DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

29-04-2022 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 29.04.2022 um 10.30 UTC



Im Süden und Südosten leicht unbeständig, ansonsten heiter bis wolkig. Vorerst
kühl, erst nach Wochenmitte leichter Temperaturanstieg.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 06.05.2022


Am Montag und Dienstag wird das Wettergeschehen über Mitteleuropa durch einen
sich allmählich auffüllenden Höhentiefkomplex bestimmt. In dessen Bereich
entwickeln sich im Tagesverlauf vor allem über dem Bergland und im Süden
einzelne Schauer oder Gewitter. Im Nordwesten und im Norden macht sich der Keil
eines Bodenhochs bemerkbar, dessen Schwerpunkt östlich von Island liegt.
Zwischen diesem Hoch und einem von Karelien zum nördlichen Ural ziehenden Tief
dringt mit einer schwachen nördlichen Strömung Polarluft nach Süden vor. Bei
geringen Luftdruckgegensätzen im Bereich des Bodenhochkeils ist daher bei
längerem Aufklaren von der Küste bis zu den Mittelgebirgen leichter Bodenfrost
zu erwarten.
Am Mittwoch kräftigt sich ein über Westeuropa liegender Trog, der sich über die
Pyrenäen bis nach Algerien erstreckt. Dabei profitiert dieser Trog von einem der
sich auffüllenden Höhentiefs und bezieht dieses in seine Zirkulation ein. Dieser
Trog tropft bereits am Donnerstag über dem westlichen Mittelmeer aus.
Vorderseitig gelangt etwas wärmere (und auch labilere) Luft in den Süden
Deutschlands, so dass, hinreichend Einstrahlung vorausgesetzt, die 20 Grad-Marke
geringfügig überschritten werden kann. Allerdings dürften sich vor allem über
den süddeutschen Mittelgebirgen und an den Alpen an beiden Tagen im Tagesverlauf
einzelne Gewitter (durchaus mit Starkregen) entwickeln. In den anderen Gebieten
hält sich Hochdruckeinfluss, vor allem im Norden lässt großräumiges Absinken
keine nennenswerte Wolkenbildung zu.
Am Freitag erfasst der aus dem Austropfprozess verbliebende Resttrog den Norden
und Nordwesten Deutschlands. Vorderseitig stellt sich vorübergehend eine
schwache südwestliche Strömung ein, wodurch feuchtere und auch labile Luft in
den gesamten Süden und auch den östlichen Mittelgebirgsraum vorstößt. In diesen
Gebieten entwickeln sich im Tagesverlauf Schauer und einzelne Gewitter, wobei
aufgrund der geringer Verlagerungsgeschwindigkeit nach wie vor Starkregen nicht
ausgeschlossen werden kann. Ansonsten hält sich Hochdruckeinfluss.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum greift vom Nordmeer auf
Skandinavien ein Trog über und weitet sich in Richtung Ostpolen / Baltikum nach
Süden aus. Zwischen dem korrespondierenden, über Lappland liegenden Tief und
einem von der Nordsee bis nach Ostgrönland reichendem Hoch wird ein erneuter
Vorstoß von Polarluft in Richtung Mitteleuropa eingeleitet. Wie weit und wo
diese Polarluft nach Süden vorstößt, ist noch unsicher. Bei abnehmender
Niederschlagsneigung dürfte sich dann wieder ein leichter Temperaturrückgang
(mit erneuter Bodenfrostgefahr im Norden und Nordosten Deutschlands) einstellen.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Mittwoch ist der aktuelle Modelllauf im vergleich zu den
beiden gestrigen Modellrechnungen weitgehend konsistent. Prognoserelevante
Unterschiede lassen sich bis dahin nicht finden. Ab Donnerstag wird der aus dem
oben beschriebenen Austropfprozess entstandene Resttrog vom aktuellsten
Modelllauf kräftiger simuliert. Damit kommt die Zufuhr wärmere und labilerer
Luft von Südwesten her ein wenig verstärkt in Gang, die Folge ist am Donnerstag
und am Freitag im Süden Deutschlands ein etwas tieferes Druckniveau
(möglicherweise sogar ein flaches Tief) und auf den gesamten Süden sowie auch
den östlichen Mittelgebirgsraum übergreifend Schauer und Gewitter.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum hatte der gestrige 12 UTC-Lauf
eine sich über das nördliche Mitteleuropa ostwärts erstreckende Hochbrücke im
Programm. Die Folge wäre ein allmählicher Temperaturanstieg. Nach den beiden 00
UTC-Läufen ist jedoch eine erneute Abkühlung in Sicht, was das wahrscheinlichere
Szenario sein dürfte. Ob diese wie oben beschrieben durch einen Trog über
Skandinavien eingeleitet wird oder durch einen in die Nordsee vorstoßenden
Kaltluftkörper zustande kommt, ist noch unsicher.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Mittwoch stützen die verfügbaren Modelle die oben
beschriebene Entwicklung. Als geringer Unterschied lässt sich herausarbeiten,
dass nach GFS und nach dem Modell des kanadischen Wetterdienstes der über
Westeuropa liegende Trog dann bereits in Richtung Südwesten über die Iberische
Halbinsel hinweg ausgetropft ist. Der hieraus hervorgegangene Resttrog wird
unterschiedlich rasch nach Osten verlagert, wobei GFS bereits am Donnerstag eine
vollständige Trogpassage simuliert. ICON und EZMW sind sich hierin ähnlich, das
kanadische Modell zeigt eine Zwischenlösung. Am Freitag lässt ICON den Resttrog
über dem Westen Deutschlands austropfen, was ein zyklonaleres Gepräge ergibt als
bei EZMW. Nach GFS dringt rückseitig bereits erwärmte Polarluft nach
Mitteleuropa vor.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum ergibt sich nach allen
verfügbaren Modellen eine Trogbildung über Skandinavien, was einen erneuten
Vorstoß von Polarluft nach Mitteleuropa zur Folge hätte. Dieser erfolgt nach GFS
gegenüber der oben beschriebenen Version deutlich abgeschwächt; vielmehr würden
sich kaum geänderte Temperaturen abzeichnen. Nach dem kanadischen Modell könnte
dieser Trog sogar austropfen und an der Südflanke einer sich vom Azorenraum bis
nach Karelien ein Kaltlufttropfen nach Mitteleuropa gesteuert werden. Nach
diesem Szenario wäre auch in den südlichen Landesteilen leichter Bodenfrost
vorstellbar.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS stützt nur bis einschließlich Freitag weitgehend den hauseigenen
deterministischen Lauf. Danach dürfte eine nordwestliche und leicht zyklonal
geprägte Strömung zustande kommen. Ein erneuter Vorstoß von Polarluft in
Richtung Mitteleuropa ließe sich aus dem EPS-Mittel nicht unbedingt ableiten.
Allerdings stützen etwa ein Drittel der Lösungen die oben beschriebene Version
des EZMW, wobei ein Member auf das "kanadische" Szenario hinausläuft. Der Spread
nimmt über den gesamten Vorhersagezeitraum hinweg gleichmäßig zu, wobei der
deterministische Lauf meist im Bereich des EPS-Mittels zu finden ist.
Das EPS des EZMW entschärft gegenüber dem Hauptlauf auch den erneuten Einbruch
von Polarluft etwas, wenngleich der Trog über Skandinavien kräftiger gezeigt
wird als beim EPS-Mittel des GFS. Das Szenario des deterministischen Laufes wird
im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum nur von 13 Membern gestützt.
Das ist nicht sehr viel. Genauso viele EPS-Läufe bringen einen breiten Rücken
über Mitteleuropa ins Spiel. Für etwas wahrscheinlicher wird die Variante des
GFS (mit dem etwas schwächeren Trog über Osteuropa) gehalten. Allerdings sollte
die Version des Modells des kanadischen Wetterdienstes nicht ganz außer Acht
gelassen werden. Für dieses Szenario lassen sich immerhin 10 EPS-Member finden.
Betrachtet man die Rauchfahnen, ließe sich anhand der beiden ungestörten Läufe
im Norden und in der Mitte Deutschlands im erweiterten mittelfristigen
Vorhersagezeitraum ein leichter Temperaturrückgang ableiten, der allerdings vom
EPS nicht gestützt wird. Nach Süden hin wäre die Abkühlung kaum ausgeprägt.
Dabei dominiert im Norden nach wie vor Hochdruckeinfluss, so dass nördlich der
Mittelgebirge die Niederschlagstätigkeit gering bleibt.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Montag treten im Bayerischen Wald und am östlichen Alpenrand mit erhöhter,
sonst im süddeutschen Bergland mit geringer Wahrscheinlichkeit Gewitter mit
örtlichem Starkregen auf. In der Nacht zum Dienstag ist im Norden Frost in
Bodennähe nicht auszuschließen.
Am Dienstag sind im Süden und dort vor allem über dem Bergland erneut auflebende
Schauer und Gewitter mit örtlichem Starkregen zu erwarten. In der Nacht zum
Mittwoch tritt im Norden bei Aufklaren mit geringer Wahrscheinlichkeit Frost in
Bodennähe auf.
Am Mittwoch muss im gesamten Süden, am Donnerstag auch auf den Westen und den
zentralen Mittelgebirgsraum übergreifend mit Schauern und Gewittern gerechnet
werden, die örtlich eng begrenzt mit Starkregen einhergehen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
Anfangs MOS, ab Wochenmitte EPS, im erweiterten mittelfristigen
Vorhersagezeitraum Übergewichtung Haupt- und Kontrolllauf.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann