DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

09-04-2022 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 09.04.2022 um 10.30 UTC



Zunächst freundlich und vorübergehend warm. Am Donnerstag vorübergehend
Tiefdruckeinfluss, zu den Osterfeiertagen wahrscheinlich wieder antizyklonaler,
aber von Nordosten her recht frisch.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 16.04.2022


In den kommenden Tagen, eigentlich auch über die Osterfeiertage hinaus, zeigen
die Modelle - aktuell sogar ausnahmslos - eine Neigung zu meridionalen,
blockierenden Wetterlagen, wobei wir uns anfangs auf der "warmen" Seite einer
Trog-Rücken-Konstellation befinden, ab der zweiten Wochenhälfte, und damit wohl
auch zu den Osterfeiertagen, zumindest nach Lesart der meisten vorliegenden
Modellen allerdings eher wieder kühleres Wetter (zwar überwiegend antizyklonal
mit nur wenig Niederschlägen, dafür aber mit Nachtfrostgefahr) zu erwarten ist.

Doch nun zur Entwicklung ab dem kommenden Dienstag im Detail:
Am Dienstag erstreckt sich ein breit angelegter Höhenrücken vom westlichen bzw.
zentralen Mittelmeerraum nordwärts über Mitteleuropa bis nach Südskandinavien.
Dieser wird flankiert von Höhentrögen einerseits über dem nahen Ostatlantik und
andererseits über Nordost- bzw. Osteuropa bis zum Schwarzen Meer reichend. Der
Rücken wirkt zunächst blockierend, so dass beide Tröge in weiterer Folge zum
Abtropfen neigen (über der Iberischen Halbinsel bzw. Nordafrika und über dem
Schwarzen Meer).
Im Bodenfeld stützt der Rücken ein umfangreiches, vom Balkan bis nach
Südskandinavien reichendes Hochdruckgebiet, das sich allmählich nach Osten
verlagert. Somit gelangt vorderseitig eines Tiefs über den Britischen Inseln,
dessen Warmfront wohl auch den Nordwesten und Norden des Landes mit
Wolkenfeldern streift, niedertroposphärisch sehr milde bzw. zunehmend warme Luft
(T850 hPa zu Tagesende zwischen 12 Grad im Südwesten und 5 Grad an der Oder) ins
Vorhersagegebiet. Vor allem im Westen und Süden werden die 20 Grad teilweise
deutlich überschritten, an der Ostsee bleibt es dagegen mit 12 bis 15 Grad recht
frisch, an auflandigen Küstenabschnitten sogar noch etwas kühler. Nachts reicht
es wohl nur noch in einigen Mittelgebirgstälern im Osten, Südosten sowie in
höheren Alpentälern für leichten Frost.

Am Mittwoch hat sich der Cut-Off-Prozess über Algerien vollzogen. Das nördliche
Trogresiduum wird über Nordwesteuropa durch einen Kaltluftvorstoß aus dem
Nordmeer allerdings regeneriert und kommt südostwärts nach Skandinavien bzw. zur
Nordsee voran. Der Höhenrücken wird nach Ost- und Südosteuropa abgedrängt,
ebenso wie das Bodenhoch.
Das mit dem Trog korrespondierende Bodentief zieht am Mittwoch und in der Nacht
zum Donnerstag über die nördliche Nordsee und Südskandinavien zur mittleren
Ostsee und kann sich dabei ein wenig intensivieren. Dessen Kaltfront greift
Mittwochnachmittag bzw. -abend auf Nordwestdeutschland über und kommt mit
schauerartigen, aber nicht sonderlich ergiebigen Regenfällen bis Donnerstagfrüh
in etwa zur Mitte des Landes voran. Vorher steht in weiten Teilen des Landes
aber erneut ein freundlicher und warmer Tag auf der Agenda.

Am Donnerstag schwenkt der sich weiter regenerierende Höhentrog unter
Amplifizierung nur noch zögernd südostwärts, erfasst aber auch Mitteleuropa und
reicht in der Nacht zum Freitag von der Barentssee über die Ostsee bis in den
westlichen bzw. zentralen Alpenraum. Weiter westlich wölbt sich erneut ein
markanter Rücken über die Britischen Inseln bis nach Island bzw. ins Nordmeer
auf, so dass das meridionale Muster erhalten bleibt.
Das Bodentief zieht allmählich weiter ins Baltikum, dessen Kaltfront kommt aber
nur noch zögernd südostwärts voran und erreicht wohl erst in der Nacht zum
Freitag die Alpen, wo es auch etwas kräftiger regnen kann, Schnee fällt erst
weit oberhalb von 1000 m.
Rückseitig weitet sich ein über der Norwegischen See verstärkendes
Hochdruckgebiet rasch über die Nordsee bis ins Vorhersagegebiet aus. An dessen
Südostflanke kommt allmählich die Advektion skandinavischer Kaltluft ins
Vorhersagegebiet in Gang, bis Freitagfrüh sinkt die 850 hPa-Temperatur auf -5
Grad im Nordosten und +3 Grad im Südwesten.

Am Karfreitag kommt es über Skandinavien von der Barentssee her erneut zu einem
markanten Kaltluftvorstoß, wodurch der Höhentrog ein weiteres Mal regeneriert
wird. Er kommt somit nur wenig nach Osten voran und befindet sich mit seiner
Achse in der Nacht zum Samstag nur knapp östlich des Vorhersagegebietes, wobei
ein Randtrog nach Lesart des aktuellen IFS-Laufes den Osten des Landes streift.
Der Rücken weiter westlich erstreckt sich über die Britischen Inseln weiterhin
ins Nordmeer und somit verbleiben wir unterhalb einer nördlichen bis
nordöstlichen Höhenströmung.
Im Bodenfeld verlagert sich die Kaltfront über die Alpen südwärts bzw. löst sich
auf. Das Hochdruckgebiet über der Norwegischen See weitet sich zur Nordsee aus,
wobei ein Keil bis in den Westen und die Mitte des Vorhersagegebietes reicht.
Dabei kann sich die skandinavische Kaltluft allmählich bis nach
Südwestdeutschland ausweiten, am Samstagfrüh mit 850 hPa-Temperaturen zwischen
-7 Grad in der Osthälfte und +1 Grad in Südbaden.
Nach letzten Niederschlägen an den Alpen bleibt es bei wechselnder Bewölkung und
auffrischendem (aber mit Ausnahme vielleicht einiger exponierter Höhenlagen im
Süden und Osten nicht warnrelevantem) Nordostwind meist trocken. Ob es mit dem
Randtrog im Osten und Südosten für kurze Schauer reicht, ist mehr als fraglich.
Allerdings kann es in der Nacht zum Samstag in ungünstigen Lagen, nach Lesart
des aktuellen IFS-Laufes vielleicht sogar etwas verbreiteter, leichten Frost
geben.

Am Samstag ändert sich an der großräumigen Konstellation der Geopotenzial- und
Druckgebilde nur wenig, insgesamt kommen Trog und Höhenrücken aber etwas nach
Osten voran.
Das Bodenhoch weitet sich nach Nordwestdeutschland aus, an dessen Ost- und
Südflanke dauert aber die Advektion skandinavischer Kaltluft an und findet in
der Osternacht ihren Höhepunkt mit 850 hPa-Temperaturen zwischen -9 Grad in der
Lausitz und -1 Grad in Südbaden. Ob es dabei ganz im Osten und an den Alpen vor
allem tagsüber für kurze Schauer (im Osten teils bis in tiefe Lagen als bzw. mit
Schnee) reicht, ist weiterhin fraglich, auf jeden Fall bleiben die Höchstwerte
dort nach Lesart des IFS unterhalb der 10 Gradmarke. Vor allem im Norden und
Westen scheint dagegen vielfach die Sonne, angesichts der Kaltluft dürfte es
aber für kaum mehr als 10 bis 15 Grad reichen. Nachts besteht nach wie vor
Frostgefahr.

Zu den beiden Osterfeiertagen hat der aktuelle deterministische IFS-Lauf dann
eine sehr kalte Lösung in petto. Der Höhentrog tropft über Osteuropa ab und
nähert sich sogar noch etwas dem Vorhersagegebiet an mit Drehzentrum am
Ostermontag über Polen. Somit verstärkt sich die Kaltluftadvektion sogar noch
etwas, das Muster wird zugleich etwas zyklonaler, so dass es im Osten und Süden,
vielleicht auch bis in die Mitte für einzelne Schauer reichen dürfte, die dann
bis in tiefe Lagen zumindest mit Schnee vermischt sind. Dies sei vorweggenommen:
In der Ausprägung stellt der IFS-Lauf zum Glück aber eine Extremlösung dar.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis Mittwoch folgen die beiden gestrigen IFS-Läufe im Großen und Ganzen dem
aktuellen Lauf.
Danach beginnen alle drei Läufe aber teils recht deutlich zu differieren. Sowohl
der 12 UTC- als auch der 00 UTC-Lauf von gestern simulieren den am Donnerstag
auf das Vorhersagegebiet übergreifenden Trog deutlich progressiver. Nach Lesart
des 00 UTC-Laufes folgt bereits in der Nacht zum Freitag erneut ein flacher
Höhenrücken, wobei die Strömung nördlich des Rückens zunehmend zonalisiert und
sich eine antizyklonal konturierte bzw. nördliche Westlage einstellt mit leicht
unbeständigem Wetter im Norden, während im Süden der freundliche
Witterungscharakter überwiegt.
Der gestrige 12 UTC-Lauf behält dagegen ein meridionales Muster bei, wobei sich
der ebenfalls rasch ostwärts schwenkende Höhentrog bis Samstag zum Schwarzen
Meer ausweitet und dort abtropft, während sich von
Westeuropa bzw. vom Ostatlantik ein breit aufgestellter Höhenrücken Richtung
Skandinavien und Mitteleuropa ausweitet. Bereits am Freitag mündet diese
Konstellation in die Großwetterlage Hoch Mitteleuropa.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch die globalen Modelle beginnen sich erst mit Übergreifen des Troges am
Donnerstag zu unterscheiden, allerdings nicht in dem Maße wie die IFS-Läufe.
Die progressivste Variante fahren dabei das ICON und (mit kleineren Differenzen)
auch das kanadische GEM. Nach Lesart beider Modelle schwenkt der Trog bereits in
der Nacht zum Freitag nach Osteuropa und der nachfolgende Höhenrücken (nach ICON
robuster aufgestellt als nach GEM) erfasst am Freitag nicht nur die Britischen
Inseln und die Nordsee, sondern auch das westliche Mitteleuropa. Das
korrespondierende Bodenhoch baut sich über Südskandinavien auf und an dessen
Südflanke stellt sich am Freitag und Samstag eine meist trockene östliche
Bodenströmung ein (am Freitag kann es nach ICON an den Alpen noch längere Zeit
Niederschläge geben). An der Südostflanke des Hochs gelangt nicht ganz so kühle
Festlandsluft wie nach IFS ins Vorhersagegebiet, im Rahmen einer sich
einstellenden Bisenlage kann es im Hochschwarzwald allerdings stürmisch werden.

Nach GFS kommt der Höhentrog am Freitag über dem Vorhersagegebiet kaum mehr nach
Südosten voran, sondern weitet sich nach Südwesten aus und tropft am Samstag
schließlich über Frankreich ab. Die über Mitteleuropa verlaufende Potenzialrinne
wird über Nordwesteuropa flankiert vom sich über die Britischen Inseln Richtung
Skandinavien ausweitenden Höhenrücken, der ein kräftiges Hoch über dem Nordmeer
stützt, das sich am Samstag zum Norden der Britischen Inseln verlagert. An
dessen Südostflanke gelangt von Nordosten her ebenfalls kalte Luft aus dem
skandinavischen Raum nach Deutschland, das Ganze vor allem am Freitag, aber
teilweise auch noch am Samstag in einem überwiegend zyklonal geprägten Umfeld,
so dass es einzelne Schauer geben kann. Die advehierte Luftmasse ist nicht ganz
so kalt wie nach Lesart des IFS, so dass es für die feste Phase wohl lediglich
im Bergland reicht.
Zu den Osterfeiertagen scheint dann nach Lesart des GFS das sich von den
Britischen Inseln in Form eines Keiles bis nach Norddeutschland ausweitende
Hochdruckgebiet allmählich die Oberhand zu gewinnen, wobei es allmählich etwas
milder und trockener wird, bei frischem Ostwind vor allem im Süden aber noch
nicht so richtig Frühlingsgefühle aufkommen mögen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Erwartungsgemäß bestätigen alle Cluster bis weit in die erweiterte Mittelfrist
(sogar bis über Ostern hinaus) die Neigung zu blockierenden Wetterlagen. Dabei
lassen sich die oben angesprochenen, unterschiedlichen Modelllösungen gut
einzelnen Clustern zuordnen.

Im Zeitraum T+72 bis 96 Stunden, also zu Beginn der Mittelfrist, herrscht noch
halbwegs traute Einigkeit. Alle drei Cluster haben den sich langsam über
Mitteleuropa hinweg ostwärts verlagernden Höhenrücken auf der Agenda.

Im Zeitraum T+120 bis 168 Stunden verteilen sich die 49 Ens-Member, der Haupt-
und Kontrolllauf dann auf 5 Cluster. Vor allem nach Cluster 1 (14 Member,
inklusive Kontrolllauf), aber abgeschwächt auch nach Cluster 3 (11 Member)
verstärkt sich nach raschem Durchschwenken des Troges bereits am Freitag rasch
wieder ein über die Britischen Inseln nach Skandinavien gerichteter Höhenrücken
und korrespondierend dazu ein Bodenhoch über Südskandinavien. Beide Cluster
ähneln der ICON- bzw. GEM-Variante.
Cluster 2 (12 Member) und Cluster 4 (8 Member, inklusive Hauptlauf) folgen in
etwa der vom Hauptlauf simulierten Variante.
Der Hauptlauf des GFS lässt sich dagegen am ehesten Cluster 5 (6 Member)
zuordnen.

Der Zeitraum T+192 bis 240 Stunden hat vier Cluster auf der Agenda. Cluster 2
(13 Member, inklusive Haupt- und Kontrolllauf), vor allem aber Cluster 4 (10
Member) lassen den Höhentrog weiterhin über Osteuropa amplifizieren, was in
einer kalten Nordwest- bis Nordströmung mündet, wobei kein Cluster das vom
Hauptlauf gezeigte Höhentief über Polen und die daraus resultierende sehr kalte
Lösung auf der Agenda hat.
Nach Lesart des Cluster 1 und 3 (15 bzw. 13 Member) verlagert sich der
Höhenrücken über Nordwesteuropa allmählich nach Mitteleuropa und wird dabei
zumindest nach Cluster 1 langsam abgebaut, somit dominiert bei nur zögernd
steigenden Temperaturen zunächst Hochdruckeinfluss im Vorhersagegebiet, ehe nach
den Osterfeiertagen von Norden her eventuell Tiefausläufer auf Norddeutschland
übergreifen.

In den Rauchfahnen für verschiedene, im Vorhersagegebiet verteilte Gitterpunkte
sind die ab Donner4stag beginnenden größeren Unsicherheiten gut auszumachen. Dem
Höhepunkt der "Wärmewelle" am Dienstag folgt nach Lesart einiger Member, vor
allem aber des Hauptlaufes und (etwas später folgend) auch des Kontrolllaufes am
Mittwoch (Norddeutschland) bzw. Donnerstag (Mitte) und in der Nacht zum Freitag
(Süden) ein jäher Absturz der Temperatur in 850 hPa. Allerdings wird der Spread
vor allem ab Freitag deutlich größer, wobei sowohl im unteren Temperaturbereich
(meist rund um -5 Grad) als auch etwa zwischen +2 und +5 Grad eine größere
Bündelung der Member auszumachen ist.
Nennenswerte Niederschläge haben die meisten Member lediglich am Donnerstag (im
Norden schon am Mittwoch) und am Freitag auf der Agenda.

FAZIT:
Nach einem warmen Dienstag und (Mitte, Süden) Mittwoch steht mit einer
Trogpassage vorübergehend unbeständiges Wetter auf der Agenda, einhergehend von
einer mehr oder weniger deutlichen Abkühlung.
Danach stellt sich zwar eher wieder ein antizyklonales Muster ein, je nach Lage
des Hochs dauert aber die Advektion kalter Luftmassen aus Nordosteuropa ins
Vorhersagegebiet mehr (IFS-Hauptlauf, GFS) oder weniger (ICON, GEM) fast über
die gesamte Osterzeit an. Der Hauptlauf hat dabei die kälteste, GFS die
unbeständigste Lösung auf der Agenda. Nach Lesart des ICON und GEM wird es zwar
auch kühler, jedoch stellt sich bereits zum Samstag hin wieder eine deutliche
Wetterbesserung ein und auch die nächtliche Frostgefahr fällt nach beiden
Modellen deutlich geringer aus.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Im Mittelfristzeitraum und wohl auch über die Osterfeiertage sind wohl kaum
signifikante Wetterereignisse zu erwarten. Zwar frischt an der (je nach Modell
Süd- oder Südostflanke) des Hochs vor allem ab Samstag der Nordost- bis Ostwind
auf, aber mit Ausnahme einiger Höhenlagen (am ehesten noch Schwarzwald) sollte
dieser kaum warnrelevant sein.
Ab der Nacht zum Samstag kann es aber vor allem in ungünstigen Lagen nochmals
leichten Frost geben.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOS-Mix (allerdings erscheinen die Temperaturprognosen teils
deutlich zu hoch).
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff