DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-05-2022 17:01
SXEU31 DWAV 211800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 21.05.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Vorerst Wetterberuhigung. Sonntag zum Abend hin inneralpin einzelne Gewitter.
In der Nacht zum Montag im Westen und Südwesten aufkommend schauerartiger Regen,
teils auch Gewitter, zunächst mit geringer, am Montag auf die Mitte übergreifend
mit erhöhter Gefahr für Starkregen; auch Unwetter nicht ausgeschlossen. In der
Nacht zum Dienstag unter zögernder Abschwächung nach Nordosten und zu den Alpen
abziehend.
Am Dienstag im Südosten und dort vor allem an den Alpen noch Gewitter mit
geringer Wahrscheinlichkeit für Starkregen. Außerdem an der Nordseeküste kurze
Gewitter mit stürmischen Böen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland am warmen Rand der Frontalzone, die vom mittleren
Nordatlantik über Schottland und das nördliche Mitteleuropa hinweg zur Ukraine
verläuft. Ein darin eingelagerter flacher Rücken wird in die Nordsee gesteuert,
was die Frontalzone über Deutschland noch etwas nach Norden drückt. Durch diesen
Rücken wird ein schwaches Hoch gestützt. Absinken in dessen Bereich bringt eine
Wetterberuhigung mit sich.
In der Nacht zum Sonntag wölbt sich der Rücken über der Nordsee noch etwas auf,
was durch kräftige Warmluftadvektion bedingt ist, die nordöstlich von Schottland
ansetzt. Das Bodenhoch, dass sich mit seinem Schwerpunkt in den Westen
Deutschlands verlagert, sorgt für eine schwachgradientige Lage, so dass sich
dort, wo es zuvor viel geregnet hatte, flache Nebelfelder bilden können. Etwas
Gradient bleibt aufgrund der nicht allzu weit entfernt liegenden Frontalzone
noch im Norden und Nordosten vorhanden, aber auch dort sollte der Wind nicht
mehr warnrelevant sein. Abgesehen vom Küstenbereich und von einigen tieferen
Lagen Südwestdeutschlands sind einstellige Temperaturminima zu erwarten.

Sonntag ... erreicht der Rücken mit seiner breiten Achse unter weiterer
Aufwölbung bis zum Abend den Westen Deutschlands. Das korrespondierende
Bodenhoch verlagert sich unter Abschwächung mit seinem Schwerpunkt in den
Nordosten Deutschlands. Mit einer bodennahen nördlichen bis östlichen Strömung
gelangt eine stabil geschichtete und gemäßigte Luftmasse in den weitaus größten
Teil Deutschlands. Eine Ausnahme stellt der Südwesten und äußerste Westen dar.
In diese Gebiete wird wieder feuchtere und etwas labilere Luft herangeführt, was
den Gehalt an niederschlagbarem Wasser auf 25 bis 30 mm steigen lässt. Für etwas
Konvektion sollte es dank orografischer Unterstützung allenfalls inneralpin
reichen, aber auch dort ist die Wahrscheinlichkeit für Gewitter sehr gering.
Großräumiges Absinken im Randbereich des Bodenhochs bringt längere sonnige
Abschnitte mit sich und unterbindet wetterwirksame Konvektion. Lediglich im
Norden und Nordosten wird die Einstrahlung durch Sc-Felder gedämpft. In diesen
Gebieten bewegen sich die Temperaturen um 20 Grad, an der See werden nur Maxima
um 17 Grad erreicht. Ansonsten steigt die Temperatur auf 22 bis 26 Grad, wobei
es südlich der westlichen Mittelgebirge am wärmsten wird.

In der Nacht zum Montag verschiebt sich das Zirkulationsmuster etwas nach Osten.
Der Rücken erreicht mit seiner Achse den Osten Deutschlands. Das
korrespondierende und sich weiter abschwächende Bodenhoch ist dann über den
Baltischen Staaten zu finden. Ein nachfolgender markanter Trog nähert sich unter
Ausweitung nach Süden Irland und der Biskaya. Das ergibt eine südwestliche und
aufsteilende Strömung, die sich auch über dem Westen und der Mitte Deutschlands
durchsetzt. In diese Strömung läuft ein Kurzwellentrog hinein, der bis
Montagfrüh nach Mittelfrankreich vorankommt. Vorderseitige Hebung, die
hauptsächlich durch Warmluftadvektion induziert wird (für positive
Vorticityadvektion liegt der Trog noch zu weit im Westen) lässt kompakte
Bewölkung und im Westen und Südwesten schauerartige Niederschläge aufkommen. Die
Schichtung wird zusehends labiler, so dass einzelne Gewitter eingelagert sein
können. Die Starkregengefahr ist dabei vorerst gering.
Ansonsten hält sich noch antizyklonaler Einfluss; östlich der Weser dürfte es
aufklaren, so dass sich dort noch einmal einstellige Temperaturminima
einstellen. Unter Wolken wird es mit 16 bis 11 Grad nicht so kühl.

Montag ... erreicht der o.g. Trog die Britischen Inseln und Galizien, der
vorlaufende Kurzwellentrog greift, wenngleich unter Abschwächung, auf den Westen
und Südwesten Deutschlands über. Da sich der zuvor wetterbestimmende Rücken nach
Osten verabschiedet, setzt sich über dem gesamten Vorhersagegebiet eine
südwestliche Strömung durch. Hierdurch erfasst feuchtlabile Luft den gesamten
Westen, Süden und die mittleren Gebiete Deutschlands. Der Flüssigwassergehalt
steigt auf 30 bis 35 mm, mehr als 1000 bis knapp 2000 J/kg CAPE werden
generiert, so dass die nächste Gewitterlage bevorsteht. Zudem liefert zur
tagesgangsbedingt aktivsten Zeit der übergreifende Kurzwellentrog den noch
fehlenden Hebungsantrieb. Durch diesen Kurzwellentrog wird die Entwicklung eines
flachen Tiefs induziert, das sich von Nordostfrankreich über die Eifel hinweg
bis zum Abend nach Südhessen verlagert. Eine bodennahe Windkonvergenz ist
hierdurch gegeben. An der Südflanke dieses Tiefs frischt der Wind auf und dreht
auf Südwest bis West. Im Südwesten sind dann in freien Lagen Windböen bis Bft 7,
im südwestdeutschen Bergland stürmische Böen und auf Schwarzwaldgipfeln
Sturmböen bis Bft 9 zu erwarten.
Hinsichtlich der Frage, inwieweit Unwetter zu erwarten sind, bietet sich ein
Vergleich mit der Lage vom Freitag, den 20.05., an. Gegenüber der Konstellation
vom vergangenen Freitag ist der Flüssigwassergehalt etwa 5 mm geringer, die
Schichtung ist nicht ganz so labil und es wird weniger CAPE generiert, was der
bereits vorhandenen Bewölkung und der hierdurch stark reduzierten Einstrahlung
zuzuschreiben ist. Nicht zuletzt ist die Scherung (die immerhin noch
signifikante Werte aufweist) deutlich verringert. Das betrifft sämtlich Niveaus
und sowohl die Richtungs- als auch aufgrund des schwächeren Oberwindes die
Geschwindigkeitsscherung.
Dennoch sind die Voraussetzungen gegeben, dass abgesehen vom Norden und
Nordosten hochreichende Konvektion in Form von Gewittern zustande kommt. Mit
hoher Wahrscheinlichkeit tritt Starkregen auf, Unwetter sin zwar nicht so
wahrscheinlich wie am Freitag, sind aber durch heftigen Starkregen und im Süden
auch durch größeren Hagel nicht auszuschließen. Mit der Annäherung des flachen
Bodentiefs nimmt im Tagesverlauf die Scherung zu, was eher organisiertere
Strukturen hochreichender Konvektion wahrscheinlicher werden lässt, die durchaus
auch staffelartig auftreten und mit Sturm- bzw. schweren Sturmböen einhergehen
können. Für stärkere Böen ist der Oberwind wahrscheinlich zu schwach. Auch
rotierende Erscheinungen können nicht ganz ausgeschlossen werden. Die
niedertroposphärische Scherung ist hierfür durchaus hinreichend, wenngleich die
anderen Voraussetzungen hierfür nicht so optimal sind wie vor ein paar Tagen.
Im Norden und Nordosten bleibt noch der Einfluss des Bodenhoch, das von den
Baltischen Staaten ins westliche Schwarzmeergebiet reicht, bestehen. Absinken
unterbindet dort weitgehend die Bildung konvektiver Bewölkung.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen je nach Sonnenscheindauer 23 bis 28, an
der Küste Werte um 20 Grad.

In der Nacht zum Dienstag wird der vorlaufende Kurzwellentrog unter Auffüllung
in den Ostseeraum gesteuert. Der Haupttrog schwenkt in die Nordsee und erfasst
dabei den Nordwesten und den äußersten Westen Deutschlands. Die
trogvorderseitige Hebung könnte stärker in Erscheinung treten, allerdings wird
die durchaus markant positive Vorticityadvektion durch kräftige
Kaltluftadvektion nahezu kompensiert. Demzufolge reicht es an der Nordsee und im
westlichen Bergland nur für ein paar Schauer.
Mit der auf Süd-Südwest drehenden Strömung wird das flache Bodentief rasch von
dem vorlaufenden Kurzwellentrog überlaufen und wandelt sich unter Auffüllung in
eine Tiefdruckrinne um. Diese überquert mit Beginn der zweiten Nachthälfte die
Elbe und erreicht bis Dienstagfrüh die Warnow und die Neißemündung. Bis
Mitternacht zeichnet sich noch an der Vorderseite dieser Rinne kräftige Hebung
ab. Mit dieser erfassen die Gewitter bei rasch abnehmender Wahrscheinlichkeit
für Unwetter auch die nordöstlichen Landesteile. Bis Dienstagfrüh wird dann auch
die Gefahr für Starkregen geringer. Die dann einsetzende kräftige westliche
Strömung lässt an der See einzelne Windböen Bft 7 und auf exponierten
Berggipfeln der Mittelgebirge Sturmböen Bft 8/9 aufkommen.
Nachfolgend setzt durch Kaltluftadvektion nur eine vorübergehende
Wetterberuhigung ein. Im Süden und Südosten halten sich noch Reste feuchtlabiler
Luft, so dass neben den Schauern im westlichen Bergland und an der Nordsee auch
aus den Alpen heraus einzelne Gewitter auftreten können, wobei auch dort
Starkregen nicht ganz auszuschließen ist.

Dienstag ... verbleibt der Nordwesten Deutschlands im Bereich eines über der
Nordsee liegenden Troges. Ein Teiltrog, der zuvor zu den Pyrenäen abgetropft
ist, ergibt im Zusammenspiel mit dem über der Nordsee liegenden Trog eine
südwestliche, nach Nordwesten hin zyklonal geprägte Strömung. Mit diesem Trog
gelangt der Nordwesten und der Küstenbereich unter eine leicht labil
geschichtete Luftmasse. Da sich aber über dem gesamten Vorhersagegebiet kräftige
Kaltluftadvektion durchsetzt, hält sich die Schauertätigkeit in Grenzen und
bleibt auf die küstennahen Gebiete und die nordwestlichen Landesteile
beschränkt. Für kurze Gewitter reicht es nur unmittelbar an der Nordseeküste,
wenngleich die Wahrscheinlichkeit auch dort relativ gering ist. Meist bleibt die
Konvektion flach, so dass rasch wechselnde Bewölkung, die meist aus Sc-Feldern
und Cu besteht, dominierend ist. Schauer sind weiter im Binnenland selten.
Allerdings lässt das mit dem Trog korrespondierende Bodentief, das nach
Südnorwegen gesteuert wird, den Wind auffrischen, der im Nordwesten mit Böen bis
Bft 7 durchaus warnrelevant wird. An der Nordsee (vor allem in Verbindung mit
kräftigeren Schauern oder kurzen Gewittern) und auf exponierten Berggipfeln sind
auch stürmische Böen möglich.
Bedingt durch die südwestlich Strömung erfasst die am Alpenrand und im äußersten
Südosten Deutschlands noch vorhandene feuchtlabile Luft wieder den östlichen
Mittelgebirgsraum, d.h. zumindest den Bayerischen Wald. Hierdurch kann von der
Bodenseeregion und vom Alpenrand bis zum Oberpfälzer Wald erneut schauerartiger
Regen aufkommen. In diesen Gebieten hält sich mehrschichtige Bewölkung. Vor
allem zu den Alpen hin können einzelne Gewitter eingelagert sein, wobei erneut
Gefahr von Starkregen besteht.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 17 bis 21, in Nordseenähe Werte um 15
Grad. Im Nordosten sind noch einmal bis 23 Grad zu erwarten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann