DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-05-2022 08:30
SXEU31 DWAV 020800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 02.05.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Brücke Mitteleuropa (BM)

Im Norden ruhiges Frühlingswetter, im Süden Schauer und Gewitter mit
Starkregengefahr, vor allem am Dienstag leichte Unwetterneigung. In den Nächten
bei Aufklaren Bodenfrost möglich und nach Regenfällen auch Nebel.


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... und auch in den Folgetagen dominieren ein Langwellentrog über dem
Norden und Nordosten Europas und ein Höhenrücken über dem Atlantik die
Wetterkarte. Zwischen diesen beiden Systemen herrschen über größeren Teilen des
Subkontinents relativ geringe Geopotentialgegensätze. Dabei zeigt sich heute ein
Keil über den Britischen Inseln, während ausgehend von dem oben erwähnten
Langwellentrog sich recht tiefes Geopotential Richtung Südwesten über uns hinweg
bis zur Iberischen Halbinsel erstreckt. In dieser Region sind ein Höhentief über
Italien (das seinen Einfluss auf unser Land verloren hat) und ein
Kurzwellentrog, der heute über Deutschland südwärts schwenkt, zu erwähnen.
Letzterer sorgt für geringfügige Hebung durch PVA vor allem im Südwesten und
Süden Deutschlands. Bodennah liegt das Vorhersagegebiet im Bereich einer flachen
Hochdruckbrücke, wobei die Divergenzachse über dem Norden des Landes verläuft.
Somit herrschen in Norddeutschland schwache westliche Winde, mit denen eine
recht kühle (T850 um 0°C), trockene und stabil geschichtete (Inversion um 800
hPa) Luftmasse einfließt. In der Mitte und im Süden kommt der ebenso schwache
Wind dagegen aus Nordosten bis Osten. Dabei liegt insbesondere über dem Süden
eine etwas wärmere (T850 4 bis 6°C), vor allem aber feuchte (ppws 15 bis 20
l/m²) und leicht instabil geschichtete Luftmasse. Nach Auflösung der örtlichen
Nebelfelder über dem Süden Deutschlands scheint zunächst in vielen Landesteilen
die Sonne. Im Norden bildet sich im Tagesverlauf nur harmlose Quellbewölkung,
die sich an der Inversion ausbreitet. Im Küstenbereich kann es sogar insgesamt
recht sonnig bleiben. Im Süden, grob in etwa leicht nördlich des Mains
ausgreifend, wird dagegen durch Einstrahlung mäßiges CAPE (meist 200 bis 400
J/kg, vereinzelt bis 600 J/kg) aufgebaut, so dass dort die Quellwolken alsbald
gen Himmel wachsen und sich in der zweiten Tageshälfte Schauer und Gewitter
bilden, die auch durch den oben erwähnten Hebungsantrieb noch zusätzlich leicht
forciert werden. Diese Gewitter dürften sich mangels Scherung kaum organisieren,
der Schwerpunkt liegt also auf Einzelzellen. Dementsprechend sind Böen
(vielleicht bis 7 Bft) und kleinkörniger Hagel von untergeordneter Bedeutung.
Aufgrund zu erwartender sehr langsamer Zuggeschwindigkeiten besteht aber
durchaus die Gefahr markanten Starkregens, die von ICON-D2 vor allem in den
Alpen, in Franken und der Oberpfalz sowie im Sauerland gesehen wird. Durch die
zu erwartende Kurzlebigkeit der Zellen sollte es aber nicht zu Unwetter reichen.
Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich an der gleichen Stelle
wiederholt Gewitter bilden, zumal die Gewitter schwerpunktmäßig im Bergland
ausgelöst werden. So könnte vielleicht dann doch mal eine Unwetterschwelle
gerissen werden. Dies dürfte aber äußert schwer abzuwarnen sein. ICON-D2 liefert
entsprechende Hinweise verstärkt in Oberfranken und dem Erzgebirge. Noch ein
Satz zur Temperatur: Diese erreicht wieder jahreszeitliches Durchschnittsniveau
mit Höchstwerten meist zwischen 17 und 22°C. Etwas kühler bleibt es nur in
Seenähe.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Kurzwellentrog weiter südwärts, schafft
aber nicht den Sprung über die Alpen, so dass im Alpenvorland eine flache
Geopotentialrinne zurückbleibt. Hebungsantrieb dürfte dann aber über
Süddeutschland nicht mehr generiert werden, weil die PVA wegfällt. Stattdessen
rückt der oben erwähnte Keil bis nach Norddeutschland vor und sorgt vor allem
über der Mitte Deutschlands für dynamisches Absinken. Bei dieser Gemengelage
fühlen sich die Gewitter nicht mehr sehr wohl und fallen tagesgangsgemäß bald
zusammen, am längsten können sie sich noch unmittelbar an den Alpen halten. Die
Quellwolken lockern meist auf, teils können aber noch Wolkenfelder
zurückbleiben. Ganz im Norden zieht etwas stärkere Bewölkung auf, die von einer
kaum ausmachbaren Kaltfront herrührt, die sich von Norden her nähert, aber wohl
keinen Regen bringt. Südlich dieser Kaltfront kann es in der Norddeutschen
Tiefebene gebietsweise Bodenfrost geben, für Frost in 2 m Höhe sollte es
allenfalls in sehr ungünstigen Lagen reichen, so dass eine entsprechende Warnung
nicht nötig ist. Auch im südlichen Bergland besteht etwas Bodenfrostgefahr. In
den meisten Regionen liegen die Tiefstwerte bei 7 bis 3°C. Zudem können sich in
der schwachwindigen Situation nach vorangegangen Schauern in der feuchten
Grenzschicht Nebelfelder bilden, also vor allem im Süden und in der Mitte.


Dienstag... liegt weiterhin der schwache Keil über der Mitte Deutschlands und
kommt nicht mehr südwärts voran. Zwischen ihm und den Alpen bleibt die
Geopotentialrinne eingeklemmt. An der Nordflanke des Keils läuft ein
Kurzwellentrog ostwärts, der durch PVA auch etwas Hebung generiert, was aber in
der stabilen Luftmasse über Norddeutschland kaum dazu ausreichen sollte,
nennenswerte Niederschläge zu produzieren. Vielleicht fallen aus dichterer
flacher Quellbewölkung ein paar Tropfen. MOSMIX bringt erstaunlich hohe
Sonnenanteile an der Ostsee, was klimatologisch in dieser Jahreszeit durchaus
vernünftig ist, aber vielleicht in der aktuellen Situation dann doch leicht
übertrieben. Kommen wir in den Süden: Dort ist die Luftmasse innerhalb der
Geopotentialrinne vollkommen sich selbst überlassen, nach Nebelauflösung brodeln
bald wieder die Quellwolken und durch Einstrahlung und in Folge stetiger
Verdunstung wird etwas mehr CAPE als am Vortag generiert. Vor allem am Oberrhein
und in einem Streifen entlang und nördlich der Donau werden von ICON teils über
500 J/kg simuliert. Grob etwa südlich des Mains (also etwas weiter südlich als
am Vortag) liegt die Nordgrenze der Gewitteraktivität. Dies liegt daran, dass
sich die Hochdruckbrücke etwas schwächelt und der Hochschwerpunkt westlich
unseres Landes dominant wird, so dass leicht nördliche Winde die feuchte Luft
etwas in den Süden zurückdrängen. Schauer und Gewitter werden vor allem wieder
orographisch ausgelöst, in einem scherungsarmen Umfeld, in dem nur sehr schwache
Winde wehen, so dass nahezu stehende Einzelzellen das Bild prägen. Es werden
Zuggeschwindigkeiten unter 5 km/h erwartet. Mit etwas mehr CAPE, was etwas
höherer Grenzschichtfeuchte geschuldet ist, und etwas höheren ppws steigt die
Starkregenwahrscheinlichkeit im Vergleich zum Vortag etwas an. Dies spiegelt
eindrucksvoll ICON-D2 wider mit sehr hohen Wahrscheinlichkeiten etwa entlang der
Donau. Insbesondere dort werden auch nicht ganz geringe Wahrscheinlichkeiten für
unwetterartigen Starkregen simuliert, auch wenn dieser sicherlich nur ganz
kleinräumig auftreten sollte. Aufgrund der schwachen Dynamik sollte Wind
weiterhin keine große Rolle spielen, mehr als steife Böen sind wohl kaum drin.
Auch größerer Hagel ist bei mäßigem CAPE und null Scherung kaum zu erwarten,
vielleicht aber mal Hagelansammlungen. Im Süden und der Mitte erreichen die
Höchstwerte wie am Vortag 17 bis 22°C, im Norden wird es durch die von Norden
eindringende etwas kühlere Luft etwas kälter, zudem ist es ja durch die schwache
Kaltfront teils länger stark bewölkt. Dort sind es auch im Binnenland oft nur 12
bis 15°C.

In der Nacht zum Mittwoch dürfte im Bereich der nördlichen Mitte noch etwas
Restbewölkung der Kaltfront liegen bleiben, ansonsten lassen im Süden die
Schauer und Gewitter wieder tagesgangsgemäß nach und die Quellwolken lockern
dort wie im Norden auf. Allerdings ist durchaus keine flächendeckend superklare
Nacht simuliert. Wo es aber länger klar ist, besteht vor allem im Norden, aber
auch in den zentralen und südlichen Mittelgebirgen leichte Bodenfrostgefahr. In
2 m Höhe ist im Norden wieder sehr vereinzelt Frost möglich. Meist liegen die
Tiefstwerte je nach Bewölkung bei 8 bis 3°C.

