterhalb der zwischen 800 und 700 hPa
positionierten Inversion. Temperaturmäßig stehen 19 bis 23°C, im Norden nur 15
bis 20°C auf der Karte.

In der Nacht zum Freitag schwenkt die flache Welle mit Regenfällen über die
Nordhälfte. Richtung Küste labilisiert die einfließende subpolare Meeresluft
(T850 bei 0°C), was neben Schauern auch vereinzelte Gewitter wahrscheinlicher
macht. Warnwürdiger Wind, aus Westen kommend, konzentriert sich auf den
unmittelbaren Küstensaum sowie höhere Lagen (7-8 Bft). Im Süden schwächelt der
Hochkeil zwar etwas, es bleibt aber noch ruhig und trocken.



Modellvergleich und -einschätzung
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Keine nennenswerte Unterschiede.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann