DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

08-03-2022 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 08.03.2022 um 10.30 UTC



Ruhiges Hochdruckwetter, in der Westhälfte teils frühlingshaft mild, zeitweise
windig.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 15.03.2022


Derzeit beobachten wir ein stabiles Regime der Großwetterlage (GWL) im
nordatlantisch-europäischen Bereich, das geprägt ist durch die Variation
Skandinavisches Blocking. Nichtsdestotrotz bleibt der NAO-Index insgesamt im
leicht positiven Umfeld. Auch der Index der Arktischen Oszillation (AO) bleibt
weitgehend positiv, obwohl vorübergehende Einknicke ins Negative möglich sind
(durch das zeitweise von den Modellen angedeutete synoptische Pattern wave-2,
also jeweils Rücken über Nordskandinavien und dem nördlichen Nordpazifik, bis in
die Arktis reichend, daher auch die Nordamerikanische GWL Alaskan Ridge
(Höhenrücken über Alaska). Diese Konstellation erweist sich zum einen als recht
stabil (laut IFS-EPS Weather Regime frequency hat die Mehrzahl der
Ensemble-member in der Prognose bis über den 20. März hinaus als wahrscheinliche
GWL das Skandi-Blocking drin bzw. sind auch die diskreten Wetterlagen für
Mitteleuropa fast durchgehend antizyklonal geprägt).

Nun konkret zur Mittelfrist.

Am Freitag liegt der Block (Höhenrücken) mit seinem Schwerpunkt über
Skandinavien, mit dem Bodenhoch über dem Baltikum (1040 hPa). Flankiert wird die
Omega-Struktur auf seiner Ostseite von einem kräftigen Höhentief (abgetropft vom
Langwellentrog über Osteuropa) über dem Balkan sowie tiefem Bodendruck über der
östlichen Türkei und auf seiner Westseite von einem stark amplifizierten
Langwellentrog, der ausgehend von einem kräftigen Bodentief westlich von Island
(965 hPa) bis in die Biskaya reicht. Dazwischen liegt Mitteleuropa in einer
lebhaften und störungsfreien südöstlichen Strömung. Da die Atmosphäre über
Deutschland aufgrund der Hochrandlage eher als äquivalent-barotrop einzuordnen
ist (Windzunahme mit der Höhe bei nur schwachen Advektionen) und zudem in der
unteren Troposphäre der Wind aus dem Hoch heraus supergeostrophisch ist, sind
vor allem in der Nordosthälfte Windböen wahrscheinlich, in den Hochlagen der
zentralen und östlichen Mittelgebirge auch stürmische Böen oder Sturmböen aus
südöstlicher Richtung (zum Teil auch durch orografische Überströmung verstärkt).
Die 850 hPa-Temperatur liegt ganz im Osten und Südosten noch bei ca. -3 bis -4
Grad, wohingegen nach Westen Werte zwischen +3 und +6 Grad vorherrschen.
Am Samstag ändert sich nicht viel an den großräumigen synoptischen Strukturen,
das Hoch über dem Baltikum schwächt sich etwas ab (nachlassender Gradient in
Bodennähe) und der skandinavische Block verlagert sich leicht nordwärts.
Gleichzeitig zieht ein Schnellläufer (Rapide Zyklogenese, vor allem von ICON mit
veritabler Vertiefungsrate über 25 hPa in 24 Stunden) in das Seegebiet westlich
von Irland und verstärkt das zyklonale Wellenbrechen an der Westflanke des
Omega-Blocks. Zudem rückt der Langwellentrog mit eingelagerten kurzwelligen
Anteilen etwas näher an Westeuropa heran und aktiviert eine dort mehr oder
weniger liegengebliebene Okklusion. Dadurch sind neben Wolkenfeldern im Westen
und Südwesten auch schwache Niederschläge nicht ausgeschlossen.
Am Sonntag zieht ein weiterer Randtrog über Westeuropa nordwärts und kann im
Westen für Wolken und schwache Niederschläge sorgen. Andererseits kann durch die
Verlagerung des Omega-Blocks etwas weiter in Richtung Nordskandinavien auf der
Ostflanke das Höhentief über dem Balkan seinen Einfluss vorübergehend retrograd
nach Westen in Richtung östliches bis südöstliches Mitteleuropa ausdehnen. Daher
fließt von Polen und Tschechien mit östlicher bis südöstlicher Strömung sogar
verstärkt kühlere, aber weiterhin trockene Festlandsluft in die Osthälfte ein.
Die 850 hPa-Temperatur geht dort bis Montagfrüh auf -3 bis -5 Grad zurück. Auch
in die Westhälfte gelangt mit der Okklusion etwa kühlere und feuchtere Mischluft
(850 hPa-Temperatur ca. +2 bis -1 Grad).

Am Montag und Dienstag verbleibt Deutschland im Randbereich hohen Luftdrucks
über dem Baltikum sowie hohem Geopotenzial über Skandinavien in einer östlichen
bis südöstlichen Strömung. Am Dienstag könnte bei Ostverlagerung des
Höhenrückens und des Bodenhochs in Richtung Nordwestrussland Deutschland
allmählich in eine zunehmend südliche Strömung gelangen. Dann soll die 850
hPa-Temperatur laut IFS auf +2 bis +7 Grad ansteigen. Dabei bleibt es zunächst
störungsfrei. An den Alpen könnte sich leichter Föhn einstellen.

In der erweiterten Mittelfrist sieht es weiterhin überwiegend nach
Hochdruckwetter aus, allerdings voraussichtlich mit einem sich aufbauenden
Rücken über Mittel-und Südeuropa, nachfolgend mit favorisierten Wetterlagen wie
Hoch oder Brücke Mitteleuropa (HM bzw. BM). Der Atlantik scheint weiter
abgemeldet zu sein, dagegen tauchen in den Clustern des IFS einzelne Lösungen
mit Block über Nordskandinavien und erneut Trog über dem östlichen Mitteleuropa
auf. Dementsprechend müsste dann zumindest die Streuung der Temperaturprognose
zunehmen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der neue IFS-Lauf weist gegenüber den Vorläufen eine recht gute und durchgehende
Konsistenz auf. Der Hochdruckeinfluss bleibt demnach erhalten. Am Wochenende
beeinflusst eine Okklusion den Westen und Südwesten in abgeschwächter Form, die
von einem Kurzwellentrog vorübergehend aktiviert wird. Danach soll sich der
kräftige Rücken über Nord- und Nordosteuropa (Omega-Prinzip) erneut verstärken
und seinen Einfluss auf Mitteleuropa beibehalten.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Beim Vergleich mit anderen Globalmodellen wie ICON oder GFS lassen sich keine
grundlegenden Unterschiede bis etwa zum Ende der Mittelfrist herausarbeiten.
Kleinere Details wurden bereits weiter oben angerissen. Der neue Höhenrücken in
der erweiterten Mittelfrist über Mittel- und Südeuropa wird durch GFS ebenso
angedeutet. Dazu existieren bei GEFS auch Varianten mit dem High over Low-Muster
(Skandi-Block und Trog östliches Mitteleuropa).
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Im Zeitschritt t+120 bis t+168 h existieren insgesamt vier gruppierte
Clusterlösungen, die allesamt mehr oder weniger den über Mittel- und Nordeuropa
positionierten Omega-Block sehen. Durch das häufig simulierte wave-2-Muster mit
einem zusätzlichen Rücken über dem nördlichen Nordpazifik (Alaskan Ridge),
jeweils teilweise bis in die Arktis reichend wirkt diese Konstellation auch
modelltechnisch stabil.

Im Zeitschritt t+192 bis t+240 h existieren drei gruppierte Clusterlösungen.
Hier wird im pazifischen bzw. nordamerikanischen Raum der Übergang zu Arctic Low
simuliert, mit entsprechenden Konsequenzen für den AO-Index, der wieder
deutlicher ansteigen dürfte. Ebenso wird dadurch unser Skandiblock von Norden
und Westen her durch zunehmende Tiefdruckaktivität bedrängt, was wiederum die
weiter oben beschriebene Neuausrichtung bzw. Verlagerung der Zone hohen
Geopotenzials etwas weiter südlich begünstigen könnte (siehe oben). Größere
Änderungen der Wetterlage über Mitteleuropa im Hinblick auf mehr atlantischen
Einfluss ist dagegen nicht auszumachen.

Bei den Rauchfahnen wird wieder ein willkürlicher Ort in Mitteldeutschland
gewählt.

Bei der 850 hPa-Temperatur ist nach einer Phase etwa gleichbleibender Werte (+1
bis +3 Grad, relativ geringer Spread)) am Sonntag/Montag der weiter oben
beschriebene Temperaturrückgang auf ca. -3 Grad zu verzeichnen, wonach
allerdings der erneute Anstieg in einem relativ dichten Bündel bis auf Werte
über +3 Grad einsetzt. Auch am Ende liegt der Median eher auf der wärmeren Seite
(mit zunehmendem Spread).

Bezüglich Niederschlägen gibt es erst Mitte nächster Woche recht schwache
Signale.

Das Geopotenzial bewegt sich auf relativ hohem Niveau mit einem leichten Knick
am Wochenende, dem ein stärkerer Anstieg Anfang nächster Woche folgen soll
(teils über 570 Dekameter).

Beachtenswert ist insgesamt die relativ gute Konsistenz mit überschaubarer
Streuung sowie jeweils plausibler Einbettung von Haupt- und Kontrolllauf.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Freitag in den Hochlagen der zentralen und östlichen Mittelgebirge stürmische
Böen sowie exponiert Sturmböen (Bft 8 bis 9) aus südöstlicher Richtung
wahrscheinlich. An der Nordsee sowie im Lee der zentralen und östlichen
Mittelgebirge stürmische Böen (Bft 8) aus Südost gering wahrscheinlich.

Am Samstag nur in den Hochlagen der zentralen und östlichen Mittelgebirge
stürmische Böen, exponiert auch Sturmböen (Bft 8 bis 9) aus südöstlicher
Richtung möglich. Am Alpenrand strenger Frost unter -10 Grad nicht
ausgeschlossen.

Am Sonntag und Montag nur an der Nordsee und in exponierten Hochlagen stürmische
Böen (Bft 8) gering wahrscheinlich.

Insgesamt durch anhaltende Trockenheit und zeitweise windigen Verhältnissen
zunehmende Waldbrandgefahr.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON, GEFS, MOSMIX, NOAA
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Dr. Jens Bonewitz