DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

23-04-2022 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 23.04.2022 um 10.30 UTC



Anfangs im Süden wechselhaft. Sonst viel Sonne, aber vor allem im Norden und
Nordosten Gefahr von nächtlichem Bodenfrost. Ab Wochenende wechselhaft, im Süden
mit teils heftigen Gewittern und danach deutlich zurückgehende Temperaturen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 30.04.2022


Am Dienstag liegt Deutschland an der Südostflanke eines blockierenden Höhenhochs
mit Schwerpunkt nordwestlich von Schottland. Dieses Hoch wird von einem
Langwellentrog, der von Lappland bis zur Balkanhalbinsel reicht, flankiert. Das
mit dem Keil korrespondierende Bodenhoch ist über Island und dem Nordmeer zu
finden. Von diesem Hoch ausgehend reicht ein Keil bis nach Mitteleuropa.
Absinken im Randbereich dieses Keils kann sich zunächst noch nicht so recht
durchsetzen. Über dem Westen Deutschlands hält sich ein Kaltlufttropfen, der
allmählich an den über Osteuropa liegenden Trog andockt. Dieser bringt im Westen
und Süden schauerartige Niederschläge zustande, vor allem zu den Alpen hin
können eingelagerte Gewitter (teils mit Starkregen) nicht ausgeschlossen werden.

Im Laufe des Mittwochs wird der Kaltlufttropfen oder was davon übrig ist,
nunmehr als Bestandteil des Troges über die Ostalpen hinweg nach Osten
gesteuert. Demzufolge ziehen sich die Niederschläge unter Abschwächung in den
Südosten Deutschlands zurück. Im Bereich des sich kräftigenden Bodenhochkeils
setzt sich nahezu überall Absinken durch, ohne dass bereits ein merklicher
Temperaturanstieg zustande kommt. In den Nächten ist zumindest im Norden und in
Teilen der Mitte noch mit leichtem Bodenfrost zu rechnen.
Am Donnerstag und Freitag hält sich der o.g. Hochkeil, wobei sich dessen
Divergenzachse von der Nordsee in den Erzgebirgsraum hinein erstreckt. Insgesamt
sich die Luftdruckgegensätze jedoch gering. Von der Küste bis etwa zu den
Mittelgebirgen können Sc-Felder übergreifen, ansonsten wird nennenswerte
Wolkenbildung durch großräumiges Absinken unterbunden, so dass die Luftmasse die
Chance hat, sich ein wenig zu erwärmen. Am Donnerstag kann daher im Süden, am
Freitag auch in Teilen der Mitte die 20 Grad-Marke etwas überschritten werden.
In den Nächten ist dann bei klarem Himmel die Bodenfrostgefahr auf ungünstige
Lagen Nord- und Nordostdeutschlands beschränkt.
Indessen beginnt sich die Lage umzustellen. Das einst blockierende Hoch bei
Schottland hat sich längst in einen Rücken umgewandelt und der wird unter
Abflachung über Mitteleuropa hinweg südostwärts gesteuert. Diesem Rücken folgt
ein Trog, ein erneut blockierendes Hoch kommt dann erst westlich von Grönland
zustande. Mit der Annäherung dieses Troges (und einem nach Osten ablaufenden
Kurzwellentrog) kommen bereits in der Nacht zum Samstag im Westen Niederschläge
auf, die am Samstag rasch auf den Norden und Nordosten übergreifen. Der Südosten
verbleibt bei geringen Luftdruckgegensätzen noch in der Warmluft, dort sind
Maxima bis 25 Grad vorstellbar, allerdings muss dann vor allem aus den Alpen
heraus mit der Entwicklung einzelner und zum Teil heftiger Gewitter (durchaus
mit Starkregen) gerechnet werden.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum greift der o.g. Trog auf die
Benelux-Staaten über, was die Strömung zunächst auf Südwest drehen lässt.
Während sich im Laufe des Sonntags im Norden und Westen bereits kühlere Luft
durchsetzt, hält sich nach Südosten hin noch wärmere Luft. Im Bereich der sich
hierdurch verschärfenden Luftmassengegensätze sind zeitweise Niederschläge zu
erwarten, die nach Südosten hin noch von Gewittern durchsetzt sein können. Die
Folge ist ein merklicher Temperaturrückgang. Während der von den Benelux-Staaten
kommende Trog in Richtung Westalpen austropft, was am Alpenrand durchaus länger
andauernde Niederschläge zur Folge haben kann, weitet sich von der Nordsee
kommend ein kräftigerer Trog (mit einem korrespondierenden Tief über der
Nordsee) bis nach Deutschland aus. Bei rasch wechselnder bis starker Bewölkung
mit häufigen Schauern, kurzen Gewittern und anfangs noch Dauerregen am Alpenrand
dürfte tagsüber kaum noch die 15 Grad-Marke erreicht werden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle Modelllauf ist im Vergleich mit den beiden gestrigen Läufen bis
einschließlich Freitag konsistent. Danach beginnen die Simulationen zu
divergieren. So wird am Samstag der sich von Nordwesten nähernde Trog vom
aktuellsten Lauf etwas hinausgezögert, wodurch sich dann im Süden und Südosten
noch Warmluft (mit leicht sommerlichen Temperaturen) hält. Das Austropfen dieses
Troges in Richtung Westalpen am Montag wird lediglich von der aktuellsten
Modellrechnung gezeigt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Freitag stützen die verfügbaren Modelle die oben beschrieben
Entwicklung. Ab Samstag zeigen sich unterschiedliche Ergebnisse. EZMW und auch
das Modell des kanadischen Wetterdienstes lassen einen Trog auf die Nordsee
übergreifen, nach GFS und ICON ist dieser Trog schwächer und bereits in Richtung
Mittelfrankreich ausgetropft. Nach allen Modellen übereinstimmend erfolgt eine
Umstellung zu einer Nordwestlage. Dieser Prozess wird nach EZMW und nach dem
kanadischen Modell am Wochenende durch den in Richtung Westalpen abtropfenden
Trog etwas hinausgezögert. Bis Dienstag ist dieser Prozess jedoch abgeschlossen.
Ob das Zentraltief, das sich dann herausbildet, über der Nordsee oder über der
Ostsee zustande kommt oder ob, wie beim kanadischen Modell, sich eher eine
zyklonale Westlage zustande ausbildet, führt letztendlich zu ein und demselben
Ergebnis, und zwar einen unbeständigen Wettercharakter und einen merklichen
Temperaturrückgang.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS stützt die oben beschriebene Entwicklung. Eine positive Anomalie
beim Geopotential 500 hPa über Südgrönland und westlich davon und als
Gegenspieler eine negative Anomalie über Skandinavien und Osteuropa ergibt für
das Vorhersagegebiet eine Nordwest- bis Nordströmung, was sommerliche
Temperaturen in die weite Ferne rücken lässt. Dabei ist der Spread über den
gesamten Vorhersagezeitraum hinweg relativ gering. Nur wenige EPS-Member weichen
von diesem Szenario ab. Das Temperaturniveau dürfte dann im Norden und in der
Mitte Deutschlands deutlich und im Süden leicht unter dem langjährigen Mittel
liegen.
Auch das EPS des EZMW lässt keinen Zweifel an der oben beschriebenen Entwicklung
offen. Nur ein reichliches Drittel der EPS-Member ergibt eine weniger steile
Nordwestströmung (wie beim kanadischen Modell), nach der übergroßen Mehrzahl der
EPS-Lösungen setzt sich der Trog über der Nordsee bzw. Skandinavien fest.
Allerdings ist der Spread etwas ausgeprägter als beim EPS des GFS. Auch wenn das
Extrem-Szenario des deterministischen Laufes nicht ganz zustande kommt, so
dürfte sich auch nach dem EPS des EZMW ein sehr wechselhafter und
deutschlandweit im Norden und Nordwesten deutlich und sonst ein zu leicht kühler
(auf das langjährige Temperaturmittel bezogen) Witterungsabschnitt einstellen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Dienstag ist im Süden und anfangs im Westen noch schauerartiger Regen zu
erwarten. In Richtung Alpen ist dieser mit einzelnen Gewittern durchsetzt, wobei
die Wahrscheinlichkeit für Starkregen zusehends geringer wird. Im Laufe des
Mittwochs ziehen die Niederschläge, ohne Warnschwellen zu erreichen, nach
Südosten ab.
Ansonsten sind, abgesehen von leichtem Frost in Bodennähe in den nördlichen und
nordöstlichen Landesteilen, bis einschließlich Freitag keine signifikanten
Wetterereignisse zu erwarten. Aber auch die Gefahr von Frost in Bodennähe wird
ab Wochenmitte allmählich geringer.
Am Samstag können sich im Süden und Südosten sowie aus den Alpen heraus einzelne
und zum Teil kräftige Gewitter entwickeln. Details hierzu sind noch unsicher.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EPS (EZMW), ab dem Monatswechsel mit Anpassung der Temperaturen hin zu tieferen
Werten
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann