DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-05-2022 07:01
SXEU31 DWAV 080800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 08.05.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Brücke Mitteleuropa, Dienstag Umstellung auf Wa
Heute und am Montag in den süddeutschen Mittelgebirgen sowie an den Alpen, heute
auch rund um die zentralen und östlichen Mittelgebirge einzelne Gewitter, dabei
Starkregen nicht ausgeschlossen. Sonst zunächst ruhiges Hochdruckwetter, am
Dienstag im Norden unbeständiger.


Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... befindet sich der überwiegende Teil des Vorhersagegebietes im
Einflussbereich des inzwischen recht umfangreichen Hochdruckgebietes "WOLF", das
seinen Schwerpunkt (inklusive einer geschlossenen 1030 hPa-Isobare) im
Tagesverlauf von der mittleren Nord- zur südlichen Ostsee verlagert. Es wird
gestützt durch einen Höhenkeil, der sich vom Seegebiet westlich der Biskaya über
den Süden der Britischen Inseln bis zur Nordsee erstreckt und von dort aus
nord-, später nordnordwestwärts nach Island reicht. Mit dem Vorstoß eines
zentralsteuernden und hochreichenden Tiefdruckgebietes ins Seegebiet südwestlich
von Island wird der Höhenkeil etwas nach Osten bzw. Süden abgedrängt, so dass
dessen Divergenzachse sich abends in etwa über der Deutschen Bucht befindet.
Bei dieser Konstellation dominiert auch über dem Vorhersagegebiet großräumig
Absinken. Dennoch herrscht nicht überall "eitel Sonnenschein". Schuld daran ist
einerseits eine schwache Kaltfront, die zu einem Tiefdruckgebiet über der
Barentssee gehört und über dem östlichen Mitteleuropa nur noch zögernd nach
Süden vorankommt. Sie gerät zwar zunehmend unter Absinken und zeigt vor allem
nach Westen zu deutliche Auflösungstendenzen, dennoch zeichnet sie sich noch
durch dichtere Wolkenfelder aus, die aktuell über die mittleren Landesteile
westwärts reichen und allmählich nach Süden vorankommen. Nach Osten zu, also vor
allem in Teilen Brandenburgs, fällt daraus örtlich sogar etwas Regen, im Westen
lockern die Wolken dagegen schon deutlich auf, im Tagesverlauf dann auch weiter
östlich. Unmittelbar präfrontal bleibt die Luftmasse aber zunächst noch
potenziell instabil geschichtet (bis nahe 500 hPa), so dass sich im Tagesverlauf
vor allem über dem zentralen und östlichen, mit geringerer Wahrscheinlichkeit
auch über den westlichen Mittelgebirgen höher reichende Quellwolken mit
einzelnen Schauern, eventuell auch Gewittern entwickeln, die sich dann noch
etwas in die Niederungen vorarbeiten. Die Konvektion erlaubenden Modelle
simulieren etwa 100 bis 200 J/kg ML-Cape bei etwa 20 mm PPW, zudem zeichnen sich
die konvektiven Zellen durch eine geringe Verlagerungsgeschwindigkeit aus. Somit
kann auch ein kleinräumiges Starkregenereignis nicht ausgeschlossen werden.
Etwas dagegen spricht allerdings das zunehmende Entrainment trockenerer Luft von
Norden her, die auch im Frontbereich für eine allmähliche Stabilisierung und
Abtrocknung der Luftmasse sorgt.
Der Kaltfront folgt relativ kühle, vor allem aber trockene Luft aus dem
skandinavischen Raum, die bereits weite Teile Norddeutschlands erfasst hat. Dort
scheint somit verbreitet die Sonne bei höchstens nur flacher CU- bzw.
SC-Bewölkung (eine markante Absinkinversion befindet sich unterhalb von 900
hPa). Etwas dichtere SC-Felder sind allerdings von der Nordsee her etwas
landeinwärts ins nördliche Niedersachsen vorgedrungen. Diese sind wohl einem
flachen niedertroposphärischen Trog geschuldet, der lediglich in 700 hPa und
darunter auszumachen ist und sich allmählich auffüllt. Somit sollten sich auch
diese Wolkenfelder in den kommenden Stunden auflösen.
Weite Teile Süddeutschlands befinden sich ebenfalls im Einflussbereich etwas
feuchterer und potenziell instabiler Luftmassen, die schon vor Tagen an der
Nordflanke eines quasistationären Höhentiefs über dem westlichen bzw. zentralen
Mittelmeerraum dorthin gelangt sind. Aktuell halten sich etwa vom Oberpfälzer
Wald bis zur Ostalb und dann südwärts bis zum Bodensee sowie südöstlich davon
noch dichte Wolkenfelder, aus denen vor allem an den Alpen etwas Regen fällt. Im
Tagesverlauf bekommen diese Lücken und mit etwas Einstrahlung entwickeln sich
auch dort Schauer, vereinzelt auch Gewitter, letztere wohl am ehesten an den
Alpen. PPW und simulierte Cape sind etwas höher als im Vorfeld der Kaltfront,
dennoch muss erst einmal abgewartet werden, wie dort die Einstrahlung überhaupt
wirksam werden kann. Starkregen als Begleiterscheinung sollte aber auf jeden
Fall zumindest vereinzelt ins Kalkül gezogen werden.
Niedertroposphärisch kühlt es bei in Böen zumindest an den Küsten frischem Wind
aus Nordwest, später eher Nord bis zum Abend noch etwas ab; in 850 hPa werden um
18 UTC Werte zwischen 2 Grad in Ostvorpommern und 8 Grad im Süden simuliert.
Damit liegen die Höchstwerte an den Küsten sowie bei meist stark bewölktem
Himmel am Alpenrand meist nur zwischen 11 und 14 Grad, sonst werden 15 bis 21
Grad erreicht, im Südwesten sowie zwischen Main und Donau bei häufigen
Sonnenschein auch bis zu 24 Grad.

In der Nacht zum Montag schwenkt der Höhenkeil allmählich ost- bzw. südwärts und
reicht Montagfrüh mit seiner Achse über Benelux nach Norddeutschland und von
dort nordwärts bis zur Norwegischen See. Er wird nach wie vor gestützt durch
zunehmend kräftige WLA vorderseitig des umfangreichen Zentraltiefs, dessen
Drehzentrum sich jetzt unmittelbar südwestlich von Island befindet.
Das Bodenhoch verlagert sich Richtung Baltikum, nach wie vor reicht ein
kräftiger Keil über das Vorhersagegebiet ostsüdostwärts bis zum Westausgang des
Ärmelkanals. Damit dreht die Strömung niedertroposphärisch auf Nordost bis Ost,
so dass sich die Staukomponente an den Alpen abschwächt. Allerdings bleibt die
Luftmasse dort niedertroposphärisch feucht, so dass die Wolken dort nur zögernd
auflockern. Anfangs kann es auch noch etwas regnen.
Ansonsten klart der Himmel aber verbreitet auf, lediglich im Norden und
Nordosten macht sich WLA anhand höherer Wolkenfelder bemerkbar. Vor allem in der
Südhälfte bilden sich vielerorts flache Dunst- und Nebelfelder, da sich die
Kaltfront endgültig auflöst und die trockene postfrontale Luftmasse mangels
Schubkomponente kaum mehr über die Mitte hinaus südwärts vordrängen kann.
Im Norden und Osten kühlt es abseits der Küsten verbreitet auf unter 5 Grad ab,
wobei es vielerorts Frost in Bodennähe gibt. In ungünstigen Lagen bzw. bei
entsprechender Bodenbeschaffenheit kann es auch leichten Luftfrost geben. Im
Westen und Süden liegen die Tiefstwerte dagegen zwischen 11 und 5 Grad, im
Oberrheingraben bleibt es örtlich auch milder.

Montag... weitet sich das Zentraltief über dem mittleren Nordatlantik
(Drehzentrum weiterhin südwestlich von Island) Richtung Britische Inseln aus.
Auf dessen Vorderseite stützt WLA nach wie vor den Höhenkeil und drängt ihn
zunächst nur wenig süd- bzw. ostwärts ab. Abends erstreckt sich dessen Achse
über die Biskaya und Nordfrankreich bis nach Nordostdeutschland und von dort aus
nordwärts bis nach Nordschweden. Das Bodenhoch kommt, genauso wie der Höhenkeil,
kaum mehr nach Osten voran und befindet sich abends mit seinem Schwerpunkt über
dem Baltikum, wobei es nach wie vor eine recht große geschlossene 1030
hPa-Isobare aufweist. Von dort aus reicht nach wie vor eine Hochdruckbrücke über
Mitteleuropa und Nord- bzw. Westfrankreich bis zum Azorenhoch, wobei sie sich
mit Annäherung des Tiefs vor allem über Frankreich und Benelux etwas abschwächt.
Somit dreht die Strömung niedertroposphärisch über dem Vorhersagegebiet mehr auf
Südost und es wird auch advektiv etwas wärmer. Bis zum Abend steigt die
Temperatur in 850 hPa auf Werte zwischen knapp 10 Grad im Südwesten und nahe 5
Grad an der Oder.
Dabei bleibt die Luftmasse in der Südhälfte potenziell instabil geschichtet und
mit anfangs gebietsweise fast ungehinderter Einstrahlung können vor allem im
Bereich lokaler Feuchteflusskonvergenzen nahe der Mittelgebirge und der Alpen
300 bis über 500 J/kg ML-Cape generiert werden. Die PPW-Werte liegen nach wie
vor um oder knapp unter 20 mm. Dynamische Hebung ist keine vorhanden, im
Gegenteil: Es dominiert vorderseitig des Hochkeils Absinken. Somit bilden sich
zwar vielerorts Quellwolken, Auslöse kann aber lediglich durch die Orographie
getriggert werden. Das dürfte an den Alpen am Nachmittag und Abend
funktionieren, an den ostbayerischen Mittelgebirgen sowie im Schwarzwald aber
lediglich mit geringer Wahrscheinlichkeit. Die sich noch in die jeweiligen
Vorländer vorarbeitenden Gewitter können lokal eng begrenzt von Starkregen und
kleinkörnigem Hagel begleitet werden.
Im Großteil des Landes steht aber ein wettertechnisch ruhiger und vielerorts
auch sonniger Tag ins Haus. Über dem Norden und Westen macht sich die WLA
eventuell schon in Form dünner hoher Wolkenfelder bemerkbar, die aber kaum
"stören". Mit oft ablandiger Windkomponente (allgemein lebt der Wind im
Tagesverlauf etwas aus Südost auf) wird es auch an den Küsten etwas milder, dort
liegen die Höchstwerte zwischen 15 und 20 Grad. Ansonsten werden allgemein 19
bis 24 Grad erreicht, im Westen und Südwesten örtlich bis zu 26 oder gar 27
Grad.

In der Nacht zum Dienstag verlagert der inzwischen umfangreiche Langwellentrog
sein Drehzentrum sowohl im Bodenfeld als auch in 500 hPa ins Seegebiet südlich
von Island und erste kurzwellige Randtröge greifen auf die Britischen Inseln
über. Vorderseitig stellt sich auch über der Nordsee eine recht kräftige und
diffluent konturierte südwestliche Höhenströmung ein. Der vorgelagerte Höhenkeil
wird in die mittleren Landesteile des Vorhersagegebietes bzw. nach Polen, das
Baltikum und Finnland abgedrängt, die Hochdruckbrücke im Bodenfeld über
Mitteleuropa abgebaut. Das Frontensystem des Zentraltiefs überquert die
Britischen Inseln, die Kaltfront erreicht morgens die nordwestliche Nordsee.
Somit ziehen über den Westen und Norden Deutschlands dichtere hohe und
mittelhohe Wolkenfelder auf und kommen allmählich etwas südostwärts voran, es
bleibt aber noch trocken. Im Süden und Osten bleibt es, nachdem sich die
Quellwolken abends und eingangs der Nacht aufgelöst haben, aber noch vielerorts
gering bewölkt, letzte Schauer und Gewitter klingen rasch ab, zuletzt an den
Alpen, wobei sich dort noch länger Wolkenfelder halten können. Im Vorland und an
der Donau bildet sich auch örtlich Nebel.
Mit den dichten Wolkenfeldern kühlt es im Westen und Norden nur noch auf 14 bis
8 Grad ab, sonst wird es mit 11 bis 4 Grad, in einigen Mittelgebirgstälern auch
darunter, recht frisch.

Dienstag... arbeitet sich die Frontalzone an der Südflanke des sein Drehzentrum
nunmehr ins Seegebiet zwischen Island und Schottland verlagernden Zentraltiefs
über die Nordsee bis nach Südskandinavien vor, so dass die Achse des
langgestreckten Höhenkeils bis zum Abend nach Süddeutschland abgedrängt wird.
Damit stellt sich über der Nordhälfte eine diffluent konturierte
westsüdwestliche Höhenströmung ein und es wird die Umstellung auf eine nördliche
bzw. (vor allem über Süddeutschland) antizyklonale Westlage eingeleitet.
Die Kaltfront kommt über der Nordsee allerdings mangels Schubkomponente kaum
südostwärts voran, wobei sich an ihr über der Norwegischen See in flaches
Wellentief entwickelt. Bis zum Abend hat sie allerdings die Deutsche Bucht
überquert. Präfrontal gelangt feuchtere Luft nach Nordwestdeutschland und von
der Nordsee her greifen im Tagesverlauf schauerartige Regenfälle noch etwas
landeinwärts aus. Wie weit diese nach Südosten vorankommen, ist noch unklar.
ICON-EU beschränkt sie auf das Nordseeumfeld, IFS ebenfalls, GFS lässt sie
dagegen bis in die Norddeutsche Tiefebene ausgreifen. Kurze Gewitter sollten
nicht ganz ausgeschlossen werden, allerdings ist die Luftmasse relativ stabil
geschichtet.
Der Wind frischt präfrontal aus Südwest auf und dreht mit Frontdurchgang
spätnachmittags bzw. abends auf West. Dabei kann es im Nordseeumfeld, vielleicht
auch im Emsland steife Böen (Bft 7) geben.
Das Bodenhoch über dem Baltikum wird im Tagesverlauf nach Südosten abgedrängt
und schwächt sich ab. Dennoch reicht eine Brücke nach wie vor über
Süddeutschland hinweg ostwärts. Somit werden zwar auch in den mittleren und
östlichen Landesteilen die Wolken allmählich etwas dichter, lassen aber noch die
Sonne durchscheinen, im Süden ist es bei nur wenigen Quellwolken sogar
überwiegend sonnig, wobei sich auch über den Bergen keine Schauer mehr
entwickeln sollten.
Präfrontal wird von Südwesten her sehr warme Luft aus Südwesteuropa ins
Vorhersagegebiet advehiert. In 850 hPa steigt die Temperatur auf 8 Grad im
Nordwesten und bis 12 Grad im Süden. Somit wird es - außer unter den meist
dichten Wolken im Nordwesten - sommerlich warm mit Höchstwerten zwischen 23 und
28 Grad, eventuell auch schon etwas darüber. Ganz im Nordwesten und Norden
werden 20 bis 25 Grad erreicht, unmittelbar an der Nordseeküste bleibt es eher
noch etwas kühler.

In der Nacht zum Mittwoch kommt die Kaltfront bis in die Norddeutsche Tiefebene
voran, gerät dort aber erneut ins Schleifen, innerhalb der glatten
westsüdwestlichen Höhenströmung ist in ihrem Einflussbereich zudem kein
nennenswerter dynamischer Hebungsantrieb auszumachen. Vor allem vom Emsland bis
nach Nordbrandenburg bzw. Ostvorpommern fällt somit noch gebietsweise Regen, der
im Laufe der Nacht sowohl von Norden als auch von Westen her wieder nachlässt.
In der Mitte und im Süden verläuft die Nacht dagegen bei nur langsam sich
abschwächenden Hochdruckeinfluss wettertechnisch ruhig. Die hohen und
mittelhohen Wolkenfelder über der Mitte des Landes ziehen nach Osten ab und dann
ist es auch dort, wie auch weiter südlich, gebietsweise gering bewölkt.
Stellenweise bilden sich flache Dunst- und Nebelfelder. Die Nacht bleibt
deutlich milder als die Vornächte mit Tiefstwerten zwischen 16 und 10 Grad,
lediglich in der Südhälfte sinken die Temperaturen noch gebietsweise auf
einstellige Werte.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle unterscheiden sich bzgl. der synoptischen Basisfelder
nicht wesentlich. Der aktuelle GFS-Lauf simuliert die Kaltfront am Dienstag
allerdings etwas progressiver als ICON-EU bzw. IFS und lässt die schauerartigen
Niederschläge tagsüber bereits auf die Norddeutsche Tiefebene ausgreifen. IFS
hat dagegen etwas höhere Windgeschwindigkeiten präfrontal bzw. mit
Frontdurchgang auf der Agenda mit Böen Bft 7 nicht nur im Nordseeumfeld, sondern
bis ins Westmünsterland reichend.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff