DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

06-05-2022 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 06.05.2022 um 10.30 UTC



Im Süden und in der Mitte vorübergehend sommerlich warm, im Norden leicht
unbeständig. Am Freitag voraussichtlich auch im Süden kühler.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 13.05.2022


Im Laufe der kommenden Woche vollzieht sich der Übergang von der derzeitigen
Großwetterlage "Brücke Mitteleuropa" hin zu einer zunächst eher antizyklonal
konturierten West- bis Südwestlage mit zyklonalem Einschlag vor allem im Norden,
zum Ende der Mittelfrist dann überall.
Somit steht ein warmer, nach Süden zu vorübergehend auch sehr warmer und vor
allem im Norden und Westen eher unbeständiger Witterungsabschnitt ins Haus.

Am Montag, zu Beginn des Mittelfristzeitraumes, befindet sich das
wetterbestimmende Hochdruckgebiet mit seinem Schwerpunkt aber zunächst noch über
der südöstlichen Ostsee. Es wird gestützt durch einen Höhenrücken, der von
Südwest- über Mitteleuropa bis nach Skandinavien reicht und sich allmählich
südost- bzw. ostwärts verlagert. Am Dienstag, 00 UTC verläuft dessen Achse über
Süddeutschland, Tschechien und Westpolen nordnordostwärts bis nach Finnland und
somit kommt auch das Bodenhoch nach Osteuropa voran. Von dort aus reicht eine
Hochdruckbrücke über Deutschland und Frankreich hinweg bis zum Azorenhoch,
während sich ein zentralsteuerndes und hochreichendes Tiefdruckgebiet über dem
mittleren Nordatlantik (Drehzentrum südsüdwestlich von Island) allmählich zu den
Britischen Inseln ausweitet.
Somit dominiert im Vorhersagegebiet freundliches Hochdruckwetter, wobei von
Südwesten her deutlich wärmere Luftmassen advehiert werden. Die 850
hPa-Temperatur steigt auf Werte zwischen 5 Grad im Nordosten und 10 Grad im
Südwesten. Somit dürfte es zumindest im Südwesten für einen Sommertag reichen.
Richtung Alpen und Schwarzwald entwickeln sich im Bereich etwas instabiler
geschichteter Luftmassen am Nachmittag und Abend vereinzelte Schauer und
Gewitter.

Am Dienstag werden der Höhenrücken nach Ost- und das Bodenhoch nach Südosteuropa
abgedrängt. Das Zentraltief über dem mittleren Nordatlantik verlagert sein
Drehzentrum ins Seegebiet südöstlich von Island, dabei greift ein Höhentrog auf
die Britischen Inseln über. Damit dreht die Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet auf West bis Südwest und ist vor allem im Norden und Westen des
Landes leicht zyklonal konturiert. Die darin eingebettete schwache Kaltfront
eines nach Südnorwegen ziehenden Tiefs greift am Nachmittag und Abend auf Nord-
bzw. Nordwestdeutschland über, entfaltet aber nur wenig Wetterwirksamkeit.
Während es dort zeitweise bewölkt ist und hier und da auch ein paar Tropfen
Regen fallen können, scheint sonst vielerorts die Sonne. Vor allem in die
Südhälfte wird sehr warme Luft aus Südwesteuropa advehiert, die 850
hPa-Temperatur steigt auf 7 bis 8 Grad im Nordwesten und etwa 13 Grad im Süden,
so dass es - außer im Nordwesten - sommerlich warm wird.

Am Mittwoch verlagert sich der Höhentrog von den Britischen Inseln rasch über
die Nordsee und Skandinavien hinweg ostwärts und erreicht bis Donnerstag, 00 UTC
bereits den äußersten Westen Russlands. Er streift dabei auch den Norden des
Vorhersagegebietes. Ihm folgt ein flacher Höhenrücken, der in der Nacht zum
Donnerstag das Vorhersagegebiet überquert.
Im Bodenfeld erreicht die Kaltfront des rasch nach Finnland ziehenden Tiefs noch
den Westen und die Mitte Deutschlands, gerät dann in den Einflussbereich eines
sich nähernden Bodenhochkeils und schwächt sich ab. Der Norden wird im
Tagesverlauf von einem weiteren Bodentrog gestreift. Mit Kaltfront- und
Trogpassage kann es ganz vereinzelte Schauer geben, im Großen und Ganzen
zeichnen sich beide aber lediglich durch vorübergehend etwas dichtere
Wolkenfelder aus. Rückseitig der Kaltfront kühlt es auf 850 hPa Werte zwischen 2
Grad über der Nordsee und 7 Grad über den mittleren Landesteilen ab. Im Süden
und Südosten des Landes dominiert dagegen freundliches und sommerlich warmes
Wetter mit 8 bis 14 Grad in 850 hPa, im Südwesten reicht es eventuell für den
ersten heißen Tag des Jahres.

Bereits ausgangs der Nacht zum Donnerstag und am Donnerstagvormittag werden der
Norden und Osten Deutschlands nach Lesart des aktuellen IFS-Laufes von einem
weiteren Kurzwellentrog überquert, so dass es dort einzelne Schauer geben kann.
Ihm folgt ein ebenfalls kurzwelliger flacher Höhenkeil, der sich abends dann
schon östlich des Vorhersagegebietes befindet. Auf die Britischen Inseln greift
von Nordwesten her im Tagesverlauf ein markanter ausgeprägter Höhentrog über,
auf dessen Vorderseite dreht die Höhenströmung über Mitteleuropa mehr auf
Südwest.
Auch in den Süden und die Mitte des Landes wird nun von Südwesten her eine etwas
feuchtere und potenziell instabile Luftmasse gesteuert. Im Großen und Ganzen
bleibt es dort noch recht freundlich, jedoch entwickeln sich im Tagesverlauf
höherreichende Quellwolken mit einzelnen Gewittern am Nachmittag und Abend,
bevorzugt im Südwesten und an den Alpen. Diese breiten sich in der Nacht zum
Freitag vorderseitig des dann auf die Nordsee übergreifenden Höhentroges nach
Lesart des aktuellen IFS-Laufes auf die gesamte Südosthälfte aus.
In 850 hPa werden Werte zwischen 4 Grad ganz im Norden/Nordwesten und knapp 15
Grad im Süden simuliert, so dass im Südwesten erneut die 30 Grad erreicht werden
können, an der Nordsee dagegen kaum 20 Grad.

Am Freitag überquert der Höhentrog die Nordsee und erreicht abends bzw. in der
Nacht zum Samstag das nördliche Mitteleuropa bzw. Südskandinavien, so dass das
Geopotenzialfeld auch über dem Vorhersagegebiet nun etwas zyklonaler aufgestellt
ist.
Das korrespondierende Bodentief zieht über die nördliche Nordsee nach
Südnorwegen, dessen Kaltfront greift am Freitagnachmittag auf den Nordwesten
Deutschlands über und erreicht in der Nacht zum Samstag Süddeutschland.
Somit steht ein recht unbeständiger Tag ins Haus mit einzelnen Schauern, vor
allem im Südosten im Einflussbereich der dort potenziell instabilen Luftmasse
auch mit Gewittern. Dort kann es nochmals sommerlich warm werden, während es im
Nordwesten recht kühl, maximal mäßig warm bleibt.

In der erweiterten Mittelfrist, also am übernächsten Wochenende, verlagert sich
der Höhentrog allmählich nach Osteuropa, gefolgt von einem breit angelegten
Höhenrücken, der am Sonntag Mitteleuropa überquert. Das gesamte
Geopotenzialmuster ist somit deutlich antizyklonaler aufgestellt, so dass es
nach einem eher kühlen und vor allem im Norden und Osten unbeständigen Samstag
am Sonntag überall freundlicher und etwas wärmer wird, im Südwesten und Süden
auch wieder sommerlich warm.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle IFS-Lauf ist ab Dienstag zyklonaler aufgestellt als vor allem der
gestrige 12 UTC-Lauf. Eine erste Kaltfront kann bis Mittwochfrüh auch in die
mittleren Landesteile vordringen, während der 12 UTC-Lauf lediglich einen
"Streifschuss" ganz im Norden auf der Agenda hatte. Auch eine weitere
Trogpassage in der Nacht zum bzw. am Donnerstagvormittag erfolgt auf etwas
südlicherer Zugbahn als nach Lesart der beiden gestrigen Läufe. Somit dürften
die dichteren Wolkenfelder und auch einzelne Schauer etwas weiter nach Süden
ausgreifen.
Der Höhentrog, der dann in der Nacht zum und am Freitag Einfluss auf das Wetter
in Mitteleuropa nimmt, wird ebenfalls von Lauf zu Lauf progressiver, markanter
und auf südlicherer Zugbahn ziehend simuliert. Im aktuellen Lauf überquert er
als recht markanter Höhentrog im Laufe des Freitags auch Norddeutschland und
nimmt bereits ab Donnerstagabend Einfluss auf das Wetter selbst im Süden des
Landes mit einer zunehmenden Schauer- und Gewitterwahrscheinlichkeit. Am Freitag
und in der Nacht zum Samstag überquert dann eine Kaltfront nahezu das gesamte
Vorhersagegebiet südostwärts. Das war in den beiden gestrigen Läufen noch nicht
der Fall. Der 12 UTC-Lauf ließ die Front nur bis in die mittleren Landesteile
vorankommen, der 00 UTC-Lauf von gestern hatte sogar nur einen Streifschuss im
Norden und Nordosten des Landes auf der Agenda.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die externen Modelle haben im Wesentlichen eine ähnliche Wetterentwicklung auf
der Agenda. Allerdings ist sowohl am Dienstag als auch am Mittwoch das ICON-EU
etwas antizyklonaler aufgestellt als die anderen vorliegenden Modelle mit einem
markanten Höhenrücken, der nicht, wie im GFS und IFS über die Alpen hinweg
ostwärts gerichtet ist, sondern bis nach Süddeutschland reicht. Die Kaltfront am
Mittwoch, die nach Lesart des IFS und etwas später, dafür noch ein wenig
markanter auch nach GFS die mittleren Landesteile überquert, wird nur als
Streifschuss über Norddeutschland simuliert, so dass sich recht große
Differenzen bzgl. Der Temperaturprognosen für die Nordhälfte des Landes ergeben.
ICON simuliert dort selbst um 18 UTC 12 Grad in 850 hPa, IFS zum selben
Zeitpunkt nur 2 bis 5 Grad.
Die nächstfolgende Trogpassage am Freitag simuliert das GFS etwas progressiver
und markanter als IFS, während das ICON lediglich einen flachen Randtrog auf der
Agenda hat. Nach Lesart des GEM wiederum greift der Trog erst etwa 18 bis 24
Stunden später auf Nordwest- bzw. Norddeutschland über.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die 49 Einzelmember, Haupt- und Kontrolllauf verteilen sich im Zeitraum 72 bis
96 Stunden auf drei Cluster, die allesamt das Großwetterregime "NAO positiv"
sowie eine Hochdruckbrücke über Mitteleuropa auf der Agenda haben, sich also
kaum voneinander unterscheiden, was die Wetterentwicklung hierzulande angeht.
Auch für den nächstfolgenden Zeitraum (120 bis 168 Stunden) ergeben sich drei
Cluster. Dabei ist vor allem Cluster 1 (22 Member), ähnlich wie der aktuelle
deterministische Lauf des ICON bzw. der gestrige 12 UTC-Lauf des IFS, recht
antizyklonal aufgestellt (W bzw. SWa) und simuliert lediglich
Fronten-"Streifschüsse" über Norddeutschland.
Cluster 2 (17 Member, inklusive Haupt- und Kontrolllauf) und Cluster 3 (12
Member) haben dagegen eine zyklonalere Variante auf der Agenda, ähnlich wie die
deterministischen Läufe von GFS und IFS, leicht phasenverschoben, was die Trog-
und Keilpassagen angeht.
Die erweiterte Mittelfrist (192 bis 240 Stunden) hat zwei Cluster auf der
Agenda. Cluster 1 (26 Member, inklusive Haupt- und Kontrolllauf) belässt es bei
"NAO positiv", wobei sich im Laufe des übernächsten Wochenendes ein Höhenrücken
über Mitteleuropa aufbaut, so dass der "zyklonale Einschlag" recht schnell
beendet wird und sich die Luftmasse unter zunehmendem Hochdruckeinfluss wieder
rasch erwärmen kann.
Nach Lesart des Cluster 2 (25 Member) baut sich vorderseitig eines umfangreichen
nordatlantischen Langwellentroges ein breiter blockierender Höhenrücken auf, der
von Südwest- über Mitteleuropa bis nach Nordskandinavien reicht. Nach Passage
des relativ markant simulierten Höhentroges am Freitag/Samstag würde sich
ebenfalls ein kräftiges Bodenhoch über Mitteleuropa aufbauen, allerdings liegt
der Schwerpunkt des Hochs etwas weiter westlich als in Cluster 1, so dass es mit
der Erwärmung etwas dauern dürfte.

Anhand der Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur der Rauchfahnen einiger
ausgewählter Gitterpunkte im Vorhersagegebiet lässt sich die noch vorhandene
Unsicherheit, das Vorankommen der Kaltfront am Mittwoch nach Süden betreffend,
gut nachweisen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen haben die norddeutschen
Gitterpunkte einen deutlichen Rückgang der Temperatur ab der Nacht zum Mittwoch
auf der Agenda, während der Spread in den mittleren Landesteilen schon erheblich
größer ist. Im Süden bekommt man von der kühleren Luftmasse bis einschließlich
Donnerstag noch nicht viel mit, wobei es aber durchaus vereinzelte Ausreißer
nach unten gibt.
Vor allem im Zeitraum Donnerstag bis Samstag haben die Rauchfahnen durchaus
Niederschlagssignale auf der Agenda, allerdings, von wenigen Ausnahmen, in
erster Linie die süddeutschen Gitterpunkte betreffend, abgesehen, sind die
Mengen nicht allzu hoch.

FAZIT:
Zumindest für den Süden und auch wohl für die mittleren Landesteile steht ab
Montag/Dienstag bis Donnerstag ein als sommerlich zu bezeichnender
Witterungsabschnitt auf der Agenda. Insgesamt sind die Modelle aber etwas
zyklonaler aufgestellt als an den Vortagen, was insbesondere Norddeutschland,
aber auch die mittleren Landesteile betrifft.
Nach einem eventuell markanteren Trog- bzw. Frontdurchgang zum Ende der
Mittelfrist steht danach wohl wieder stabileres Hochdruckwetter auf der Agenda.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Signifikante Wettererscheinungen stehen im Mittelfristzeitraum erst einmal kaum
auf der Agenda. Am Montag können sich mit geringer Wahrscheinlichkeit an den
Alpen und eventuell auch im Schwarzwald noch einmal vereinzelte Gewitter,
begleitet von Starkregen und kleinkörnigem Hagel, entwickeln.
Die schwachen Tiefausläufer, die am Dienstag den Norden, am Mittwoch auch die
mittleren Landesteile überqueren, bringen in der Fläche zunächst kaum einen
nennenswerten Niederschlagseintrag, so dass die Trockenheit dort, vor allem im
Nordosten, andauert.
Am Mittwoch (dann wohl nur ganz vereinzelt im Bergland), vor allem aber ab
Donnerstag nimmt dann die Neigung zu Gewittern im Süden und in der Mitte
allmählich zu. Diese werden dann innerhalb einer potenziell instabilen und sehr
warmen Luftmasse subtropischen Ursprungs zumindest von markanten
Wettererscheinungen in Form von Starkregen, Hagel und Sturmböen begleitet. Auch
Unwetter sind lokal eng begrenzt nicht ausgeschlossen.
Mit Trog- und Kaltfrontpassage werden dann am Freitag zumindest nach Lesart des
GFS und IFS etwas flächiger Niederschläge simuliert, die Mengen bleiben aber
wohl unterhalb der Warnschwellen.

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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff