DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

27-02-2022 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 27.02.2022 um 10.30 UTC



Zunächst ruhige Hochdruckwetter. Ab dem Wochenende deutlich zunehmender
Tiefdruckeinfluss, Ausprägung noch unsicher. Zunächst keine markanten
Wettergefahren.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 06.03.2022


Am Mittwoch erstreckt sich ein stark amplifizierter Rücken mit seiner Achse vom
westlichen Mittelmeer über Ostfrankreich bis zum Nordmeer und blockiert damit
jeglichen Einfluss von Seiten des Atlantik. Deutschland befindet sich auf seiner
Vorderseite in einer nordwestlichen Höhenströmung. Die Reste einer ehemaligen
Okklusion liegen noch über der nördlichen Mitte Deutschlands. Abgesehen von ein
paar dichteren Wolkenfeldern ist sie aber weitgehend inaktiv. Bei allgemein
schwachwindigen Verhältnissen gibt es insbesondere in der Südhälfte nach
Nebelauflösung viel Sonne bei Werten bis 12 Grad und leichten bis mäßigen
Nachtfrösten.

Am Donnerstag verschiebt sich die Achse des Höhenrückens unter leichter
Abschwächung weiter ostwärts und liegt zur Mittagszeit über dem Westen
Deutschlands. Damit gelangt Frankreich stärker in den Einfluss eines
okkludierten Frontensystems, das zu einem Tief bei Island gehört. Dem
vorgelagert ist eine schwache Warmfront, die den äußersten SW und W im
Tagesverlauf mit dichteren Wolkenfeldern erreicht, sich dann aber mehr oder
weniger vor Ort auflöst. Im Osten können sich bei gradientschwachen
Verhältnissen längere Zeit Hochnebelfelder halten. Sonst gibt es bei allgemein
geringen Winden und Temperaturen auf Vortagsniveau viel Sonne.
Mit den dichteren Wolken im äußersten Westen und Südwesten bleibt es dort nachts
oft frostfrei.

Am Freitag verbleibt Deutschland im Einflussbereich des Höhenrückens. Im Westen
gibt es mit der Nähe zu den Tiefausläufern über Frankreich zeitweise dichter
Wolken, im Osten und Nordosten halten sich zum Teil wieder hochnebelartige
Wolkenfelder. Sonst sorgt der Hochdruckeinfluss für Absinken und freundliches
Wetter, Niederschlag wird nicht erwartet. Im Osten gibt es tagsüber um 7, im
Westen bis 13 Grad.
In der Nacht auf Samstag bringt ein neuer Tiefausläufer von Frankreich kommend
dichtere Wolkenfelder in der Westhälfte des Landes und auch ein wenig
Niederschlag. Damit ist die Frostgefahr im westdeutschen Tiefland eher gering.

Am Samstag greift der die Ausläufer des Tiefs über der Nordsee endgültig auf
Deutschland über. Das Bodentief kann sich dabei durch einen Kurzwellentrog noch
vertiefen. Gebietsweise Regenfälle sind die Folge (höheres Bergland auch
Schnee).
In der Nacht erreicht der postfrontal nachfolgende Höhentrog mit Höhenkaltluft
Deutschland.
Der Sonntag ist schließlich geprägt vom Trog und damit verbunden Höhenkaltluft.
Schauer vor allem von der Mitte bis in den Norden sind die Folge.

In der erweiterten Mittelfrist zu Beginn der neuen Woche verstärkt sich wieder
der Hochdruckeinfluss. Ein breiter Rücken kann sich über Zentraleuropa
ausbilden. Dieser ist allerdings recht flach, sodass das Wettergeschehen nicht
störungsfrei ist (überlaufende WLA). Dabei werden sehr milde Luftmassen
herangeführt (>5 Grad in 850 hPa). Zur Wochenmitte nimmt schließlich wieder der
Tiefdruckeinfluss zu.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die grundlegende Großwetterlage wird konsistent von allen Läufen des ECMWF
vorhergesagt. Die schwache Warmfront am Donnerstag ließ sich aber in den
Vorläufen nicht so ausgeprägt finden, da der Rücken etwas stabiler
prognostiziert wurde.
Im weiteren Verlauf nehmen die Differenzen doch deutlich zu. Alle Modelläufe
zeigten zwar für das kommende Wochenende einen verstärkten Tiefdruckeinfluss, im
zeitlichen Ablauf und der Ausprägung zeigen sich aber größere Differenzen. Der
gestrige 00 UTC zeigt beispielsweise zunächst eine antizyklonalere Variante mit
einem nur schwachen Tiefausläufer. Dafür sollte sich der nachfolgende Trog über
Osteuropa amplifizieren und Deutschland ab der Nacht auf Montag in eine
signifikante Rückseite mit Nordströmung geraten. Im gestrigen 12 UTC Lauf war
die Höhenströmung deutlich glatter. Dadurch würde der Süden weitgehend
antizyklonal bleiben und Tiefausläufer vor allem die Nordhälfte beeinflussen.
Der heutige 00 UTC Lauf ist schließlich der erste mit einem soweit nach Süden
ausgreifenden postfrontalen Trog mit eigenständigem Höhentiefkern, der über
Deutschland südostwärts zieht.

Im weiteren Verlauf bleiben die Unsicherheiten groß. Gestern 00 UTC wurde ein
kräftiger KL-Vorstoß aus Osten prognostiziert mit reichlich Höhenkaltluft und
850ern unter -10 Grad. Der 12 UTC blieb bei einer recht zonalen Strömung mit
zeitweiligen Tiefdruckpassagen. Der neueste 00 UTC Lauf zeigt nun einen eher
antizyklonalen Wochenanfang mit deutlich milderen Luftmassen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Beim Vergleich der verschiedenen Globalmodelle herrscht zu Beginn Einigkeit was
den Rücken und das ruhige Hochdruckwetter in der zweiten Wochenhälfte betrifft.
Schon zum Freitag zeigen sich aber erste Differenzen in der großräumigen
Zirkulation. So wird das von den Britischen Inseln zur Nordsee ziehende Tief von
ICON und auch GFS teils deutlich stärker und auch südlicher prognostiziert.
Damit würden eher und auch weiter südlich ausgreifend dichtere Wolkenfelder nach
Deutschland gelangen, als beim ECWMF.
Für das kommende Wochenende nehmen die Differenzen weiter zu. Die Version des
ECMWF mit einem kräftigen Trog und Höhentief, das südostwärts über Deutschland
hinweg wandern soll, wird weder von ICON noch vom GFS gestützt. Beide zeigen den
Schwerpunkt des Troges/Höhentiefs über Westeuropa von Frankreich bis nach
England und Deutschland auf der Vorderseite. Das Wochenendwetter würde zwar auch
nicht störungsfrei ablaufen, insgesamt wäre der grundlegende Wettercharakter
aber deutlich antizyklonaler.
Zur darauffolgenden Woche erinnert das neueste GFS etwas an den gestrigen 00 UTC
Lauf mit einer Kaltluftzunge, die von Osteuropa über Deutschland ostwärts
ausgreifen würde. Allerdings auf etwas nördlicherer Spur.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen von Offenbach verlaufen zu Beginn der Mittelfrist recht
gebündelt mit Haupt- und Kontrolllauf recht nahe beieinander. Bereits im Laufe
des Donnerstages nimmt aber der Spread und auch Haupt- und Kontrolllauf
entfernen sich etwas voneinander. Demnach zeigt der Hauptlauf am Oberrand des
Ensembles ein längeres Durchhalten des Höhenrückens, während der Kontrolllauf
schon einen zunehmenden leichten zyklonalen Einfluss zeigt. Dies lässt sich
sowohl in 850 hPa erkennen, als auch beim Geopotential in 500 hPa.
Zum Wochenende zeigen Haupt- und auch Kontrolllauf recht vereint die Passage von
Tiefausläufer und Trog und auch das Ensemble Mittel folgt diese Entwicklung.
Allerdings bewegen sich beide Läufe klar am unteren Ende der Bandbreite an
Lösungen des Ensembles. Insofern ist noch unsicher, ob eine solch markante
Höhentiefpassage stattfindet, wie vom deterministischen Lauf prognostiziert.

Das Clustering bietet für den Zeitraum +120 h (Fr 00) bis +168 h (So 00) vier
verschiedene Lösungen. Alle Cluster zeigen das zyklonal geprägte Wochenende. Die
genaue Ausprägung wird aber unterschiedlich prognostiziert. So gibt es auch
etwas antizyklonalere Varianten als Cluster 2, indem sich Haupt- und
Kontrolllauf bewegen. So zeigt das am stärksten besetzte Cluster 1 ein sich
rasch erholendes Geopotential in Richtung Sonntag.
Im Zeitraum + 192 h (Mo 00) bis +240 (Mi 00) gibt es ebenso vier Cluster. Diese
unterscheiden sich zum Teil deutlich was die Lage und Ausprägung der
Rücken/Höhenhochs und Tröge betrifft. Haupt- und Kontrolllauf befinden sich in
Cluster 3. Cluster 4 zeigt in Ansätzen die Entwicklung der gestrigen 00 UTC
Variante des Hauptlaufes (Ostkaltluft).

Das Ensemble des GFS zeigt nach einem zunächst einheitlichen Verlauf die ersten
Diskrepanzen ab Freitag. Für das Wochenende gibt es eine erhöhte
Schwankungsbreite bezüglich der Ausprägung des Troges (Geopotential 500 hPa).
Dabei ist der Hauptlauf recht verhalten, während der Kontrolllauf eine stärkere
Trogpassage zeigt, die eher an die Variante des ECMWF erinnert. Anschließend
sind die Diskrepanzen weiter deutlich ausgeprägt. Die Variante des Hauptlaufes
mit einem Kaltluftschub aus Osten stellt dabei eine Außenseiterlösung am
Unterrand des Ensembles dar.

FAZIT: Das der Beginn der Mittelfrist antizyklonal geprägt ist, ist sicher. Das
zum kommenden Wochenende der zyklonale Einfluss zunimmt, auch. Was aber die
Ausprägung betrifft, gibt es noch große Unterschiede zwischen den Modellen und
Modelläufen. Von einem scharfen Trog oder einem über Deutschland wandernden
Höhentief bis zu einer eher flachen zonalen Höhenströmung ist noch alles
möglich. Auch für die neue Woche reicht die Bandbreite an Lösungen von einem
Kaltluftschub mit Dauerfrost aus Osten bis zu einer Trogvorderseite mit
kräftigem Warmluftvorstoß. Eine Prognose für das kommende Wochenende ist also
schwierig, eine Prognose für die Woche danach gar nicht möglich.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Es werden abgesehen von strengen Nachtfrösten in schneebedeckten Alpentälern
zunächst keine markanten Wettererscheinungen erwartet.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix; Mischung aus ICON und ECMWF aufgrund großer Unsicherheiten
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Marcus Beyer