DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-04-2022 07:01
SXEU31 DWAV 100800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 10.04.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: NWz, zu Wochenbeginn Sa
Heute vor allem im Norden und Osten noch "abgemildertes Aprilwetter" mit
vereinzelten Gewittern und stürmischen Böen an den Küsten. Nach oft frostiger
Nacht zu Wochenbeginn ruhig und von Südwesten deutlich milder.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... ähnelt das großräumige Geopotenzialmuster in 300 bzw. 500 hPa über
dem nordostatlantisch-europäischen Raum einem großen Omega. Einem veritablen,
vom westlichen Mittelmeerraum über die Britischen Inseln bis nach Island
reichenden Höhenrücken stehen zwei Langwellentröge gegenüber: Einerseits über
dem nahen Ostatlantik, der inzwischen bis ins Seegebiet nördlich der Kanaren
amplifiziert hat, andererseits über Skandinavien und dem östlichen Mitteleuropa
bis zur Adria bzw. zum zentralen Mittelmeerraum reichend. Typischerweise erweist
sich das Muster, was dessen Wellengeschwindigkeit angeht, als ziemlich träge.
Soll heißen: Der Rücken kommt über den Britischen Inseln nur sehr zögerlich nach
Osten voran, der vorgelagerte Trog greift bis zum Abend grade so auf die
Balkanstaaten über.
Somit bleibt das Vorhersagegebiet vorerst unterhalb einer relativ glatten
nordwestlichen Höhenströmung. Dabei gelangt maritime Polarluft zu uns, die vor
allem nach Nordosten zu noch relativ hochreichend labil geschichtet ist. Bei 500
hPa-Temperaturen, die nur langsam von aktuell etwa -26 Grad im Südwesten bis -34
Grad an der Oder bis zum Abend auf immerhin -20 Grad entlang und westlich des
Rheins ansteigen, nordöstlich der Elbe dann aber immer noch unter -30 Grad
verharren, reicht die Labilitätsfläche mit tagesgangbedingter Erwärmung bis auf
etwa 700 hPa im Südwesten und noch bis auf über 600 hPa im Norden und Osten.
Dabei bietet ein flacher und kurzwelliger Troganteil, der aktuell den Nordwesten
erreicht hat und sich rasch südostwärts verlagert, im Laufe der kommenden
Stunden noch zusätzlich etwas dynamischen Hebungsinput.
Im Bodenfeld schafft es das mit dem Rücken korrespondierende Hochdruckgebiet,
sich mit seinem Schwerpunkt von Zentralfrankreich bis zum Abend nach
Süddeutschland vorzuarbeiten, während sich der inzwischen mehrkernige
Tiefdruckkomplex über dem Norden Skandinavien kaum verlagert, sich aber auch nur
zögernd auffüllt. An dessen Südwestflanke bleibt somit heute vor allem im Norden
und Osten noch ein veritabler Gradient aufrecht, der nur sehr zögerlich von
Südwesten her etwas auffächert. Mit Erwärmung und somit Labilisierung der
Luftmasse setzt im Tagesverlauf somit turbulente Durchmischung ein und der Wind
frischt auch im Binnenland landesweit aus West bis Nordwest auf. In der
Nordosthälfte, in etwa nordöstlich einer Linie vom nördlichen Emsland bis zum
Westerzgebirge, gibt es recht verbreitet starke bis steife Böen (Bft 6 bis 7),
an den Küsten, in höheren Lagen sowie in Schauer- bzw. Gewitternähe auch
stürmische Böen (Bft 8), auf dem Brocken kann es anfangs auch noch Sturmböen
(Bft 9) geben. m späten Nachmittag und Abend flaut der Wind dann allerdings
rasch von Südwesten her ab, wobei neben dem Tagesgang auch die
Gradientauffächerung wirksam wird.
Einzelne kurze Schauer kann es fast überall geben, lediglich in einigen Regionen
Südwestdeutschlands sowie im Lee der Mittelgebirge bleibt es gebietsweise
trocken. Etwas kräftiger fällt die Schauertätigkeit aber noch im Norden und
Osten aus, wobei bevorzugt dort auch nochmals kurze Graupelgewitter dabei sein
können. Die Luftmasse erwärmt sich auch niedertroposphärisch nur sehr zögerlich,
bis zum Abend auf Werte zwischen -1 Grad im Südwesten und -7 Grad im Nordosten
in 850 hPa. In höheren Lagen fallen die Schauer entsprechend auch als Schnee,
wobei die Mengen zu gering für größere Neuschneeakkumulationen sind. Auch für
Glätte sollte es aufgrund des schon recht ausgeprägten Bodenwärmestromes nur
selten reichen. Lediglich im höheren Erzgebirge sowie im Stau der Alpen fallen
bis zum Abend noch einige Zentimeter Neuschnee.
Die Sonne zeigt sich vor allem im Südwesten, aber auch im Lee einiger
Mittelgebirge sowie an den Küsten, insbesondere der Ostsee, relativ häufig,
während es im Nordweststau der Berge meist stark bewölkt bleibt. An den
Höchstwerten ändert sich gegenüber gestern nur wenig. Meist liegen sie zwischen
5 Grad an den Mittelgebirgen bzw. am Alpenrand und 12 Grad im Westen, im
Südwesten können vielleicht knapp 14 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Montag rückt uns der Rücken weiterhin nur sehr zögerlich auf
die Pelle. Immerhin erreicht dessen Achse Montagfrüh in 500 hPa Frankreich und
die westliche Nordsee. Sie wird mehr und mehr von WLA überlaufen, so dass trotz
einer nach wie vor recht ausgeprägte nordwestlichen Höhenströmung der thermische
Trog über dem Vorhersagegebiet von Südwesten her mehr und mehr zugeschüttet wird
und deutliche Stabilisierung einsetzt.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt über den östlichen Alpenraum hinweg
allmählich Richtung Ungarn, wobei ein Keil quer über Deutschland bis zur
südlichen Nordsee reicht. Somit fächert auch im Nordosten der Gradient rasch auf
und bereits im Laufe der zweiten Nachthälfte reicht es wohl auch entlang der
vorpommerschen Ostseeküste nicht mehr für warnrelevante Böen.
Auch die Schauertätigkeit geht rasch in die Knie, wobei ICON-D2, aber auch GFS
und IFS in einem Streifen knapp nordöstlich der Elbe bis in die zweite
Nachthälfte hinein einzelne auf der Agenda hat.
Ansonsten lösen sich die Quellwolken aber mehr oder weniger rasch auf oder gehen
teilweise auch in Schichtbewölkung über, vor allem nordöstlich der
Divergenzachse des Hochkeils, also von Schleswig-Holstein bis nach
Nordbrandenburg. Im Bereich der Achse, vor allem vom Nordwesten bis in die Mitte
des Landes, aber auch im Südosten, zeigen einige MOS-Verfahren leicht erhöhte
Nebelwahrscheinlichkeiten. Ansonsten verläuft die Nacht aber oftmals gering
bewölkt, allerdings macht sich von Südwesten her bereits die WLA anhand höherer
Wolkenfelder bemerkbar. Diese verhindern aber nicht überall eine frostige Nacht,
frostfrei bleibt es lediglich an den Küsten sowie im äußersten Nordosten, aber
auch in einigen Regionen Westdeutschlands. In den Tälern der süddeutschen
Mittelgebirge und der Alpen kann es dagegen auch mäßigen Frost geben. Glätte
spielt wohl nur in einigen Höhenlagen (Alpen, Erzgebirge) eine Rolle.

Montag... kommt der Höhenrücken weiterhin nur langsam ostwärts voran und
erreicht zu Tagesende mit seiner Achse immerhin die Westgrenze des
Vorhersagegebietes. Das Bodenhoch verlagert sich Richtung Balkan bzw. Ungarn und
Slowakei, wobei nach wie vor ein allerdings nur noch flacher Keil über
Tschechien hinweg nordwestwärts bis zur Deutschen Bucht reicht. Nordöstlich der
Divergenzachse, also von Schleswig-Holstein bis nach Nordbrandenburg, reicht die
Absinkinversion immerhin bis auf etwa 800 hPa, darunter ist die Luftmasse
weiterhin labil geschichtet (bei immerhin noch -1 bis -4 Grad in 850 hPa),
allerdings reicht es innerhalb der bodennah von Nordwesten her advehierten
Nordseeluft nur noch für flache Quellbewölkung, die sich auch an der Inversion
ausbreiten können, Schauer sollte es keine geben.
Ansonsten dreht der Wind bodennah auf Ost bis Südost und mit sich von Südwesten
her etwas verstärkendem Druckfall lebt auch er etwas auf, ist aber bei Weitem
nicht warnrelevant. Dabei wird es nun auch niedertroposphärisch mit auf Südwest
drehendem Wind vor allem im Westen und Süden deutlich wärmer, bis zum Abend
steigt die Temperatur in 850 hPa auf Werte zwischen 0 Grad in etwa von der
Nordsee bis zum Westerzgebirge und sogar bis auf 8 Grad im Südwesten. Dazu
scheint neben durchziehenden hohen und mittelhohen Wolkenfeldern vielfach die
Sonne. Somit ergibt sich innerhalb des Vorhersagegebietes ein recht veritables
Temperaturgefälle. Während es im Nordosten sowie an Nordseeküstenabschnitten mit
auflandigem Wind (z.B. Nordfriesland) mit Höchstwerten zwischen 8 und 12 Grad
kaum milder als am Vortag wird, werden im Westen und Südwesten bereits 14 bis
18, am Rhein vielleicht sogar 19 Grad erreicht.

In der Nacht zum Dienstag baut sich knapp östlich von uns eine vom Balkan über
das östliche Mitteleuropa bis nach Südskandinavien reichende Hochdruckzone auf,
die allmählich Verbindung zu einem Hoch bei Grönland aufnimmt. Derweil greift
die Achse des Höhenrückens auf das Vorhersagegebiet über.
Mit Verstärkung der Hochdruckzone steigt der Luftdruck vor allem über dem
Nordosten des Landes etwas an, während sich im Westen und Südwesten der schwache
Druckfall fortsetzt. Summa summarum verschärft sich zwar der Gradient über dem
Vorhersagegebiet weiterhin etwas und der (nun auch im Nordosten auf Ost bis
Südost drehende) Wind lebt ein wenig auf, für warnrelevante Böen dürfte das aber
selbst in den Kammlagen einiger westlicher Mittelgebirge sowie über der
Deutschen Bucht nicht reichen.
Somit verläuft die Nacht wettertechnisch ruhig, flache Nebelfelder breiten sich
am ehesten im Südosten und in der Mitte aus. Im Osten und Süden gibt es vor
allem in windgeschützten Lagen erneut leichten Frost, ansonsten verhindern auch
durchziehende hohe, teils sogar mittelhohe Wolkenfelder - immerhin greift die
Warmfront eines Tiefs nordwestlich von Schottland bereits auf Frankreich über -
ungehinderte Ausstrahlung. Im Westen verläuft die Nacht mit dem auflebenden
Südostwind gebietsweise sogar recht mild mit Tiefstwerten um 10 Grad.

Dienstag... kommt der Höhenrücken über dem Vorhersagegebiet kaum mehr nach Osten
voran, wird sogar gestützt durch WLA vorderseitig eines von Island nach
Schottland ziehenden Randtroges und kann sich noch etwas nach Norden ausweiten.
Derweil greift der Höhentrog über West- und Südwesteuropa über die Iberische
Halbinsel Richtung Nordafrika aus, so dass sich über Frankreich und Benelux,
aber auch über dem Westteil des Vorhersagegebietes eine überwiegend antizyklonal
konturierte südsüdwestliche Höhenströmung einstellt.
Niedertroposphärisch dreht die Strömung nun auch über dem Osten bzw. Nordosten
des Landes auf Südwest, so dass die Temperaturen in 850 hPa landesweit ansteigen
und bis zum Abend Werte zwischen 4 Grad an der Oder und schon sommerlich
anmutende 13 Grad in Südbaden bzw. Oberschwaben erreichen.
Im Bodenfeld kommt die über das östliche Mitteleuropa bis nach Südskandinavien
reichende Hochdruckzone ebenfalls kaum nach Osten voran, während ein mit dem
oben angesprochenen Randtrog korrespondierendes Tiefdruckgebiet bis zum Abend
vom Südwesten Englands zur schottischen Nordseeküste zieht. Dessen Warmfront
zieht über Frankreich und Benelux zur Nordsee und streift dabei auch den
äußersten Westen und Nordwesten Deutschlands. Nicht nur, aber vor alem dort
macht sich die Warmluftadvektion in Form durchziehender dichterer
Schleierwolken, teilweise auch mittelhoher Wolkenfelder bemerkbar, die auch weit
über die mittleren Landesteile nach Osten bzw. Nordosten ausgreifen können.
Vielleicht reicht es im Nordseeumfeld sogar für ein paar Regentropfen, ansonsten
bleibt es aber trocken.
Inwieweit diese Wolken die Einstrahlung hemmen und ob eventuell auch etwas
Saharastaub im Spiel ist, ist noch unklar, allerdings erscheinen die
MOS-Prognosen etwas optimistisch. Ein strahlend sonniger Tag steht sicherlich
nirgends auf der Agenda, allerdings dürfte der Sonnenanteil im Süden und in der
Lausitz noch mit am höchsten sein.
Die Erwärmung macht nicht nur aus diesem Grund nicht ganz die Fortschritte, die
man angesichts der stark steigenden 850 hPa-Temperaturen erwarten könnte. Ein
weiterer Grund ist auch der mit der leichten Gradientverschärfung etwas
auffrischende Südost- bis Ostwind, mit dem trockene und nicht ganz so warme
Festlandlust aus dem östlichen Mitteleuropa advehiert wird, wobei es in den
Kammlagen einiger zentraler und westlicher Mittelgebirge, eventuell auch in
deren Lee und über der offenen Nordsee bereits starke bis steife Böen (Bft 6 bis
7) geben kann.
Nichtsdestotrotz dürften die Temperaturen in der Südwesthälfte Höchstwerte
zwischen 17 und 22 Grad erreichen (die vom MOSMIX simulierten 24 Grad erscheinen
dann doch etwas zu optimistisch), auch im Nordosten reicht es für gegenüber den
Vortagen dann doch deutlich mildere 12 bis 17 Grad, lediglich an einigen
Küstenabschnitten mit auflandigem Wind bleibt es etwas kühler.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich der zunehmend kurzwellige Randtrog über
Schottland Richtung Südwestnorwegen, das Bodentief zieht bis Mittwochfrüh zur
nördlichen Nordsee und dessen Warmfront über Norddeutschland hinweg ostwärts.
Die Kaltfront erreicht in den Frühstunden eventuell schon den Nordteil der
Deutschen Bucht.
Vor allem über den Westen und Norden des Landes ziehen somit dichte,
mehrschichtige Wolkenfelder hinweg, aus denen es hier und da auch etwas regnen
bzw. tröpfeln kann. Weiter südöstlich bleibt es aufgelockert, im Südosten teils
auch gering bewölkt, stellenweise bilden sich dort flache Nebelfelder.
Der Wind dreht mehr auf Südost und weht in einigen Kammlagen sowie anfangs auch
noch über der Nordsee lebhaft mit einzelnen Böen Bft 6 bis 7, tendenziell flaut
er aber im weiteren Verlauf etwas ab.
Im Westen und Nordwesten verläuft die Nacht ziemlich mild, in einigen höher
gelegenen Bayerwald- und Alpentälern kann es dagegen leichten Frost geben.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine warn- und auch kaum
prognoserelevanten Unterschiede ausmachen. Vor allem am Dienstag sind die von
MOSMIX simulierten Höchstwerte aufgrund unsicherer Bewölkungsverhältnisse und
eventuell advehierten Saharastaubes sehr mit Vorsicht zu genießen und erscheinen
zu hoch.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff