DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-03-2022 08:01
SXEU31 DWAV 270800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 27.03.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang von HB zu HNz.

Meist keine markanten Wettererscheinungen. Am Dienstag Entwicklung einer
Grenzwetterlage mit Luftmassengrenze in der Mitte Deutschlands. In diesem
Zusammenhang in der Nacht zum Mittwoch im nördlichen Mittelgebirgsraum Absinken
der Schneefallgrenze.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... Deutschland liegt im Einflussbereich eines umfangreichen
blockierenden Hochs mit Zentrum über der Nordsee, das einen Keil nach Österreich
besitzt. Dabei ist unterhalb einer Absinkinversion (im Osten bei 1600 m, im
Norden unter 1000 m) bis zu einem Streifen von Niedersachsen bis nach Tschechien
feuchte Luft eingeströmt, die sich in tiefer Schichtbewölkung äußert. Diesen
Wolkenstreifen kann man auch als Reste der Kaltfront vom Vortag bezeichnen. Die
Bewölkung dürfte im Tagesverlauf durch Absinkprozesse und die Tageserwärmung
langsam auflockern. Vom südlichen NRW und Rheinland-Pfalz bis zu den Alpen und
ganz im Nordosten scheint aber heute durchweg die Sonne. Die Höchstwerte liegen
in der Nordhälfte zwischen 11 Grad an der See und 17 Grad am Nordrand der
Mittelgebirge. In der Südhälfte ist es frühlingshaft mild mit Werten zwischen 18
und 21 Grad, vom Rhein-Main-Gebiet bis nach Südbaden mit bis zu 22 Grad.
Der Wind frischt am Nordrand des zum Erzgebirge gerichteten Bodenhochkeils im
Tagesverlauf an der Küste zeitweise stärker auf mit starken Böen (Bft 5 bis 6).
Ansonsten weht nur ein schwacher, im Südwesten mitunter auch ein mäßiger Wind
aus Nordost.

In der Nacht zum Montag kommt ein Randtrog vom Nordmeer nach Skandinavien und
bis in den Ostseeraum voran. Somit wird auch der Höhenkeil, der aus dem
Höhenhoch hervorgegangen ist, über Mitteleuropa weiter abgebaut, an der
antizyklonalen Gesamtausrichtung ändert sich aber erst einmal nur wenig.
Das zum Trog gehörende Tiefdruckgebiet über dem Nordmeer zieht im Laufe der
Nacht nach Zentralfinnland und intensiviert sich noch etwas. Die zugehörige
Warmfront zieht über Polen nach Osten, die Kaltfront erreicht morgens
Südskandinavien und das südliche Nordmeer.
Somit setzt auch im Vorhersagegebiet allmählich etwas stärkerer Druckfall ein,
es hält sich aber eine Hochdruckzone, die sich von England über die Alpen bis
zum Balkan erstreckt, die weiter unser Wetter bestimmt. Nur langsam verstärkt
sich im Norden und Osten die nordwestliche Bodenströmung, an der vorpommerschen
Ostseeküste reicht es im Laufe der zweiten Nachthälfte für erste Böen Bft 6, auf
Rügen auch für steife Böen Bft 7.
Mit der niedertroposphärischen Westnordwestströmung dringt dichtere,
hauptsächlich tiefe Bewölkung bis weit in die Norddeutsche Tiefebene vor, es
bleibt aber meist trocken.

In der Mitte und im Süden ist es anfangs klar, später bildet sich vor allem in
der Mitte örtlich Nebel oder Hochnebel. Im Süden kann es in der trockensten
Luft erneut leichten Frost geben, im Norden bleibt es dagegen frostfrei.

Montag... wird der Höhenkeil über Mitteleuropa weiter abgebaut und weicht einer
noch relativ schwachen westnordwestlichen Höhenströmung, während sich die
Kaltluftadvektion über dem Nordmeer und Skandinavien an der Westflanke des
umfangreichen nordwestrussischen Höhentroges intensiviert.
Das Bodentief über Südfinnland zieht ostwärts ab, dessen Kaltfront kommt aber
erstmal nur zögernd nach Süden voran und erreicht abends in etwa die mittlere
Nordsee bzw. Dänemark. Ihr folgt von Norden her in mehreren Staffeln maritime
Polar- bzw. später auch Arktikluft.
Die Hochdruckbrücke über dem Vorhersagegebiet wird mit Annäherung der Front
weiter abgebaut, mit Abzug des Tiefs verschärft sich aber der Gradient im
Nordosten zunächst nicht weiter, fächert aber erst nachmittags vorübergehend
etwas auf. Somit reicht es mit Unterstützung durch den Tagesgang wohl nach wie
vor lediglich entlang der vorpommerschen Ostseeküste für einzelne Böen Bft 6 bis
7 (die 7 bevorzugt in einem Streifen von Fischland über Darß bis nach Rügen).

Präfrontal bleibt es vor allem im Norden vielerorts in der von Westen und
Nordwesten einströmenden Meeresluft stärker bewölkt und auch über den Osten
ziehen zeitweise dichtere Wolken, Sprühregen fällt aber nach wie vor kaum, am
ehesten vielleicht im Nordwesten und am Nordrand der Mittelgebirge. In der Mitte
und im Westen gibt es gebietsweise lockere Wolken, während im Süden und
Südwesten dagegen meist die Sonne scheint.
An der Temperaturverteilung ändert sich nur wenig. Im Norden werden Werte
zwischen 10 Grad an der Nordsee und 15 Grad im Raum Hannover erreicht. Von dort
bis in den nördlichen Mittelgebirgsraum werden es meist 15 bis 18 Grad und im
Süden/Südwesten frühlingshafte 19 bis 23 Grad, im Bergland um 18 Grad.

In der Nacht zum Dienstag arbeitet sich der Höhentrog sehr langsam weiter nach
Süden vor, wodurch sich die westnordwestliche Höhenströmung über Deutschland ein
wenig verstärkt. Der Druckfall im Bodenfeld setzt sich weiter fort, bei
allerdings gleichzeitig auffächerndem Gradienten, so dass der Wind warntechnisch
wohl keine Rolle (mehr) spielt (Ausnahme Rügen).
Die Kaltfront greift bis 00 UTC mit etwas Regen auf das Küstengebiet über, aber
auch vorlaufend gibt es im Norddeutschen Tiefland tiefe Wolkenfelder. In der 2.
Nachthälfte erreicht leichter Regen das nördliche Niedersachsen und,
Nordbrandenburg und morgens auch den Berliner Raum. Die Mengen bleiben aber
überschaubar und liegen meist unter 3 mm.
Insgesamt werden aber nun auch im Süden die Wolken dichter, so dass sich
leichter Frost wohl nur noch auf einige Mittelgebirgs- und Alpentäler
beschränkt. Sonst dürfte es frostfrei bleiben.


Dienstag... kommt es über Deutschland zu keiner weiteren Austrogung in der Höhe,
wodurch auch die Kaltfront am Boden nur noch sehr zögerlich nach Süden
vorankommt. Irgendwo in der Mitte kommt sie ins Stocken und nimmt zunehmend die
Rolle einer quasistationären Luftmassengrenze ein, die arktische Polarluft im
Norden (T850 ganz im Norden um -5°C) von zunehmend feuchter Subtropikluft im
Süden (T850 bis +7°C) trennt. Ursache für die entstehende Grenzwetterlage ist
die großräumige Druckverteilung mit hohem Luftdruck im Raum Grönland und dem
östlichen Mittelmeer sowie Tiefs über Nordost- und Südwesteuropa. Bei dieser
Lage spricht man von einem frontogenetischen Viererdruckfeld, bei dem Kaltluft
im Norden und Warmluft im Süden sich im Bereich einer Luftmassengrenze treffen.


Das Geschehen bei uns wird damit zusehends zyklonaler und die Zeit ungetrübten
Sonnenscheins ist erst mal vorbei. Das heißt aber nicht, dass die Sonne am
Dienstag nicht trotzdem zu sehen sein wird. Am häufigsten ist das im äußersten
Süden und Südwesten sowie in Küstennähe der Fall. Ansonsten entwickeln sich bei
wechselnder Bewölkung - nicht zuletzt mitausgelöst durch frontale
Querzirkulation - vornehmlich in der Mitte, bedingt aber auch im Süden, Schauer
bzw. schauerartiger Regen. Entsprechend der hohen Baroklinität weisen auch die
Tageshöchstwerte große Unterschiede auf: gerade mal 8 bis 11°C sind es im hohen
Norden, während der Süden immer noch auf sehr milde 15 bis 20°C kommt.

In der Nacht zum Mittwoch bleibt die Luftmassengrenze in der Mitte Deutschlands
liegen bzw. kommt sogar einige Kilometer nach Süden voran. Dabei sinkt die
Temperatur im Küstenbereich sogar auf -7 Grad in 850 hPa. Die
Niederschlagssignale nehmen an der Front zu, wobei nach ICON meist 1 bis 6 mm im
Laufe der Nacht zusammenkommen, nach GFS und IFS aber immerhin 2 bis 10 mm und
vereinzelt rund 15 mm. Dabei könnte nördlich der scharfen luftmassengrenze die
Schneefallgrenze bis in die mittleren Lagen der Mittelgebirge absinken!
Betroffen wäre ein Streifen vom Rothaargebirge über Nordhessen bis zum
Erzgebirge. Weiter nördlich könnte die Bewölkung auflockern und so ist in der
Polarluft örtlich leichter Frost möglich. In der Mitte und im Süden ist es
dagegen meist frostfrei.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die externen Modelle simulieren die Entwicklung recht ähnlich. Selbst bei der
Lage der Luftmassengrenze in der Nacht zum Mittwoch gibt es nur geringe
Differenzen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden