DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-02-2022 18:01
SXEU31 DWAV 241800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 24.02.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Bis in die Nacht hinein Durchzug einer Kaltfront mit Sturmböen, im Bergland
etwas Schnee. Am Freitag wechselhaftes "Aprilwetter" mit Schauern und
Graupelgewittern, inkl. Böen Bft 7 bis 8. Danach ruhiges Hochdruckwetter.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... greift von der Nordsee her ein vom Nordmeer bis nach Nordfrankreich
reichender Höhentrog auf Mitteleuropa und somit auch auf das Vorhersagegebiet
über. Mit Abzug dieses Troges - dies sei vorweggenommen - findet am
bevorstehenden Wochenende die seit Wochen vorherrschende zyklonale Westlage ihr
vorläufiges Ende.
Die Trogpassage vollzieht sich allerdings grob in zwei Staffeln. Die scharf
konturierte Hauptachse ist aufgrund markanter rückseitiger Kaltluftadvektion mit
einer veritablen Schubkomponente ausgestattet und hat bei weiterer
Amplifizierung bis ausgangs der Nacht bereits das gesamte Vorhersagegebiet
überquert. Dem Trog unmittelbar vorgeschaltet ist im Bodenfeld die Kaltfront
eines Tiefs bei den Lofoten, in deren Umfeld aufgrund kräftiger PVA auf der
diffluenten Trogvorderseite, die aber zunehmend von KLA teilkompensiert wird,
anfangs noch markante dynamische Hebung wirksam werden kann. Aktuell hat sie mit
schauerartigen Niederschlägen bereits den Westen und Nordwesten des Landes
überquert und kommt nun sehr rasch nach Südosten voran, wird aber von Trog
überlaufen, wodurch sie letztendlich an Wetterwirksamkeit einbüßt. Die Labilität
im Frontbereich hält sich in Grenzen und beschränkt sich auf die unteren etwa
700 hPa, dabei erreicht der Wind in 850 hPa anfangs noch um die 50 kn, dazu sind
die Hodographen leicht gekurft, was zusammen mit der hohen
Geschwindigkeitsscherung einen hohen Organisationsgrad zulässt. Entsprechend
haben auch hochauflösenden Modelle linienförmige Konvektion auf der Agenda mit
stürmischen Böen und Sturmböen (vor allem im Westen, Nordwesten und in den
mittleren Landesteilen auch schwere Sturmböen, Düsseldorf-Flughafen hatte sogar
bereits 107 km/h) aus Südwest bis West, wobei der Wind vorübergehend auf
Nordwest dreht, allerdings werden nur vereinzelt auftretende Gewitter simuliert.
Der Konvektion folgt noch ein Streifen mit schauerartigen Niederschlägen. Nach
Süden und Osten zu geht der Kaltfront im wahrsten Sinne des Wortes allmählich
die Puste aus, dort treten die stürmischen Böen nicht mehr so verbreitet auf und
auch Gewitter sollten eher die Ausnahme darstellen.
Der Front folgt unmittelbar ein Schwall maritimer Polarluft, in 850 hPa sinkt
die Temperatur auf etwa -5 bis -7 Grad. Somit gehen die Niederschläge zumindest
im Bergland noch in Schnee über (im Norden kann je nach Intensität kurzzeitig
bis nach ganz unten nasser Schnee fallen), ehe sie aber rasch wieder nachlassen.
Oberhalb von etwa 400 m kann es gebietsweise Glätte durch Schneematsch oder auch
etwas Neuschnee (meist nur wenige Zentimeter) geben, an den Alpen und im
Schwarzwald fällt oberhalb von 600 bis 800 m bis 5 cm Schnee, in den Staulagen
des Oberallgäus auch bis 15 cm. Postfrontal lockern die Wolken auf, einzelne
Schauer oder kurze Graupelgewitter kann es vor allem noch im Einflussbereich der
Höhenkaltluft (-35 bis -39 Grad in 500 hPa) im Norden geben, die aber auch dort
vorübergehend nachlassen und erst in den Frühstunden mit Eintreffen eines
weiteren Troganteiles im Nordwesten wieder aufleben. Der Wind lässt postfrontal
deutlich nach, lediglich in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge gibt es
noch stürmische Böen bzw. Sturmböen, auf dem Brocken auch schwere Sturmböen und
auch an den Küsten weht lebhafter West- bis Südwestwind mit steifen bis
stürmischen Böen.
Für leichten Frost reicht es vor allem in den Mittelgebirgen, im Westen,
Südwesten und in der Mitte eventuell aber auch in tiefen Lagen.

Freitag ... hat uns der nur langsam nach Osten vorankommende Höhentrog noch fest
im Griff und es folgt, wie bereits weiter oben angedeutet, von Nordwesten her
die Passage eines weiteren kurzwelligen Troganteiles. Diese dürfte sich bis zum
späteren Abend vollzogen haben. Damit kommen im Tagesverlauf auch die Mitte bzw.
am Nachmittag und Abend der Süden in den Genuss der hochreichend labil
geschichteten maritimen Polarluft. In 500 hPa sinkt die Temperatur im ganzen
Land auf -34 bis -38 Grad, in 850 hPa auf etwa -6 Grad. Die Labilitätsfläche
reicht dabei teilweise über 500 hPa hinaus.
Der mit dem Trog korrespondierende Bodentrog erreicht vormittags den Nordwesten
des Landes, kommt allmählich nach Südosten voran und hat am späteren Abend
letztendlich auch Bayern überquert. Einzelne Schauer können sich zwar bereits in
dessen Vorfeld entwickeln, die Hauptschauertätigkeit beschränkt sich allerdings
wohl mit mehreren Staffeln auf die Trogpassage. Die hochreichende Labilität
reicht auch für einzelne Graupelgewitter, wobei der schon etwas höhere
Sonnenstand unterstützend wirkt. Die Schneefallgrenze liegt meist bei etwa 400
m, wobei es in kräftigeren Schauern auch mal bis nach ganz unten kurzzeitig
schneien kann. Innerhalb der gut durchmischten Luftmasse dürfte es aber
lediglich in Lagen oberhalb von 600 bis 800 m, in Staulagen vielleicht oberhalb
von 400 m für eine dünne Neuschneedecke reichen.
Mit Annäherung und Passage des Bodentroges verschärft sich auch erneut der
Gradient und - unterstützt durch den Tagesgang - frischt der Wind aus westlichen
Richtungen böig auf. Außer im Süden und Südwesten - dort macht sich bereits von
Frankreich her ein kräftiger Bodenhochkeil bemerkbar und fächert den Gradienten
etwas auf - gibt es auch außerhalb der Schauer recht verbreitet starke, in
freien Lagen steife, im Nordwesten (v.a. Nordsee) sowie in der Mitte
gebietsweise auch stürmische Böen. In Schauer- und vor allem Gewitternähe können
stürmische Böen etwas häufiger auftreten, ebenso in den Kamm- und Gipfellagen
der Mittelgebirge und der Alpen. Bereits am Nachmittag, vor allem aber gegen
Abend flaut der Wind von Südwesten her bereits wieder ab.
Die Sonne zeigt sich vor allem im Südosten, wo Trog und Schauer wohl erst am
späten Nachmittag ankommen, und später auch im Nordwesten, während es an den
nordwesträndern der Mittelgebirge oft stark bewölkt bleibt. Die Höchstwerte
liegen meist zwischen 5 und 9 Grad, im höheren Bergland knapp über 0 Grad.

In der Nacht zum Samstag zieht der Höhentrog endgültig nach Osten ab, hängt aber
mit seinem Südteil über die Slowakei und Ungarn nach Südwesten zurück, wobei
nach Überqueren der Alpen über Mittelitalien in den Frühstunden zu einem Cut Off
kommt. Derweil hat sich, gestützt durch kräftige WLA vorderseitig eines westlich
von Island gelegenen hochreichenden Zentraltiefs, von dem ausgehend sich ein
weiterer Höhentrog dem Ostatlantik annähert, von den Britischen Inseln bis ins
Nordmeer ein recht breit angelegter Höhenrücken aufgewölbt, der bis Samstagfrüh
auf die Nordsee und Skandinavien überreift und im Bodenfeld ein Hochdruckgebiet
über Frankreich stützt, das seinen Schwerpunkt mit mehr als 1035 hPa nach
Südwestdeutschland verlagert. Somit setzt im Vorhersagegebiet im Laufe der Nacht
nach Abzug des Troges eine rasche Wetterberuhigung ein, lediglich im Stau des
Erzgebirges und vor allem an den Alpen kann es bis in die Frühstunden noch etwas
schneien, im Stau der Alpen gebietsweise mehr als 10 cm. Ansonsten lockern die
Wolken rasch auf und es ist vor allem im Norden und Westen, aber auch im
Südwesten auch teils gering bewölkt. Vor allem dort gibt es recht verbreitet
leichten, in einigen Mittelgebirgstälern auch mäßigen Frost, während es im
Nordosten sowie an den Küsten bei zumeist noch bewölkterem Himmel und auch noch
lebhaftem West- bis Nordwestwind meist frostfrei bleibt.
Apropos Wind: Der nimmt weiter ab, lediglich an den Küsten gibt es noch längere
Zeit steife Böen aus Nordwest, in den Kammlagen vor allem der östlichen
Mittelgebirge stürmische Böen. Morgens sollte das Thema Wind dann aber auch dort
durch sein.

Samstag ... kann sich das Cut-Off-Tief über Mittelitalien noch etwas verstärken
und zieht ins Tyrrhenische Meer, wobei diesen Regionen dann wettertechnisch wohl
einiges an Ungemach droht. Ganz anders hierzulande: Der Höhenrücken kann sich
noch etwas verstärken, kommt aber aufgrund der Blockadewirkung des Cut-Off-Tiefs
vor allem mit seinem Südteil nicht so recht nach Osten voran, abends erstreckt
sich dessen Achse über Frankreich, Benelux und Dänemark bis nach Südschweden.
Somit dreht die vor allem über dem Südosten noch ziemlich kräftige, aber
antizyklonal konturierte Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet auf Nord bis
Nordost. Das Bodenhoch kann sich noch etwas verstärken und verlagert sich bis
zum Abend in die Osthälfte des Landes. An dessen Ostflanke bleibt es mit einer
niedertroposphärisch recht kalten und teils feuchten Nordostströmung im Südosten
des Landes noch stärker bewölkt und am Erzgebirge, vor allem an den Alpen bis
ins südliche Alpenvorland fällt noch etwas Schnee. Erst zum Abend, wenn sich die
Achse des Hochs nähert, hört es auch dort allmählich auf zu schneien. Bis dahin
können vor allem im Stau der Alpen nach Osten zu noch teils über 5 cm Neuschnee
fallen.
Im Rest des Landes reicht es aber maximal nur für flache Quellwolken, im Westen
reicht die Absinkinversion nachmittags schon bis 900 hPa herab, so dass vor
allem dort und im Norden ein durchaus schon sonniger Tag ins Haus steht. Die
Temperatur in 850 hPa verharrt im Südosten noch bei etwa -8 Grad, während sie im
Nordwesten bereits auf nahe 0 Grad steigt. Somit werden im östlichen
Alpenvorland die 0 Grad wohl nur wenig überschritten. Während entlang des Rheins
knapp 10 Grad erreicht werden.
Der Wind dreht von Nordwest über Nord allmählich auf Ost bis Südost und spielt
warntechnisch keine Rolle. Erst zum Abend hin - mit Verlagerung des Hochs nach
Osten - frischt er im Hochschwarzwald böig aus Südost bis Ost auf. Ob es für
warnrelevante Böen reicht, ist aber fraglich.

In der Nacht zum Sonntag nähert sich der Höhentrog über dem Ostatlantik den
Britischen Inseln an, schwächt sich aber aufgrund der Blockadewirkung des sich
nun von Frankreich über Nordwestdeutschland bis zur mittleren Ostsee bzw. nach
Finnland erstreckenden und sich weiter verstärkenden Höhenrückens ab. Zusammen
mit dem inzwischen Dipolstruktur angenommenen ehemaligen Cut-Off-Tief über
Italien ergibt sich nach längerer Zeit mal wieder ein relativ stabiles
Geopotenzial, das sich nicht als sonderlich progressiv erweist. Somit dürfte
sich das ruhige Hochdruckwetter noch einige Zeit halten.
Das Bodenhoch verstärkt sich durch Absinken (vorderseitig des Rückens) weiter
und erstreckt sich Sonntagfrüh vom Baltikum bzw. dem Nordwesten Russlands bis
nach Mitteleuropa mit einer 1040 hPa-Isobare über Polen. Somit kann sich die
östliche Grundströmung vor allem im Südwesten und Westen des Landes noch etwas
verstärken. Gestützt durch lokale Low-Level-Jets sind in den Kammlagen der
dortigen Mittelgebirge durchaus steife Böen zu erwarten, im Hochschwarzwald auch
stürmische Böen oder gar Sturmböen.
Ansonsten verläuft die Nacht aber wettertechnisch ruhig und auch im Südosten
klart der Himmel mehr und mehr auf. Somit gibt es in der alternden Polarluft
verbreitet leichten, in ungünstigen Lagen, vor allem aber auch in einigen
Mittelgebirgs- und Alpentälern mäßigen Frost. Glätte und Nebel sollten
angesichts der einströmenden trockenen Festlandsluft kaum Thema sein.

Sonntag ... beginnt der Höhenrücken etwas stärker zu "kippen", kommt ein wenig
nach Südosten bzw. Osten voran und erstreckt sich abends von Frankreich über
Mitteleuropa bis ins Baltikum bzw. nach Nordwestrussland. Er wird flankiert von
der nach Nordosten, Richtung Nordskandinavien abgelenkten Frontalzone im
Nordwesten sowie dem sich allmählich von Süditalien Richtung Griechenland
ausweitenden Höhentiefdipol im Südosten.
Das korrespondierende Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt nur wenig nach
Nordosten und reicht weiterhin bis nach Mitteleuropa. An dessen Südflanke
gelangt vor allem in den Südosten und Osten Deutschlands weiterhin mäßig kalte
Festlandsluft (-4 bis 0 Grad in 850 hPa) während sich im Westen und Nordwesten
mit einer stärkeren Südkomponente schon mildere Luftmassen (0 bis +3 Grad)
bemerkbar machen. Vor allem im Südwesten bleibt ein recht veritabler Gradient
aufrecht und mit der besseren turbulenten Durchmischung der Grundschicht gibt es
auch in tieferen Lagen häufiger starke, in freien Lagen bzw. Im Lee einiger
Mittelgebirge eventuell auch steife Böen aus Südost. In den Kamm- und
Gipfellagen schwächt sich der Wind dadurch allerdings etwas ab, so dass dort nur
noch vereinzelt stürmische Böen auftreten.
Ansonsten scheint überwiegend die Sonne, lediglich im Osten und Südosten bilden
sich flache Quellwolken. Die Temperaturen steigen im Südosten auf etwa 4 bis 8
Grad, sonst auf 7 bis 11 Grad, im Westen vielleicht auch knapp darüber.



Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Alle vorliegenden Modelle haben im Kurzfristzeitraum ein bis ins Details ehr
ähnliches Szenario auf der Agenda. Prognose- und warnrelevante Unterschiede sind
keine auszumachen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff