DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-03-2022 08:30
SXEU31 DWAV 300800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 30.03.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Nordost zyklonal (NEz)
Wiederholt Niederschläge, bei fortschreitender Abkühlung von Nord nach Süd
allgemein in Schnee übergehend und gebietsweise Neuschnee, eventuell teils im
markanten Bereich. Noch größere Unsicherheiten.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Am Mittwoch... ist die Umstellung der Wetterlage in vollem Gange: Ein
umfangreicher und mit Kaltluft angefüllter Langwellentrog liegt über dem
gesamten Norden Europas. Von ihm aus gehen weitere langwellige Tröge weit nach
Süden zur Iberischen Halbinsel und ins östliche Mittelmeer. Höhenrücken finden
sich weit draußen über dem Atlantik und über Russland. Bodennah sorgt ein
kräftiges Hoch im Bereich Islands und Grönlands (Quincy) zusammen mit einem Tief
über dem Weißen Meer (Helmka) für Kaltlufttransport über Skandinavien hinweg gen
Süden. Diese Kaltluft hat auch schon den Norden Deutschlands erreicht, wo in 850
hPa heute früh nur noch -7°C erreicht wurden. Dagegen liegt über dem Süden
Deutschlands noch ein Rest Warmluft mit bis zu +4°C in 850 hPa. Dazwischen
können sogar zwei Frontensysteme analysiert werden, die zunächst ihre Lage kaum
ändern, da über unserem Land ein recht flaches Tief (Jana) liegt. Da am Westrand
des Langwellentroges ein Kaltluftvorstoßt mit Kurzwelle im Bereich
Großbritanniens und der westlichen Nordsee stattfindet, greift durch
vorderseitige PVA im Tagesverlauf Hebung auf den Nordwesten Deutschlands über.
Zunächst beschäftigt uns aber ein flacher Trog, der in der Westströmung über dem
Süden Deutschlands ostwärts geführt wird. Er sorgt dafür, dass das flache
Bodentief Jana über dem Süden Deutschlands ostwärts gesteuert wird. Damit
verbunden ist starke Hebung, die in einem mäßig starken Niederschlagsgebiet
entlang der südlichen Front in etwa auf Höhe des Mains ostwärts zieht. Dabei ist
in dieser Region die Luftmasse noch mild genug, dass die Niederschläge
weitgehend als Regen fallen, auch wenn entlang des nördlichen Rands der
Niederschlagszone sich mal bis 800 oder 700 m Schnee hineinmischen kann. Das
dürfte für liegenbleibenden Schnee auch in den Hochlagen des Thüringer Waldes
noch nicht reichen, vielleicht am Nachmittag in den Hochlagen des Erzgebirges.
Nach Abzug des Tiefs im Süden wird dort von Westen eine leicht labile Luftmasse
eingesteuert, die vor allem im Bereich Baden-Württembergs auch etwas CAPE
aufweist. Da die Hebung ausreichend ist und auch etwas Scherung vorhanden ist,
kann es neben Schauern auch einzelne Gewitter geben, die mäßig schnell ostwärts
ziehen. Bei ppws, die durchaus teils über 15 l/m² liegen, kann auch ein
örtliches Reißen der Starkregenschwelle nicht ganz ausgeschlossen werden. Ganz
im Norden, im Bereich der Höhenkaltluft, kommt es zu einzelnen Schneeschauern,
die dort aber tagsüber erst mal nicht für irgendwelche Glätteprobleme sorgen
dürften. Bei so vielen Niederschlägen kommt die Sonne kaum noch zum Zuge. Auch
mit dem Temperaturniveau geht es abwärts: Von Sylt bis Rügen werden gerade noch
5°C erreicht, von der Dreisam bis zur Salzach sind es dagegen noch bis zu 15°C.

In der Nacht zum Donnerstag entsteht in dem oben erwähnten in der Nordsee
südwärts ziehenden Randtrog ein Höhentief, das zur südwestlichen Nordsee zieht.
Auf dessen Vorderseite kommt es zu Hebung, die im Raum Benelux für Druckfall
sorgt, so dass sich über dem Westen Deutschlands die Tiefdruckzone Richtung
Norden ausweitet. Damit kommt es über dem Norden Deutschlands zu stärkerem
Gradienten, der dort den Ostwind auffrischen lässt. Zumindest kleinräumig sollte
dann entlang der Küsten und insbesondere in ostexponierten Abschnitten mit
steifen Böen gerechnet werden, vor allem in den Frühstunden im Umfeld der
Nordsee auch mit stürmischen Böen aus Ost. Ansonsten kommt es ganz im Norden im
Bereich der Kaltluft weiterhin zu Schneeschauern, die in der Nacht zunehmend für
Glättegefahr sorgen, zum einen durch Schneematsch, oder weil sich sogar mal eine
dünne Schneedecke bilden kann, zum anderen auch durch überfrierende Nässe. Zudem
greift im Bereich des Hebungsgebietes in den Frühstunden von den Niederlanden
her Schneefall über, der im Westen Niedersachsens für mindestens Matsch, oder
sogar eine dünne Neuschneedecke sorgen kann. In der Mitte zieht das
Niederschlagsgebiet in der ersten Nachthälfte ostwärts ab und hinterlässt
vielleicht im höheren Erzgebirge oder in den Hochlagen des Lausitzer Berglandes
eine dünne Schneedecke. Auch im Süden ziehen die Gewitter unter Abschwächung
nach Osten ab, es bleibt dort aber bei einem Tiefdrucksumpf, in dem es auch in
der Nacht zu weiteren Schauern kommen kann. Dort verläuft die Nacht allgemein
mild mit Tiefstwerten zwischen 6 und 2°C, im übrigen Land liegen die Werte eher
um den Gefrierpunkt.

Am Donnerstag... zieht das oben erwähnte abtropfende Höhentief von der
südwestlichen Nordsee langsam nach Nordfrankreich, das gesamte Trogsystem
wandelt sich in einen bis zum westlichen Mittelmeer ausgreifenden Langwellentrog
mit Achse westlich unseres Landes. Bei uns kommt es vor allem im Bereich auf der
Vorderseite des Höhentiefs weiter zu Hebung, so dass auch der Druck im Westen
Deutschlands immer weiter fällt. Mit dem folglich im Nordwesten auffrischenden
Nordostwind kommt es zu einer erheblichen Richtungsscherung in dieser Region, da
der Höhenwind vorderseitig aus Südwest weht. In der Scherungszone soll sich ein
mäßig starkes Niederschlagsgebiet bilden, das sich vor allem in einem Bereich
von Holstein bis Westniedersachsen bildet und sich später im Gegenuhrzeigersinn
eindreht und damit auch das Rheinland und die Eifel erreicht. Die Temperatur
liegt an der Südostflanke dieses Gebietes bei -3°C bis -4°C in 850 hPa, an der
Nordwestflanke bis -6 bis -7°C. Bei Niederschlagssummen, die bis zum Abend in
dieser Region teils schon über 10 l/m² erreichen, können durchaus lokal schon
tagsüber um 5 cm Neuschnee zusammenkommen, am ehesten am unteren Niederrhein
oder im Emsland. Allerdings gibt es sowohl bezüglich der Positionierung als auch
bezüglich der Stärke noch leichte Unsicherheiten, die sich in
Modellunterschieden widerspiegeln. Im Süden bleibt uns der Tiefdrucksumpf
erhalten, in diesem kann tagsüber wieder etwas CAPE generiert werden, was für
zahlreiche Schauer und auch einzelne Gewitter sorgen dürfte. Bei weiterhin teils
um 15 l/m² ppw und noch langsameren Zuggeschwindigkeiten als am Vortag dürfte
die Neigung zu einzelnen Starkregenereignissen (über 15 l/m² in kurzer Zeit oder
einer Stunde) noch etwas höher ausfallen. Noch ein paar Sätze zum Wind: Während
dieser im Tiefdrucksumpf im Süden naturgemäß schwach ausfällt, nimmt der
Nordostwind nach Norden hin zu. In Norddeutschland muss dabei mit steifen Böen
gerechnet werden, an den Küsten auch mit stürmischen Böen. Insbesondere von
Helgoland bis zu den Ostfriesischen Inseln werden auch Böen bis 9 Bft simuliert.
Die Temperaturen dürften in den Dauerniederschlagsgebieten im Nordwesten nur bei
etwa 2°C liegen, also noch etwas weniger als von MOSMIX simuliert, sonst meist
bei 6 bis 10°C und nur ganz im Süden noch etwas darüber.

In der Nacht zum Freitag stößt der Langwellentrog über Westeuropa weiter nach
Süden vor und das eingelagerte Höhentief zieht über Frankreich langsam südwärts.
Weiterhin wird dabei über dem äußersten Westen Deutschlands reichlich Hebung
generiert, allerdings immer weiter im Süden, so dass der Druck von
Norddeutschland her wieder ansteigt und eher Richtung Ostfrankreich noch etwas
fällt. Das Niederschlagsgebiet in der Scherungszone soll sich etwas südwestwärts
verlagern und Richtung Belgien abziehen, gleichzeitig entsteht aber ein neues
Niederschlagsgebiet an der Nordflanke des Bodentiefs, wahrscheinlich (nach ICON)
so zwischen Oberfranken und Niederrhein, allerdings gibt es diesbezüglich noch
erhebliche Unterschiede. In diesem Bereich gibt es durchaus mäßige Niederschläge
mit mehr als 5 l/m² in 3 Stunden, bzw. über 10 l/m² über die Nacht hinweg. Vor
allem am nördlichen und westlichen Rand dieses Gebiets kann es bis in tiefe
Lagen schneien, im Osten, wo die Temperatur noch etwas höher ist, zumindest bis
in mittlere Berglagen. Kleinräumig sind im Flachland durchaus teils über 5 cm
Neuschnee vorstellbar, im Bergland auch über 10 cm. Die genaue Positionierung
ist aber noch unsicher. Ganz im Süden dreht der Wind auf Nordwest (der tiefste
Druck liegt etwa südlich des Mains), damit sickert auch im Süden von Westen
kältere Luft ein. Dort verlagern sich die Schauer unter Abschwächung an die
Alpen und die Schneefallgrenze sinkt, so dass auch in den westlichen Alpentälern
und bis in mittlere Lagen des Schwarzwaldes zunehmend Schnee fällt. Das Windfeld
mit dem stärksten Nordostwind kommt in der Nacht etwas nach Süden voran,
schwächt sich aber auch ab, trotzdem kann es im Bereich der nördlichen Mitte und
an den nordostexponierten Küstenabschnitten weiterhin steife Böen geben. Die
Temperaturen sinken in der Nacht allgemein auf Werte um oder etwas unter dem
Gefrierpunkt, wirklich deutlich im frostfreien Bereich verbleiben wir vor allem
noch im Südosten sowie auf den Inseln.


Am Freitag... zieht der Höhentiefkern über Ostfrankreich weiter südwärts. In der
Folge tritt über dem Südwesten Deutschlands keine Hebung mehr durch PVA auf.
Allerdings bleibt die gesamte Südhälfte in einer breiten Scherungszone, wobei
sich der tiefste Druck immer weiter nach Südosten verlagert und der Nordostwind
immer weiter nach Süddeutschland ausgreift. In einer Zone von der nördlichen
Mitte bis nach Süddeutschland (äußerster Süden ausgenommen) kommt es zu
Dauerniederschlägen, die zunehmend in allen Lagen als Schnee fallen, da die
Kaltluft sich auch ganz im Süden durchsetzt (in 850 hPa erreicht die
-6°C-Isotherme Süddeutschland und die -4°C-Isotherme die Alpen. Insbesondere in
der nördlichen Mitte kann bis ins mittlere Bergland auch der gesamte Schnee
liegen bleiben, so dass dort mitunter auch tagsüber bis zu 10 cm nasser
Neuschnee liegen bleiben können. Im Norden bleibt es dagegen am Freitag dann
weitgehend niederschlagsfrei und je weiter man nach Norden kommt, desto größer
werden die Sonnenchancen. Insgesamt herrscht von der Mitte bis in den Norden
auch noch ein recht starker Gradient, so dass dort der Nordostwind mäßig bis
frisch weht mit steifen Böen auch im Binnenland. Vielleicht kann es im höheren
Bergland und an der Küste zwischen Kap Arkona und Ahlbeck auch noch stürmische
Böen geben. Im Süden ist der Wind dagegen deutlich schwächer. Die Temperaturen
präsentieren sich zu Beginn des Aprils wesentlich tiefer als zu Beginn des
Januars mit Höchstwerten zwischen 0 und 4°C in den Schneefallgebieten (MOSMIX
ist wohl eher zu hoch, zumindest bei anhaltendem Schneefall) und 5 bis 8°C im
trockenen Norden.

In der Nacht zum Samstag zieht das Höhentief in den Golf von Genua und der Wind
dreht auch im Süden weiter auf Nordost, wenngleich zwischen Bodensee und Salzach
noch der Westwind übrigbleiben soll. In 850 hPa fällt die Temperatur auf -5°C
östlich des Inns und -9°C im Nordwesten. Die Niederschläge verbleiben in einem
breiten Streifen über dem Süden, schwächen sich aber leicht ab. Trotzdem fällt
überall Schnee, der auch liegen bleiben kann, auch wenn der Bodenwärmestrom dem
ganzen etwas entgegenwirkt. Die Lufttemperatur sinkt aber flächendeckend auf 0
bis -5°C, in höheren Lagen wird es kälter. Wo aber letztendlich wie viel
Neuschnee liegen bleiben wird, darüber können wir morgen und übermorgen weiter
grübeln. Im Norden bleibt es jedenfalls weitegehend trocken.

Modellvergleich und -einschätzung
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Bezüglich der synoptischen Lage und auch der Lage der Bodendrucksysteme gibt es
keine allzu großen Modellunterschiede. Allerdings werden von unterschiedlichen
Modellen nach wie vor die Lage und vor allem auch die Stärke der
Niederschlagsgebiete unterschiedlich simuliert und es gibt Sprünge von Lauf zu
Lauf. Dies allein macht die Schneeprognose schon schwierig, hinzukommt, dass
zwar die Niederschlagsphase meist eindeutig Schnee ist und auch die
Lufttemperatur zunehmend Schneeakkumulation erlaubt, in dieser Jahreszeit aber
auch der Bodenwärmestrom eine Rolle spielt, so dass Neuschneehöhen nicht nur
regional sondern sogar lokal starke Unterschiede aufweisen können, je nach
Untergrund. Insofern bleibt die Prognose schwierig, man muss sich aber
sicherlich überall nach und nach auf spätwinterliche Verhältnisse einstellen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann