DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-04-2022 17:01
SXEU31 DWAV 051800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 05.04.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zyklonal West: Unbeständig und windig, auf den Bergen, vor allem am Donnerstag
auch in tiefen Lagen Sturm- und schwere Sturmböen. Dazu häufige Niederschläge,
vor allem in den west- und südwestdeutschen Mittelgebirgen sowie im Oberallgäu
Dauerregen, im Schwarzwald mit Unwetterpotenzial.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... befinden wir uns nach wie vor an der Südflanke eines umfangreichen
und breit angelegten Höhentroges mit Drehzentrum in etwa über dem Bottnischen
Meerbusen bzw. über Finnland unterhalb einer kräftigen, aber aktuell recht glatt
konturierten westnordwestlichen Höhenströmung. Der Jetstream ist dabei von
Südskandinavien zur südlichen Ostsee bzw. zum Baltikum gerichtet, so dass
Deutschland auf der "warmen" Seite der Frontalzone verbleibt und
mitteltroposphärisch vor allem über dem Norden und der Mitte des Landes
großflächig WLA aktiv ist.
Im Bodenfeld befindet sich das ehemalige Sturmtief "MIRELLA" inzwischen Finnland
erreicht und befindet sich achsensenkrecht unterhalb des Höhentiefs. Es zeigt
somit kaum mehr Verlagerungstendenz, übernimmt stattdessen eine zentralsteuernde
Position und füllt sich - allerdings nur sehr zögerlich - auf.
Die Kaltfront des Tiefs hat inzwischen das Baltikum, weite Teile von
Weißrussland und Polen überquert und wird als Warmfront über den Nordosten und
Norden Deutschlands und die Nordsee zu einem Tiefdruckgebiet nordwestlich von
Schottland zurückgeführt. Genau dieses System rückt dann ab dem morgigen
Mittwoch zunehmend in den Fokus des Wettergeschehens hierzulande.
Es befindet sich nämlich an der Südflanke eines über die Norwegische See bis
nach Island reichenden Rand- bzw. Sekundärtroges. Dieser kommt im Laufe der
Nacht allmählich nach Süden voran, wobei aus der Trogspitze ein kurzwelliger
Anteil ostsüdostwärts herausläuft und mit dem Bodentief immer besser
interagieren kann. Markante dynamische Hebung, die auf der diffluent
konturierten Trogvorderseite vor allem PVA geschuldet ist und zusätzlich noch
durch WLA gestützt wird, sorgt auch in der kommenden Nacht weiterhin für zwar
langsames, aber stetiges Auspumpen. Mittwochfrüh schlägt das Tief mit einem
Kerndruck von mittlerweile unter 980 hPa knapp westlich der Hebriden auf.
Die Warmfront kommt weiter nordostwärts voran und hat bis Mittwochvormittag die
südwestliche Ostsee erreicht, so dass sich das gesamte Vorhersagegebiet im
Warmsektor des Tiefs befindet. Mit Intensivierung und Annäherung des Tiefs
verstärkt sich, allerdings nur mitteltroposphärisch, die WLA im Bereich der
Warmfront, wird aber zögernd aus dem Vorhersagegebiet nach Nordosten abgedrängt.
Somit klingen die noch auftretenden und eigentlich lediglich in den
Weststaulagen einiger Mittelgebirge nennenswerten Regenfälle von Südwesten her
weiter ab, mehr als 5 l/qm werden bis Mittwochfrüh eigentlich nur noch in
exponierten Staulagen sowie im Norden und äußersten Osten simuliert. Somit
brauchen die aktuell noch laufenden Dauerregen- und Tauwetterwarnungen nicht
mehr verlängert zu werden.
Der Gradient fächert im Laufe der Nacht nur vorübergehend etwas auf und
verschärft sich später zumindest im Nordwesten wieder etwas, bei allerdings
stabiler Schichtung reicht es lediglich in den Kamm- und Gipfellagen einiger
Mittelgebirge (Brocken, Fichtelberg) für stürmische Böen bzw. Sturmböen (Bft 7
bis 8). Erst in den Frühstunden frischt der Wind im Nordwesten und in der Mitte
aus Südwest auf, im Nordseeumfeld gibt es dann steife bis stürmische Böen (Bft 7
bis 8).
Bei überwiegend dichter Bewölkung, die lediglich ganz im Süden und Südosten
später einige größere Lücken bekommt, beschränkt sich leichter Frost wohl
maximal auf einige, eher höher gelegene Alpentäler und ist nicht warnrelevant.

Mittwoch ... schwenkt der Rand- bzw. Sekundärtrog allmählich weiter nach
Südosten und erreicht abends das Seegebiet westlich von Schottland. Der
herauslaufende kurzwellige Anteil erreicht dann bereits die Hebriden bzw. die
Irische See, gewinnt an Wellenlänge sowie an Amplitude und fungiert damit quasi
als Tertiärtrog. Auf dessen Vorderseite dreht die Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet etwas auf Westsüdwest zurück und ist vorübergehend leicht
antizyklonal konturiert, was durchaus typisch für Warmsektoren ist.
Das Bodentief kommt kaum nach Südosten voran und erreicht im Tagesverlauf so
grade die Hebriden, befindet sich aber noch längere Zeit im trogvorderseitigen
Bereich, kann von der markanten, PVA geschuldeten Hebung profitieren und weist
zum Abend einen Kerndruck von nahe 970 hPa auf. Die Warmfront kommt über der
südlichen Ostsee und dem östlichen Mitteleuropa bzw. Osteuropa mangels
Schubkomponente nur zögerlich nord- bzw. nordostwärts voran. Eine Kaltfront
lässt sich angesichts der einheitlichen Luftmasse südlich der sich vom
Tiefdruckgebiet entlang der Warmfront nach Osten, bis nach Südschweden bzw. nach
Litauen ausweitenden Tiefdruckrinne dagegen erst einmal kaum ausmachen.
Allerdings zeigen die Modellsimulationen tatsächlich ein frontales Regenband,
das sich abends in etwa vom Okklusionspunkt über dem Kattegat oder Südschweden
südwestwärts über Dänemark, Nord- bzw. Westdeutschland und Nordwestfrankreich in
etwa bis zur Biskaya erstreckt, das man als Kaltfront (z.B. in den
Bodenvorhersagekarten von heute Früh, in den aktuellen Karten wurde sie
entfernt) interpretieren könnte. Ein Luftmassenwechsel ist mit diesem Regenband
aber nicht verbunden, es ist eher dem dynamischen Hebungsantrieb vorderseitig
eines kurzwelligen Troganteils geschuldet, der sich im Tagesverlauf über die
Britischen Inseln ostwärts verlagert und abends die Nordsee überquert. Daran
gekoppelt ist wohl auch die Entwicklung eines kleinräumigen Bodentiefs entlang
der Warmfront im Tagesverlauf irgendwo über der Nordsee oder über dem Skagerrak,
diese ist aber noch unsicher und für den Wetterablauf im Vorhersagegebiet nicht
so sehr von Belang.
Somit bleiben wir ganztägig im Warmsektor des Tiefs, auch, wenn sich die, nennen
wir sie mal Pseudokaltfront, im Laufe des Vormittags im Nordseeumfeld und in
Schleswig-Holstein in Form schauerartiger Regenfälle bemerkbar macht, die sich
im Tagesverlauf allmählich auch auf Westdeutschland und nach Vorpommern
ausweiten, aber kaum weiter nach Süden vorankommen. Bis zum Abend werden dort 1
bis knapp 10 l/qm simuliert, nach Lesart des ICON-D2, die kleinere konvektive
Einschübe (aber keine Gewitter) auf der Agenda haben, im nördlichen
Niedersachsen auch mehr.
In der Mitte und im Süden bleibt es dagegen zunächst meist trocken und vor allem
im Südosten sowie im Erzgebirgsvorland kann sich vielleicht auch mal länger die
Sonne zeigen. Zum Nachmittag und Abend hin gelangt von Frankreich her in den
Südwesten allerdings eine bis etwa 600 hPa oder knapp darüber leicht labil
geschichtete, vor allem aber recht feuchte Luftmasse (PPW-Werte um 20 mm), so
dass sich dort einzelne Schauer entwickeln. Ob es für ein kurzes Gewitter
reicht, ist noch unklar, wenn, wäre es wohl am ehesten an die Orographie
(Schwarzwald, Hunsrück, Pfälzer Wald) gekoppelt.
