DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-05-2022 07:30
SXEU31 DWAV 170800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 17.05.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang zu S a

Im Nordosten heute einzelne kräftige Gewitter mit Starkregen. Am Donnerstag in
der Westhälfte Unwetterlage durch Schwergewitter möglich.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... fällt am aktuell am Morgen über dem Nordosten noch schauerartiger
Regen, der auf eine Tiefdruckrinne mit feuchter Luft (PPW 25 bis 30 mm)
zurückgeht. Gestützt wird die Hebung derzeit noch durch einen Kurzwellentrog mit
einem gut ausgeprägten IPV Maximum, das an der Ostflanke eines Höhenrückens über
Westeuropa nach Südosten abläuft.

Ansonsten zeigt sich der Himmel teils gering bewölkt, teils mit hohen Wolken
überzogen unter besagtem Rücken und der zugehörigen Bodenhochdruckzone mit
Schwerpunkt über Frankreich und dem Alpenraum. Örtlich hat sich auch Nebel
gebildet, der aber in den nächsten Stunden rasch passe sein dürfte.
Vorderseitig einen Langwellentroges auf dem Atlantik verstärkt sich der
Höhenrücken noch und weitet sich ins Nordmeer aus, wird dabei aber auch nach
Osten geschoben und kommt mit seiner Achse abends über Benelux an. Das Bodenhoch
verbindet sich mit einem Hoch über Skandinavien, wobei die Rinne aufgefüllt
wird. Mit fortschreitender Erwärmung fällt aber der Bodendruck rasch von Süden
her wieder.

Während die Rinne verschwindet, hält sich von der Nordsee bis in die östliche
Mitte eine Schliere mit feuchter und labiler Luft, die aber an der Südflanke des
zur Ostsee ziehenden Druckmaximums langsam nach Südwesten zurückgedrängt wird.
Trotz teilweise wolkiger Bedingungen wird etwas CAPE generiert, bis 400 J/kg,
allerdings sorgt das Entrainment trockener Luft von Nordosten für eine Abnahme
des Wassergehalts der Luft und da auch der Kurzwellentrog dann weg ist, bleiben
die Gewitterentwicklungen deutlich hinter denen des gestrigen Tages zurück.
Dennoch bilden sich im genannten Bereich ab den Mittagsstunden wieder Schauer
und einzelne Gewitter, die erneut mit örtlich begrenztem Starkregen um 20 l/qm/h
einhergehen können. Da die Zellen nur langsam ziehen besteht lokal
Unwettergefahr durch heftigen Starkregen. Die höchste Gewitterwahrscheinlichkeit
besteht vom östlichen Niedersachsen bis nach Thüringen und zum Erzgebirge.
Ansonsten sind im Bergland über der Mitte und dem Süden vereinzelte Gewitter
nicht komplett ausgeschlossen.

Davon abgesehen bleibt es weiter südwestlich sowie im Nordosten
niederschlagsfrei. Dazu wird es in der Südwesthälfte sommerlich warm bei T850
von 10 bis 14°C mit Maxima zwischen 23 und 29°C, ansonsten verbleiben die
Höchstwerte unter der 25-Grad-Marke, an der See sind 20 Grad kaum zu erreichen.
Der Wind ist meist schwach bis mäßig unterwegs und kommt aus Nordost bis
Nordwest, nachmittags von Süden her mit Zunahme der östlichen Komponenten.

In der Nacht zum Mittwoch klingen die Schauer und Gewitter rasch ab und
nachfolgend bleibt es meist trocken. Grund sind der unter Amplifizierung nach
Deutschland hereinschwenkende Höhenrücken und das nach Polen ziehende Bodenhoch.
Teilweise klart es auch auf und stellenweise bildet sich (vereinzelt dichter)
Nebel. Die Frühwerte liegen zwischen um 15°C im Westen und teilweise 7°C an der
Oder und Neiße sowie in SE Bayern. Die Bewölkung der Kaltfront einer über die
Britischen Inseln nach Norden ziehenden Welle, streifen in der zweiten
Nachthälfte den Nordwesten mit vielleicht vereinzelten Regentropfen.


Mittwoch... verstärkt sich der leicht progressive Höhenrücken noch weiter und
schlägt mit seiner Achse genau über Deutschland auf. Das Bodenhoch verschiebt
seinen Schwerpunkt südostwärts nach Polen. An seiner Westflanke verstärkt sich
die Zufuhr sehr warmer Mittelmeerluft nach Deutschland, in der die Temperatur in
850 hPa auf 9 bis 15°C steigt. In 2m Höhe bedeutet das, bei vielfach kräftiger
Einstrahlung Höchstwerte von 25 bis 32°C mit den höchsten Werten im Südwesten
und Westen. Im Südosten und ganz im Nordosten hält sich noch die weniger warme
Luft der Vortage, bzw. es bilden sich auch mal etwas mehr Quellwolken, als
Residuum der verlorengegangenen Rinne, und die Temperaturen überschreiten die
25°C Schwelle wohl nicht.
Die Luftmasse wird wieder labiler und gerade im Westen steigt der Wassergehalt,
das Schauer- und Gewitterrisiko ist aber unter dem Rücken nur sehr gering. Am
Alpenrand ist durch orographische Auslösung der eine oder andere Schauer sowie
ein Gewitter nicht ausgeschlossen. Der äußerste Nordwesten liegt nahe eines über
der Nordsee schleifenden Tiefausläufers. Hier geht der Wassergehalt auf 30 mm
PPW hoch, CAPE steigt bis 500 J/kg. Im Tagesverlauf wären auch hier einzelne
Schauer nicht ausgeschlossen, ob es auch zu Gewittern reicht, wie es Super HD
andeutet, darf abgewartet werden. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist wohl
ausgesprochen gering.

Der Wind weht schwach und kommt aus östlichen Richtungen.

In der Nacht zum Donnerstag schiebt sich der Rücken langsam etwas südostwärts,
sodass die Nordwesthälfte in eine südwestliche, zunächst eher antizyklonale
Höhenströmung kommt. Dem Westen nähert sich jedoch die Kaltfront eines
Tiefs über dem Nordatlantik mit einer zum Ärmelkanal ziehenden nächsten Welle
an. Dies macht sich mit dichterer Bewölkung im Westen und Nordwesten bemerkbar.
Im äußersten Nordwesten sind von Benelux oder über die Nordsee erste Schauer und
Gewitter nicht ausgeschlossen.
Sonst verläuft die Nacht ruhig mit einstelligen Tiefstwerten im Osten und
Südosten, sonst 16 bis 10°C. Im Nordwesten, wo die Bewölkung rasch abschirmt,
geht die Temperatur in einigen Regionen nicht viel unter 20°C zurück.


Donnerstag... ist die Achse des Höhenrückens deutlich ostwärts vorangekommen und
erstreckt sich vom westlichen Mittelmeer über den Alpenraum bis nach Polen.
Wenngleich der Haupttrog sich weiter auf dem Nordatlantik befindet und die
westsüdwestliche Höhenströmung, nachdem vorübergehend kurwellige Tröge
übergreifen konnten, im Tagesverlauf vielleicht sogar eher wieder antizyklonaler
aufgestellt ist, nimmt der zyklonale Einfluss von Westen her zu.
Das liegt dann auch an einer Welle, die über die östliche Nordsee Richtung
Norwegen zieht und eine Tiefdruckrinne mit eingelagerter Kaltfront, die bis in
den Nordwesten unseres Landes vorankommt. Am Rand des mittlerweile über dem
Balkan liegenden Hochdruckdruckgebietes verstärkt sich die Zufuhr der sehr
warmen bis heißen Luft aus Südwesteuropa weiter. Die Luft wird dabei instabiler
und über der Westhälfte deutlich feuchter. Der Wassergehalt steigt auf 30 bis 35
mm.
Am Vormittag sind neben einzelnen Schauern und Gewittern im Nordwesten auch
schon ganz im Westen und Südwesten erste Schauer möglich.
Im Tagesverlauf greifen schließlich von Frankreich und Benelux her teils starke
Gewitter auf den Südwesten, Westen und
Nordwesten über. Dabei besteht aufgrund zunehmender Scherung (DLS 10 bis 15
m/s), hohem CAPE (um 1500 J/kg) und hoher PPWs um 35 mm, eine erhöhte
Wahrscheinlichkeit für einzelne unwetterartige Entwicklungen mit heftigem
Starkregen, Hagel und teils schweren Sturmböen. Vor allem über dem Westen und
Nordwesten sind organisierte Strukturen nicht unwahrscheinlich. Wie weit die
Gewitter nach Osten vorankommen, ist unsicher. Zum Abend können sie eventuell
auch Mecklenburg erfassen und stärker nach Bayern hinein ausgreifen. ICON ist
deutlich zurückhaltender was das angeht, als IFS und vor allem GFS.
Außerdem wird es fast im ganzen Land sehr warm bis heiß und teils schwül mit
Höchstwerten zwischen 26 und 32 Grad.

In der Nacht zum Freitag bildet sich in der Rinne über Skandinavien ein Tief,
wobei die Kaltfront im Laufe der Nacht diagonal über Norddeutschland schleift.
Wahrscheinlich in einem breiten Streifen von NRW und Rheinland-Pfalz bis zur
Ostsee kommt es zu weiteren Schauern und Gewittern, wobei die Gefahr von
Unwettern zwar abnimmt, aber wohl auch nicht ganz zum Erliegen kommt. Vor allem
heftiger Starkregen ist nachts weiter möglich.
Weiter nach Süden und Südosten hin hält sich der Einfluss des Rückens und bei
teils geringer Bewölkung bleibt es trocken. Die Nacht wird mild mit Frühwerten
zwischen 19 und 13°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modellabweichungen halten sich in Grenzen, sodass die Entwicklung recht
sicher erscheint. Zum Donnerstag werden die Unsicherheiten größer, es deutet
aber vieles auf eine erste stärkere Unwetterlage, weil neben der Luftmasse auch
die Dynamik mitspielt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner