DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-05-2022 07:01
SXEU31 DWAV 030800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 03.05.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
H B, Übergang zu B M. Im Norden und teils auch in der Mitte Hochdruckeinfluss.
Heute südlich einer Linie Saarland - Oberpfälzer Wald, am Mittwoch bis auf
Südthüringen und das Westerzgebirge übergreifend und am Donnerstag im Südosten
im Tagesverlauf Gewitter. Gefahr von Starkregen um 20 mm in weniger als einer
Stunde; Unwetter über 25 mm in kurzer Zeit oder mehr als 35 mm innerhalb weniger
Stunden mit geringer Wahrscheinlichkeit.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Dienstag... liegt Deutschland am warmen Rand einer von Südgrönland zu den
Baltischen Staaten gerichteten Frontalzone. Ein darin eingelagerter breiter Trog
läuft nach Westrussland ab, dessen vorgelagerte, kaum wetterwirksame Kaltfront
hat mittlerweile den Mittelgebirgsraum erreicht und löst sich dort auf. Im
Bodendruckfeld dominiert der Einfluss eines Hochkeils, der, ausgehend von einem
Hoch über den Azoren, über die Nordsee und den Norden Deutschlands nach Osten
gerichtet ist. Absinken lässt nördlich einer Linie Saarland - Oberpfälzer Wald
nur die Entwicklung flacher Bewölkung zu. Allerdings wird vor allem im
Nordwesten die Einstrahlung durch teils kompakte Sc-Felder gedämpft, die von der
Nordsee hereindriften.
Südlich der hier genannten Linie sind noch die Reste eines zuvor nach Südosten
abgelaufenen Troges zu finden, der mittlerweile zur Iberischen Halbinsel
ausgetropft ist. In diesen Gebieten hält sich bei ausgesprochen geringen
Luftdruck- und Geopotentialgegensätzen feuchtlabile Luft. CAPE (most unstable)
erreicht 600 J/kg, der Gehalt an niederschlagbarem Wasser 20 mm. Demzufolge
können sich im Tagesverlauf einzelne Gewitter entwickeln, für deren Auslösung
mangels Dynamik hauptsächlich die Orografie herhalten muss. Meist handelt es
sich dabei um Einzelzellen, die z.T. pulsieren können. Aufgrund faktisch nicht
vorhandener Scherung ist deren Organisationsgrad gering. Folglich ist der Fokus
auf Starkregen zu richten, der aus einem faktisch stationären Verhalten der
Konvektionszellen resultiert. Auch Ansammlungen kleinkörnigen Hagels sind
vorstellbar. Unwetterartige Entwicklungen (durch Starkregen) sind nur wenig
wahrscheinlich. Ab dem Abend sollte die Konvektion rasch in sich zusammenfallen.

Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 17 bis 22, im Nordwesten und im Norden 12
bis 16 und an der Nordsee kaum mehr als 10 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch nähert sich von Nordwesten her ein weiterer und
relativ breiter Trog. Dies lässt die Strömung auf Südwest drehen, wodurch die
oben beschriebene Luftmasse auch Süd- und Ostthüringen sowie den westlichen
Erzgebirgsraum erfasst. Daher wird die Konvektion nicht ganz zum Erliegen kommen
bzw. in der zweiten Nachthälfte ein wenig aufleben, was in Form von
Regenschauern ablaufen dürfte. Gewitter sind nur wenig wahrscheinlich. Dort, wo
es zuvor viel geregnet hatte, können sich flache Nebelfelder bilden.
In den Nordwesten und Norden ist Bereich des über Norddeutschland liegenden
Hochkeils trockene Luft gelangt, so dass in diesen Gebieten bei längerem
Aufklaren leichter Frost oder zumindest Frost in Erdbodennähe auftreten kann.
Auch in diesen Gebieten können sich flache Nebelfelder bilden.

Mittwoch... arbeitet sich der schwache Trog nach Ostfrankreich vor und weitet
sich dabei nach Süden aus. Die oben beschriebene Luftmasse kommt aufgrund der
vorderseitigen, wenn auch schwachen, südwestlichen Strömung im Osten noch etwas
nach Norden voran und erfasst den Erzgebirgsraum. Nach wie vor leisten weder
dynamische Antriebe noch Scherung einen Beitrag, so dass hoch reichende
Konvektion vor allem an die Orografie gebunden ist. Bedingt durch den Trog wird
etwas feuchtere Luft angesaugt, der Flüssigwassergehalt wie auch CAPE steigen in
diesen Gebieten geringfügig an. Gewitter mit Starkregen sind südlich einer Linie
Saarland - Thüringer Wald - Westerzgebirge mit hoher Wahrscheinlichkeit zu
erwarten; unwetterartige Starkregenfälle (teils auch mehrstündig) infolge
quasistationärer Zellen sind wahrscheinlicher als heute. Da es sich hierbei
jedoch um kleinräumige Ereignisse handelt, die nur eine niedrige einstellige
Prozentzahl der genannten Regionen betrifft, drängt sich eine
Unwetter-Vorabinformation nicht auf.
Nördlich der o.g. Linie hält sich der Einfluss der zuvor genannten Hochbrücke.
Absinken lässt nur flache, aber teils auch dichtere Sc-Bewölkung zu. Die
Tageshöchsttemperaturen erreichen 15 bis 20, im Nordwesten und in Ostseenähe 10
bis 14 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich der schwache Trog in den Westen
Deutschlands, wobei sich ein Austropfen in Richtung Südfrankreich abzeichnet.
Möglicherweise läuft aus diesem Trog ein kurzwelliger Anteil nach Nordosten ab.
Die Konvektion dürfte hierdurch nur sehr zögernd zum Erliegen kommen; teils
gewittriger Starkregen ist bis in die Frühstunden hinein in einem breiten
Streifen vom Schwarzwald bis nach Mittel- und Oberfranken, Südthüringen und bis
ins Westerzgebirge und vielleicht auch bis in die Oberlausitz hinein
vorstellbar. Auch aus den Alpen heraus können sich noch einzelne starke Gewitter
entwickeln.
Mit dem Trog setzt sich trockenere Luft neben dem Norden dann auch in den
westlichen Landesteilen durch, so dass auch in diesen Gebieten niedrige
einstellige Temperaturminima zu erwarten sind. Leichter Frost oder zumindest
Bodenfrost sollte dann auf den Nordwesten Deutschlands beschränkt bleiben.

Donnerstag... tropft der über Deutschland liegende Trog zum westlichen
Mittelmeer aus. Der Resttrog verlagert sich mit einer nunmehr westlichen
Strömung mit seinem Nordteil in den Nordosten Deutschlands, wogegen dessen
südlicher Teil erst den Südwesten Deutschlands erreicht. Als Folge verbleibt der
Südosten Deutschlands noch unter der oben beschriebenen Luftmasse, wenngleich
durch Entrainmentprozesse aus dem Bodenhochkeil heraus, dessen Achse sich vom
Ärmelkanal nach Vorpommern erstreckt, trockenere und ein wenig stabilere Luft
beigemischt wird. Das macht sich zuerst bei CAPE bemerkbar, das kaum noch 400
J/kg erreicht. Auch der Gehalt an niederschlagbarem Wasser ist ein paar
Millimeter geringer als am Vortag. Dennoch können in einem Bereich vom
Schwarzwald und von den Alpen über die östlichen Mittelgebirge hinweg und im
Osten etwas weiter nach Norden bis in die Niederlausitz ausgreifend erneut
Gewitter ausgelöst werden, die mit Starkregen bis 20 mm innerhalb kurzer Zeit
einhergehen; Unwetter mit Niederschlagssummen über 25 mm sollten nur noch mit
geringer Wahrscheinlichkeit auftreten.
Im Bereich des Bodenhochkeils, d.h. im Norden und Westen, dominiert Absinken.
Allerdings können im Bereich des Resttroges einzelne Schauer nicht ganz
ausgeschlossen werden. Die Wahrscheinlichkeit für kurze Gewitter (ohne
Starkregen) ist nur gering; hierfür ist die Konvektion im Bereich des Troges
nicht hochreichend genug. Meist erschöpft sich die Wetterwirksamkeit dieses
Troges in der Entwicklung von Sc Cu gen - Bewölkung. Dazwischen gibt es auch
größere Auflockerungen. Längere sonnige Abschnitte sind jedoch auf die
nordöstlichen Landesteile beschränkt. Gegenüber Mittwoch ändern sich die
Tageshöchsttemperaturen nur unwesentlich.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich der über Deutschland liegende Trog
zögernd weiter ostwärts. Der Südosten verbleibt den größten Teil der Nacht noch
an der Trogvorderseite, was die Konvektion wahrscheinlich erst in der zweiten
Nachthälfte in sich zusammenfallen lässt. Bis dahin sind auch noch
Starkregenfälle vorstellbar, wobei auch vor allem zu den Alpen hin auch
mehrstündige Ereignisse nicht ausgeschlossen werden können. Für unwetterartigen
Starkregen sollte es nicht mehr reichen.
Mit einer westlichen Strömung setzt sich ansonsten eine unter antizyklonalen
Einfluss stehende, aber relativ feuchte Luftmasse durch. Leichter Bodenfrost
oder gar Luftfrost ist daher eher unwahrscheinlich. Größere Auflockerungen
sollten daher auf den Nordosten Deutschlands beschränkt bleiben. Dort wie auch
in den Gebieten, in denen es zuvor viel geregnet hatte, muss erneut mit flachen
Nebelfeldern gerechnet werden.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung.
Prognoserelevante Unterschiede lassen sich kaum ableiten. Lediglich GFS zeigt in
der Nacht zum Freitag am östlichen Alpenrand ausgeprägte Signale für Starkregen,
die bei EZMW und vom Modell des kanadischen Wetterdienstes nur in abgeschwächter
Form und von den anderen Modellen nicht simuliert werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann