DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-05-2022 07:01
SXEU31 DWAV 140800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 14.05.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
S a
Heute und am Sonntag allenfalls unmittelbar an den Alpen einzelne Gewitter;
Starkregen nur wenig wahrscheinlich. Am Montag zunächst im Westen und Südwesten,
später auf die Mitte übergreifend vermehrt Gewitter, dabei zunehmende
Unwettergefahr, in der Nacht zum Dienstag unter Abschwächung auch auf den
Nordosten übergreifend. Außerdem dann in Kamm- und Gipfellagen der östlichen
Mittelgebirge einzelne Sturmböen nicht auszuschließen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegt Deutschland unter der Nordostflanke eines breiten Höhenrückens
und somit an der warmen Seite der Frontalzone. Diese verläuft vom Seegebiet
südlich von Island über Südskandinavien hinweg zur Ukraine. Durch den Rücken
wird ein ausgedehntes Bodenhoch gestützt, dessen Schwerpunkt sich von Südengland
zur Emsmündung verlagert. An dessen Nordostflanke macht sich die Nähe zur
Frontalzone in Form von Windböen bemerkbar, die im Tagesverlauf im Nordosten
Deutschlands aufkommen. Ansonsten ist der Wind nicht warnrelevant.
Unmittelbar an den Alpen halten sich noch Reste feuchtlabiler Luft. Dort wird
dank Einstrahlung noch etwas CAPE generiert, aber der Gehalt an
niederschlagbarem Wasser liegt meist unter 20 mm. Unmittelbar an bzw. in den
Alpen können sich im Tagesverlauf zwar einzelne Gewitter entwickeln, aber selbst
dort ist die Wahrscheinlichkeit von Starkregen über 15 mm pro Stunde gering.
Ansonsten lässt nahezu ungehinderte Einstrahlung die Temperatur auf 23 bis 27
Grad dämpfen. Im Norden und Nordosten wird die Temperaturentwicklung durch
hereindriftende und zum Teil kompakte Sc-Felder gedämpft, so dass dort nur 17
bis 22 und an der Nordsee Maxima um 15 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Sonntag fällt die Konvektion unmittelbar an den Alpen rasch in
sich zusammen. Im Bereich des Bodenhochs, dessen Schwerpunkt sich bis
Sonntagfrüh in den Norden Deutschlands verlagert, können sich flache Nebelfelder
bilden. Im Norden kann es bei längerem Aufklaren in ungünstigen Lagen leichten
Bodenfrost geben.

Sonntag... steilt sich der Höhenrücken, gestützt durch bis nach Grönland
ausgreifende Warmluftadvektion, zu einem Keil auf. Dessen breite Achse verlagert
sich bis zum Abend in den Westen Deutschlands. Durch den sich weit nach Norden
ausweitenden Keil kommt ein Bodenhoch über der Norwegischen See zustande,
wogegen über Mitteleuropa, bedingt durch die fortschreitende Erwärmung, von
Südwesten her Druckfall einsetzt. Noch bleibt antizyklonaler Einfluss bestehen,
der neben dem Höhenkeil aus einem Ableger des Bodenhochs resultiert, der sich
bis in den Nordosten Deutschlands erstreckt. Hieraus resultiert eine bodennahe
östliche Windkomponente, wobei der Wind im Tagesverlauf etwas auffrischt,
wahrscheinlich aber, ohne Warnschwellen zu erreichen. Dabei wird trockene Luft
advehiert, was hochreichende Konvektion unterbindet. Allerdings sind die Reste
feuchtlabiler Luft unmittelbar am Alpenrand noch nicht ganz ausgeräumt. Ob es
dort noch einmal für Gewitter reicht, ist jedoch fraglich. Erst gegen Abend mit
dem Einsetzen einer südwestlichen Strömung gelangt in den Südwesten Deutschlands
labilere Luft. Allerdings ist CAPE zu sehr gedeckelt, als dass da noch
Konvektion ausgelöst werden könnte.
Großräumiges Absinken ermöglicht weitgehend ungehinderte Einstrahlung und somit
einen weiteren Temperaturanstieg auf 24 bis 29, im Norden und Nordosten auf 18
bis 23 und unmittelbar an der See auf Werte um 15 Grad.

In der Nacht zum Montag verlagert sich die Achse des wetterbestimmenden
Höhenkeils bis in die Mitte Deutschlands, so dass sich in weiten Teilen eine
südwestliche Strömung einstellt. Mit dieser gelangt feuchtlabile Luft in die
westlichen und südlichen Landesteile. Im Westen steigt der Gehalt an
niederschlagbarem Wasser auf Werte um 30 mm, kurzwellige Keil-Trog-Strukturen
liefern in der südwestlichen Strömung die entsprechende Hebung, so dass sich
bereits in der zweiten Nachthälfte im Westen und Südwesten und dort bevorzugt
über dem Bergland erste kräftige Gewitter (durchaus mit Starkregen) entwickeln
können.
Im Norden und Osten hält sich noch antizyklonaler Einfluss. Der von dem Hoch
über dem Nordmeer ausgehende Keil ist dann zwar zu den Karpaten gerichtet, aber
eine östliche bodennahe Windkomponente bleibt bestehen, so dass in diese Gebiete
weiterhin relativ trockene Luft gelangt. Im Nordosten sind noch einmal in
Bodennähe niedrige einstellige Temperaturminima zu erwarten, für Bodenfrost
sollte es jedoch nicht mehr reichen.

Montag... hält sich der Keil unter Abflachung über dem Osten Deutschlands.
Dessen nördlicher Teil beginnt sich abzuschnüren, so dass sich über Mitteleuropa
hinweg eine, wenn auch antizyklonal gekrümmte, aber leicht mäandrierende
westliche Strömung durchsetzt. In diese Strömung ist ein markanter Trog
eingelagert, der gegen Mittag den Westen Deutschlands erfasst und sich zur
tagesgangsbedingt aktivsten Zeit bis in die Mitte vorarbeitet. Vorderseitige
Hebung generiert eine flache Tiefdruckrinne, die sich vom Nordwesten
Deutschlands im Tagesverlauf etwa bis zur Elbe verlagert. In deren Bereich
entwickeln sich vermehrt Gewitter. Neben der trogvorderseitigen Hebung wird dann
auch noch die bodennahe Konvergenz wirksam. Der Flüssigwassergehalt steigt auf
30 bis 35 mm, CAPE erreicht 500 bis 1000, im Südosten bis 1500 J/kg. Als
Ergebnis steigt im Tagesverlauf die Gefahr von unwetterartigen Gewittern. Neben
heftigem Starkregen (durchaus mehr als 30 mm innerhalb weniger als einer Stunde)
besteht vor allem nach Südosten hin die Gefahr größeren Hagels und von
Sturmböen. Aufgrund der außerdem zunehmenden Scherung (sowohl hochreichend, vor
allem aber in den unteren Troposphärenschichten) dürften die Gewitter im
Tagesverlauf einen höheren Organisationsgrad aufweisen als das das noch am
Vormittag der Fall ist.
Erst im späteren Tagesverlauf setzt im Westen und Südwesten Entspannung ein,
wobei von einer nachhaltigen Stabilisierung noch nicht die Rede sein kann. Der
Nordosten Deutschlands wird wahrscheinlich von diesen Gewittern noch nicht
erfasst. Dort macht sich noch antizyklonales Ausfließen trockenerer und stabil
geschichteter Luft aus dem über der Ostsee liegenden Hochkeil bemerkbar. Dort
wie auch im Südosten sind noch längere sonnige Abschnitte zu erwarten. Die
Tageshöchsttemperaturen ergeben ein relativ ausgeglichenes Bild und erreichen 23
bis 28, im Küstenbereich 17 bis 22 Grad.

In der Nacht zum Dienstag läuft der o.g. Kurzwellentrog nach Osten ab. Die
vorderseitig liegende Tiefdruckrinne wird somit unter beginnender Auffüllung
nach Nordosten abgedrängt. Mit dieser erfassen die Gewitter rasch auch die
nordöstlichen Landesteile. Dabei sind zumindest in der ersten Nachthälfte noch
unwetterartige Entwicklungen vor allem durch heftigen Starkregen vorstellbar.
Das betrifft auch den Alpenrand, wo sich rückseitig der Tiefdruckrinne die
feuchtlabile Luft staut. Danach wird die Tiefdruckrinne von dem ostwärts
schwenkenden Trog überlaufen, so dass dann die trogvorderseitige Hebung nicht
mehr wirksam werden kann und sich daher die konvektiven Umlagerungen
abschwächen. Dienstagfrüh sollten dann selbst an Oder und Neiße keine markant zu
bewarnenden Gewitter mehr auftreten.
Auf der Rückseite der nach Osten abziehenden Tiefdruckrinne frischt im Harz und
in den östlichen Mittelgebirgen der Wind aus Nordwest bis West auf. In den Kamm-
und Gipfellagen von Harz, Erzgebirge und Bayerischen Wald können Böen bis
Sturmstärke auftreten. Ansonsten sind warnrelevante Böen abseits der Gewitter
eher unwahrscheinlich.
Im Westen und Süden setzt sich alsbald antizyklonaler Einfluss durch. Bei
geringen Luftdruckgegensätzen können sich dort, wo es zuvor viel geregnet hatte,
flache Nebelfelder bilden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Auch von externen hoch auflösenden Modellen werden am
Montag Signale für unwetterartige Niederschläge gezeigt, wobei durchaus größere
Regionen vorstellbar sind, die bzgl. der Niederschläge leer ausgehen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann