DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

03-03-2022 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 03.03.2022 um 10.30 UTC



Zunächst eher kaltes Hochdruckwetter, im Südosten zeitweise schwacher zyklonaler
Einfluss. Im Wochenverlauf allgemein zunehmender Tiefdruckeinfluss möglich,
dabei zunächst noch kalt.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 10.03.2022


Hauptakteur der ab Sonntag beginnenden Mittelfrist ist ein Höhenrücken, der sich
von den Azoren über das Seegebiet nördlich der Britischen Inseln bis ins
Nordmeer aufwölbt und im Laufe der Woche in ein Höhenhoch mit Schwerpunkt über
Skandinavien umwandelt. Dabei wird er/es von verschiedenen Seiten "attackiert",
was auch für das Wetter in Deutschland von Interesse ist. Die beteiligten
Luftmassen sind sehr kalter Natur, etwas, das man fast den ganzen Winter kaum
bei uns gesehen hat. Da aber schon März ist und die Sonne bereits einige Kraft
entfaltet, reicht es dennoch für leichte Plusgrade tagsüber.

Im Detail gehen die "Attacken" am Sonntag erstens von einem Höhentief am
Westausgang des Ärmelkanals aus, das mit einem Frontenzug korreliert. Da das
Höhentief auf Kurs Biskaya ist, bleibt der Einfluss des mit dem Höhenrücken
verbundenen Bodenhochs mit Zentrum über der Nordsee über Deutschland unberührt.
Zweitens läuft ein Randtrog eines Langwellentrogs über Skandinavien und
Nordwestrussland an der Ostflanke des Höhenrückens nach Süden ab und touchiert
dabei auch Deutschland. Größere Wetterwirksamkeit entfaltet er zwar nicht, einen
Schwall arktischer Kaltluft mit T850 hPa um -10 Grad bringt er jedoch mit. Sonst
liegen die T850 hPa bei -3 bis -8 Grad. Drittens liegt dann noch ein Höhentief
über dem Balkan, dessen Einfluss aber nicht bis nach Deutschland reicht. So
bleibt der Tag weitgehend vom Hochdruckeinfluss geprägt.

Am Montag regeneriert der Randtrog das Höhentief über dem Balkan, wobei es im
Zuge dessen etwas in Richtung Italien vorankommt. Damit unterwandert es den
Höhenrücken und bekommt leichten zyklonalen Einfluss auf den äußersten Südosten
Deutschlands. Darüber hinaus setzt westlich der Britischen Inseln ebenfalls eine
Austrogung ein, womit der Höhenrücken langsam abgeschnürt und nach Nordosten
abgedrängt wird. Folglich verlagert das korrespondierende Bodenhoch seinen
Schwerpunkt nach Skandinavien.

Am Dienstag verschwindet das Höhentief über Italien zwar von der Bildfläche, aus
dem Langwellentrog über Finnland und Nordwestrussland geht allerdings ein
weiterer Vorstoß kalter Luft in Richtung Balkan hervor. Zum Abend hin bildet
sich daraus über der Westukraine ein neues Drehzentrum (Höhentief). Über dem
äußersten Südosten gibt es weiterhin einen schwachen zyklonalen Einfluss dieses
Trogkomplexes.

Am Mittwoch und Donnerstag bildet sich aus dem Drehzentrum ein Höhentief, das
Verbindung hält zum Langwellentrog, der nun über Nordrussland liegt. Das
Höhentief ist angefüllt mit sehr kalter Luft mit T500 hPa unter -40 Grad,
außerdem steuert es Tschechien und die Slowakei an und dehnt seinen Einfluss
allmählich bis nach Deutschland aus. Da Höhen- und Bodenhoch nun über
Skandinavien liegen, wird mit östlicher Strömung kontinentale Kaltluft mit T850
hPa von -8 bis -13 Grad herangeführt. Wie bereits erwähnt eine Luftmasse, die
wir den ganzen Winter kaum mal zu Besuch hatten.

In der erweiterten Mittelfrist ab Freitag bleibt das Höhentief noch über uns,
verliert aber immer mehr an Substanz. Im weiteren Verlauf kann ein neuer Trog
westlich von uns ein Tief in Stellung bringen, dessen Ausläufer uns am Samstag
erreichen würden und deutlich mildere Luft mit T850 hPa von 3 bis 9 Grad im
Gepäck haben.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des heutigen 0 UTC-Lauf des EZMW zu seinen beiden gestrigen
Vorläufen ist nur bis zum Dienstag noch einigermaßen gut, auch wenn es schon
erste Unterschiede im Troggeschehen östlich von uns gibt. Am Mittwoch werden
diese aber deutlich. So sollte der Schwerpunkt des neuen Höhentiefs nach dem
gestrigen 0 UTC-Lauf bereits an diesem Tag über Deutschland liegen, nun wird er
über Tschechien und der Slowakei prognostiziert. Daraus resultiert ein deutlich
geringerer zyklonaler Einfluss für den Süden als gestern noch gedacht. In der
Folge gibt es dann einen eklatanten Phasenunterschied. Das Höhentief greift im
neusten Lauf erst am Freitag stärker auf Deutschland über, und damit rund 36 bis
48 Stunden später. Am Samstag schwächt es sich über uns ab, bevor es am Samstag
Platz macht für ein Tief, das mit milder Luft nach Deutschland zieht. Dieses
Tief kommt nun mit 48 Stunden Verspätung. Völlig anders sieht auch der gestrige
12 UTC-Lauf aus, wobei Details den Rahmen hier sprengen würde. In aller Kürze:
Das Höhentief verlagert sich nach Südosteuropa, sodass ab der Nacht zum Samstag
bei schwachem Tiefdruckeinfluss schon mildere Luft bei uns Fuß gefasst hätte.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Nicht überraschend tauchen auch bei den anderen Modellen im Laufe der Woche
größere Unterschiede auf. Im Prinzip folgt ICON aber der gestrigen 0 UTC-Lösung
des EZMW. GFS führt das Höhentief wie der gestrige 12 UTC-Lauf des EZMW erst
nach Südosteuropa, um es am Samstag wieder Richtung Tschechien und Slowakei
zurück zu bringen. Dann ähnelt es schon fast wieder dem 0 UTC-Lauf des EZMW.
Beim GEM wandert das Höhentief Richtung Alpen, um sich danach nach Südosteuropa
zurück zu ziehen. Damit ist es dem gestrigen 12 UTC-Lauf des EZMW am nächsten.
Beim NAVGEM bleibt das Höhentief bis zu seinem Vorhersagehorizontende am
Donnerstag über dem östlichen Mitteleuropa.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


RAUCHFAHNEN:
Bei den T850 hPa-Rauchfahnen des EZMW-Ensembles öffnen sich die Kurven bereits
am Sonntag, ab Dienstag dann ziemlich deutlich. Die hohe Spreizung wird aber
durch wenige warme Ausreißer verursacht, während der Median mit eingebetteten
Haupt- und Kontrolllauf auf tiefem Niveau bleiben und die Vorhersage des
deterministischen Laufs eher bestätigen. Am Donnerstag sieht man den Median
bereits auf steigendem Ast, während Haupt- und Kontrolllauf noch unten bleiben.
Insofern ist eine frühere Milderung, wie gestern angedacht, noch lange nicht vom
Tisch. Die Erwärmung in der erweiterten Mittelfrist findet durch den steigenden
Median die Mehrzahl der Anhänger, Haupt- und Kontrolllauf zeigen aber auch einen
Höhenflug.
Bei den 500 hPa-Rauchfahnen nimmt die Spreizung ab Montag stark zu, am Dienstag
beträgt sie zum Teil 40 hPa! Der Median ist unnatürlich verteilt, sodass sich
kaum Aussagen daraus ableiten lassen. Haupt- und Kontrolllauf befinden sich vor
allem am Donnerstag und Freitag am untersten Rand der Schar, was den Einfluss
des Höhentiefs deutlich in Frage stellt.
Niederschlagssignale gibt es vor allem ab Freitag.

CLUSTER:
Zwischen Dienstag und Donnerstag werden 5 Cluster angeboten, die erwartungsgemäß
mit größeren Unterschieden beim Höhentief über Tschechien und der Slowakei
aufwarten. Haupt- und Kontrolllauf in C1 mit 19 Mitgliedern haben eine kleine
Mehrheit der Lage wie beim deterministischen Lauf auf ihrer Seite. C2 und C5 mit
11 und 5 Mitgliedern lassen das Höhentief dagegen nicht nach Deutschland ziehen,
C3 und C4 mit ebenfalls 11 und 5 Mitgliedern in Abwandlung allerdings schon.
Damit steht es 35:16 für ein Höhentief über uns.
Zwischen Freitag und Sonntag werden 4 Cluster benötigt, die sich auch deutlich
unterscheiden. Allen gemeinsam ist am Ende jedoch ein Trog oder Höhentief
westlich von uns, wobei wir auf dessen Vorderseite in eine südwestliche Strömung
gelangen würde. Die Milderung wird dadurch untermauert.

FAZIT:
Der Hochdruckeinfluss unter Einfluss kühler bis sehr kühler Luftmassen ist
zunächst sicher, im Südosten kann sich aber zeitweise schwacher zyklonaler
Einfluss bemerkbar machen. Dabei reicht es tagsüber meist für zarte Plusgrade.
Ab Donnerstag nimmt der zyklonale Einfluss wahrscheinlich von Südosten her zu,
Ausprägung und zeitlicher Verlauf sind aber unsicher. Schneefälle bis in tiefe
Lagen sind bei den beteiligten Luftmassen denkbar, insbesondere nachts. In der
erweiterten Mittelfrist zum übernächsten Wochenende hin deutet sich eine
Milderung von Südwesten her an, die wahrscheinlich mit weiter zunehmenden
Tiefdruckeinfluss einhergeht.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


STRENGER FROST:
Über Schnee gibt es in Alpentälern hohe Wahrscheinlichkeiten für strengen
Nachtfrost unter -10 Grad bis mindestens Mitte der Woche.

WIND:
Ab Donnerstag kommender Woche liegen geringe Wahrscheinlichkeiten für stürmische
Böen an den Küsten vor.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-EPS, am Ende eher MOSMIX als Mittel aufgrund der unsicheren
Vorhersage
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler*