DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

02-04-2022 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 02.04.2022 um 10.30 UTC



Windiger bis stürmischer und niederschlagsreicher Witterungsabschnitt bei leicht
ansteigenden Temperaturen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 09.04.2022


Der kommende Dienstag und somit der Beginn des mittelfristigen
Vorhersagezeitraums markiert den Beginn der Umstellung der Wetterlage hin zu
einer zyklonal geprägten Westlage.

Dabei erstreckt sich zunächst ein Langwellentrog über Nordeuropa, der sich im
Tagesverlauf noch etwas weiter Richtung östliches Mitteleuropa ausweiten kann.
An dessen Vorderseite befindet sich im Bodendruckfeld etwa über dem Baltikum ein
Tief, dessen Frontensystem dabei ist, Deutschland in Verbindung mit Regenfällen
südwärts zu überqueren. Dabei ist der Druckgradient über Deutschland anfangs
recht kräftig ausgeprägt, fächert aber im Laufe des Tages mit Annäherung eines
Zwischenhochs von Westen auf.
Gleichzeitig vollzieht sich am Rande des Troges über dem Nordmeer ein
neuerlicher Kaltluftvorstoß, der in einem Randtrog mündet und der am Mittwoch
weiter nach Süden in Richtung Britische Inseln schwenkt. Daraus resultiert
bereits eine relativ glatte westliche bis nordwestliche Höhenströmung über West-
und Mitteleuropa. Ein zu dem Randtrog korrespondierendes weiteres Tief wird im
Tagesverlauf in die nördliche Nordsee geführt. Dies hat eine erneute Zunahme des
Druckgradienten zur Folge, sodass uns ein weiterer windiger bis stürmischer Tag
bevorsteht.
Mit Verlagerung des Tiefs wird die über Deutschland liegende Luftmassengrenze
rückläufig und geht schließlich in die Warmfront des Nordseetiefs über, die uns
bis zum Mittag bereits weitgehend ostwärts überquert hat. Somit gelangt zwar in
die Nordosthälfte vorübergehend kältere Luft mit Werten in 850 hPa zwischen -1
und -6 Grad, sie wird aber rasch wieder durch mildere Luft ersetzt mit Werten
zwischen 0 Grad im Norden und +7 Grad am Alpenrand. Somit bleibt es auch vor
allem in der Nordhälfte regnerisch, aber auch in den anderen Landesteilen sind
gebietsweise Niederschläge zu erwarten.

Am Donnerstag löst sich aus dem Randtrog bei Schottland ein weiterer Troganteil
heraus, der im Laufe des Tages über Dänemark hinweg ostwärts schwenkt. An dessen
Vorderseite kann sich das Nordseetief noch etwas weiter intensivieren und zieht
mit seinem Kern über Jütland und Südschweden Richtung Baltikum. Dadurch kommt es
auch über Deutschland zu einer weiteren Gradientverschärfung, was hierzulande
recht verbreitet Sturmböen zur Folge hat.
Das nachfolgende Frontensystem greift von Norden auf Deutschland über und sorgt
für weiteren Regennachschub.

In Verbindung mit weiteren Tiefdruckgebieten, die sich eingebettet in die
westliche Strömung vom Atlantik nähern und sowohl am Freitag als auch am Samstag
wiederholt über die Nordsee, Dänemark und den äußersten Norden Deutschlands
hinweg ostwärts ziehen, kommt die Frontalzone über Deutschland ins Schleifen.
Entsprechend kommt es zu weiteren, teils länger anhaltenden Regenfällen,
wenngleich die genaue Schleifzone und somit die Niederschlagsschwerpunkte
aufgrund von Modellunterschieden noch unsicher sind. Auch der Wind spielt
weiterhin eine Rolle und weht noch teils stürmisch.
Die 0-Grad-Isotherme streift immer mal den Norden Deutschlands, kommt aber kaum
weiter landeinwärts voran. Somit dominiert im Vorhersagezeitraum eine etwas
mildere Luftmasse das Wettergeschehen, als es derzeit der Fall ist, wobei die
Höchstwerte meist zwischen 8 und 15 Grad liegen, mit den tieferen Werten im
Norden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Verlagerung der Tiefdruckgebiete und deren Intensität wird bis Donnerstag
noch recht konsistent vom EZMW-Modell vorhergesagt. Nachfolgend nehmen die
Phasenunterschiede der Tiefdruckgebiete zwischen den letzten Modellläufen des
EZMW deutlich zu, sodass der genaue zeitliche Ablauf noch unsicher ist, am
eigentlichen Wettercharakter ändert dies aber wenig.
Markantere Unterschiede zeigen sich beispielsweise am Freitag bzw. in der Nacht
zum Samstag. Während nach dem gestrigen 00 UTC Lauf Zwischenhocheinfluss
herrschen sollte, zeigt sich nun über der Deutschen Bucht ein kleinräumiges aber
kräftiges Tief, das im weiteren Verlauf über Schleswig-Holstein ostwärts ziehen
soll und das - neben kräftigen Niederschlägen - an dessen Südflanke eine weitere
deutliche Windzunahme zur Folge hätte. Diese Tief wird allerdings in dieser Form
nur vom EZMW-Modell prognostiziert.
Die Entwicklung dieses Tiefs hat auch zur Folge, dass ein nachfolgendes Tief im
heutigen 00 UTC Lauf über der Nordsee am Samstag deutlich schwächer ausgeprägt
ist, als es im gestrigen Lauf noch der Fall war.
Kurzum, ab Freitag nehmen die Unsicherheiten deutlich zu, sodass diesbezüglich
weitere Modellläufe abgewartet werden müssen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die Modelle EZWM, ICON und GFS sind sich immerhin soweit einig, dass uns
zyklonal geprägtes Wetter erwartet. Der Vergleich zeigt aber bereits am Dienstag
erste kleinere Unterschiede im Luftdruckverlauf. So fächert der Gradient von
Westen nach GFS früher auf, nach ICON und EZ dauert es etwas länger, bis der
Wind nachlässt.
Die Unterschiede setzen sich im weiteren Verlauf fort und nehmen von Tag zu Tag
zu. So kommt auch das nächste Tief am Mittwoch unterschiedlich schnell ostwärts
voran (GFS am schnellsten, EZ am langsamsten), was abermals Einfluss auf die
genaue Windentwicklung und natürlich Niederschlagsentwicklung hat.
Markanter werden die Unterschiede dann ausgangs des Donnerstags bzw. am Freitag.
Dass das neuerliche Tief bislang nur EZ im Programm hat, wurde bereits im obigen
Abschnitt erwähnt. Letztendlich bedeutet das aber, dass am Freitag von nahezu
Windstille (ICON) bis Sturmlage (EZ) alles möglich ist. Auch die
Niederschlagsschwerpunkte unterscheiden sich stark. Während die Front nach ICON
und GFS den Süden erreicht und dort schleift, wird die Front nach EZ über der
Mitte mit Annäherung des Tiefs rückläufig. Während also GFS und insbesondere
ICON den meisten Regen im Süden prognostizieren (teils mit markanten oder sogar
ergiebigen Dauerregenmengen in Staulagen), zeigt EZ den Schwerpunkt in den
Staulagen der nördlichen Mittelgebirge. Insofern ist die Entwicklung ab
Donnerstag noch mit vielen Fragezeichen versehen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen des EZMW für ausgewählte Städte in Deutschland zeigen bis
einschließlich Mittwoch einen sehr engen Verlauf. Nachfolgend nimmt der Spread
bei allen drei Parametern zu, wenngleich nur wenige Member dafür sorgen. So gibt
es beispielsweise für Offenbach einige wenige kältere Member, die der ICON und
GFS-Lösung folgend dafürsprechen würden, dass die Front am Freitag den Süden
erreicht und Offenbach auf die kältere Seite gelangt. Die Mehrheit der Member
verfolgt aber den Kurs von Haupt- und Kontrolllauf des EZMW, was wiederum die
nördlichere Schleifzone der Front wahrscheinlicher macht.

Die Clusterung des EZMW besitzt für den Zeitraum von 72 bis 96 Stunden nur einen
Cluster, der die Umstellung von einer nordwestlichen auf eine eher westliche
Höhenströmung über West- und Mitteleuropa zeigt. Für den Zeitraum von Donnerstag
bis Samstag gibt es zwei Cluster. Haupt- und Kontrolllauf befinden sich in
Cluster 1, der auch die meisten repräsentativen Member beinhaltet. Dennoch
spricht auch Cluster 2 dafür, dass uns am Freitag nicht Zwischenhocheinfluss,
sondern wahrscheinlich eine erneute Sturmlage bevorsteht und so auch der
Niederschlagsschwerpunkt eher über der Mitte zu finden sein wird.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND:
Am Dienstag sind verbreitet stürmische Böen Bft 8, an den Küsten sowie im
höheren Bergland Sturmböen Bft 9 aus West bis Nordwest wahrscheinlich. In
exponierten Gipfellagen treten schwere Sturmböen Bft 10 oder orkanartige Böen
Bft 11 auf. Im Tagesverlauf lässt der Wind von Westen nach.

Am Mittwoch frischt der Wind aus West bis Südwest erneut auf. Dabei sind
verbreitet starke bis stürmische Böen Bft 7 bis 8 wahrscheinlich, im höheren
Bergland Sturmböen oder schwere Sturmböen (Bft 9 bis 10), auf dem Brocken Böen
der Stärke Bft 11.

Am Donnerstag ist mit einer weiteren Windzunahme mit stürmischen Böen, teils
auch Sturmböen Bft 9 bis in tiefe Lagen aus Südwest bis West zu rechnen. Im
höheren Bergland sind schwere Sturmböen Bft 10 oder Orkanböen Bft 11 bis 12
wahrscheinlich. Zudem in einigen West- und Nordweststaulagen der Mittelgebirge
markanter Dauerregen wahrscheinlich, genaue Schwerpunkte noch unsicher.

Am Freitag ist die genaue Windentwicklung noch unsicher. Eine weitere Wind- bzw.
Sturmlage in Teilen Deutschlands, wie von EZ gezeigt, scheint aber auf Basis der
Ensemblevorhersagen (Rauchfahnen, Cluster, EZMW-EPS für Windböen) aus heutiger
Sicht die wahrscheinlichere Lösung zu sein.

DAUERREGEN:
Die Unsicherheiten bei der Niederschlagsvorhersage wurden bereits angesprochen.
Vor allem von Donnerstag bis Samstag scheint aber in einigen West- und
Nordweststaulagen der Mittelgebirge markanter Dauerregen wahrscheinlich. ICON
und GFS haben die Schwerpunkte vor allem im Bereich des Schwarzwaldes, der Alb
und des Allgäus teilweise bis in den Unwetterbereich. EZ bevorzugt die Staulagen
der nördlichen Mittelgebirge. Interessanterweise zeigte der gestrige 12 UTC Lauf
des ICON auch eine nördlichere Variante. EZMW-EPS zeigt von Do auf Fr und Fr auf
Sa nur geringe Wahrscheinlichkeiten (2%) beispielsweise für den Schwarzwald,
knapp über 20 % hingegen für die Staulagen des Rothaargebirges für Mengen >30 mm
in 24 Stunden.

SCHNEEFALL:
Durch die südlichere Lage der Frontalzone am Freitag und Samstag nach ICON und
einem Vorstoß kalter Luft Richtung Süden kommt nach diesem Modell auch wieder
vermehrt die Schneephase am kalten Rand der Luftmassengrenze ins Spiel und das
nicht zu knapp. Da aber die heutige Verfasserin der Übersicht ab Donnerstag die
EZMW-Lösung nach den vorher genannten Gründen bevorzugt, wird dieses Szenario
vernachlässigt.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix, EZMW-EPS, ab Donnerstag vorwiegend EZMW
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Johanna Anger