DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

31-03-2022 17:01
SXEU31 DWAV 311800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 31.03.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Wintereinbruch.

SCHNEE / GLÄTTE:
In der Nacht zum Freitag in den mittleren Gebieten Schneefall bis in tiefe
Lagen. Oberhalb von etwa 400 m lokal markante Schneefälle mit 10 bis 15 cm
Neuschnee, in exponierten Staulagen mehr.
Am Freitag von der Mitte auf den westlichen Mittelgebirgsraum übergreifend
weitere Schneefälle, oberhalb 400 m einige, in Staulagen um 10 cm Schnee. In
tiefen Lagen Schneematsch. In der Nacht zum Samstag und auch am Samstag am
Alpenrand teils mehr als 10 cm Neuschnee.

FROST:
In der Nacht zum Samstag örtlich, in der Nacht zum Sonntag verbreitet mäßiger
Frost unter -5 Grad.

WIND:
An einigen Küstenabschnitten sowie auf dem Brocken Sturmböen Bft 8/9. In der
Nacht zum Freitag allmählich nachlassend. An der See und im höheren Bergland
weiterhin Wind- und stürmische Böen und auf dem Brocken Sturmböen.
Am Freitag im Norden und in Teilen der Mitte erneut auflebender Wind aus
Nordost, im Westen, an der Ostsee und in freien Lagen einzelne stürmische Böen,
auf höheren Berggipfeln Sturmböen Bft 9. In der Nacht zum Samstag und
Samstagfrüh nur auf exponierten Kamm- und Gipfellagen Sturmböen Bft 8/9.

GEWITTER:
Heute Abend im Südwesten vereinzelt kurze Gewitter. Geringe Wahrscheinlichkeit
für örtlichen Starkregen um 15 l/qm in kurzer Zeit und bis 30 l/qm innerhalb von
6 Stunden.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unmittelbar unter der Vorderseite eines von der
südwestlichen Nordsee nach Frankreich austropfenden Troges. Von dem sich
entwickelnden Höhentief ausgehend reicht ein Trog bis ins westliche Mittelmeer.
Durch diesen wurde südlich der Alpen eine Zyklogenese induziert. Dank dieser
Konstellation ergibt sich eine gegenläufige Strömung. Während
mitteltroposphärisch, bedingt durch die Trogvorderseite, eine südwestliche und
in der Nacht zum Freitag auf Süd-Südwest drehende Strömung vorliegt, ist für die
bodennahe Strömung ein vom Hoch südlich von Island über Südskandinavien hinweg
zum Finnischen Meerbusen reichender Hochkeil maßgeblich. Zwischen diesem und dem
Tiefdruckkomplex südlich der Alpen kommt eine kräftige nordöstliche bodennahe
Strömung zustande. Mit dieser nordöstlichen Strömung wird bodennah arktische
Polarluft advehiert, die sich bereits im Norden durchgesetzt hat und in der
Nacht zum Freitag auch die westlichen Landesteile erfasst. Mit den im 850
hPa-Niveau auf -5 bis -10 Grad zurückgehenden Temperaturen geht ein
Wintereinbruch einher.
Mit der südwestlichen trogvorderseitigen Strömung erfolgt zuvor noch ein
Einschub von Subtropikluft, erkennbar an der höheren bodennahen Feuchte und
einer erhöhten Labilität, so dass es im Südwesten immerhin für einzelne Gewitter
(zum Teil bereits mit Starkregen) gereicht hatte. Bis in den späten Abend hinein
lassen sich im Südwesten, vor allem in Oberschwaben, Signale für
Starkniederschlag, mit geringer Wahrscheinlichkeit bis in den unwetterrelevanten
Bereich hinein, finden. Dies ist nicht nur bei ICON-D2 bzw. dessen EPS der Fall,
sondern auch bei einigen weiter zurückliegenden Modellläufen globaler Modelle,
vor allem EZMW und GFS. Da aber die Voraussetzungen für derartige
Niederschlagssummen von Seiten der Synoptik nicht unbedingt gegeben sind, wäre
eine Ausgabe von Warnungen für mehrstündigen Starkregen erst sinnvoll, wenn sich
eine entsprechende Situation abzeichnet.
Hebungsprozesse, die zum einen aus der Gegenläufigkeit der Strömung und zum
anderen aus kräftiger Warmluftadvektion resultieren, sorgen für Schneefälle. Die
Schneefallgrenze wird dabei in der Nacht zum Freitag in den mittleren Teilen
Deutschlands bis in tiefe Lagen absinken, in den Staulagen der nördlichen und
zentralen Mittelgebirge können 10 bis über 15 cm Schnee zusammenkommen,
unterhalb 400 m reicht es nur für wenige Zentimeter bzw. Schneematsch. Im
westlichen Bergland liegt die Schneefallgrenze zunächst noch oberhalb von 600,
im Südwesten und im Süden oberhalb von 1000 m. Abgesehen vom Süden und von
tieferen Lagen Westdeutschlands ist leichter Frost zu erwarten und es besteht
Glättegefahr.
Als weiterer Warnparameter kommt der Wind in Frage. Im Norden sind Windböen, an
einigen Küstenabschnitten und auf dem Brocken Sturmböen Bft 8/9 zu erwarten.
Zwar wird im Binnenland in tieferen Lagen der Wind in der Nacht zum Freitag
wahrscheinlich nicht mehr warnrelevant sein, an der See treten aber weiterhin
Wind- und einzelne stürmische Böen und auf Gipfeln der nördlichen und zentralen
Mittelgebirge Sturmböen bis Bft 9 auf.