Somit steht einmal mehr der Wind im Fokus der Warntätigkeit. Mit allmählicher
Annäherung und Intensivierung des Tiefs verschärft sich der Gradient, im
Nordwesten werden im Tagesverlauf mehr als 50 kn in 850 hPa bzw. über 40 kn in
925 hPa simuliert. Bei indifferenter bis leicht instabiler Schichtung reicht das
in den Niederungen zumindest im Norden und in der Mitte, etwa bis in den Norden
von Baden-Württemberg bzw. Bayern verbreitet für steife Böen (Bft 7), an den
Küsten sowie im Nordwesten, im Westen und in der Mitte zumindest in freien Lagen
auch für stürmische Böen (Bft 8) aus Südwest. In den Kamm- und Gipfellagen gibt
es verbreitet stürmische Böen bzw. Sturmböen (Bft 8 bis 9), auf exponierten
Gipfeln (Brocken, Fichtelberg) schwere Sturmböen (Bft 10).
Dazu wird es relativ mild. In 850 hPa liegen die Werte zwischen 0 Grad im
Nordwesten und +5 Grad im Südosten. Das lässt Höchstwerte zwischen knapp 10 Grad
im Nordseeumfeld und etwa 18 Grad im Alpen- und Erzgebirgsvorland erwarten.

In der Nacht zum Donnerstag kann sich der "Tertiär"trog über den Hebriden bzw.
der Irischen See immer besser formieren und zieht rasch weiter zur Nordsee. Er
schiebt das Sturmtief im Bodenfeld an und holt es schließlich auch ein, wodurch
sich das Tief selber zwar nicht weiter intensiviert, aber auch nicht abschwächt
und morgens mit einem Kerndruck von nach wie vor um oder knapp unter 970 hPa in
etwa die mittlere Nordsee erreicht.
Zudem wird mit dem Trog höhenkalte Luft herangespült (morgens -33 Grad in 500
hPa über der Deutschen Bucht), wodurch sich die Baroklinität erhöht und nun auch
zunehmend eine Kaltfront auszumachen ist, die eventuell auch aus der
Pseudokaltfront hervorgeht. Sie reicht in etwa vom Bodentiefausgehend in einem
Bogen über die südwestliche Ostsee und Nordwestdeutschland westwärts bis zu
einer weiteren flachen Frontalwelle über dem Südwesten von England. Somit
breiten sich die schauerartigen Regenfällt im Bereich dieser Front bzw.
unmittelbar präfrontal nur zögernd südostwärts aus und reichen morgens etwa von
Nordbrandenburg bis nach Rheinland-Pfalz. Im Nordwesten lockern die Wolken
postfrontal wieder etwas auf, rasch entwickeln sich aber einzelne Regen- und
Graupelschauer, vor allem im Nordseeumfeld ist eventuell auch ein kurzes
Gewitter nicht ausgeschlossen.
Aber auch präfrontal, im Süden und Südosten, im Warmsektor weiten sich die
gebietsweise auftretenden schauerartigen Regenfälle im Laufe der Nacht ostwärts
aus, wobei wohl innerhalb der meist indifferent geschichteten, aber feuchten
Luftmasse ein oder mehrere kurzwellige Troganteile Hebungsantrieb liefern und
ursächlich dafür verantwortlich sind. In den Weststaulagen einiger Mittelgebirge
fallen dabei 5 bis 10 l/qm in 12 Stunden, im Schwarzwald und im westlichen
Oberallgäu auch bis 15 l/qm (Nordschwarzwald bis 19 l/qm), während im
südöstlichen Bayern noch kaum was ankommt.
Der Wind nimmt nur vorübergehend ab und wohl auch nur in tiefen Lagen in der
Mitte und im Osten. Mit Annäherung des Tiefs und der Intensivierung der
Kaltfront legt er im Laufe der zweiten Nachthälfte vor allem im Nordwesten und
Westen deutlich zu. Morgens gibt es dort verbreitet steife bis stürmische Böen
aus Südwest, im Nordseeumfeld Sturmböen und auf exponierten Gipfeln schwere
Sturmböen (Brocken eventuell orkanartige Böen Bft 11).
Mit dem lebhaften Südwestwind verläuft die Nacht überall frostfrei und mit
Tiefstwerten zwischen 8 und 3 Grad verhältnismäßig mild.

Donnerstag ... verlagert sich der Trog rasch über Norddeutschland und die
südliche Ostsee hinweg zur mittleren Ostsee, ein weiterer kurzwelliger
Troganteil greift abends bereits von der Nordsee her auf Nordwestdeutschland
über. Das zugehörige Höhentief erreicht abends in etwa das Skagerrak, das
zugehörige Sturmtief im Bodenfeld schlägt dann mit einem Kerndruck von nach wie
vor um 970 hPa über dem Norden Dänemarks auf, wobei sich die Modelle inzwischen
auch im Detail recht gut angeglichen haben.
Die Kaltfront wird in ihrer Südostverlagerung durch die rasch heranschwenkende,
nur sehr flache Frontalwelle im Tagesverlauf über der Mitte des Landes
vorübergehend eingebremst und erreicht bis zum Abend in etwa eine Linie
Nordbaden-nördliches Franken-Ostsachsen. Im Frontbereich verschärfen sich die
Temperaturgegensätze, so dass sich die Baroklinität deutlich erhöht, zudem
bietet markante PVA vorderseitig des sich von der Nordsee her annähernden
kurzwelligen Troganteils ordentlich dynamischen Hebungsantrieb. Somit gewinnt
sie deutlich an Wetteraktivität, was am Nachmittag und Abend sogar in
vereinzelte Gewitter mündet, die einige Konvektion erlaubende Modelle mit
Frontpassage auf der Agenda haben, obwohl die Luftmasse im Frontbereich nicht
sonderlich labil geschichtet ist. Dennoch steht in den simulierten
Reflektivitäten eine gut definierte Linie mit schauerartigen Regenfällen auf der
Agenda, das lässt im Falle ihres Auftretens bei Oberwinden von teils um 65 kn in
850 hPa mit deren Passage zumindest schwere Sturmböen erwarten.
Vor allem die durchziehende Frontalwelle lässt im Zusammenspiel mit dem
markanten Hebungsantrieb die Niederschläge vorübergehend deutlich intensiveren.
In den mittleren Landesteilen werden von West nach Nordost verbreitet 10 bis 15
l/qm in 12 Stunden simuliert, in den Staulagen der Mittelgebirge häufig auch
über 20 l/qm, vom aktuellen ICON-EU-Lauf im Bergischen Land und im Harz in
Staulagen auch bis an die 30 l/qm. Auch präfrontal intensivieren sich bereits
die Niederschläge, vor allem im Südwesten. Während der Südosten und Osten
Bayerns nur wenig abbekommt, werden in den Staulagen des Schwarzwaldes und des
Oberallgäus vor Eintreffen der Kaltfront schon 15 bis 25 l/qm simuliert, im
Südschwarzwald auch mehr. Zusammen mit den noch folgenden Niederschlägen steht
somit für einige Mittelgebirgsregionen eine Dauerregenlage ins Haus, wobei
zumindest im Schwarzwald, eventuell auch im Oberallgäu bis Samstagfrüh wohl auch
unwetterartige Mengen (über 60 l/qm in 48 Stunden) fallen.
Postfrontal klingen die Niederschläge im Norden erst einmal ab bzw. im
Nordwesten bleibt es bereits von der Früh an teilweise trocken. Mit der sich
noch etwas nach Südosten vorarbeitenden Höhenkaltluft im Bereich des
durchschwenkenden Troges (unter -30 Grad in 500 hPa bei -3 Grad in 850 hPa)
ziehen aber im Tagesverlauf einzelne Regen- und Graupelschauer von der Nordsee
her landeinwärts. Ob es auch für kurze Gewitter reicht, ist mangels Labilität
aber fraglich und auch die hochauflösenden Modelle haben kaum Signale dafür auf
der Agenda.
Neben dem Dauerregen bleibt natürlich vor allem der Wind weiterhin im Fokus des
Warngeschehens. Dabei zeichnen sich zwei Schwerpunkte ab: Einerseits an der
Südflanke des durchschwenkenden Bodentiefs über dem Nordwesten und Norden des
Landes. Dort gibt es verbreitet steife bis stürmische Böen, mittags und
nachmittags im nordseeküstennahen Binnenland Sturmböen und an der Nordsee
schwere Sturmböen aus Südwest. Noch etwas heftiger geht es im Bereich der
Kaltfront und südlich davon zur Sache: Mit Annäherung und Durchschwenken der
Frontalwelle verschärft sich in der Mitte und im Süden der Gradient im
Tagesverlauf deutlich und es gibt bis in die Niederungen verbreitet stürmische
Böen und Sturmböen aus Südwest, in freien und höheren Lagen sowie mit
Frontpassage (wobei der Wind dann kurzzeitig auf Nordwest dreht) sind auch
schwere Sturmböen nicht ausgeschlossen. In den Gipfellagen der Mittelgebirge und
auf exponierten Alpengipfeln (dort aber wohl eher erst am Abend) kann es auch
Orkanböen geben.
Im Warmsektor steigt die Temperatur in 850 hPa in der Südhälfte und in
Ostsachsen noch einmal auf 2 bis 6 Grad, so dass dort trotz oft dichter
Bewölkung (am ehesten zeigt sich noch am Alpenrand die Sonne) Höchstwerte
zwischen 12 und 17 Grad erreicht werden. Im Nordwesten und Norden sowie in den
mittleren Landesteilen bleibt es mit 8 bis 12 Grad aber auch nicht allzu kalt,
wobei sich vor allem im Nordwesten und an der Ostsee zwischen den Schauern auch
mal die Sonne zeigen kann.

In der Nacht zum Freitag überquert der Kurzwellentrog den Norden und die Mitte
des Landes rasch ostwärts, dahinter stellt sich eine lebhafte, aber recht glatte
westnordwestliche Höhenströmung ein.
Die Kaltfront des bis Freitagfrüh zur mittleren Ostsee ziehenden Sturmtiefs
erreicht noch grade so die Alpen, wird dort aber durch eine weitere
Frontalwelle, deren Scheitelpunkt sich morgens im aktuellen ICON-EU-Lauf über
der Bretagne befindet, zurückgehalten. Mit Frontpassage gibt es weitere
schauerartige Regenfälle, die postfrontal aber rasch zum Erliegen kommen. In den
Staulagen des Schwarzwaldes werden von Donnerstag- bis Freitagfrüh 30 bis über
40 l/qm in 24 Stunden simuliert, im Oberallgäu nach Lesart des aktuellen Laufes
des ICON-EU sogar über 50 l/qm (Unwetter).
Präfrontal gibt es nach wie vor stürmische Böen und Sturmböen aus Südwest, vor
allem mit Frontpassage mit kurzzeitiger Winddrehung auf Nordwest vereinzelt auch
schwere Sturmböen, auf den Bergen schwere Sturm- bis Orkanböen.
Postfrontal lässt der Wind dann rasch und deutlich nach.
Weiter nördlich weitet sich die Höhenkaltluft mit einzelnen Regen- und
Graupelschauern, eventuell auch begleitet von kurzen Gewittern, noch etwas
weiter südwärts bis in die mittleren Landesteile aus. In 850 hPa sinkt die
Temperatur auf -4 bis -5 Grad, so dass die Schauer im Bergland oberhalb von etwa
400 bis 600 m auch als Schnee fallen, nennenswerte Mengen kommen dabei aber
nicht zusammen.
Zwar verlagert sich das Tief rasch nordostwärts, dennoch hängt ein Bodentrog
(besser gesagt: Ein weiterer Kern) noch längere Zeit nach Südwesten zurück, so
dass der Wind mit Durchschwenken des Bodentroges vor allem im Nordosten und in
der Mitte (wo der Wind nach Frontpassage fast zum Erliegen gekommen ist) wieder
deutlich auffrischt. Somit gibt es im Norden und in der Mitte vielerorts steife,
an den Küsten und in Schauernähe auch stürmische Böen aus West bis Nordwest, auf
einigen Berggipfeln Sturm-, auf dem Brocken anfangs auch schwere Sturmböen.
Dazu verläuft die Nacht in den Niederungen mit Tiefstwerten zwischen 5 und 0
Grad (im Südosten bleibt es milder) weitgehend frostfrei, nur im höheren
Bergland kann es leichten Frost geben.

Freitag ... hat sich unser Sturmtief in die Höhe vorgearbeitet und über der
mittleren Ostsee längst zentralsteuernde Position übernommen. An der Südflanke
des begleitenden Höhentrogkomplexes bleiben wir unterhalb einer kräftigen
westlichen Höhenströmung, wobei sich der Jetstream mit über 130 kn in 300 hPa
über Nord- und Ostdeutschland hinweg ostwärts verlagert. Eingebettet in diese
Höhenströmung schwenkt ein kurzwelliger Randtrog rasch von der Bretagne nach
Westdeutschland. Er korrespondiert zunehmend mit der oben angesprochenen
Frontalwelle, die über Frankreich hinweg nach Süddeutschland zieht. Nach Lesart
des aktuellen ICON-EU-Laufes und auch des GFS können Welle und Kurzwellentrog
nicht optimal interagieren, so dass ihr kein großartiges Entwicklungspotenzial
beschert ist. Um 18 UTC simuliert ICON-EU die flache Welle über Südbayern, GFS
hat sogar zwei flache wellen (ebenfalls über Südbayern und über
Nordostfrankreich) auf der Agenda. Nach Lesart des IFS von 00 UTC konnte die
Welle besser mit dem Trog interagieren und es sollte sich ein kräftigeres
Bodentief entwickeln, das bis zum Abend nach Nordostfrankreich zieht.
Wie auch immer - nach allen Modellvarianten steht der Niederschlag im Fokus des
Warngeschehens. Trogvorderseitige PVA, anfangs unterstützt durch WLA bieten
einiges an dynamischen Hebungsantrieb im Bereich der Welle, so dass sich die
Niederschläge deutlich intensivieren und sich wieder nach Norden ausweiten. Sie
erfassen im Tagesverlauf weite Teile Baden-Württembergs und am Nachmittag auch
Bayern und weiten sich auch noch nordwärts nach Rheinland-Pfalz und Südhessen
aus. Dabei können die Niederschläge an der Nordflanke der Welle bei schwachem
Wind und -3 bis -4 Grad in 850 hPa teilweise bis in tiefer Lagen in Schnee
übergehen, oberhalb von 400 m reicht es nach den extremsten Modellvarianten
eventuell auch für eine veritable Schneedecke (wobei die Tageszeit eher
dagegenspricht). Aktuell sind die Modellunsicherheiten diesbezüglich aber noch
zu groß, zumal eine solche Entwicklung wirklich von Nuancen abhängt.
Auf der "warmen Seite" fällt aber - und dies modellübergreifend - vor allem in
den Staulagen der südwestdeutschen Mittelgebirge länger anhaltend Regen. Im
Schwarzwald werden erneut 20 bis 40 l/qm in 12 Stunden simuliert, so dass dort
die Unwetterwarnung wohl berechtigt sein dürfte, im Oberallgäu dieses Mal aber
nicht ganz so viel.
Dazu steht dort das nächste Sturmereignis ins Haus. Der Gradient verschärft sich
an der Südflanke der Frontalwelle erneut deutlich. Sowohl GFS als auch ICON-EU
simulieren vom südlichen Oberrheingraben bis nach Niederbayern von West nach Ost
verbreitet stürmische Böen und Sturmböen aus Südwest, in freien und höheren
Lagen auch Sturmböen, auf den Schwarzwald- und Alpengipfeln volle Orkanböen.
Weiter nördlich, also in der Mitte und im Norden Deutschlands, geht es deutlich
ruhiger zu. Die Höhenkaltluft wird vorübergehend etwas nach Norden abgedrängt,
kommt aber mit dem folgenden Kurzwellentrog später im Nordwesten wieder etwas
weiter nach Süden voran. Dabei entwickeln sich einzelne Regen- und
Graupelschauer, im höheren Bergland (ab etwa 400 bis 600 m) auch Schneeregen-
und Schneeschauer, wobei es auch dort innerhalb der gut durchmischten Luftmasse
bei -4 Grad in 850 hPa kaum für eine Schneedecke reichen dürfte. Generell
bleiben die Mengen mit meist weniger als 5 l/qm in 12 Stunden sehr überschaubar.

Der Wind weht weiterhin lebhaft aus West bis Nordwest mit einzelnen steifen Böen
vor allem im Nordosten sowie in Schauernähe und stürmischen Böen an den Küsten,
insbesondere an der Ostsee.
Während sich in der Nordhälfte zwischen den Schauern auch mal die Sonne zeigt,
bleibt es im Süden natürlich bedeckt. Die Höchstwerte liegen im Norden und in
der Mitte zwischen 7 und 11 Grad; der Süden befindet sich dagegen erneut im
Warmsektor, dort werden 9 bis 13 oder 14 Grad erreicht.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die synoptischen Basisfelder werden von allen Modellen sehr ähnlich simuliert.
Auch im Detail haben sich die Modelle weitgehend angeglichen, so dass zumindest
im Schwarzwald wohl von Donnerstag- bis Samstagfrüh von einer 48-stündigen
Dauerregen-Unwetterlage auszugehen ist.
Die Frontalwelle(n) am Freitag wird aber noch mit gewissen Unschärfen simuliert,
was jetzt keine allzu großen Auswirkungen mehr auf die Niederschlagsprognosen
hat, aber eventuell auf deren Phase an der Nordflanke der Welle, wo es regional
relativ weit runterschneien könnte.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff