DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

30-03-2022 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 30.03.2022 um 10.30 UTC



Es geht wechselhaft und windig durch die Mittelfrist. Dabei kommen wir vom
Winter langsam wieder in den Frühling.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 06.04.2022


Zu Beginn der Mittelfrist liegt Deutschland unter Einfluss einer umfangreichen
Tiefdruckzone mit mehreren Zentren über dem Mittelmeer und Südosteuropa. Dabei
fließt feuchte Luft aus Süden nach Deutschland. Über Westeuropa herrscht hoher
Luftdruck, wobei sich ausgehend von den Britischen Inseln über Südskandinavien
bis nach Russland eine schmale Brücke hohen Luftdrucks erstreckt. Weiter
nördlich befindet sich ein Tiefdruckkomplex über dem Nordmeer und
Nordskandinavien. In der Höhe erstreckt sich ein Trog vom Nordmeer über West-
und Mitteleuropa bis ins zentrale Mittelmeer. In nördlicher bis nordöstlicher
Strömung wird kalte Luft ins Land geführt. In 850 hPa liegt die Temperatur
zwischen -5 (Alpen) und -9 (Schleswig) Grad. Zusammen mit der Feuchtigkeit aus
Süden kommt es zu Schneefällen, in der Südhälfte des Landes oft bis in tiefe
Lagen.

Am Sonntag passiert ganz viel gleichzeitig. Zum einen verlagern sich die
Tiefdruckgebiete aus dem Süden und Südosten Europas zunehmend in den Osten und
machen Platz für schwachen Hochdruckeinfluss aus Westen inklusive Abtrocknung.
Dabei strömt weiterhin kalte Luft subpolarer Regionen ins Land, die Trogachse
schwenkt im Tagesverlauf über Deutschland ostwärts hinweg. Bis zur vollständigen
Abtrocknung fällt im Süden weiter etwas Schnee. Zum anderen rückt der
Tiefkomplex über Nordskandinavien im Tagesverlauf näher. Ein sich aus dem
Komplex entwickelndes abgeschlossenes Tief bestimmt unser Wetter am Montag.
Zeitgleich nimmt der Komplex Verbindung zu einem Tief über dem Nordatlantik auf
und stärkt so seine Position für den weiteren Wochenverlauf.

Am Montag liegt ein Tiefzentrum aus dem großen Nordkomplex voraussichtlich über
Südskandinavien und verlagert sich ostwärts über die Ostsee zum Baltikum. Dabei
erfasst zunächst eine kleine Warmfront unser Land, mit ihr fließt deutlich
mildere Luft ein. Ihr folgt im Tagesverlauf eine Kaltfront, wobei die Luft aber
nur wenig kälter wird. Insgesamt setzt sich eine Milderung durch. Die von Norden
her einströmende feuchte Luft sorgt für verbreiteten Regen, Schnee fällt
voraussichtlich nur noch in den Berglagen. Aufgrund des steigenden
Druckgradienten zwischen dem Tief und dem nach Süden abgedrängten Hoch frischt
der westliche Wind auf.

Am Dienstag zieht ein weiteres Tief rasch vom Nordatlantik über die Nordsee nach
Deutschland und am Mittwoch unter Auflösungserscheinungen weiter nach
Südosteuropa. Es bringt feuchte, aber mildere Luft ins Land (>0 Grad in 850
hPa). Schnee wird zunehmend kein Thema. Allerdings reitet das Tief auf dem Jet,
der Wind lebt also kräftig auf und sorgt vor allem am Dienstag für stürmisches
Wetter.

Am Mittwoch macht sich von Südwesten wieder Hochdruckeinfluss auf nach
Mitteleuropa und in den Süden und Westen Deutschlands. Der Gradient fächert auf,
der Jet wird nach Nordosten verschoben und durch einen veritablen Keil über dem
nahen Atlantik vorübergehend deutlich abgeschwächt.

In der erweiterten Mittelfrist liegt Deutschland zwischen hohem Luftdruck im
Süden und tiefem Luftdruck im Norden. Ein Keil sorgt für weiterhin milde Luft.
Aus Westen kann aber regional und zeitweise feuchte Luft ins Land fließen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle IFS Lauf weist zu Beginn der Mittelfrist noch große Übereinstimmung
mit dem gestrigen 0 UTC Lauf auf. Allerdings greift die feuchte Luft aus dem
Süden nun weiter nördlich aus - bis auf eine Linie Niederrhein-Berlin - und
zieht sich langsamer zurück. Dann enden die Gemeinsamkeiten. Das Tiefdruckgebiet
ab Montag über Südskandinavien ist im heutigen Lauf tiefer (Kerndruck heute 990
hPa ggü. 1002 hPa gestern), der zugehörige Höhentrog kürzer und zieht schneller
ostwärts. Zudem bildet sich ein Randtief über der Nordsee. Damit gelangt von
Westen schneller mildere Luft ins Land. Am Dienstag zieht ein weiteres Tief von
der Nordsee her ins Land, löst sich am Mittwoch auf dem Weg südostwärts aber
zunehmend auf.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Zum Start der Mittelfrist herrscht traute Einigkeit bei den führenden Modellen.
Ab Montag ergeben sich allerdings Unsicherheiten bei der Lage des Tiefs über
Südskandinavien. Da ist IFS deutlich weiter östlich, ergo ist auch die Trogachse
weiter östlich und von Westen her kommt schneller mildere Luft. Die ist bei ICON
und GFS deutlich später dran (12-24 Stunden). Immerhin schwenkt ICON am Mittwoch
wieder auf IFS-Schiene. GFS dreht ab da seinen eigenen Film und lässt mit einem
weiteren Randtief einen weiteren Trog über Deutschland hinwegschwenken, während
IFS eher antizyklonale Strömung favorisiert.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Der erste Zeitschritt bei den Clustern bietet einen Monocluster: atlantischer
Rücken. Stützt die Sicherheit der Prognose bis Sonntag.

Der zweite Zeitschritt (120 - 168 h) liefert 3 Cluster, alle ebenfalls
atlantischer Rücken. Haupt- und Kontrolllauf sind in Cluster 1. Cluster 2 hat
einen schärferen Trog über Mittel- und Osteuropa drin am Dienstag und auch
Mittwoch und entspricht damit dem gestrigen 0 UTC Lauf. Cluster 3 hat den Trog
nur sehr flach.

Der letzte Zeitschritt der Mittelfrist (190 - 240 h) ist wieder ein Monocluster
mit atlantischem Rücken Donnerstag und Samstag und dazwischen einer kurzen Phase
NAO-positiv.
Die Rauchfahnen sind bis Sonntag recht eng. Anschließend (oh Wunder) wird der
Spread sehr groß. Dabei tänzeln Haupt- und Kontrolllauf umeinander und erheben
sich das ein und andere Mal über die Mehrheit der Ensembles. Erst in der
erweiterten Mittelfrist finden sie wieder näher zur Mehrheit.
Gut sichtbar ist der Anstieg der Temperatur und des Geopotentials. Auch die
Zunahme des Niederschlags ist in allen Ensembles deutlich.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI stützt den wiederkehrenden Winter mit Signalen sowohl bei der Temperatur
als auch beim Schneefall, auch wenn eine deutlich zu kühle Witterung
wahrscheinlich nicht zu einer amtlichen Warnung unsererseits führen wird. Der
Schneefall, der im Süden Deutschlands durchaus lokal um 10 cm in 12 Stunden am
Samstag betragen kann, ist sicherlich warnwürdig. COSMO-LEPS hat eindeutig die
höheren Wahrscheinlichkeiten, aber auch ICON und IFS haben mehr als 50 % für 4
bis 6 cm Neuschnee im Süden Deutschlands am Samstag zu bieten. Die Signale für
mehr als 10 cm sind bei IFS kaum erwähnenswert, ICON hat noch eine
Wahrscheinlichkeit von 10 % für die zentralen Alpen.

Der auffrischende Wind in der kommenden Woche wird von den Ensembles und auch
von EFI unterstützt. Mindestens an den Küsten und im Osten kommt es zu
stürmischen Böen Bft 8. Im Bergland sind Böen bis Bft 10/11 wahrscheinlich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, ICON, MOS-MIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jacqueline Kernn