Freitag ... verlagert sich das aus dem o.g. Cut-Off-Prozess hervorgegangene Tief
zum südlichen Zentralmassiv. An dessen Nordwestflanke stößt arktische Polarluft
in Richtung Pyrenäen vor. An der Nordostflanke dieses Tiefs erfolgt kräftige
Warmluftadvektion, was eine Zyklogenese über den Seealpen mit sich bringt.
Dieses Tief ergibt mit einem weiteren Tief über dem Karpatenraum eine
Tiefdruckrinne, wodurch zu dem bis nach Westrussland reichenden Bodenhochkeil
weiterhin über Mitteleuropa hinweg ein kräftiger Gradient bestehen bleibt. Dies
lässt den Nordostwind noch einmal aufleben, so dass im Norden und in der Mitte
Windböen Bft 7, im Westen in freien Lagen und im Bergland sowie an der
Vorpommerschen Ostseeküste stürmische Böen und auf höheren Berggipfeln der
nördlichen, zentralen und westlichen Mittelgebirge Sturmböen Bft 9 zustande
kommen. Zum Abend hin wird der Wind etwas schwächer, im Bergland und an der
Ostseeküste treten jedoch weiterhin Wind- und einzelne stürmische Böen aus
Nordost auf.
Die Schneefälle, die nach wie vor ein Ergebnis der gegenläufigen Strömung bei
gleichzeitiger Warmluftadvektion sind, konzentrieren sich auf die mittleren
Landesteile. Mit dem Vordringen der arktischen Polarluft auf den westlichen und
südwestlichen Mittelgebirgsraum setzen im Tagesverlauf auch dort (leichtere)
Schneefälle ein. Während in den mittleren Gebieten oberhalb etwa 400 m weitere 5
bis (in Staulagen) etwa 10 cm Schnee hinzukommen, dürfte es im westlichen
Bergland (oberhalb 600 m) und in den südwestdeutschen Mittelgebirgen selbst in
Staulagen nur für Schneemengen bis 5 cm reichen. Unterhalb davon wird es
wahrscheinlich nur Schneematsch sein.
Auflockerungen kommen nur in der Nähe des nach Westrussland reichenden
Hochkeils, d.h. in Küstennähe und im Nordosten, zustande. Ansonsten hält sich
mehrschichtige geschlossene Bewölkung.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 0 bis 4, in Rheinnähe bis 6, im Nordosten
und im äußersten Südosten bis 7 Grad. Oberhalb 400 bis 500 m herrscht meist
leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich das Cut-Off-Tief, das mit dem
dazugehörenden Bodentief eine senkrechte Achse aufweist, in den Golf von Genua.
Der Kontakt dieses Tiefs zu dem von Skandinavien in die Nordsee reichenden Trog
reißt vollends ab, so dass über Mitteleuropa die Geopotentialgegensätze gering
sind. Dynamische Hebungsprozesse kommen somit zum Erliegen, auch
Warmluftadvektion ist kaum noch vorhanden. Somit sollten sich die Schneefälle
gemäß der niedertroposphärischen nordöstlichen Strömung unter beginnender
Abschwächung in den westlichen Mittelgebirgsraum und den Südwesten verlagern.
Oberhalb von etwa 400 m dürften in Staulagen erneut 5 bis 10 cm Schnee
zusammenkommen. Ob das mehr im Südwesten und im Allgäu der Fall ist (nach
ICON-EU) oder ob die westlichen Mittelgebirge bis hin zum Nordschwarzwald den
meisten Schnee bekommen (COSMO-LEPS) ist noch unsicher. Zumindest dürfte sich
das Schneefallmaximum dann tendenziell in Richtung Alpenvorland verschieben.
Der Wind flaut in tieferen Lagen weitgehend ab und ist nicht mehr warnrelevant.
An der Ostseeküste und im Bergland muss jedoch weiterhin mit Windböen Bft 7, in
exponierten Kamm- und Gipfellagen mit stürmischen Böen aus Nordost gerechnet
werden.
Nahezu überall ist leichter Frost zu erwarten. Abgesehen vom Norden und
Nordosten, wo Abtrocknung erfolgt, besteht verbreitet Glättegefahr.

Samstag ... liegt Deutschland nach wie vor im Bereich eines von Skandinavien
nach Südeuropa reichenden Langwellentroges, wobei die Geopotentialgegensätze
über Mitteleuropa gering sind. Der von Südskandinavien nach Russland gerichtete
Keil ist nicht mehr nach Westrussland, sondern zum nördlichen Ural gerichtet, so
dass Nachschub an Polarluft aus der Region erfolgt, wo es in Europa am kältesten
ist. Die Schneefälle lassen dann im Bereich der westlichen und zentralen
Mittelgebirge vollends nach und konzentrieren sich auf den Süden Deutschlands,
wo dann der fehlende dynamische Hebungsantrieb durch Stau kompensiert wird. In
den süddeutschen Mittelgebirgen vom Schwarzwald bis hin zum Bayerischen Wald
sind oberhalb 400 bis 600 m 5 bis in Staulagen über 10, am Alpenrand auch mehr
als 15 cm Schnee zu erwarten. Ansonsten, d.h. an anfangs in den westlichen und
zentralen Mittelgebirgen sowie im Süden unterhalb von 600 m, reicht es nur für
wenige Zentimeter Schnee oder Schneematsch.
Der Nordostwind lebt zwar tagsüber noch einmal etwas auf, meist aber, ohne
Warnschwellen zu erreichen. Lediglich an der Vorpommerschen Ostseeküste sowie im
Bergland können noch einmal Wind- und exponiert auch stürmische Böen zustande
kommen.
Mit dem nach Osten gerichteten Bodenhochkeil, dessen Achse sich ein wenig nach
Süden verschiebt, arbeiten sich Auflockerungen bis weit ins nördliche Binnenland
hinein und bis in die Lausitz vor. In diesen Gebieten sind dann
Tageshöchsttemperaturen zwischen 4 und 7 Grad zu erwarten. Südlich davon hält
sich mehrschichtige und meist geschlossene Bewölkung, so dass sich die
Temperaturen nur zwischen 0 und 4 Grad bewegen. Oberhalb von 600 m herrscht
meist leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Sonntag greift die Achse des Bodenhochkeils von Norden her bis
auf die mittleren Landesteile über. In dessen Bereich klart es verbreitet auf
und es stellt sich zum Teil auch in tieferen Lagen mäßiger Frost ein, wogegen
ansonsten mäßiger Frost im Wesentlichen auf das Bergland beschränkt ist. Die
Schneefälle verlagern sich staubedingt an die Alpen, wo noch einmal um 5 cm
Schnee (ICON), nach COSMO-LEPS 10 bis 15 cm Schnee hinzukommen. Tendenziell
lassen aber auch dort die Schneefälle allmählich nach.

Sonntag ... bleibt die Troglage über Mitteleuropa bestehen. Vielmehr bezieht der
über Skandinavien liegende Trog arktische Polarluft ein und regeneriert sich
hierdurch. Ein an der Westflanke dieses Troges nach Süd-Südost ablaufender
Sekundärtrog bewirkt über Skandinavien leichten Druckfall, wodurch der
wetterbestimmende Bodenhochkeil über die Mitte Deutschlands hinweg südwärts
gedrückt wird. Dabei sind die Luftdruckgegensätze zunächst gering und somit ist
der Wind nicht warnrelevant. Erst zum Abend hin können an der See erste
Windböen, aber dann aus West bis Nordwest, aufkommen. Mit der Annäherung einer
schwachen Warmfront setzen im Norden geringe Niederschläge ein, die anfangs als
Schnee oder in Mischphase fallen, von der Küste her aber alsbald in Regen
übergehen.
Aber auch unmittelbar an den Alpen können bis gegen Mittag noch ein paar
Zentimeter Schnee hinzukommen, danach sollten aber auch dort alsbald die letzten
Schneeflocken fallen.
Ansonsten erfolgt Absinken im Bereich des Bodenhochkeils, wodurch von den
westlichen Mittelgebirgen über die Mitte hinweg bis in die Lausitz die Chancen
für Auflockerungen am größten sind.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 4 bis 8, ganz im Süden und im Bergland 0
bis 4 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich kaum prognoserelevante
Unterschiede ableiten. Hinsichtlich der Verlagerung der Niederschläge zu Beginn
des Vorhersagezeitraumes ergeben sich leicht unterschiedliche Ergebnisse, auf
welche weiter oben bereits hingewiesen wurde.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann