DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-03-2022 16:01
SXEU31 DWAV 141800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 14.03.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Erst wechselhaft, dann zunehmender Hochdruckeinfluss. Alpengipfel zeitweise
stürmisch. Nachts nur noch regional leichter Frost und gebietsweise Nebel.
Mittwoch im Südwesten ungewöhnlich mild.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... schwenkt ein recht agiler Kurzwellentrog über Deutschland nach
Nordost bis Ost und drückt eine Okklusion sukzessive nach Nordosten. Deren
anafrontale Charakter sorgt postfrontal für ein breites Niederschlagsgebiet mit
Stundensummen von meist unter 1 l/m². Dieser Niederschlag verlagert sich bis zum
Abend bis auf eine Linie Hamburg - Dresden und schwächt sich weiter ab.
Über Süddeutschland sorgt kräftiges Absinken und eine zunehmend antizyklonal
konturierte Höhenströmung für einen sonnigen Tagesausklang, der über
Westdeutschland ebenfalls heiter bis sonnig ausfällt (neben sich zügig
auflösenden Wolkenresten). Inwieweit einzelne Cirren bereits zum Abend den
Südwesten Deutschlands erreichen ist noch unsicher und spielt nur eine optische
Rolle beim Sonnenuntergang.

Die abendlichen Werte liegen meist zwischen 9 und 6 Grad, im Südwesten zwischen
13 und 9 Grad und Richtung Vogtland und Thüringer Wald bei +4 bis +2 Grad. Der
Südwestwind spielt mit seiner schwachen bis mäßigen Intensität keine große
Rolle.


In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Kurzwellentrog über Nordostdeutschland
nach Polen und drängt die sich auflösende Okklusion mit letzten Niederschlägen
ausgangs der Nacht über die Oder nach Osten ab.
Postfrontal der Okklusion sorgt Absinken für einen Streifen mit überwiegend
klaren Verhältnissen, der sich von Niedersachsen bis Sachsen erstreckt.
Aufklaren und effektive Ausstrahlung drücken die Temperaturwerte häufig in
Taupunktnähe, sodass regional dichter Bodennebel auch warntechnisch eine Rolle
spielen sollte.

Um die Entwicklung über Süddeutschland zu verstehen, muss kurz nach
Südwesteuropa geschaut werden, wo ein (aus klimatologischer Sicht) anormal
kräftiger Höhentrog über Marokko abtropft und eine umfangreiche Bodenzyklogenese
über Spanien/Marokko und Algerien induziert (Bodendruck, Temperatur in 850 hPa
und Geopotenzial regional nahe der jeweiligen Rekordwerte der CFSR Klimatologie
1979-2009). Induziert durch diese Entwicklung wird eine afrikanische Luftmasse
angezapft, die nach Norden geführt wird und das westliche Mittelmeer, Spanien
und Südfrankreich erfasst.
Für Süddeutschland bedeutet die Entwicklung eine antizyklonale Höhenströmung
dank der angesprochenen Keilaufwölbung. Begleitet wird diese Entwicklung von
einem breiten Cirrenschirm, der sich die Nacht über bis in den Westen und zur
Mitte voran arbeitet. Erste Tropfen im Zuge einer sich strukturierenden
Warmfront über der Mitte Frankreichs könnten ausgangs der Nacht die Eifel, das
Saarland und den südlichen Hochschwarzwald erreichen.

Dank der insgesamt recht üppigen Wolkenverteilung beschränkt sich der Streifen
mit leichtem Frost auf die zentralen Mittelgebirge und weite Bereiche Bayerns.
Über der östlichen Mitte kann in ungünstigen Fällen lokal überfrierende Nässe
nicht ausgeschlossen werden (vor allem dort, wo der Bodenwärmestrom unterdrückt
wird, wie auf Brücken). Sonst werden Tiefstwerte von 6 bis 2 Grad erwartet.


Dienstag ... wird ein vergleichsweise spannender Tag aus synoptischer Sicht. Ein
vom Ärmelkanal ostwärts ziehender Kurzwellentrog erreicht zur Mittagszeit
Benelux und bis zum Abend den Norden und die Mitte Deutschlands. Dabei gewinnt
er an Amplitude dank einer schwachen Kopplung der Höhenjets bzw. einem von den
Niederlanden nach Süddeutschland ziehenden Jet-Maximums (streak) und interagiert
mit einer feuchten Luftmasse, die über Frankreich lagert. Diese Feuchte
resultiert aus einem fokussierte integrierten Wasserdampftransport vom
westlichen Mittelmeer nach Frankreich entlang der Ostflanke der
südwesteuropäischen Zyklogenese. Mit TPWs von 20 bis 25 mm und einem
niedertroposphärischen "fetch" über das gesamte westliche Mittelmeer wird zudem
auch niedertroposphärisch recht feuchte Luft nach Frankreich geführt (bzw. wird
die afrikanische Luftmasse angefeuchtet). Diese Luftmasse entlang/postfrontal
der Warmfront interagiert mit unserer dynamischen Kurzwelle (inklusive
ausgeprägtem thermischen Höhentrog). Gleichzeitig deutet die Numerik die Bildung
einer Warmfrontwelle über Süddeutschland an, die in eine eigenständige seichte
Bodentiefentwicklung mündet. Diese Entwicklung erreicht unter leichter
Verstärkung Tschechien in der Nacht zum Mittwoch. Cross sections durch die Front
zeugen von hochreichender, wenngleich nur moderater Frontogenese u.a. auch im
kristallbildenden Bereich.

Durch das Zusammenspiel der Dynamik, Warmfront, Feuchte und Bodentiefentwicklung
wird ein Niederschlagsgebiet von Luxemburg/Frankreich nach Deutschland geführt,
dass besonders der Mitte Deutschlands kräftige Niederschläge beschert. Die
höchsten 12-std. Niederschlagsmengen sollten das Saarland, das südliche
Rheinland-Pfalz, Südhessen, das nördliche Baden-Württemberg sowie den Spessart
mit 10 bis lokal 20 l/m² betreffen. Peripher dieses Maximums werden 5 bis 10
l/m² erwartet, die die gesamte Mitte erfassen. Die Schneefallgrenze wird im
Niederschlag auf rund 1000 bis 900 m gedrückt, sodass der Brocken (am Nordrand
des Niederschlags gelegen) vielleicht zum Abend einzelne Schneeflocken ergattern
kann.

Im Alpenvorland sowie im Norden und Osten verläuft der Tag meist trocken, jedoch
überwiegend stark bewölkt.

Die Höchstwerte liegen im Dauerregen zwischen 5 und 9 Grad und sonst zwischen 9
und 13 Grad, am Oberrhein bei rund 16 Grad.

Der Südwestwind im Süden weht mäßig mit Sturmböen im exponierten Bergland/auf
Alpengipfeln dank eines 60 kn/ 40 kn Jets in 700 hPa/850 hPa (Sturmböen Bft 9
aus Südwest). Im Norden kommt der Wind schwach bis mäßig aus Nordost.


In der Nacht zum Mittwoch schwenken/ziehen der Kurzwellentrog und das Bodentief
rasch nach Osten, sodass sich auch der Niederschlag zügig in den Osten/Südosten
von Deutschland verlagert. Im Stau der östlichen Alpen fallen dabei 12-std.
Mengen von 10 bis 20 l/m², während die Mengen sonst zwischen 4 und 8 l/m²
verbleiben. Auf dem Kamm des Erzgebirges kann etwas Schnee oder Schneeregen
fallen - im Ensemble aber kaum abgebildet. Im Westen und Norden bleibt es
trocken und dort lockert die Wolkendecke zügig auf. Dabei kann sich regional
Bodennebel bilden. Die Tiefstwerte liegen im Südosten bei 6 bis 4 Grad und gehen
sonst auf +4 bis -1 Grad zurück.


Mittwoch ... erfolgt dann eine durchgreifende Wetterberuhigung dank eines sich
über Deutschland nordwärts aufwölbenden Höhenkeils. Dieser überläuft eine
Luftmassengrenze, die sich vom Westen bis an die Alpen erstreckt und 850 hPa
Temperaturwerte von +8 Grad (abends) im Südwesten von -2 Grad im Nordosten
trennt. Kräftiges Absinken erlaubt jedoch kaum eine Wetteraktivität dieser
Luftmassengrenze, sodass sich im Tagesverlauf die dichten Wolkenfelder zügig
auflösen und nachmittags häufig der Sonne Platz machen.

Eine Unbekannte bzgl. Maxima und Sonnenausbeute im Süden wird noch der
Saharastaub sein, der laut aktueller Ensembleberechnungen bevorzugt
Süddeutschland erfassten dürfte (bzw. schwerpunktsmäßig die Schweiz und
Österreich) und von Cirren begleitet sein könnte. Die Staubentwicklung dürfte
aber gut im automatischen Lidar- und Ceilometerverbund zu verfolgen sein, sodass
die Numerik dahingehend abgeglichen werden kann. Aus aktueller Sicht wird von
keinen größeren Einflüssen ausgegangen, da die Zutaten für die typischen
zellulären Cirrenfelder zu dem Zeitpunkt in der Region nicht mehr günstig
erscheinen.

Letzte Tropfen im Osten und abklingender Stauniederschlag im Berchtesgadener
Land sind die einzigen Niederschläge des Tages - ansonsten verläuft der Tag
trocken. Dank der kräftigen Temperaturadvektion im Südwesten könnten dort
Höchstwerte von 16 bis 21 Grad auftreten, sollte die Bewölkung dem Ganzen nicht
einen Strich durch die Rechnung machen. Ansonsten verbleiben die Höchstwerte von
Nordost nach Süd zwischen 8 und 14 Grad. Der Wind weht schwach bis mäßig aus Ost
bis Nordost, über der Deutschen Bucht auch böig aus Südost.

Die Nacht zum Donnerstag verläuft im Süden und Osten klar, im Westen zunehmend
bewölkt und meist trocken. Einzig im Nordwesten können ausgangs der Nacht
einzelne Tropfen auftreten. Lokal bildet sich Nebel und das bei Tiefstwerten von
9 bis 6 Grad im Nordwesten und sonst 4 bis -1 Grad.



Donnerstag ... dauert der Einfluss der Höhenkeilachse weiter an und zudem
etabliert sich eine Bodenhochdruckbrücke zwischen einer Antizyklone über der
Irischen See sowie einer über Osteuropa. Bevor sich die Brücke jedoch etabliert,
gelingt es einer schwachen Kaltfront nach Norddeutschland vorzudringen, sodass
dort aus dichter Bewölkung zeitweise und geringfügig Nass fällt. Zum Abend
lockert die Bewölkung postfrontal von Benelux wieder auf. Im Osten und Süden
beginnt der Tag noch sonnig, bevor auch dort im Nachmittagsverlauf immer
dichtere Wolkenfelder aufziehen. In diesen Regionen bleibt es jedoch trocken.
Der Wind weht schwach aus Nord bis Nordost, im Nordosten aus Südost und die
Höchstwerte liegen von Nordwest nach Südost zwischen 10 und 19 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Kurzfrist wird innerhalb der Numerik ohne nennenswerte Diskrepanzen gezeigt.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy