DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-09-2016 09:00
SXEU31 DWAV 230800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 23.09.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HM (Hoch Mitteleuropa)

Heute im äußersten Norden kurze Gewitter nicht gänzlich ausgeschlossen. Sonst
antizyklonales Spätsommerwetter mit nächtlichen Nebelfeldern, die sich tagsüber
aber noch auflösen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Freitag... befindet sich Deutschland zwischen einem sich neu generierenden
Trogkomplex über dem Ostatlantik und einem LW-Trog mit Drehzentrum über dem
Westen Russlands unter einer leicht indifferenten westlichen Höhenströmung.
Indifferent deswegen, weil der gestern noch wetterbestimmende schwache Rücken
langsam nach Osten abwandert, dabei im Norden aber aktuell von einem sehr
kurzwelligen KW-Trog überlaufen wird. Im folgt im Tagesverlauf ein zweiter,
derzeit noch westlich von uns positionierter KW-Trog, der etwas ausgeprägter ist
als sein Vorgänger und mit positiver Achsstellung nach Südwesten zurückhängt.
Beide Tröge gehören nicht gerade zu den Giganten ihrer Zunft, sprich,
substanzielle Hebungsprozesse sind nicht zu erwarten, zumal die Höhenwinde
insgesamt ziemlich schwach ausfallen und der zweite Trog über eine konfluente
Vorderseite verfügt, was bekanntermaßen keine besonders PVA- ergo
hebungsfördernde Konstellation darstellt.
Viel Brimborium also um nichts? - Nicht ganz, lautet die Antwort, ist doch da
noch eine schwache Kaltfront, die des nachts noch relativ weit nach Südwesten
ausgreifend analysiert worden ist, im Tagesverlauf mangels ausreichend
Baroklinität von Südwesten her nun aber mehr und mehr gekürzt wird. Diese
Kaltfront, die zu einem Tief unweit von Island gehört, überquert heute den
Norden oder besser die Nordhälfte unseres Landes ostwärts. Dabei kommt es im
Norden, etwas abgeschwächt aber auch bis in den westlichen Mittelgebirgsraum
ausgreifend, sowohl präfrontal (mit etwas synoptischer Fantasie ließ sich in der
aktuellen Analyse sogar eine Konvergenz finden) als auch an der Front selbst zu
einzelnen Schauern. Kurze Gewitter sind zwar nicht völlig ausgeschlossen,
aufgrund bescheidener Labilitäts- und CAPE-Werte (Höhenkaltluft fehlt z.B.
gänzlich) aber auch nicht besonders wahrscheinlich. Wenn, dann blitzt und
donnert es am ehesten mal im äußersten Norden.
Ansonsten gestaltet sich der Tag heute einmal mehr ziemlich ruhig und trotz
wechselnder Bewölkung nicht wirklich unfreundlich, zumal die Temperatur mit
Maxima zwischen 18 und 23°C auch recht passabel daherkommt. Etwas fraglich ist
derzeit noch, ob es am Nachmittag auch an den Alpen für vereinzelte Schauer
reichen wird, was insbesondere von ICON und ICON-Nest propagiert wird, während
sich andere Modelle in vornehmer Zurückhaltung üben.

Am Abend und in der Nacht zum Samstag nimmt der antizyklonale Einfluss wieder
zu. Im Zuge der fortschreitenden Austrogung über dem nahen Ostatlantik sorgt
vorderseitige WLA für Potenzialgewinn, der sich in der Aufwölbung eines
neuerlichen Höhenrückens widerspiegelt. Dieser schiebt sich von Frankreich und
Benelux bis nach Deutschland vor und drängt den o.e. Trog nach Süden bzw.
Südosten ab. Gleichzeitig kräftig sich auch das Bodenhoch, das sich von
Frankreich und der südwestlichen Nordsee bis in die Türkei erstreckt (höchster
Druck zwischen 1025 und 1030 hPa). Und so kommt es, wie es kommen muss, letzte
Schauer fallen zusammen und noch vorhandene Wolken lösen sich vielerorts auf
bzw. ziehen ab. Das wiederum fördert die Nebelbildung, die im Süden und im
Mittelgebirgsraum (Flusstäler, Senken) stärker ausfallen dürfte als im Norden,
was u.a. von MOS-Mix, aber auch vom in der Grenzschichtparametrisierung starken
polnischen UM so gesehen wird (ICON lässt den Nebel bis in die Norddeutsche
Tiefebene ausgreifen, während COSMO-EU nebeltechnisch eher auf verstärkte
Defensive (nur wenige Felder im Süden und in der Mitte) setzt).

Samstag... verstärkt sich der Rücken noch etwas bei gleichzeitig leichter
Progression nach Osten. Am Tagesende liegt er mitten über Deutschland (seine
Achse reicht aber bis hoch nach Spitzbergen), wo sich sogar ein eigenständiges
Höhenhoch abspaltet.
Der Schwerpunkt des korrespondierenden Bodenhochs verlagert sich in Richtung
nördlicher Balkan. Mit östlicher bis südlicher Grundströmung gelangt zunehmend
warme und insgesamt recht trockene Subtropikluft insbesondere in den Süden und
Westen, während nach Nordosten hin noch für längere Zeit westliche Winde wirksam
sind. Am Abend jedenfalls reicht die Spanne der 850-hPa-Temperatur von 5°C über
Usedom und Rügen bis zu 12°C im äußersten Süden.
Wettermäßig scheint in weiten Teilen des Vorhersageraums die Sonne, die nur von
einigen hohen Wolkenfeldern oder flacher Quellbewölkung flankiert wird.
Allerdings kann es an der einen oder anderen Stelle etwas dauern, bis sich der
Nebel aufgelöst hat, was aber bis Mittag der Fall sein sollte.
Nach Norden und Osten hin entwickeln sich in der indifferenten bis leicht labil
geschichteten Grundschicht Quellungen, die sich aber an der zwischen 900 und 800
hPa befindlichen Sperrschicht "die Birne stoßen", sprich, sich daran ausbreiten
und entsprechend für etwas geringere Einstrahlung sorgen. Dort steigt die
Temperatur auf 18 bis 23°C, sonst auf 20 bis 25°C, wobei die "25" aber nur lokal
im Westen und Südwesten erreicht wird. Dort, wo der Nebel erst gegen Mittag
weicht, reicht es wohl nicht für 20°C.

In der Nacht zum Sonntag verbleibt Deutschland unter Hochdruckeinfluss,
allerdings rückt der o.e. Höhentrog vom nahen Ostatlantik etwas dichter an den
europäischen Kontinent heran. Auch die Kaltfront eines Tiefs südlich von Island
macht etwas Boden nach Osten hin gut, ohne aber unseren Raum schon zu erreichen;
sie liegt um 00 UTC mitten über UK und der Biscaya. Immerhin setzt vorderseitig
Druckfall ein, was im Nordwesten eine leichte Gradientverschärfung zur Folge
hat. Der daraufhin einsetzende südliche Wind wird zwar unterhalb jedweder
Warnschwellen bleiben, sorgt aber dafür, dass die Nebelneigung dort gering bis
gar nicht vorhanden ist. Anders die Situation insbesondere im Süden (vor allem
Donauniederungen), bedingt aber auch in der Mitte, wo sich erneut gebietsweise
Nebel bilden wird. Zudem kann es in einigen süddeutschen Mittelgebirgstälern
(eher im Osten als im Westen) vereinzelt leichten Bodenfrost geben.

Sonntag... verlagert sich das gesamte Strömungsmuster etwas nach Osten. So liegt
die Achse des Höhenrückens um 18 UTC etwa über der Grenze zu Polen (ICON, 300
hPa), während die Achse des sich von Westen nähernden Troges zum gleichen
Zeitpunkt von Westfrankreich bis zur Irischen See reicht. Die vorgeschaltete
Kaltfront kommt ebenfalls etwas ostwärts voran, greift tagsüber aber noch nicht
auf den Vorhersageraum über. Allerdings bildet sich vorderseitig eine flache
Tiefdruckrinne, die sich dem Westen und Nordwesten "bedrohlich" nähert. Bis auf
GFS, das zum Abend hin im äußersten Südwesten und Westen etwas Konvektion
simuliert, halten sich die Modelle mit Niederschlägen aber zurück. Das liegt
letztendlich daran, dass Regen und Gewitter fast ausschließlich frontgebunden
gerechnet werden und vorlaufende Ereignisse nicht zugelassen werden, was in der
Natur nicht unbedingt so laufen muss. Für hohe und mittelhohe Wolken wird es
spätestens ab Nachmittag aber allemal reichen.
Ansonsten scheint aber nochmals verbreitet die Sonne, wenn sich die Nebelfelder
zum Teil etwas pomadig aufgelöst haben. Die niedertroposphärische WLA erreicht
ihren Höhepunkt, die 850-hPa-Temperatur liegt am Abend landesweit zwischen 9 und
12°C, was auf irdischem Niveau Tageshöchstwerte von 20 bis 25°C, im Westen und
Südwesten mit orografischer Unterstützung im Lee örtlich sogar etwas darüber,
zur Folge hat - Spätsommerfreund, was willst du mehr? Dort, wo sich der Nebel
spät auflöst, wird es nicht ganz so warm, allerdings sollte man sich dort
darüber freuen, dass sich der Nebel überhaupt noch auflöst. Es wird nicht mehr
lange dauern und es bleibt in einigen Regionen - ähnliche synoptische
Rahmenbedingungen vorausgesetzt - ganztägig trüb.
Zwar lebt der südöstliche Wind mitunter leicht böig auf, für Warnungen wird es
sehr wahrscheinlich aber nicht reichen.

In der Nacht zum Montag greift die Front mit vorlaufender Rinne und darin
möglicherweise eingelagerter Konvergenz auf die westlichen Landesteile über.
Dabei beißt sie sich an dem äußerst resistenten und nur langsam nach Osten
weichenden Höhenrücken die Zähne aus, will heißen, sie büßt deutlich an
Wetterwirksamkeit ein. Hinzu kommt, dass die Vorderseite des nachfolgenden
Höhentroges einerseits konfluent konturiert ist und zudem noch von KLA
überlaufen wird, so dass dynamische Hilfestellung für die Front kaum zu erwarten
ist.
Lange Rede, kurzer Sinn, im Westen und Nordwesten reicht es nach heutigem Stand
für den einen oder anderen Schauer respektive etwas Regen, vielleicht auch mal
für ein kurzes Gewitter. Nach Osten und Süden hin merkt man von dem ganzen
Geschehen noch nichts, dort (Süden, Südosten) muss einmal mehr gebietsweise mit
Nebel gerechnet werden.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die geschilderte Entwicklung ist aus numerischer Sicht alternativlos. Kleinere
Unschärfen sind nicht warnrelevant, wenn man vielleicht mal von der räumlichen
Verteilung des nächtlichen Nebels absieht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann