DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-04-2022 07:01
SXEU31 DWAV 280800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 28.04.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HB
Zunächst ruhiges Hochdruckwetter, ab Freitagnachmittag zunächst im Westen,
später vor allem im Süden und in der Mitte unbeständiger, Samstag auch einzelne
Gewitter mit Starkregen möglich.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Donnerstag... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines breit
angelegten Höhenrückens, der über Frankreich und die Britischen Inseln
nordwestwärts bis nach Island reicht und flankiert wird von einem, sein
Drehzentrum von der Iberischen Halbinsel nach Marokko bzw. Algerien verlagernden
Höhentief im Südwesten sowie einem umfangreichen Langwellentrog über Nordost-
und Osteuropa. Der Rücken wird überlaufen von einem flachen Höhentrog, der sich
im Tagesverlauf etwas besser formieren kann, vom nahen Ostatlantik auf die
Britischen Inseln übergreift und - dies sei vorweggenommen - ab
Freitagnachmittag auch zunehmend Einfluss auf die Wetterentwicklung hierzulande
nimmt.
Heute bleibt aber ein vom Rücken gestütztes Hochdruckgebiert mit Schwerpunkt
über Schottland bzw. Nordengland auch für uns noch wetterbestimmend. Dabei kann
sich ein von der Nordsee nach Mitteleuropa gerichteter Keil noch etwas
verstärken, so dass im Vorhersagegebiet großräumiges Absinken überwiegt. Dennoch
herrscht nicht überall "eitel Sonnenschein". Einerseits können entlang und
nördlich der Divergenzachse des Keils, die etwa vom Emsland bis zum Erzgebirge
reicht, flache SC-Felder vor allem in den Nordwesten, eventuell auch noch in die
Norddeutsche Tiefebene driften, wobei diese aber im Tagesverlauf mit dort auf
unter 900, teilweise auf 950 hPa sinkenden Absinkinversion große Lücken bekommen
sollten und sich eventuell auch ganz auflösen.
Andererseits bilden sich nahe zum abziehenden Trog vor allem im Osten, Südosten
und an den Alpen mittags und nachmittags noch etwas höher reichende Quellwolken.
Dort reicht die Absinkinversion bis etwa 800 bzw. 700 hPa, ein kurzer Schauer
ist somit am Erzgebirge, im ostbayerischen Mittelgebirgsraum und an den Alpen
nicht ausgeschlossen, stellt aber die Ausnahme dar.
Im großen Rest des Landes dominiert neben flachen Quellwolken aber tatsächlich
Sonnenschein.
Der Wind lebt im Tagesverlauf im Norden aus Nordwest, im Süden dagegen aus Ost
bis Nordost auf. Eventuell reicht es im Nordseeumfeld und in Schleswig-Holstein
für einzelne starke Böen (Bft 6), für mehr aber wohl nicht.
Mit der kräftigen Einstrahlung steigt die Temperatur vor allem im Südwesten
gegenüber dem Vortag an. Bei 850 hPa-Temperaturen zwischen 0 Grad in
Ostvorpommern und knapp 6 Grad in Südbaden liegen die Höchstwerte zwischen 13
und 17 Grad im Norden und Osten (an den Küsten bei auflandigem Wind etwas
weniger) sowie zwischen 16 und 21 Grad im Süden und Westen, am Oberrhein
eventuell bis nahe 23 Grad.

In der Nacht zum Freitag überquert der flache Trog die Britischen Inseln und
greift auf die Nordsee bzw. den Ärmelkanal über. Dahinter kann sich der
Höhenrücken über dem nahen Ostatlantik rasch wieder regenerieren, während der
dem Trog vorgelagerte Part des Rückens ins Vorhersagegebiet abgedrängt wird.
An Lage und Ausrichtung des Bodenhochs ändert sich nur wenig und somit steht
eine wettertechnisch ruhige Nacht ins Haus. Die flachen Quellwolken bzw.
SC-Felder lösen sich auf, allerdings ziehen mit Annäherung des Troges zunächst
noch meist dünne hohe und später auch mittelhohe Wolkenfelder in den Westen und
Nordwesten des Landes, im Nordseeumfeld macht sich wohl auch schon dichtere,
mehrschichtige Bewölkung bemerkbar, es bleibt aber voraussichtlich noch trocken.
Im Rest des Landes kann es aber innerhalb der gegenüber der Vornacht noch etwas
abgetrockneten Luftmasse kräftig abkühlen. Vor allem im Nordosten sowie in den
Mittelgebirgstälern tritt stellenweise leichter Luftfrost auf, vielerorts kann
es dagegen Frost in Bodennähe geben. Nur im Nordwesten bleibt es mit Minima über
5 Grad etwas milder.

Freitag... kommt der Höhentrog mit seinem Drehzentrum nur langsam bis zur
südlichen Nordsee voran, weist sogar Abtropftendenzen auf und greift mit seiner
Achse im Tagesverlauf auf Benelux und Nordwestfrankreich über.
Trogvorderseitige, zunehmend markante DPVA generiert dynamischen Hebungsantrieb,
so dass im Tagesverlauf zumindest im Westen und Süden des Landes von Südwesten
her Druckfall einsetzt.
Dennoch zieht sich das Bodenhoch mit Schwerpunkt nach wie vor in etwa über
Schottland bzw. Irland nur wenig zurück. Nach wie vor erstreckt sich ein Keil
über das nördliche Mitteleuropa bzw. Norddeutschland bis weit nach Osteuropa.
Die Divergenzachse kommt dabei vor allem nach Osten zu etwas nach Norden voran
und verläuft abends in etwa über die Norddeutsche Tiefebene.
Weiter südlich dringt von Frankreich her geringfügig feuchtere und eine
potenziell instabile Luftmasse nach West- und Südwestdeutschland vor. Insgesamt
weiten sich die hohen und mittelhohen Wolkenfelder über die mittleren
Landesteile noch weiter nach Nordosten und Osten aus, bleiben dort allerdings
recht dünn und lassen die Sonne durchscheinen. Vor allem im Südosten bleibt es
auch durchwegs sonnig. Dichtere Wolken zeigen sich im Tagesverlauf dagegen dort,
wo sich die dynamische Hebung stärker entfalten kann, nämlich im Westen und
Nordwesten. Am Nachmittag und Abend kann es vor allem in Teilen von NRW und
Rheinland-Pfalz auch ein paar Regentropfen oder einen kurzen Schauer geben (am
ehesten in der Eifel), für Gewitter dürfte die Labilität noch nicht ausreichen.
Während in den Süden und Südwesten eine etwas mildere Luftmasse gelangt, kühlt
es ganz im Norden mit Annäherung des Troges niedertroposphärisch etwas ab. Die
850 hPa-Temperatur sinkt an den Küsten auf etwa -2 Grad, während sie in Südbaden
auf etwa +7 Grad steigt. Im Norden und Nordwesten sind somit bei teils stärkerer
Bewölkung, ähnlich wie im Nordosten (dort macht sich etwas auflebender
auflandiger Wind bemerkbar) nur noch Höchstwerte zwischen 11 und 14 Grad zu
erwarten, sonst werden erneut 15 bis 20 Grad erreicht, im Südwesten wird es mit
den etwas dichteren Wolken aber wohl nicht ganz so warm wie am Vortag. Der Wind
frischt zwar vor allem an den Küsten und in Schleswig-Holstein im Tagesverlauf
böig aus Nord bis West auf, für warnrelevante Böen reicht es aber nach wie vor
nicht. In der Südhälfte herrscht meist schwacher Wind um Ost.

In der Nacht zum Samstag kommt der Höhentrog nach Nordwestdeutschland voran und
tropft über dem Westen des Landes ab. Trogvorderseitig ist nach wie vor
kleinräumige, aber markante dynamische Hebung wirksam, die vor allem aus PVA
resultiert. Die Luftmasse im Südwesten bis in die mittleren Landesteile feuchtet
somit mehr und mehr an, die PPW-Werte steigen dort auf 15 bis 20 mm,
gebietsweise auch knapp darüber.
Die Folge sind gebietsweise auftretende schauerartige Regenfälle, die sich von
der Eifel und später von den Vogesen her allmählich ost- bzw. nordostwärts
ausweiten und morgens auch weite Teile Hessens und Baden-Württembergs erfassen.
Ganz vereinzelte Gewitter sind dabei nicht ausgeschlossen, haben die Konvektion
erlaubenden Modelle allerdings derzeit noch nicht auf der Agenda. Ob es
kleinräumig für Starkregen reicht, ist ebenfalls fraglich, aber durchaus nicht
ausgeschlossen.
Im Rest des Landes bleibt es trocken und vor allem im Norden, Nordosten sowie im
Südosten auch aufgelockert bis gering bewölkt. Dort kann es in ungünstigen Lagen
nochmals Bodenfrost geben, ob es irgendwo für Luftfrost reicht, muss noch
abgewartet werden. Im Südwesten liegen die Tiefstwerte dagegen zwischen 10 und 5
Grad.

Samstag... verlagert sich das Cut-Off-Tief kaum und bildet nach Lesart des
aktuellen ICON-EU (im GFS allerdings sehr ähnlich) bis 18 UTC einen Dipol mit
Drehzentren in etwa über Südthüringen bzw. Unterfranken und über dem Schwarzwald
aus. Vorderseitig ist nach wie vor dynamische Hebung wirksam. Somit fällt auch
im Bodenfeld der Druck vor allem im Südosten des Landes weiter.
Das Bodenhoch über den Britischen Inseln wird mit Annäherung eines weiteren
Randtroges, der ebenfalls Abtropftendenzen aufweist und abends das Seegebiet
westlich der Hebriden erreicht, abgebaut und nach Süden abgedrängt, erstreckt
sich aber auch zu Tagesende noch über den Süden Irlands bzw. Englands und den
Ärmelkanal bis zur südlichen Nordsee, wobei nach wie vor ein Keil bzw. eine
Hochdruckbrücke über Norddeutschland bis nach Osteuropa reicht.
Die relativ feuchte und potenziell instabile Luftmasse weitet sich über der
Mitte und dem Süden des Landes allmählich nach Osten aus, kommt aber nicht
weiter nach Norden voran und wird im Westen (NRW, später dann auch
Rheinland-Pfalz und Hessen) mit dort auf Nord bis Nordwest drehendem Wind
allmählich wieder durch trockenere Luft ersetzt. Somit greifen die
schauerartigen Regenfälle von Hessen und BaWü auch auf Thüringen, sowie Teile
von Sachsen und Bayern aus, erfassen vielleicht noch den Süden von
Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Vor allem im Südwesten, in der
Mitte sowie an den Alpen ist die Luftmasse bis etwa 500 hPa bzw. knapp darüber
hinaus leidlich labil geschichtet, so dass am ehesten dort auch einzelne
Gewitter auftreten können. Bei PPW-Werten zwischen 15 und 20 mm und nur geringer
Verlagerungsgeschwindigkeit kann auch ein lokales Starkregenereignis nicht
ausgeschlossen werden, auch Graupel bzw. kleinkörniger Hagel sind möglich.
Im Norden und Osten bleibt es zwar trocken, aber auch dort zeigen sich teils
dichtere Wolkenfelder. Am ehesten kommt die Sonne an den Küsten, im Nordosten
und im äußersten Osten sowie in Südostbayern auch mal länger zum Zuge. Mit dem
Höhentief kühlt es auch im Süden niedertroposphärisch etwas ab, in 850 hPa
liegen die Werte am Nachmittag/Abend zwischen -2 Grad ganz im Norden und +4 Grad
in Südostbayern. Dort sowie in der Lausitz können mit Sonne nochmals nahe 20
Grad erreicht werden, ansonsten liegen die Höchstwerte zwischen 13 und 17 Grad,
im Nordseeumfeld sowie dort, wo es mal länger regnet bzw. bedeckt bleibt, eher
zwischen 10 und 13 Grad.

In der Nacht zum Sonntag zieht das Höhentief über die Alpen nach Norditalien,
während das Cut-Off-Tief westlich der Hebriden zur irischen Nordküste
vorankommt. An der Südwestflanke des Langwellentroges über Nordosteuropa kommt
ein flacher Randtrog bis Sonntagfrüh nach Südschweden, Dänemark und zur
mittleren Nordsee voran, während sich im Vorhersagegebiet nach Abzug des
Höhentiefs von Norden her ein flacher Höhenkeil bemerkbar macht.
Das Bodenhoch wird weiter abgebaut und verlagert seinen Schwerpunkt in etwa nach
Benelux und Nordwestdeutschland. Die schauerartigen Niederschläge in der Mitte
und im Süden kommen noch etwas nach Osten voran (eventuell sind noch Teile von
Sachsen-Anhalt und Brandenburg betroffen, vor allem nach Lesart des gestrigen
IFS-Laufes), klingen aber mehr und mehr ab und beschränken sich morgens wohl
lediglich noch auf den Süden und Osten Bayerns bzw. die östlichen Mittelgebirge.
Gewitter bzw. Starkregen werden dabei ab den Abendstunden immer
unwahrscheinlicher.
Im Norden und Westen lockern die Wolken dagegen stärker auf, ehe sich der
annähernde flache Randtrog in Form hoher und mittelhoher, an den Küsten mit
Nordwestwind eventuell auch tiefer Bewölkung bemerkbar macht. Eventuell fallen
im Nordseeumfeld auch ein paar Regentropfen.
Dort, wo es länger aufklart, kann es in ungünstigen Lagen nochmals Bodenfrost
geben.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Bis auf geringe Inkonsistenzen, die räumliche Verteilung und Intensität der
Niederschläge in der Nacht zum und am Samstag betreffend unterscheiden sich die
vorliegenden Modelle unwesentlich.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff