DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-04-2022 17:01
SXEU31 DWAV 251800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 25.04.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Bis in die Nacht zum Mittwoch mit langsamer Passage eines Höhentiefs in der
gesamten Südwesthälfte schauerartige, teils gewittrige Regenfälle mit
Starkregenpotenzial. Ab Mittwoch Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... steht einer hochreichenden Antizyklone über Nordwesteuropa
(Schwerpunkt in 300 bzw. 500 hPa über dem Seegebiet zwischen Island und
Schottland, im Bodenfeld dagegen über dem grönländisch-isländischen Raum) ein
Langwellentrog über Nordeuropa (Drehzentrum nordwestlich von Spitzbergen)
gegenüber, der sich anschickt, sich aufgrund eines markanten, von der
Grönlandsee nach Nordskandinavien gerichteten Kaltluftvorstoßes zu regenerieren.

Von diesem Trog ausgehend reicht ein mit mehreren Drehzentren ausgestatteter
Höhentiefkomplex bis nach Mitteleuropa, der sich aber zögernd beginnt,
aufzufüllen. Übrig bleibt allerdings ein kleinräumiges Höhentief über Belgien,
das als Kaltlufttropfen aktuell kaum Verlagerungstendenz aufweist und sich in
den Frühstunden in etwa über dem Westen von Rheinland-Pfalz befindet.
An dessen Südost- bzw. Ostflanke kann schwache WLA zunehmend mit PVA
interagieren und kräftige Hebung generieren, die im Laufe der Nacht quasi über
der gesamten Südwesthälfte Deutschlands wirksam wird. Die Luftmasse ist dabei
hochreichend labil geschichtet (Labilitätsfläche reicht bis knapp über 500 hPa
bei -25 bis -29 Grad in 500 hPa und knapp über 0 Grad in 850 hPa), zeichnet sich
allerdings aufgrund ihres ursprünglich kontinentalen Charakters durch einen
nicht allzu hohen Gehalt an niederschlagbarem Wasser aus (etwa 14 bis 18 mm).
Mit der zeitweise vorhandenen Einstrahlung haben sich in der Südwesthälfte
Deutschlands tagsüber vielerorts Schauer und auch einzelne kurze Gewitter
entwickelt, stellenweise fällt auch schauerartiger Regen. Insgesamt klingen die
Schauer im Laufe des Abends mit untergehender Sonne zwar allgemein ab,
allerdings kommen im weiteren Verlauf von Westen her erneut schauerartige
Niederschläge auf, die sich über den Süden und die Mitte des Landes allmählich
nach Osten ausweiten. Vereinzelt können dabei kurze Gewitter eingelagert sein
und ein lokales Starkregenereignis - auch mehrstündig - kann nicht
ausgeschlossen werden.
Der Norden und Osten des Landes gelangen dagegen mehr und mehr in den
Einflussbereich eines sich von der Nordsee her dorthin ausweitenden Hochkeils.
Dort dominiert nach wie vor trockene und relativ kühle Festlandsluft polaren
Ursprungs (0 bis -3 Grad in 850 hPa) das Wettergeschehen, die sich noch etwas
nach Südwesten vorarbeiten kann. Nordöstlich etwa einer Linie
Westmünsterland-Nordhessen-Vogtland bleibt es weitgehend trocken und nach
Nordosten zu teilweise auch gering bewölkt bzw. wolkenlos. Dabei kann es im
Nordosten in ungünstigen Lagen leichten Frost, verbreitet aber Frost in
Bodennähe geben.
Im Übergangsbereich zur etwas feuchteren Luftmasse bzw. bei Auflockerungen
zwischen den Schauern im Südwesten bildet sich örtlich auch Nebel.

Dienstag ... kommt das Höhentief bzw. der Kaltlufttropfen weiterhin nur zögernd
nach Osten voran und gerät allmählich wieder mehr in den Aktionsradius des
nordeuropäischen Langwellentroges, von dem es in weiterer Folge "eingefangen"
wird. Abends schlägt es mit seinem Drehzentrum in etwa über dem Raum
Unterfranken/Hohenloher Ebene auf. Nach wie vor können WLA und vor allem PVA
günstig überlappen und generieren relativ markante Hebung vor allem an dessen
Ost- und Nordflanke.
An der Luftmasse im Einflussbereich des "Höheneis" ändert sich nur wenig. Sie
ist weiterhin relativ hochreichend (bis etwa 450 hPa) labil bzw. indifferent
geschichtet bei PPW-Werten um oder knapp über 15 mm. Mit etwas Einstrahlung
können gebietsweise mehrere 100 J/kg Cape generiert werden. Dazu gesellt sich im
Laufe des Nachmittags vor allem am Alpenrand bzw. im Alpenvorland auch etwas
Scherung, da eventuell (vorausgesetzt, es gibt vorübergehend etwas Einstrahlung)
leichtes alpines Pumpen einsetzt, ein Lee-Tief entsteht und der Bodenwind
zumindest im östlichen Vorland vorübergehend auf östliche Richtungen dreht. Ob
es für organisierte Konvektion reicht, muss abgewartet werden, ist aber nicht
ausgeschlossen und die Konvektion erlaubenden Modelle (in erster Linie ICON-D2)
haben auch entsprechende Signale auf der Agenda. Dann kämen neben Starkregen
auch kleinkörniger Hagel, vor allem aber stürmische Böen in Frage.
Ansonsten nehmen die Niederschläge an der Nordflanke des Höhentiefs in den
mittleren Landesteilen eher skaligen Charakter an - wobei mehrstündiger
Starkregen nicht ausgeschlossen ist -, während es im Westen und Süden nach wie
vor Schauer und auch kurze Gewitter (lokal mit Starkregen) gibt. Schwerpunkte
lassen sich aktuell noch schwer ausmachen, aber ICON-D2-EPS hat ein erhöhtes
Potenzial für Starkregen von der westlichen Mitte (Eifel, Rheinland-Pfalz,
Südhessen, Nordbaden) bis ins östliche Oberbayern auf der Agenda, während sich
ganz im Südwesten, rückseitig des Höhentiefs, schon eine etwas stabilere und
trockenere Luftmasse bemerkbar macht, innerhalb derer es seltener Schauer gibt
und sich immer mal wieder die Sonne zeigt.
Der Norden und Nordosten des Landes verbleiben dagegen im Einflussbereich des
bis dorthin reichenden flachen Hochkeils. Vor allem Richtung Ostsee scheint
überwiegend die Sonne, während ansonsten zeitweise flache Wolkenfelder (SC bzw.
CU) durchziehen können. Die Niederschläge kommen nach wie vor nicht über das
südliche Niedersachsen und das Vogtland ostwärts hinaus.
Die Temperaturen erreichen Höchstwerte zwischen etwas mehr als 10 Grad dort, wo
es überwiegend stark bewölkt bleibt und 14 bis 17 Grad in Regionen mit mehr
Sonne, wobei an den Küsten ein etwas auflebender Nordwind dämpfend wirkt.

In der Nacht zum Mittwoch kommen sowohl die Achse des nordeuropäischen Troges
als auch des daran gekoppelten Höhentief nach wie vor nur zögernd nach Osten
voran, morgens schlägt das Tief irgendwo im Südosten/Osten Bayerns auf.
Damit verlagert sich der Schwerpunkt der ringförmig um das Höhentief
angeordneten Niederschläge mit abklingender Intensität mehr und mehr in den
Südosten des Landes, anfangs können auch noch vereinzelte Gewitter dabei sein.
Dahinter stabilisiert die Schichtung aufgrund von Absinken rasch und das
nordwesteuropäische Hochdruckgebiet kann seine Fühler weiter nach Mitteleuropa
ausstrecken. Morgens reicht es wohl lediglich noch im Osten und Süden Bayerns
für Niederschläge, wobei die Schneefallgrenze an den Alpen mit Drehung der
Strömung auf Nordwest, am Boden auf Nordost und der Advektion kälterer Luftmasse
(um 0 Grad in 850 hPa) auf etwa 1200 bis 1400 m sinkt.
Die Achse des Langwellentroges streift eventuell noch den Nordosten des Landes,
so dass sich auch dort vorübergehend etwas dichtere Bewölkung bemerkbar machen
kann, für einen Schauer wird es aber voraussichtlich nicht reichen.
Ansonsten lockern die Wolken vor allem im Nordwesten und Westen des Landes
stärker auf, so dass es dort erneut in ungünstigen Lagen zumindest Bodenfrost,
in einigen Mittelgebirgstälern eventuell auch Luftfrost geben kann. Örtlich
bildet sich auch Nebel.

Mittwoch ... ziehen Trogachse und Höhentief ins östliche Mitteleuropa und
verlieren ihren Einfluss auf unser Wetter. Wir gelangen somit an die Ostflanke
des seinen Schwerpunkt inzwischen zu den Britischen verlagerten Höhenhochs
unterhalb einer recht glatten nordnordwestlichen Höhenströmung.
Das korrespondierende Bodenhoch über Schottland verstärkt sich noch etwas, wobei
sich ein Keil über das nördliche Mitteleuropa bis ins Baltikum ausweitet.
Somit gelangen wir bodennah in eine östliche bis nordöstliche Strömung, mit der
sich trockene Festlandsluft auch weiter nach Süddeutschland durchsetzen kann.
Mit dem abziehenden Höhentief und dem dort noch vorhandenen "zyklonalen
Einschlag" entwickeln sich vor allem im Südosten Bayerns, vielleicht auch noch
bis nach Oberschwaben reichend, einzelne Schauer, eventuell reicht es auch für
ein kurzes Gewitter. Einzelne kurze Schauer sind auch in der Lausitz nicht
ausgeschlossen, dort macht sich noch die abziehende Achse des Langwellentroges
bemerkbar; es wird etwas Cape simuliert und mit der Einstrahlung reicht es
eventuell zur Auslöse.
Im Rest des Landes bleibt es bei regional unterschiedlichen
Bewölkungsverhältnissen weitgehend trocken, wobei die Sonnenanteile im
Tagesverlauf zunehmen dürften. Vor allem im Ostseeumfeld und im Westen gibt es
durchaus auch längere sonnige Abschnitte, während in Südostbayern noch
gebietsweise dichte Bewölkung überwiegt.
Niedertroposphärisch gelangt nach wie vor maximal mäßig warme Luft zu uns, die
Temperatur in 850 hPa beträgt im Nordosten etwa -1 Grad, im Südwesten steigt sie
auf +3 bis +4 Grad. Somit liegen die Höchstwerte zwischen 12 Grad an den Alpen
bzw. bei Seewind an den Küsten und 19 Grad im Südwesten.

In der Nacht zum Donnerstag setzt sich der Druckanstieg weiter fort und das
Hochdruckgebiet weitet sich von den Britischen Inseln zur Nordsee aus. An dessen
Südflanke verschärft sich der Gradient ganz im Südwesten des Landes etwas und
der Ostwind frischt auf, ist aber wohl auch in den Kammlagen des Schwarzwaldes
nicht warnrelevant.
Ansonsten dominiert Absinken und die noch verbliebenen Wolkenfelder lösen sich
mehr und mehr auf. Vielerorts ist der Himmel klar, stellenweise bilden sich
flache Nebelfelder. In ungünstigen Lagen kann es erneut leichten Luftfrost
geben, Frost in Bodennähe dagegen sogar relativ verbreitet.

Donnerstag ... hat das Höhenhochs einen Schwerpunkt nach Frankreich verlagert
und wird abgebaut. Von dort aus reicht ein Höhenkeil zur Nordsee, der sich
innerhalb der nordnordwestlichen Höhenströmung allmählich nach Mitteleuropa
verlagert. Dieser stützt nach wie vor das kräftige Bodenhoch mit Schwerpunkt
über den Britischen Inseln und die Nordsee, wobei ein Keil über Mitteleuropa und
Polen bis nach Nordwestrussland reicht.
Somit dominiert über dem Vorhersagegebiet Absinken, wobei sich in 800 hPa eine
recht ausgeprägte Inversion ausmachen lässt. Unterhalb derer können sich
gebietsweise flache Cumuluswolken ausbreiten (am ehesten wohl noch in der
Lausitz, am Erzgebirge und im ostbayerischen Mittelgebirgsraum), ansonsten
scheint aber meistens die Sonne.
Niedertroposphärisch gelangt von Nordosten her nach wie vor nur mäßig warme
Festlandsluft ins Vorhersagegebiet (T850 hPa zwischen -1 Grad an der Oder und +5
Grad in Südbaden). Somit steigen die Temperaturen gegenüber den Vortagen nur
wenig an und erreichen Höchstwerte zwischen 15 und 20 Grad, entlang und westlich
des Rheins auch knapp darüber, an den Küsten bleibt es bei auflandigem Wind
kühler.




Modellvergleich und -einschätzung
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Bzgl. des Höhentiefs gibt es noch kleinere Modelldifferenzen, insbesondere, was
die Verteilung der Niederschläge angeht, die Mengen dürften markante
Warnkriterien aber wohl kaum überschreiten.
Ansonsten zeigen alle vorliegenden Modelle eine ähnliche Wetterentwicklung.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff