DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-03-2022 18:01
SXEU31 DWAV 261800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 26.03.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst noch Hoch- bzw. Hochrandlage ohne besondere Vorkommnisse. Im Laufe der
nächsten Woche peu a peu zyklonaler und endlich Regen, wenn auch zunächst nicht
überall.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... befinden sich weite Landesteile weiterhin unter Hochdruckeinfluss,
der aber - wie erwartet - im Norden und Nordosten eine Schwachstelle aufweist.
Hauptdarsteller auf der Wetterkarte ist das hochreichende Hoch PETER mit Zentrum
über dem Norden UKs bzw. über der westlichen Nordsee. Davon ausgehend erstreckt
sich ein langgezogener Keil in südöstlicher Richtung, der sich im Laufe der
Nacht etwas verstärkt und dessen Divergenzachse von Nordwest nach Südost mitten
über Deutschland verläuft. Während südlich der Achse Wolken noch schwerer zu
finden sind als Gold und somit einmal mehr eine klare, wenn auch verkürzte Nacht
(Achtung, Zeitumstellung, es geht um eine Stunde nach Vorn) ins Haus steht, hat
sich nördlich davon ein Band mit tiefer Bewölkung hereingeschlichen, das im
Tagesverlauf aber deutlich an Substanz verloren hat (größere Lücken). Es gehört
zu einer Kaltfront, die wiederum einem kräftigen Tief (HELMKA) angehörig ist,
welches über Nordwestrussland nur langsam ostwärts vorankommt.

Im Laufe der Nacht kommt die Bewölkung noch etwas weiter gen Mitte voran, wobei
sich einige Lücken wieder schließen. Rückseitig lockert die Wolkendecke
ebenfalls auf, bei nachlassendem Wind können sich in der leidlich feuchten Luft
(tagsüber lagen die Taupunkte z.T. über 10 Grad höher als im trockenen Süden)
aber Nebelfelder oder an der Absinkinversion auch Hochnebel bilden. Dort, wo es
für längere Zeit klar bleibt, kühlt es auf Werte um oder etwas unter den
Gefrierpunkt ab. Leichen Frost gibt es gebietsweise - natürlich, möchte man fast
hinzufügen - auch im Süden des Landes.

Sonntag ... ändert sich bei uns gar nicht mal so viel an der Wetterlage. PETER
bleibt Trumpf, auch wenn er ebenso wie sein überlagerter Rücken anfängt leicht
zu schwächeln. Die Kaltfront hat sich mittlerweile aufgelöst, was für die tiefe
Bewölkung bzw. den Hochnebel/Nebel zunächst noch nicht zutrifft. Allerdings wird
daran im Laufe des Tages mächtig gearbeitet. Für eine Komplettauflösung wird es
zwar nicht reichen, die Lücken dürften aber immer größer werden. Ganz im Süden
und Südwesten - gemeint sind weite Teile Bayerns und BWs, evtl. auch noch
Südhessen, die Pfalz und das Saarland - bleibt man von Wolken nach wie vor ganz
verschont, so dass einmal mehr von morgens bis abends die Sonne scheint.

Der äußerste Norden hingegen wird von der Warmfront eines über das Nordmeer
ostwärts ziehenden Sturmtiefs (ILONA) mit mehrschichtiger Bewölkung gestreift,
aus der aber kein Regen fällt. Zwar steigt T850 landesweit etwas an auf 4 bis
7°C am Abend, bei den Höchstwerten merkt man aber nicht allzu viel davon. Sie
liegen im Norden und Osten bis 12 bis 17°C (direkt an der See etwas niedriger,
teils sogar unter 10°C), sonst bei 16 bis 21, am Oberrhein lokal vielleicht
22°C.

In der Nacht zum Montag überquert ein flacher Randtrog mit dem zugehörigen Tief
ILONA Mittelskandinavien südostwärts (genau genommen bildet sich über dem
Festland ein zweiter Tiefkern), was auch bei uns einen weiteren Potenzialabbau
sowie Druckfall zur Folge hat. Trotzdem bleibt das Setup zunächst noch
antizyklonal ausgerichtet. Vor allem für die Mitte und den Süden bedeutet das
abgesehen von einigen Nebel- oder Dunstfeldern gering bewölkte bis klare
Verhältnisse, gebietsweise leichter Frost im Süden inklusive.

In Norddeutschland hingegen setzt sich von Norden her hauptsächlich tiefe
Bewölkung bis in die Norddeutsche Tiefebene durch (=> frostfrei), aus der aber
weiterhin kein Regen fällt. Darüber hinaus nimmt der westliche Wind an der
Ostsee zu, für mehr als ein paar 7er-Böen auf Rügen reicht es wahrscheinlich
aber nicht.

Montag ... zieht das Tief unter leichter Intensivierung auf etwas unter 985 hPa
weiter nach Karelien, während gleichzeitig die Frontalzone von Norden her
dichter an den Vorhersageraum heranrückt. Die Folge ist weiterer
Potenzialverlust respektive Druckfall. Trotzdem scheint auch am Montag in weiten
Landesteilen noch mal die Sonne. Insbesondere im Süden, wo man am weitesten von
den zyklonalen Rochaden über Nordeuropa entfernt ist, wird der Himmel abermals
blankgeputzt daherkommen (einige alpine Quellungen mal ausgenommen). Zur Mitte
hin und auch im Westen trifft man die eine oder andere Wolke an, gleichwohl wird
auch in diesen Regionen der Sonnenschein überwiegen. Das meiste Gewölk dürfte im
Norden und Nordwesten in Erscheinung treten, wo vorderseitig einer sich nur
langsam von Norden nähernden Kaltfront mal mehr, mal weniger dichte Bewölkung
ostwärts durchzieht. IFS simuliert ebenso wie im zentralen Mittelgebirgsraum
sogar etwas Regen, was von anderen Modellen aber kaum unterstützt wird. Der
West- bis Nordwestwind weht an der Ostsee weiterhin frisch und stark böig, mehr
als Böen 7 Bft auf Rügen stehen aber nicht auf der Rechnung. Ab dem Nachmittag
beginnt der Gradient dann allmählich aufzufächern. An den Temperaturen ändert
sich wenig bis nichts: Um 10°C an der See, 11 bis 14°C im Norden, 14 bis 20°C in
der Mitte und lokal bis zu 22 oder gar 23°C im Süden.

In der Nacht zum Dienstag kommt es am Südrand der Frontalzone zu einer leichten
Austrogung über dem Norden, während nach Süden hin noch die Reste des sich
zurückziehenden Rückens zu finden sind. Die o.e. Kaltfront greift auf
Norddeutschland über und führt einen ersten Schwall maritimer Polarluft heran,
in der T850 auf etwas unter 0°C zurückgeht. Wettermäßig tut sich vor allem
präfrontal etwas, wo es bei leicht labilen Verhältnissen zu einer
Feuchteflusskonvergenz kommt. Im Wesentlichen angefacht durch die sich
annähernde Front wird Hebung ausgelöst, in deren Folge in einem von
Niedersachsen bis hinüber nach BB, Sachsen und Thüringen reichenden Streifen
(nach dem neuesten Lauf auch im Westen und Südwesten) schauerartige Regenfälle
generiert werden. ICON scheint nach der langen Durststrecke darüber so erfreut,
dass sogar einzelne Gewitter simuliert werden, was aber mehr als fraglich ist.
Ohnehin muss konstatiert werden, dass die Schauer alles andere als üppig
ausfallen, werden doch akkumuliert über 12 h nicht mal 5 l/m² avisiert. Mit
Ausnahme einiger Alpentäler dürfte die Nacht frostfrei bleiben.

Dienstag ... kommt es über Deutschland zu keiner weiteren Austrogung in der
Höhe, wodurch auch die Kaltfront am Boden nur noch sehr zögerlich nach Süden
vorankommt. Irgendwo in der Mitte kommt sie ins Stocken und nimmt zunehmend die
Rolle einer quasistationären Luftmassengrenze ein, die arktische Polarluft im
Norden (T850 bis -5°C) von zunehmend feuchter Subtropikluft im Süden (T850 bis
+7°C) trennt. Ursache für die entstehende Grenzwetterlage ist die großräumige
Druckverteilung mit hohem Luftdruck im Raum Grönland und dem östlichen
Mittelmeer sowie Tiefs über Nordost- und Südwesteuropa. Gemeinhin spricht man
bei solch einer Verteilung von einem frontogenetischen Viererdruckfeld, bei dem
konkurrierende Luftmassen um die Vorherrschaft ringen.

Wie auch immer, Fakt ist, dass das Geschehen bei uns zusehends zyklonaler wird
und die Zeit ungetrübten Sonnenscheins von morgens bis abends erst mal vorbei
ist. Das heißt aber nicht, dass die Sonne am Dienstag nicht trotzdem zu sehen
sein wird. Am häufigsten ist das im äußersten Süden und Südwesten sowie in
Küstennähe der Fall. Ansonsten entwickeln sich bei wechselnder Bewölkung - nicht
zuletzt mitausgelöst durch frontale Querzirkulation - vornehmlich in der Mitte,
bedingt aber auch im Süden Schauer respektive schauerartiger Regen, der sich in
der Nacht zum Mittwoch noch etwas verstärkt. Entsprechend der hohen Baroklinität
weisen auch die Tageshöchstwerte einen hohen Spread auf: gerade mal 7 bis 10°C
sind es im hohen Norden, während der Süden auf 15 bis 20°C kommt.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im Großen und Ganzen simulieren die Modelle die Entwicklung sehr ähnlich. Auch
bei der Positionierung der Luftmassengrenze am Dienstag nähert man sich immer
weiter an. Die Umstellung der Großwetterlage ist ohnehin unstrittig.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann