DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-04-2022 07:01
SXEU31 DWAV 300800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 30.04.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
H B - Meist ruhige Hochdruckrandlage.
Im Süden und Südosten leicht wechselhaft; Gewitter mit örtlichem Starkregen
nicht ganz ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... verlagert sich ein Höhentief vom Westen in den Süden Deutschlands.
Die Frontalzone erstreckt sich, abgesetzt von diesem Tief, von Südgrönland über
Mittelskandinavien hinweg nach Westrussland, was ohne dieses Höhentief eine
nordwestliche Strömung ergeben würde. In diese sind jedoch weitere kurzwellige
Tröge eingelagert. Stromaufwärts wölbt sich ein Keil auf, der sich vom nahen
Ostatlantik bis in die Irmingersee erstreckt. Durch diesen Keil wird ein
ausgedehntes, aber nicht allzu kräftiges Bodenhoch über den Britischen Inseln
und der Nordsee gestützt. Aus diesem Hoch heraus fließt trockene, relativ kühle
und stabil geschichtete Luft in den Nordwesten und Norden Deutschlands.
An der Vorderseite des sich süd-südostwärts verlagernden Höhentiefs wird
feuchtere und labile Luft angesaugt, die in den Süden und Südosten Deutschlands
gelangt. CAPE erreicht bis 500 J/kg, der Gehalt an niederschlagbarem Wasser 15
bis 20 mm. Im Vergleich mit früheren Jahren ist das nicht allzu viel, dennoch
dürfte in einem breiten Streifen von den südwestdeutschen Mittelgebirgen und vom
Alpenrand bis in die mittleren Teile Deutschlands hinein die Schauer- und
Gewittertätigkeit in Gang kommen. Dabei besteht die Gefahr von Starkregen, der
hauptsächlich aus der langsamen Verlagerung und weniger aus den Parametern der
Luftmasse resultiert. Innerhalb einer Stunde sind um 15, mehrstündig (was
wahrscheinlicher ist) bis 25 mm Niederschlag vorstellbar. Hauptsächlich dürfte
die Konvektion durch orografische Unterstützung getriggert werden. Im
Bodendruckfeld lassen sich hierzu keine verdächtigen Strukturen ausmachen; auch
Hebung wird nur im begrenzten Maße geboten.
Im Westen setzt im Randbereich des o.g. Hochs bereits wieder Stabilisierung ein;
auch der östliche Mittelgebirgsraum dürfte, wenn überhaupt, von diesen
Entwicklungen nur gestreift werden, wodurch sich in diesen Gebieten
Auflockerungen einstellen. Längere sonnige Abschnitte sind jedoch auf den
äußersten Norden und Osten Deutschlands beschränkt. Die Tageshöchsttemperaturen
erreichen 12 bis 17, im östlichen Brandenburg bis in die Lausitz hinein Werte um
20 und an der Nordsee kaum mehr als 10 Grad.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich das Höhentief über die Zentralalpen
hinweg südwärts. Der ohnehin nur schwache Hebungsantrieb kommt zum Erliegen. In
der ersten Nachthälfte kann im Süden anfangs noch mit Gewittern durchsetzter
Starkregen auftreten, wobei die Wahrscheinlichkeit hierfür rapide geringer wird.
Abgesehen vom Alpenrand und vom Bayerischen Wald, wo bis in die Frühstunden noch
Niederschläge auftreten, sollte es dann weitgehend trocken bleiben. Dort, wo es
zuvor viel geregnet hat, können sich ausgangs der Nacht flache Nebelfelder
bilden. Im Nordwesten und ganz im Norden kann es längere Zeit aufklaren, so dass
dort in ungünstigen Lagen leichter Frost in Erdbodennähe nicht ganz
ausgeschlossen werden kann.

Sonntag... gelangt das Höhentief nach Mittelitalien. Nachfolgend setzt sich von
Westen wie auch von Südosten her schwacher antizyklonaler Einfluss durch, bevor
im Tagesverlauf ein weiterer Kurzwellentrog, der in der Frontalzone
süd-südostwärts gesteuert wird, auf den Norden Deutschlands übergreift. Im
Grunde genommen ändert sich die Luftmassenverteilung nur wenig. Über dem Süden
und Südosten liegt weiterhin feuchtere und leicht labil geschichtete Luft,
wenngleich sich durch Entrainment aus dem sich von der Nordsee bis in die
südliche Ostsee erstreckenden Bodenhochkeil heraus sowohl CAPE als auch der
Flüssigwassergehalt etwas geringer werden. Konvektive Umlagerungen konzentrieren
sich daher auf die östlichen Mittelgebirge (vor allem Bayerischer und
Oberpfälzer Wald, mit geringer Wahrscheinlichkeit auch Erzgebirgsraum) sowie auf
den unmittelbaren Alpenrand. Gegenüber heute ist die Auslösung jedoch vermehrt
auf orografische Unterstützung angewiesen. Unterm Strich ist die
Wahrscheinlichkeit für Starkregenereignisse gegenüber heute deutlich verringert.

In den anderen Gebieten bleibt es weitgehend niederschlagsfrei, aber von der
Nordsee her driften teils kompakte Sc-Felder in das Vorhersagegebiet, so dass
von einer ungehinderten Einstrahlung keine Rede sein kann. Das macht sich auch
bei den Tageshöchsttemperaturen bemerkbar, die allenfalls zwischen 12 und 18
Grad liegen dürften.

In der Nacht zum Montag arbeitet sich der Trog bis in die Mitte Deutschlands
vor, wobei sich ein Abtropfen in Richtung Westen abzeichnet. Diesem Trog ist
eine schwache Kaltfront vorgelagert, die allenfalls an den Nordflanken der
nördlichen Mittelgebirge geringe Niederschläge bringt. Ansonsten beschränkt sich
deren Wetterwirksamkeit auf eine konsequente Drehung der ohnehin schwachen Winde
auf nördliche Richtungen.
Ansonsten, d.h. über den östlichen Mittelgebirgen und an den Alpen, sollte die
Niederschlagstätigkeit rasch zum Erliegen kommen; Starkregen ist ohnehin nicht
mehr zu erwarten. Bei geringen Luftdruckgegensätzen können sich erneut flache
Nebelfelder bilden.
In Küstennähe sowie im Nordwesten, d.h. im Achsenbereich des Bodenhochkeils,
kann es längere Zeit aufklaren. In diesen Gebieten muss in ungünstigen Lagen mit
Frost in Erdbodennähe gerechnet werden.

Montag... verlagert sich der Kurzwellentrog über die Mittelgebirge hinweg ein
wenig süd-südostwärts, wodurch die südöstlichen Landesteile in der zuvor
beschriebenen leicht feuchtlabilen Luftmasse verbleiben. Daher können sich in
diesen Gebieten im Tagesverlauf erneut einzelne Gewitter entwickeln, wobei die
Wahrscheinlichkeit für Starkregen gering ist. Da der Westteil dieses Troges
rascher nach Süden vordringt als dessen Ostteil, setzt sich auch über dem
östlichen Mittelgebirgsraum, d.h. das Erzgebirge und die Oberlausitz, eine
südwestliche Strömung und mit dieser leicht labile und feuchtere Luft durch, so
dass sich auch in diesen Gebieten, wenngleich auch mit geringerer
Wahrscheinlichkeit, einzelne Gewitter entwickeln können. Wie bereits an den
Vortagen dürfte es sich dabei meist um Einzelzellen handeln, die sich kaum
verlagern und aufgrund nicht vorhandener Scherung auch nur eine geringe
Lebensdauer aufweisen.
In den anderen Gebieten hält sich der Einfluss eines Bodenhochkeils, der sich
von Südengland bis zum Oderhaff erstreckt. Allerdings greift währenddessen ein
kräftiger Trog auf Skandinavien über, der zuvor arktische Polarluft aus dem
ostgrönländischen Raum angezapft hat. Dieser Trog leitet im Tagesverlauf eine
Abschwächung des vorgelagerten Bodenhochkeils ein. Dennoch reicht das Absinken
im Bereich des Keils im Nordwesten und in Ostseenähe für längere sonnige
Abschnitte. Aber auch sonst stellen sich, abgesehen vielleicht vom östlichen
Mittelgebirgsraum und vom Alpenrand, größere Auflockerungen ein. In tieferen
Lagen Südwest- und Süddeutschlands kann daher die 20 Grad-Marke erreicht oder
ein wenig überschritten werden. Ansonsten sind Tageshöchsttemperaturen zwischen
13 und 19 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Dienstag weitet sich der über Skandinavien liegende Trog noch
ein wenig nach Süd-Südost aus, was den Abbau des über Deutschland liegenden
Bodenhochkeils beschleunigt. Zwischen dem korrespondierenden Tief über der
Kola-Halbinsel und einer von den Azoren über Schottland hinweg bis nach
Ostgrönland reichenden Hochbrücke stellt sich bis in die Nordsee hinein eine
nördliche bodennahe Strömung ein. Mit dieser dringt arktische Polarluft nach
Süden vor. Die Kaltfront, hinter welcher diese Luftmasse einfließt, erreicht in
der zweiten Nachthälfte den Nordwesten und Norden Deutschlands. Die
Wetterwirksamkeit dieser stabilen aktiven Kaltfront ist auf kompakte, aber
maximal bis etwa 700 hPa hinaufreichende Bewölkung und geringe Niederschläge bis
allerhöchstens 3 mm beschränkt.
Ansonsten hält sich noch der Einfluss des sich abschwächenden und nach Westen
zurückziehenden Bodenhochkeils. Bei geringen Luftdruckgegensätzen können sich im
Süden und Südosten Deutschlands erneut flache Nebelfelder bilden. Geringe
Niederschläge sind anfangs noch über den östlichen Mittelgebirgen und an den
Alpen möglich. Ausgangs der Nacht sollte es aber auch dort weitgehend trocken
bleiben.
Da das Übergreifen der Kaltfront mit einer Gradientzunahme einhergeht, sollte
leichter Bodenfrost oder gar Luftfrost in den nordwestlichen und nördlichen
Landesteilen nicht mehr auftreten.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Auch gegenüber weiter zurückliegenden Modellläufen
ergeben sich keine Auffälligkeiten. Selbst das Übergreifen der Kaltfront
ausgangs der Nacht zum Dienstag wird nahezu identisch simuliert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann