DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

08-05-2022 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 08.05.2022 um 10.30 UTC



Umstellung der Großwetterlage von einer nördlichen Westwetterlage hin zu einem
kräftigen Höhenrücken über Westeuropa. Im Zuge der Umstellung gebietsweise
Gewitter, teils kräftig, Unwetter nicht ausgeschlossen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 15.05.2022


Am Mittwoch zeigt sich in der Höhenwetterkarte eine Westwetterlage mit einer
zonalen Strömung, die aber insgesamt recht weit nach Norden versschoben ist.
Damit kann der Süden des Landes von einem aus Südwesteuropa ausgreifenden zonal
orientierten Höhenrücken profitieren.
Am Boden lässt sich höherer Luftdruck und eine Luftmassengrenze erkennen.
Während im Norden die Maxima bei 850 hPa unter 5 Grad klar unterhalb der 25 Grad
Marke liegen, ist es bei Werten bis 15 Grad im Süden schon fast hochsommerlich
mit Spitzenwerten von 31 Grad am Oberrhein.
Die Luftmassengrenze ist nach dem ECWMWF nur wenig aktiv mit zwar dichteren
Wolkenfeldern, aber nur geringen Niederschlägen, die sich in der Nacht langsam
bis zur Mitte schieben. Tagsüber kann der westliche Wind gebietsweise böig
aufleben.

Am Donnerstag nähert sich von Westen ein in die westliche Grundströmung
eingelagerter Kurzwellentrog, der zum einen die Kaltfront etwas aktiviert und
zum anderen im Tagesverlauf in den süddeutschen Raum schiebt. Die 5 Grad
Isotherme in 850 hPa kommt damit bis zur Mitte voran, während die 15 Grad
Isotherme nach Österreich abgedrängt wird. Tagsüber bilden sich in feuchtlabiler
Luft über dem Süden Schauer und Gewitter, die nachts in länger andauernden,
konvektiv verstärkten Regen übergehen. Der Wind lebt im Tagesverlauf
gebietsweise erneut stark böig auf bei Maxima im Norden unter 20 Grad, am
bayerischen Alpenrand bis 28 Grad.

Am Freitag nähert sich von Westen ein neuer Kurzwellentrog und weitet die
Frontalzone etwas weiter nach Süden aus. Die Kaltfront überquert die Alpen und
rückseitig greift Kaltluftadvektion über. Den Norden streift die 0
Grad-Isotherme in 850 hPa und in der Nacht bekommt die Höhenströmung rückseitig
des ostwärts abziehenden und sich amplifizierenden Kurzwellentroges eine
Nordwestkomponente. Bei 16 bis 24 Grad weht der Wind weiter lebhaft. Anfangs
fällt am Alpenrand postfrontal noch etwas Niederschlag. Später greifen
Regenfälle auf die Nordhälfte über, die Deutschland von West nach Ost
überqueren.

Am kommenden Wochenende kann sich über Westeuropa ein kräftiger Höhenrücken
aufbauen, der sich im weiteren Verlauf langsam in Richtung Deutschland
verlagert. Für den Vorhersageraum ergibt sich damit eine eher kühle
nordwestliche Höhenströmung, die zum Sonntag stärker unter Hochdruckeinfluss
gelangt. Gerade der Nordosten liegt am nächsten am osteuropäischen Trog, sodass
dort Schauer häufiger sind, während im Südwesten auch schon der Samstag oft
freundlich wäre. Zum Sonntag bessert sich das Wetter bei nachlassendem Wind auch
im Rest des Landes.

In der erweiterten Mittelfrist kann sich der Höhenrücken über Westeuropa weiter
amplifizieren und seinen Einfluss auch nach Mitteleuropa ausdehnen. Vorderseitig
verstärkt sich ein kräftiges Bodenhoch über Skandinavien. Die Folge ist
überwiegend trockenes, aber nur mäßig warmes Wetter.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Zu Beginn der Mittelfrist ist der aktuelle Modelllauf in guter Übereinstimmung
mit seinen Vorläufen und zeigt eine nördlich verschobene Westwetterlage mit
einem kühlen Norden und einem fast hochsommerlichen Süden. Bereits zum
Donnerstag nehmen die Unsicherheiten etwas zu. Das betrifft den am Donnerstag
übergreifenden Kurzwellentrog, der in den Vorläufen rascher ostwärts vorankommt
und dies setzt sich auch in der Folge mit dem nächsten Kurzwellentrog am Freitag
fort. Insgesamt zeigen aber alle Modelle eine mehr oder weniger schnell nach
Süden vorankommende Kaltfront, die am Freitag Deutschland nach Süden verlässt.

Der sich zum Wochenende über Westeuropa aufbauende Höhenrücken wird in der
Ausprägung erst seit dem gestrigen 12 UTC Lauf gezeigt. Im gestrigen 00 UTC Lauf
verlief die Höhenströmung hingegen weiterhin recht zonal, wenngleich sich die
Frontalzone insgesamt wieder deutlich weiter nach Norden verschieben sollte.
Dies hätte eine Rückkehr der Sommerluft aus Süden bei ebenfalls zunehmenden
Hochdruckeinfluss zur Folge gehabt. Die beiden jüngsten Läufe zeigen infolge der
nordwestlichen Höhenströmung hingegen nur mäßig warme Luftmassen, wobei die Luft
aber deutlich trockener ist.

Der Aufbau eines kräftigen Höhenrückens wird vom gestrigen 00 UTC Lauf dann
schließlich zur neuen Woche gezeigt, sodass sich damit die Modellläufe in der
erweiterten Mittelfrist wieder annähern.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die verschiedenen Globalmodelle starten die großräumige Strömung betreffend
vergleichbar. Unsicherheiten ergeben sich aber wie auch schon im internen
ECMWF-Vergleich bezüglich der zeitlichen Abfolge der Kurzwellentröge.
So zeigt insbesondere GFS zum Mittwoch einen ziemlich markanten Trog mit
diffluenter Trogvorderseite, der durchaus für eine Schwergewitterlage gut wäre
und die Kaltfront rasch nach Süden drücken würde. ICON ist was die Stärke des
Kurzwellentroges betrifft ähnlich dem ECMWF, aber lässt diesen rascher, also
bereits in der Nacht auf Donnerstag reinkommen.

Den nachfolgenden Trog zum Freitag kann man in allen Modellen finden. Die
Lösungen unterscheiden sich aber bezüglich der zeitlichen Abfolge und
Amplifizierung. Bei GFS, wie ICON, kann sich der Trog deutlicher amplifizieren
und kommt erst später rein, sodass sich nochmal eine gewisse Trogvorderseite für
Deutschland ergäbe.

Am kräftigsten und nachhaltigsten ist der Trog bei GFS. Demnach würde das
Wochenendwetter stark vom Trog geprägt sein und große Teile von Deutschland von
negativen Temperaturwerten in 850 hPa geflutet werden. Auch ICON zeigt einen
etwas stärkeren Trog als das ECMWF. Dieser würde am Samstag vor allem den
Nordosten noch stärker beeinflussen. Im Vergleich zu GFS ist er dann aber doch
deutlich schwächer und zieht rascher wieder ab.

Im Nachgang sind sich die Modelle einig im Aufbau eines (kräftigen)
westeuropäischen Höhenrückens.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die oben beschriebene Entwicklung der Großwetterlage wird von den Rauchfahnen
des ECMWF unterstützt. Zu sehen ist der Höhepunkt der Temperaturentwicklung zur
Wochenmitte (je nach Region Mi/Do) sowie der anschließende Temperaturrückgang
mit Übergreifen des Troges. In diesem Zeitraum werden auch verstärkt
Niederschlagsignale gezeigt, die im Süden stärker ausgeprägt sind, als nach
Norden.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass Haupt- und auch Kontrolllauf recht
übereinstimmend im Bereich des Median aller Modelllösungen verlaufen. Die
Schwankungsbreite des Ensembles nimmt in der zweiten Wochenhälfte zu, mit der
stärksten Ausprägung am Wochenende. So gibt es einige Modellösungen die einen
deutlich stärkeren Trog zeigen, was schließlich auch in der Unsicherheit bei den
Temperaturen führt. Es handelt sich aber insgesamt um nur wenige Läufe.

Das Clustering des ECMWF zeigt für den Zeitraum +120 bis +168 h (Freitag 00 bis
Sonntag 00 UTC) drei Lösungen. Die Unterschiede, die zuvor schon beschrieben
wurden, spiegeln sich auch in Clustering wieder, wobei all drei Lösungen am Ende
den Aufbau eines Rückens über Westeuropa zeigen. In Cluster 1 ist dieser Rücken
vergleichsweise schwach, während bei Cluster 2 und 3 dieser deutlich stärker
amplifiziert. Der dritte Cluster zeigt den am stärksten ausgeprägten Trog, der
Deutschland auch am längsten beeinflusst.
Im Zeitraum +192 bis +204 h (Mo 00 bis Mi 00 UTC) gibt es erneut drei Lösungen.
Alle drei zeigen einen kräftigen Höhenrücken mit einer sehr starken positiven
Geopotentialanomalie. Die Unterschiede der einzelnen Lösungen betreffen die
tatsächlich Stärke und genaue Positionierung des Höhenrückens.

Das Ensemble des GFS passt gut ins Bild. Haupt- und Kontrolllauf zeigen beiden
einen kräftigen Höhentrog zum kommenden Wochenende, bewegen sich aber damit am
Unterrand des Modellensembles. Am Freitag kann man eine Bifurkation im Ensemble
erkennen. Der eine Teile zeigt einen kräftigen Trog, der mehr oder weniger lang
aktiv ist. Der andere Teil möchte davon nur wenig wissen und zeigt eher geringe
Bewegung beim Geopotential. Dies würde dann für einen kurzwelligen Trog
sprechen. Im Nachgang zeigt sich ein leichter Geopotential- und
Temperaturanstieg im Mittel. Die Schwankungsbreite ist aber noch groß.

FAZIT: Im Mittelfristzeitraum vollzieht sich eine Umstellung der Großwetterlage
von einer nördlich verschobenen Westwetterlage hin zu einem kräftigen
Höhenrücken über Westeuropa. Der Übergang wird vollzogen mittels zweiter
Kurzwellentröge, die eine Luftmassengrenze über Deutschland aktivieren und als
Kaltfront bis zum Freitag über die Alpen drückt. Wie genau dies erfolgt wird im
Detail noch recht unterschiedlich simuliert. Es besteht dabei auch das Potential
für eine Schwergewitterlage. Der zweite Trog könnte sich stärker amplifizieren
und das Wetter des kommenden Wochenendes prägen. Es gibt aber auch einige
Lösungen, die diesen deutlich schwächer zeigen und bereits wieder
Hochdruckwetter. Die Modelle nähern sich dann in der neuen Woche wieder an und
zeigen alle eine stark positive Geopotentialanomalie über Westeuropa, die sich
bis nach Mitteleuropa und Deutschland ausweitet und eine längeren antizyklonalen
Abschnitt bei zunächst mäßig warmen Luftmassen zeigt.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Mittwoch über der Südosthälfte, am Donnerstag und Freitag im Süden teils
kräftige Gewitter mit Starkregen, Hagel und Sturmböen möglich. Unwetter nicht
ausgeschlossen.

Darüber hinaus voraussichtlich keine markanten Wettererscheinungen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF-EPS, MOS-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Marcus Beyer