Mittwoch... wird der schwache Keil über der Mitte Deutschlands allmählich
komplett abgebaut, womit auch die Rinne im Süden verschwindet. Es resultiert
eine recht schwache westnordwestliche Höhenströmung über größeren Teilen des
zentralen Europas. Mit dieser nähert sich ein kurzwelliger und zunehmend
markanter Trog von England her, dessen PVA-bedingtes durchaus nicht gerade
schwaches dynamisches Hebungsgebiet am Nachmittag den Westen Deutschlands
erreicht. Bodennah gestaltet sich die Wetterlage weiterhin äußerst sumpfig: Es
dominiert aber etwas höherer Druck im Westen und etwas tieferer Druck im
Südosten, was vorwiegend nordwestliche Windkomponenten zur Folge hat, die aber
sehr schwach ausfallen. Dementsprechend ändert sich das Temperaturniveau
weiterhin nicht, in 850 hPa werden im Norden um 0°C, im Süden 4 bis 5° C
erwartet. Auch am Feuchtegehalt und der Schichtung der Luftmassen ändert sich
nichts Wesentliches. Im Norden ist die Luft weiterhin trockener und die
Inversion hält sich um 800 hPa. Im Süden ist die Luftmasse feuchter (mit ppws
auch weiterhin zwischen 15 und 20 l/m²) und ungedeckelt. Auf der Vorderseite des
heranrückenden Troges breitet sich aber die feuchte Luft wieder minimal gen
Mitte aus. Damit beginnt am Mittwoch das bekannte Spiel von Neuem: Im Norden
bilden sich Quellwolken, die recht flach bleiben, sich aber tagsüber etwas
ausbreiten können. An der See, wo die Quellwolkenbildung naturgemäß schwächer
ausfällt, sind die Sonnenanteile am höchsten. Im Süden wachsen die Quellwolken
schnell in die Höhe und abermals setzt Schauer- und Gewittertätigkeit ein. Dabei
ist insbesondere im Westen im Tagesverlauf geringfügig mehr Scherung im Spiel,
aber immer noch meist nur 5 bis 10 m/s bis 6 km Höhe. Das reicht vielleicht
häufiger für besser organsierte Multizellen, was aber im Vergleich zum Vortag
hauptsächlich die Starkregengefahr weiter forciert, Hagel dürfte weiterhin
kleinkörnig ausfallen und auch die Böen mit meist nur bis 7 Bft recht
unbedeutend. Allerdings nehmen dann auch die Zuggeschwindigkeiten etwas zu, so
dass die Zellen nicht mehr ganz stehen. Insgesamt dürfte sich der Schwerpunkt
durch die leichte dynamische Hebung in den Südwesten verlagern. Im Südosten
nimmt ebenso die Zuggeschwindigkeit etwas zu, ansonsten ändert sich im Vergleich
zum Vortag nichts an den Gewitterparametern. Auch das Niveau der
Höchsttemperatur ändert sich nicht. Meist werden es wieder 17 bis 22°C, im
Nordwesten sind es 12 bis 15°C.

In der Nacht zum Donnerstag läuft der Kurzwellentrog langsam von Westen in unser
Land herein und weitet sich deutlich nach Süden aus. Seine Achse verbleibt über
dem Westen des Landes und durch leichte PVA auf der Vorderseite muss in vielen
Landesteilen mit leichter dynamischer Hebung gerechnet werden. Damit dürfte die
Gewittertätigkeit auch in der Nacht anhalten, zumal auch jetzt zwischen 0 und 6
km die Scherung über 10 m/s erreicht und damit die Gewitter sich gut als
Multizellen organisieren können. Über dem Osten kann zudem auf der
Trogvorderseite die feuchte Luft nordwärts an Raum gewinnen, so dass die
Gewitter, von denen weiterhin Starkregengefahr ausgeht, sich auch in Sachsen
etwas ausbreiten können. Hinzu kommt, dass an der Westflanke des Troges ein sehr
schwach ausgeprägter Kurzwellentrog südostwärts läuft, der vor allem in tieferen
Atmosphärenschichten besser ausgeprägt ist. Dies zeigen vor allem ICON und GFS.
Nach diesen beiden Modellen sollen dann in der Nacht Schauer und Gewitter von
den Niederlanden her auf Nordwestdeutschland übergreifen. Dort sollte aber
aufgrund der Luftmasse die Starkregengefahr deutlich reduziert sein. Ansonsten
muss in den Aufklarungsgebieten wieder vereinzelt mit Bodenfrost gerechnet
werden. Nebel ist vor allem vorher beregneten Regionen nicht unwahrscheinlich.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die synoptische Lage wird von den Modellen einheitlich simuliert, abgesehen von
dem Randtrog, der in der Nacht zum Donnerstag in den Nordwesten ziehen soll.
Dort simuliert IFS auch im aktuellen Lauf keine Niederschläge.

Die Unsicherheiten liegen in der Starkregenprognose an den wenig organisierten
Gewitterzellen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann