DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-05-2022 16:30
SXEU31 DWAV 141800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 14.05.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Wochenende, ruhiges Hochdruckwetter. Am Montag Trog von Westen mit markanten,
örtlich teils schweren Gewittern.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... hat sich vorderseitig eines atlantischen Langwellentroges ein
blockierender Höhenkeil über West- und Mitteleuropa aufgewölbt. Das
korrespondierende Bodenhoch liegt mit seinem Zentrum über dem Ärmelkanal. So
herrscht über weiten Teilen Deutschlands absinken. An der Nordostflanke des
Hochs ist etwas kältere Subpolarluft in den Nordosten Deutschlands eingeflossen
(850-hPa-Temperatur ~ 2 - 5 °C). In der dort labilen Grenzschicht sind
Cumuluswolken an der massiven Absinkinversion auf ~800 hPa breit gelaufen und
bilden eine kompaktere Stratocumulus-Wolkendecke. Zudem ist der Gradient an der
Nordostflanke des Hochs über dem Nordosten noch etwas stärker, sodass in
Küstennähe noch einzelne Windböen, auf Rügen exponiert auch stürmische Böen aus
Nordost auftreten.
Weiter im Süden reicht die Feuchtigkeit bei Taupunkten von 2 - 7°C für
Quellwolken nicht. Noch weiter im Süden, vom Südschwarzwald bis zum Alpenvorland
liegen noch die Reste einer wärmeren und feuchteren Luftmasse (Taupunkt und
850-hPa-Temperatur bei ~ 10 °C). In ihr haben sich an den Alpen einige
Quellwolken gebildet. Bei schwacher potenzieller Labilität werden dort aber
keine Gewitter mehr erwartet.

In der Nacht verlagert sich der Hochschwerpunkt nach Norddeutschland, der
Gradient im Nordosten fächert auf, sodass der Wind dort nachlässt. Ansonsten
verläuft die Nacht klar.

Sonntag ... amplifiziert sich der Trog über dem Atlantik weiter. Als Folge stößt
der Keil von Mitteleuropa weiter nach Island vor, wodurch sich im Bodendruckfeld
eine langgestreckte Hochdruckzone von Südosteuropa bis ins Nordmeer ergibt.
Durch zunehmende WLA und Absinken erwärmt sich bei uns die 850-hPa-Temperatur
auf 14 °C im Süden und bis 5 °C im Nordosten. Demnach ergibt einn
Südwest-Nordost-Temperaturgefälle mit bis zu 29 °C am Oberrhein und 16 °C auf
Rügen. Abgesehen von wenigen Cirruswolken bleibt es sonnig. Nur im Nordosten
breiten sich wieder Cumuluswolken an der Absinkinversion aus. Im Südwesten wird
ab dem Nachmittag zunehmend labilere Luft herangeführt, die zu CAPE-Werten um
600 J/kg am Oberrhein und im Südschwarzwald führt. Unter dem Höhenkeil und in
der hochreichend trockenen Luft ist diese Luftmasse sehr wahrscheinlich noch zu
stark gedeckelt, um selbst orographisch am Schwarzwald Gewitter auszulösen.
In der Nacht zum Montag kippt die Achse des Keils immer mehr in zonale Richtung.
An der Vorderseite des atlantischen Langwellentroges läuft ein stärker
ausgeprägter Kurzwellentrog über Frankreich Nordostwärts. An seiner Vorderseite
wird im Bodendruckfeld eine konvergente, zyklonale Strömung simuliert, die nach
Deutschland hereinläuft. Dies und weitere Labilisierung durch zunehmende
Advektion von fecht warmer Luft führen zum Aufbau von 500 J/kg MU-CAPE. ICON und
SuperHD sind mit der Simulation von Gewittern ziemlich zurückhaltend. Allenfalls
im äußersten Südwesten soll in den Frühstunden einige schwache Zelle entstehen.


Montag ... verschiebt sich der Hochschwerpunkt weiter ins Nordmeer. Der
Kurzwellentrog über Frankreich kommt weiter Nordostwärts voran und sorgt
vorderseitig für Advektion von feuchter und labiler Luft. Der zugehörige
Bodentrog erreicht bereits am Vormittag den Westen Deutschlands, sodass von den
Lokalmodellen bereits ab Montagfrüh Gewittereste von Frankreich und Benelux auf
den Westen übergreifen. Am Vormittag sind diese aber wenig aktiv und allesamt
abgehoben, sodass eventuell nur ein geringes Starkregenpotenzial besteht. Hinter
dem ersten Bodentrog wird nochmal ein Schwall feuchte subtropische Luft
herangeführt, sodass sich bis Mittag 900 J/kg CAPE aufbauen. Während sich die
Gewitterreste bis zum Mittag voraussichtlich auf ihrem Weg ostwärts abschwächen,
kommt laut SuperHD und ICON ein 2. Aktivitätsmaximum von Westen an der Kaltfront
an der Vorderseite des Höhentroges herein. Dort wird die Scherung etwas besser
(DLS 10 -15 m/s, LLS bis 10 m/s). Super HD rechnet dann am Nachmittag an dem
Bodentrog eine erneuet Auslösung von diesmal kräftigeren Gewittern, die rasch
verclustern und gegen Abend den Osten erreicht. Nachfolgend wird ein zweites
Gewittergebiet simuliert, das mit kräftigen Multizellenclustern und
Liniensegmenten mit teils schweren Sturmböen den Westen überquert. Ab dem Abend
laufen beide Gebiete zusammen und sollen größere Cluster bilden, die sich im
Laufe Nacht abschwächen.
Da die Zellen tagsüber noch recht schnell vorankommen, hält sich das
Unwetterpotenzial bezüglich Starkregen noch in Grenzen. Dieser wird eher lokal
auftreten. Lokal sind auch um 2 cm Hagel möglich. Ansonsten muss noch auf
Sturmböen in Verbindung mit Liniensegmenten geachtet werden. Eine etwas erhöhte
Gefahr besteht im Südwesten, wo SuperHD um 15 m/s Scherung rechnet. Wie stark
die Konvektion im Westen dann tagsüber tatsächlich wird, hängt maßgeblich davon
ab, ob es hinter der ersten Konvergenz wieder längere Zeit auflockern kann.

In der Nacht zum Dienstag schwächen sich die Gewitter zwar rasch ab, allerdings
kommen die Cluster nur noch langsam Nordostwärts vorn, da der Bodentrog gegen
das Hoch anläuft und dadurch das Starkregenpotenzial deutlich erhöht wird. ICON
rechnet in einem Streifen von Bremen bis nach Leipzig mit 30 bis 40 mm in der
Fläche. Das 4-km-EZ-WRF simuliert diesen Streifen von Bremen bis Berlin, während
SuperHD und GFS die Clusterreste nach Nordosten und Osten abziehen lässt.
Im Westen gibt es mit Durchgang des Höhentroges weitere aber meist schwache
Schauer und Gewitter.

Dienstag ... Löst sich der Kurzwellentrog über dem Osten Deutschland, (lt. ICON
über der Mitte Deutschlands) auf. In seinem Bereich muss tagsüber bei stärkerer
Bewölkung wiederholt mit schauerartigen Regen gerechnet werden. Ansonsten setzt
sich Bodennah von Südwesten her ein neuer Hochdruckkeil durch, der von einem
nachrückenden Höhenrücken über Westeuropa gestützt ist. Die Achse des
blockierenden Keils richtet sich auf und verläuft von Westeuropa über die
Nordsee ins Nordmeer. Es stellt sich eine Omegalage ein. Dabei fließt etwas
kühlere Meeresluft mit 850-hPa-Temperaturen von 6 - 10 °C ein, die mit ein paar
100 J/kg CAPE zumindest im Süden und Südwesten noch labil genug geschichtet ist
um am Nachmittag ein paar Schauer und schwache Gewitter hervorzubringen.
In der Nacht zum Freitag kommt der Höhenkeil etwas ostwärts voran. Es kräftigt
sich ein Bodenhoch über Mitteleuropa und Südskandinavien. Etwaige Niederschläge
lassen daher nach und es klart verbreitet auf.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Gewitterlage am Montag schein als gesichert. Unsicherheiten bestehen noch
bezüglich der Intensität und Verclusterung der Gewitter. Größere Unterschiede
gibt es insbesondere in der Nacht zum Dienstag, wo Cluter oder Clusterreste zum
Liegen kommen und eventuell mehrstündigen Starkregen bringen. Hier müssen
weitere Lokalmodelle abgewartet werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold