DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-05-2022 08:01
SXEU31 DWAV 040800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 04.05.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Brücke Mitteleuropa

Im Süden und Osten heute Gewitter mit Starkregengefahr, ab morgen abnehmende
Gewittergefahr. Ansonsten recht ruhiges Frühlingswetter mit Neigung zu etwas
Nebel und Bodenfrost in den Nächten.


Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Am heutigen Mittwoch... liegt das Vorhersagegebiet im Bereich recht schwacher
Geopotentialgegensätze. Dabei befindet sich über dem östlichen Mitteleuropa ein
schwacher Rücken, wohingegen sich von Westen ein kurzwelliger Trog nähert,
dessen Achse bis heute Abend bis etwa Benelux vorankommt. Bodennah ist eine
zonale Hochdruckbrücke auszumachen, wobei die Schwerpunkte der Hochs westlich
der Biskaya und im Bereich des Baltikums zu finden sind. Der zweite Schwerpunkt
wandert aber heute langsam ostwärts in Richtung Belarus. Im Bereich der
Schwachstelle der Brücke ist heute ein flaches Tief über dem Südosten
Deutschlands zu finden. Somit kommen die ohnehin schwachen Winde heute aus
unterschiedlichen Richtungen, im Norden überwiegt die westliche Komponente. Die
bei uns liegenden Luftmassen erfahren nur wenig Änderung. Der Trog westlich
unseres Landes ist so schwach, dass er kaum PVA zu generieren vermag. In der
Nordhälfte des Landes ist die Luft recht trocken und unterhalb von 800 hPa
findet sich eine Inversion, so dass die Schichtung insgesamt sehr stabil ist.
Nach Süden wird die Inversion immer schwächer und die Schichtung zunehmend
instabil. Anhaltende Verdunstung hat das PPW bis zur Mitte des Landes auf 15 bis
20 l/m² ansteigen lassen und die Einstrahlung generiert heute wieder einiges an
Labilitätsenergie, wobei die betroffenen Bereiche sich auf der Trogvorderseite
geringfügig nordostwärts ausweiten, im Westen bis zur Mosel, in der Mitte bis
zum Harz und im Osten bis zum Westerzgebirge. Es werden meist 200 bis 400 J/kg,
vereinzelt um 500 J/kg erwartet. Im Tagesverlauf werden Gewitter vor allem
orographisch ausgelöst, allerdings können im Südosten auch bodennah konvergente
Strukturen zur Auslöse von Schauern und Gewittern beitragen. Dabei sollten
aufgrund geringer Scherung (meist um 5 m/s bis 6 km) meist Einzelzellen oder
vereinzelte Multizellen entstehen. Die Gefahr von Böen ist in dieser Situation
gering, auch Hagel sollte nicht allzu groß werden, es kann aber durchaus zu
Hagelansammlungen kommen. Da die Zellen aber sehr langsam ziehen, kann es lokal
schnell zu warnwürdigen Starkregenmengen kommen. Auch unwetterartige
Entwicklungen sind trotz der noch nicht so sommerlichen Luftmasse dann möglich,
was auch von ICON-D2 mit recht hohen Wahrscheinlichkeiten gesehen wird, vor
allem auf einem Streifen von der Schwäbischen Alb über Franken bis ins Vogtland.
Dies kann im Bergland vor allem auch durch wiederholte Gewitter der Fall sein.
Allerdings sollten Schwellenwertüberschreitungen für Unwetter extrem klein
ausfallen, womit die Voraussetzung für eine Vorabinformation nicht gegeben sind.
Trotz der vielen Wolken kann in der recht warmen Luftmasse in der Südhälfte
(T850 um 6°C) die Temperatur auf frühlingshafte 18 bis 22°C ansteigen. Bei etwas
weniger Quellbewölkung im Norden werden es in der kühleren Luftmasse (0 bis 4°C
in 850 hPa) zumeist 15 bis 20°C, ganz im Nordwesten noch etwas weniger.

In der Nacht zum Donnerstag kommt der Trog langsam ostwärts voran, wird aber vor
allem nach Süden stark in die Länge gezogen, so dass er bis zum Morgen gerade
mal mit seiner Achse die Westgrenze Deutschlands erreicht. Immerhin kommt jetzt
aber in höheren Schichten (300 hPa) stärkere PVA auf, so dass etwas Hebung auf
die westlichen Landesteile übergreift. Gleichzeitig wandert aber das flache
Bodentief nordostwärts ins Neißegebiet. Mit diesem weitet sich die feuchte
Luftmasse weiter in den Osten Deutschlands aus. Im Westen Deutschlands gelangt
dagegen eine etwas trockenere und stabilere Luftmasse etwas weiter in den Süden,
so dass in diesem Gebiet trotz der einsetzenden leichten Hebung erst mal nichts
passiert. Erst im äußersten Westen reicht es in den Frühstunden wieder für
leichte Regenfälle, dort ist aber erst mal kaum Labilität zu finden. Auch in der
Osthälfte wird die Labilität in den Nachtstunden abgebaut, so dass sich die
Gewitter zwar langsam nordostwärts bis Brandenburg ausweiten, aber dann
zunehmend in schauerartigen Regen übergehen. Die Gefahr örtlicher Unwetter
dürfte schon in den Abendstunden, wenn sich die Labilität langsam abschwächt,
deutlich abnehmen. In der zweiten Nachthälfte sollte dann auch kaum noch
Ocker-Starkregen mit von der Partie sein, was auch ICON-D2 so simuliert. Vom
Westen bis zum Norden stellt sich in der oben beschriebenen etwas trockeneren
Zone ein größerer Auflockerungs- bzw. Aufklarungsbereich ein. Dort werden
Tiefstwerte unter 5°C erwartet und es herrscht Bodenfrostgefahr. Besonders in
der kühlen Luftmasse ganz im Norden kann es in der Lüneburger Heide oder im
Binnenland Schleswig-Holsteins auch stellenweise Frost in 2 m Höhe geben. In den
übrigen Landesteilen liegen die Tiefstwerte eher zwischen 10 und 5°C.

Am Donnerstag... kommt der schwache Höhentrog nur sehr langsam über dem
Vorhersagegebiet ostsüdostwärts voran und tropft über dem westlichen Mittelmeer
ab. Am Abend verläuft dessen Achse mit leicht positiver Neigung in etwa von
Westmecklenburg bis zum Oberrheingraben bzw. Ostfrankreich. Somit verbleibt
lediglich der Südosten noch trogvorderseitig im Einflussbereich der
feuchtlabilen Luftmasse. Allerdings weitet sich von Frankreich her ein
Bodenhochkeil ins Vorhersagegebiet aus, so dass die Luftmasse auch dort durch
Entrainmentprozesse geringfügig abtrocknet. Das PPW geht um wenige l/m² zurück,
dazu werden nur noch 200 bis 400 J/kg ML-Cape simuliert. Dennoch entwickeln sich
innerhalb der ungedeckelten Luftmasse, etwas Einstrahlung vorausgesetzt, vom
östlichen Baden-Württemberg und auch den Alpen heraus Schauer und Gewitter, die
sich nordostwärts bis in die östlichen Mittelgebirge ausweiten. Dabei treten
lokal eng begrenzt auch wieder Starkregen und kleinkörniger Hagel auf, die
Wahrscheinlichkeit für Unwetter-Starkregen ist aber geringer als am Vortag. Von
ICON-D2 wird dieser vor allem in den Alpen gesehen. Nach Westen zu, also etwa
Richtung Oberschwaben und Allgäu, fällt gebietsweise auch längere Zeit
schauerartiger Regen ohne Gewitter. Auch ganz im Osten fällt anfangs noch etwas
Regen, der am Vormittag nachlässt. Im Bereich der Trogachse vor allem über dem
Westen und Nordwesten des Landes ist die Luftmasse ebenfalls labil geschichtet.
Dort dürfte es aber im Bereich des Bodenhochkeils wohl nicht so verbreitet für
Schauer reichen, kurze Gewitter mit örtlichem Starkregen sind aber nicht
ausgeschlossen. Mit der Ausweitung des Bodenhochkeils wird die etwas kühlere
Luft auch nach Süden gedrückt, während es im Norden durch Absinken ein wenig
milder wird. Die 850 hPa-Temperatur liegt somit zum Abend hin zwischen 3°C im
Norden und 6°C an den Alpen. Dabei kann sich vor allem im Nordosten auch längere
Zeit die Sonne zeigen, während es Richtung Oberschwaben und Allgäu meist stark
bewölkt bis bedeckt bleibt. Die Höchstwerte liegen meist zwischen 15 und 21°C,
an den Küsten bleibt es etwas kühler und auch im Allgäu werden bei längerem
Regen keine 15°C erreicht.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich der Höhentrog weiterhin kaum nach Osten,
so dass der Südosten des Landes noch die ganze Nacht über im trogvorderseitigen
Bereich bleibt. Dort gehen die Schauer und Gewitter mehr und mehr in
schauerartigen Regen über, der sich nur langsam ins südliche Alpenvorland bzw.
nach Südostbayern zurückzieht. Eventuell reicht es gebietsweise auch noch für
mehrstündigen Starkregen, am ehesten an den Alpen, wo die Modelle recht
einheitlich innerhalb von 12 Stunden (oder etwas weniger) 20 bis 30 l/m²
simulieren. Dem Trog folgt ein in die westliche Höhenströmung eingebetteter
flacher Höhenkeil, der am Morgen die Nordsee erreicht. Er stützt die
Hochdruckbrücke im Bodenfeld, die sich verstärkt und über das Vorhersagegebiet
hinweg (Divergenzachse in etwa über den mittleren Landesteilen) ostwärts bis zu
dem sich ebenfalls verstärkenden Hochdruckgebiet im Osten reicht, das jetzt in
Westrussland liegt. Somit dominiert in weiten Teilen des Landes Absinken und die
Wolken lösen sich vielerorts auf. Allerdings ist die Luftmasse bodennah, außer
im Nordosten, inzwischen relativ feucht, so dass sich - am ehesten wohl im
Nordwesten - im Bereich der Absinkinversion (800 bis 900 hPa) SC-Bewölkung
ausbreiten kann, gebietsweise bildet sich auch Nebel. Die Frostgefahr dürfte
vernachlässigbar sein, Frost in Bodennähe tritt am ehesten noch im Nordosten
auf.

Am Freitag... kommt der Höhentrog weiterhin nur sehr zögerlich nach Osten voran
und erreicht erst am Abend mit seiner Achse den Osten und Südosten Deutschlands.
Dabei bildet sich noch ein abgeschlossenes Höhentief im Bereich
Mitteldeutschlands. Gleichzeitig greift von Westnordwest her ein weiterer
Kurzwellentrog auf die Britischen Inseln über, so dass der ins Vorhersagegebiet
schwenkende flache Höhenkeil mehr und mehr in die Zange genommen wird. Er stützt
aber dennoch die Hochdruckbrücke im Bodenfeld, die nur langsam wieder abgebaut
wird und deren Achse langsam nach Süddeutschland vorankommt. Im Südosten, vom
Bayern bis in die östlichen Mittelgebirge, halten sich noch Reste der ehemals
feuchtlabilen Luftmasse. Dabei entwickeln sich nochmals Schauer, eventuell auch
kurze Gewitter, bei PPW unter 20 l/m² und maximal 200 J/kg ML-Cape bleibt die
Starkregenwahrscheinlichkeit aber wohl vernachlässigbar gering. Auch weiter nach
Westen hin soll sich in etwas im Bereich der Trogachse in einem Gebiet mit etwas
erhöhtem PPW (auch um 20 l/m²) eine leicht labile Zone mit ML-CAPE bis 200 J/kg
entwickeln. Auch dort, also in etwa von Hessen bis Sachsen-Anhalt, könnten sich
einzelne Schauer und Gewitter entwickeln. Ansonsten herrscht im Bereich des
Hochkeils ruhiges Wetter. Vor allem im Südwesten und im Nordosten kann bei nur
flachen Quellwolken länger die Sonne scheinen. Im Westen bzw. Nordwesten ziehen
später wieder dichtere Wolken auf, die dem nächsten, an den oben erwähnten Trog
gekoppelten Frontensystem geschuldet sind, das bis zum Abend auf die westliche
Nordsee übergreift. Je nach Sonne können die Temperaturen vor allem im
Südwesten, Westen und in der Mitte etwas ansteigen, sonst ändert sich kaum
etwas. Somit liegen die Höchstwerte zwischen 16 und 22°C, an den Küsten und an
den Alpen werden wohl keine 15°C erreicht.

In der Nacht zum Samstag nähert sich der Kurzwellentrog von Nordwesten her
weiter an und erreicht mit seiner Achse in den Frühstunden den Nordwesten
Deutschlands. An seiner Vorderseite tritt markante PVA auf, so dass es zu
größerflächiger Hebung kommt. Die dort aufziehende Luftmasse ist sehr feucht mit
PPW bis 25 l/m², allerdings ist sie recht stabil geschichtet, so dass kaum CAPE
generiert werden kann. Damit ziehen in der Nacht stratiforme Regenfälle im
Nordwesten auf, die dort bis zum Morgen nicht unwillkommene flächendeckende 2
bis 5 l/m² Regen bringen sollen, in etwas bis zu einer Linie Eifel-Holstein
ausgreifend. Im Osten und in der Mitte lassen dagegen die Schauer und Gewitter
in der Nacht rasch nach, bzw. ziehen nach Osten ab. In diesen Gebieten kommt es
zu recht großflächigen Wolkenauflockerungen. Vor allem in den südlichen und
östlichen Mittelgebirgen geht die Temperatur dann auf unter 5°C zurück und es
kann örtlich Bodenfrost auftreten. Je nach Feuchteangebot sind dort auch
ausgedehnte Nebelfelder vorstellbar. In den übrigen Landesteilen werden die
Tiefstwerte zwischen 10 und 5°C erwartet.

Modellvergleich und -einschätzung
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Der Trog, der am Freitag nach ICON über dem Osten Deutschlands liegen soll und
in dem auch ein Höhentief simuliert wird, sieht bei IFS und GFS schwächer aus,
zudem soll nach diesen beiden Modellen auch kein Höhentief entstehen und der
Trog geringfügig schneller nach Osten abziehen. Somit ergeben sich noch
Unsicherheiten bezüglich der Schaueraktivität am Freitag.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann