DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

29-03-2022 07:30
SXEU31 DWAV 290800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 29.03.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HN z/a

Deutliche Abkühlung und wechselhaft. Im Südwesten am Mittwoch lokal Gewitter mit
Starkregen. An den Küsten am Donnerstag teils stürmische Böen. Ab der Nacht zum
Freitag im Bergland im Süden teils kräftige Schneefälle.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... geht das sonnige und tagsüber warme Frühlingswetter der letzten Tage
zu Ende. Von der bislang wetterbestimmenden Hochdruckzone bei uns ist nicht mehr
viel zu sehen. Sie hat sich weit nach Nordwesten zurückgezogen und liegt mit
Schwerpunkt bei Grönland. Zusammen mit einem Tief über Nordosteuropa wird mit
einer nördlichen Strömung über Skandinavien kalte Luft nach Süden gesteuert. Auf
der anderen Seite hält eine milde bis warme Südströmung zwischen einem Tief über
der Biskaya und Frankreich und einem Hoch über dem Mittelmeer dagegen. Dieses
4er Druckfeld wirkt über Mitteleuropa frontogenetisch und führt zum Aufbau einer
Luftmassengrenze und Bildung einer Tiefdruckrinne über der Mitte und dem Süden,
die im Norden flankiert wird von der Kaltfront des Tiefs über NW Russland.

Die zunächst flaue westliche Höhenströmung legt an Dynamik zu, da der mit der
KLA auch der Langwellentrog über Nordeuropa sich nach Süden ausweitet und
kurzwellige Tröge vermehrt Hebung auslösen. Während dabei in den Norden
zunehmend kalte Polarluft einfließt, in der heute Abend in 850 hPa schon bis
-5°C gemessen werden, gelangt in den Süden milde Mittelmeerluft mit 7 bis 8°C in
850 hPa.

Die Hebung, die in der Folge auch durch die Bodenkonvergenz gestützt wird, hält
sich heute tagsüber noch in Grenzen. Über der Südhälfte verdichtet sich die
Bewölkung im Tagesverlauf und von Westen kann es ab und zu leicht regnen. Bei
instabiler Schichtung im Südwesten sind auch Schauer möglich und vereinzelte
Gewitter (PPW 15 mm, etwas ML CAPE) nicht ganz ausgeschlossen. Die Modelle
zeigen größere Unterschiede, vor allem ICON und die hochauflösenden externen
Modelle sind sparsam was den Niederschlag angeht, GFS und EZMWF sind offensiver.

Die Kaltfront im Norden bringt dort ein paar Tropfen Regen oder an der Nordsee
Schauer, sonst passiert zunächst mal nicht viel. Der Nordwestwind lebt im Norden
zwar auf, es bleibt aber meist bei starken Böen, die bewarnt werden. Auch ganz
im Süden frischt der Südwest- bis Westwind auf, ohne Warnrelevanz. Die Sonne
scheint am ehesten noch im Süden und ganz im Norden häufiger, wobei im Südwesten
stellenweise bis 20°C möglich sind, im äußersten Norden bleibt es teilweise
sogar einstellig.

In der Nacht zum Mittwoch fällt das Geopotential weiter, woran auch kurzwellige
Tröge beteiligt sind, die sich über Frankreich und die Nordsee nähern. Die
zunächst stationäre Bodenrinne und Luftmassengrenze über dem Süden bilden sich
deutlicher ab und die Hebung in ihrem Bereich und der Nordflanke verstärkt sich.
Dabei werden die kälteren Luftmassen und die Kaltfront von Norden angesaugt.

In einem breiten Streifen von der Eifel und dem Südwesten bis in den östlichen
Mittelgebirgsraum regnet es verbreitet mit 2 bis 10 mm in 12 Stunden. Lage und
Intensität werden noch abweichend beurteilt. Auf den Norden greifen an der
Kaltfront leichte, teils schauerartige Niederschläge über. Die feste Phase
spielt keine Rolle. Über der Mitte sinkt die Schneefallgrenze zwar langsam, ein
paar Flocken gibt es aber höchstens in Gipfellagen. Im Norden langt es wohl auch
nicht für Glätte, da mit den Niederschlägen, die Temperaturen wieder steigen.
Bei Auflockerungen zuvor sind Werte an die 0°C möglich über der Mitte und dem
Süden bleibt es unter dichten Wolken frostfrei. Der Wind spielt weiter nur eine
untergeordnete Rolle. Lediglich auf einigen Gipfeln ganz im Süden sind Bft 7 bis
8 aus West bis Südwest möglich, die aber eher nicht nach Warnungen schreien.


Mittwoch... dehnt sich der Langwellentrog nach Süden aus, über die Nordsee
nähert sich ein markanter kurzwelliger Anteil. Wir liegen dabei unter einer
zyklonalen westlichen Höhenströmung. Der Schwerpunkt der Bodenrinne verlagert
sich aber in den Südosten, sodass die bodennahe Strömung auf nördliche
Richtungen dreht und die feuchtkalte Polarluft schrittweise nach Süden an Raum
gewinnt.
Die Kaltfront im Norden kommt mit etwas Regen langsam nach Süden voran, dahinter
setzt stärkeres Absinken ein und die Bewölkung lockert auf. Mit Annäherung des
Troges und der höhenkalten Luft (-35°C in 500 hPa) sind nachmittags und abends
rund um die Ostsee und in Schleswig-Holstein Schauer, teils als Schnee oder
Graupel sowie vereinzelte Gewitter möglich. Die kann es auch im Süden im Bereich
der Rinne geben, wo die Schichtung weiter leicht instabil ist und die PPW Werte
um 15 mm sowie langsame Zellverlagerung Starkregen nicht ganz ausgeschlossen
erscheinen lassen.

Ansonsten regnet es über der Mitte und dem Süden verbreitet mit häufig 5 bis 10
mm in 12 Stunden, in der Spitze örtlich mehr, aber nicht warnwürdig. Obwohl die
Schneefallgrenze von Norden weiter etwas absinkt auf 700 bis 1000m langt es wohl
auch in den entsprechenden Hochlagen der nördlichen und östlichen Bergländer nur
für etwas Schneematsch, wenn`s hoch kommt und kaum für Glätte.

In der nunmehr eher als Mischluft zu bezeichnenden Luftmasse über dem Süden
werden 13 bis 15°C erreicht, über dem Norden und der Mitte bleibt es oft im
einstelligen Bereich und ganz im Norden werden bei -7 bis -8°C in 850 hPa nur
wenig über 5°C als Maximum anvisiert. Dazu kann sich im Norden häufiger die
Sonne durchsetzen, die man über der Südhälfte kaum zu Gesicht bekommt.

In der Nacht zum Donnerstag weitet sich der Skandinavientrog weiter nach Süden
aus, eine markante Trogachse schwenkt dabei in den Norden Deutschlands. Unter
der höhenkalten Luft muss im Küstenumfeld und im angrenzenden Binnenland mit
Schauern gerechnet werden, teils als Schnee oder Graupel. Die Rinne verlagert
sich über die Alpen hinweg südwärts, wobei sich schließlich eine Zone tiefen
Luftdrucks aufbaut, die weite Teile Südeuropas, aber auch des östlichen
Mitteleuropas überdeckt. Im Süden Deutschlands kommt es zu weiteren
Niederschlägen, wobei die genaue Lage und räumliche Ausdehnung noch unsicher
ist. Über der Mitte klingen die Niederschläge ab. Meist bleiben die 12-stündigen
Mengen unter 10 mm, vielerorts sogar unter 5 mm, mit dem Schneefall ist es
ähnlich wie am Tage: Mit sinkender Schneefallgrenze lassen die Niederschläge
nach, aber vielleicht gibt es in den Hochlagen ein paar Flocken.
Zwischen den Niederschlägen im Süden und den Schauern im Norden bleibt es
gebietsweise trocken. In der Kaltluft tritt im Norden praktisch flächendeckend
leichter Frost auf. Ob es irgendwo mal für Glätte reicht, ist unsicher. Auf dem
Schirm haben kann man es aber sicher. Auch in der Mitte gibt es gebietsweise
Frost, bevorzugt in Mittelgebirgslagen. Im Süden reicht es wohl nur in
Gipfellagen für Werte unter null, sonst bleibt es im Süden weitgehend frostfrei.

Da nun über Skandinavien der Luftdruck etwas deutlicher steigt, baut sich über
dem Norden ein gewisser Gradient auf, der an den Küsten für steife bis exponiert
stürmische Böen aus Nordost gut ist.


Donnerstag... liegt Deutschland nach Süden hin weiter auf der Vorderseite des
langgestreckten Höhentroges, dessen Achse über dem Nordwesten unseres Landes
liegt, aber nur langsam weiter nach Südosten schwenkt.
Der vorderseitige Tiefkomplex liegt über dem Mittelmeer und Osteuropa und wir
bodennah in einer kalten nördlichen bis nordöstlichen Strömung. Aufgleiten an
der Nordflanke eines neuen Tiefkerns über Oberitalien lässt die Hebungsvorgänge
über dem Süden andauern. Die Mengen liegen aber nicht sonderlich hoch, durch das
Einsickern der kälteren Luft fällt dann auch im Süden bis ca. 1000m Schnee.
Ausdehnung und Intensität werden leicht unterschiedlich simuliert. Über dem
Nordwesten und Westen sind erneut bis in tiefe Lagen Schnee-, Schneeregen- und
Graupelschauer und vereinzelt kurze Gewitter möglich. In großen Teilen des
Nordens und Nordostens scheint aber auch längere Zeit die Sonne, die in der
kalten Luft aber einen schweren Stand hat. Bei -7 bis -10°C in 850 hPa sind
lokal kaum 5°C zu erwarten und auch im Süden bleibt es recht frisch, in zwar
nicht ganz so kalter Luft, aber ohne Sonne.
Der Nordostwind lebt zeitweise auf mit stärkeren Böen an der Nordsee und im
höheren Bergland, großflächige Warnungen braucht es aber nicht.

In der Nacht zum Freitag klart es im Norden teilweise auf und die Temperaturen
gehen auf 0 bis -5°C zurück, vereinzelt darunter. Die Schauer im Westen lassen
nach, während die Niederschläge im Süden andauern und eventuell an Intensität
noch zulegen, da sich das Tief südlich der Alpen verstärkt und kräftige Hebung
über die Alpen nach Norden ausgreift. Die länger andauernden Niederschläge
können teils bis ganz runter als Schnee oder Schneeregen fallen. Glätte durch
Schnee oder Schneematsch wird aber wohl nicht flächendeckend auftreten, eher
oberhalb von 600 bis 800 m, wo aber auch teils kräftige Schneefälle mit 5 bis 15
cm Neuschnee möglich sind.

Während der Gradient im Norden aufweicht und die Böen an den Küsten nachlassen,
gibt es im höheren Bergland vermehrt 7er, exponiert 8er Böen aus Nordost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Basisfelder ähnlich. Die Niederschlagsmengen und
deren Ausbreitung sind noch unsicher. Auch ob es heute Abend und kommende Nacht
im Südwesten für vereinzelte Gewitter reicht, darf bezweifelt werden. ICON D2
zeigt sowas, die Schichtung ist aber eigentlich eher indifferent. Was den Wind
angeht, bleiben ebenfalls Unschärfen. EZMW hat weniger im Programm als ICON, GFS
zeigt Mittwoch ein kleines Randtief an der Ostsee mit teils stürmischen Böen.
Die Abkühlung ist unstrittig und statt Frühling gibt es nochmal Spätwinter.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner