DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-04-2022 07:30
SXEU31 DWAV 170800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 17.04.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
FROHE OSTERN - GWL: HFa (Hoch Fennoskandien antizyklonal)

Zu Ostern ruhige Hochrandlage mit kontinental geprägter Luft und nur wenig
Störungspotenzial. Weiterhin Nachtfrost und heute etwas Bise im Süden BaWüs. Ab
Dienstag von Osten her zyklonaler und etwas Niederschlag möglich.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... zeigt sich das hiesige Wetter von der antizyklonalen Seite und man
kann mit Fug und Recht behaupten, dass es in der Vergangenheit schon weit
schlechteres Osterwetter gegeben hat. Hauptdarsteller auf der Wetterkarte ist
das umfangreiche Hoch SPIRO, dessen Zentrum mit etwas über 1030 hPa heute Mittag
über der westlichen Ostsee positioniert ist. Der stützende Höhenrücken befindet
sich leicht westlich des Bodenhochs, seine Achse erstreckt sich von der
Iberischen Halbinsel bis hoch nach Spitzbergen. Flankiert wird der Rücken von
einem Trog über dem nahen Atlantik und einem elliptisch konfigurierten Höhentief
mit Drehzentrum über dem Grenzbereich Belarus-Ukraine. Zwischen dem Tief und dem
Rücken wird bei uns eine nord-nordöstliche Höhenströmung generiert, in die ein
flacher Sekundärtrog eingelagert ist, der heute von der Ostsee her
süd-südwestwärts schwenkt. Er markiert - wenn man so will - das Haar in der
Suppe, sorgt er doch in der Osthälfte für hohe und mittelhohe, später unterhalb
der Absinkinversion (800 bis 850 hPa) auch für einige tiefe Wolkenfelder.

Ansonsten lässt sich aber konstatieren, dass in der zwar nicht übermäßig warmen
(T850 im Osten knapp unter 0°C, sonst 0 bis +5°C), aber sehr trockenen
kontinentalen Luftmasse (Td verbreitet im negativen Bereich) häufig die Sonne
scheint, in der Westhälfte nicht selten von einem wolkenlosen Himmel. Dort wird
es mit 15 bis 19°C, lokal vielleicht 20°C auch am wärmsten, während in der
Osthälfte mit 10 bis 16°C insgesamt etwas kleinere Brötchen gebacken werden. Am
Rande des Hochs lebt der östliche (im Nordosten nördliche) Wind tagesgangbedingt
leicht böig auf, am stärksten im Süden BaWüs, wo er als Bise unterwegs ist.
Während auf den Schwarzwaldhöhen aufgrund zunehmender Durchmischung tendenziell
eine leichte Abnahme gegenüber der Nacht zu erwarten ist, könnte es in
Oberschwaben und Südbaden für die eine oder andere steife Böe 7 Bft reichen.

In der Nacht zum Ostermontag tut sich herzlich wenig an der geschilderten
Gesamtkonstellation. Das Drehzentrum des östlichen Höhentiefs verlagert sich
etwas nach Südwesten, wobei er mehr und mehr zu einem Kaltlufttropfen mutiert.
Bei uns bekommt die nordöstliche Höhenströmung einen leicht zyklonalen Touch,
was aber kaum Auswirkungen auf das Wettergeschehen hat. Auch die Tatsache, dass
der gute SPIRO etwas schwächelt respektive gewisse Rückzugsgedanken in Richtung
Schweden hegt, zeigt keine nennenswerten Auswirkungen. Kurzum, die Nacht
verläuft häufig klar, nach Osten hin teils gering bewölkt und durchweg trocken.
Da sich die Luftmasse nicht ändert und der Wind sowohl gradient- als auch
tagesgangbedingt abnimmt, muss einmal mehr mit Frost gerechnet werden. Luftfrost
bis etwa -3°C tritt vor allem in der Osthälfte sowie im Bergland auf, Frost in
Bodennähe (bis zu -7°C; kann man gebrauchen wie Fußpilz) abgesehen von einigen
Niederungen Westdeutschlands sogar verbreitet.

Montag... steuert der Kaltlufttropfen die Westukraine bzw. Ungarn an.
Gleichzeitig bemüht sich der Trog über dem nahen Atlantik, dem weiterhin
prominent aufgestellten Höhenrücken am Zeug zu flicken. Dieser lässt sich aber
nicht sonderlich beirren, pariert die Attacken souverän, auch wenn er gerade
über dem westlichen Mitteleuropa einen minimalen Substanzverlust hinnehmen muss.
Das führt letztlich dazu, dass sich über Fennoskandien eine abgeschlossene
Höhenantizyklone etabliert, von der sich aber weiterhin eine Potenzialbrücke bis
nach Südwesteuropa erstreckt. An ihrem Rand bleibt bei uns eine leicht zyklonal
konturierte nord-nordöstliche Höhenströmung über, die zwar keine Bäume ausreißt,
dafür aber die Inversion etwas anhebt auf 800 bis 750 hPa.
Mit Verlagerung des Hochschwerpunkts nach Norden bzw. Nordosten fächert der
Gradient bei uns weiter auf, so dass der Wind allgemein schwächer unterwegs ist
als heute noch. Da er weiterhin aus östlichen Richtungen kommt, bleibt die
Zufuhr kontinentaler Luftmassen erhalten. Zwar geht T850 im Westen etwas zurück,
an den 2m-Temperaturen ändert sich gegenüber heute aber nur wenig. Auch sonst
sind die Änderungen alles andere als fundamental: in der Westhälfte keine oder
nur ganz lockere Wolken (die Cirren vorderseitig des atlantischen Troges werden
es wohl nicht ganz bis zu uns schaffen). Nach Osten hin etwas mehr Gewölk,
darunter trotz der trockenen Luft auch mal mehr, mal weniger dichte Quellungen,
die unter der Inversion z.T. breitlaufen können.

In der Nacht zum Dienstag verlagert sich der Kaltlufttropfen in den Osten
Ungarns, gleichzeitig beginnt der atlantische Trog knapp südlich von Irland
abzutropfen. Oder anders ausgedrückt: Kaum ist Ostern vorbei, fängt die
Atmosphäre an herumzueiern. Noch ist aber ein Puffer zwischen den beiden
"Höheneiern" in Form der o.e. Potenzialbrücke vorhanden, die - so ehrlich muss
man sein - aber mehr und mehr in Schwierigkeiten gerät. Sowohl von Westen als
auch von Osten nehmen die Wolkenanteile zu und in den frühen Morgenstunden
können von Polen her sogar die ersten leichten Regenfälle über die Grenze in den
äußersten Osten herüberschwappen. Die Frostgefahr nimmt gegenüber den Vornächten
ab. Trotzdem, im Bergland sowie dort, wo es noch für längere Zeit klar bleibt,
sind Werte um oder etwas unter dem Gefrierpunkt möglich.

Dienstag... beginnt der weiterhin elliptisch geformte Kaltlufttropfen östlich
von uns seine Längsachse von meridional auf zonal zu stellen. Am Ende des Tages
erstreckt er sich vom Schwarzen Meer bis nach Tschechien, wobei sich in den
Simulationen mehrere lokale Potenzialminima finden lassen. Während das östliche
"Ei" also eine Kippbewegung vollzieht, steht das westliche "Ei" eher auf reine
Translation. Will heißen, das Cut-Off-Tief steuert ganz geradlinig von Nord nach
Süd die Biskaya und später die Iberische Halbinsel an. Getrennt werden die
beiden Höhentiefs weiterhin durch die Reste der Potenzialbrücke, die von der
Nordsee bis zum westlichen Mittelmeer verläuft. Zwar sieht die Brücke auf den
Wetterkarten ziemlich kränklich aus, doch das täuscht. So schafft sie es nicht
nur, das über Frankreich und UK verlaufende Frontensystem zu blockieren. Es ist
auch noch genügend Energie vorhanden, die Westhälfte und Teile Norddeutschlands
trotz Wolken mit einigen Sonnenstunden zu versorgen.

Je weiter man sich allerdings gen Osten orientiert, desto mehr nehmen die
Sonnenanteile ab. Grund ist das bereits erwähnte Kippen der Höhentiefachse, was
mit dem Durchschwenken eines Randtrogs von Nordwestpolen respektive der Ostsee
in Richtung Südwesten einhergeht. Vorderseitige PVA generiert synoptisch-skalige
Hebung, die nicht nur einen erhöhten Wolkenanteil, sondern auch zeitweilige
Niederschläge zur Folge hat. Wie weit diese am Ende nach Westen ausgreifen, wird
derzeit noch unterschiedlich gesehen. ICON gibt sich am progressivsten
(Osthessen, östliches NDS), wohingegen die Externen kontrolliert defensiv
agieren (etwa südöstliches Bayern, Sachsen, Lausitz). Im östlichen Bergland ist
bei leicht sinkenden Temperaturen auf 850 hPa (-2 bis -5°C) sogar die feste
Phase am Start. Der Wind kommt aus dem Sektor Nord bis Ost, spielt bei geringen
Luftdruckgegensätzen warntechnisch aber keine Rolle.

In der Nacht zum Mittwoch erreicht der o.e. Randtrog die Alpen. Er erzeugt im
Südosten weitere Niederschläge, deren Intensität und räumliche Verteilung aber
noch unsicher sind. Im Zuge weiterer KLA sinkt die Schneefallgrenze auf unter
1000 m, was mal wieder typisch für den April ist. Wo wie viel Schnee fällt und
ob glatt oder nicht steht aber alles noch nicht fest. Leichten Frost gibt es am
ehesten im zentralen und östlichen Bergland sowie punktuell im Osten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Hinsichtlich der "Eierei" nach Ostern haben sich die Modelle angenähert, sprich,
die Potenzialfelder weisen mittlerweile eine mehr als solide Kongruenz auf. Bei
der Niederschlagsverteilung ab Dienstag trifft das noch nicht ganz zu (siehe
auch Text). ICON scheint hier die Vorreiterrolle einzunehmen mit der größten
Flächenausdehnung und auch der höchsten Intensität.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann